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Call Of Duty: Infinite Warfare

Publisher: Activision
Entwicklerstudio: Infinity Ward
Genre: Action
Sub-Genre: Ego-Shooter
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 04.11.2016
USK 18

Call Of Duty: Infinite Warfare    15.11.2016 von Torsten

Es ist wieder einmal November. Es wird nass und kälter, die Winterreifen wandern allmählich auf die Achsen hiesiger Fahrzeuge und abends schmeckt der Wein mittlerweile am besten warm aus der Tasse. Shooter-Fans interessiert im vorletzten Monat des Jahres aber ein ganz anderes Detail: Ein neues Call of Duty erreicht die Ladenregale und die alljährliche Hassliebe-Diskussion beginnt von vorne. In diesem Jahr machte der Multiplayer-Beta-Test mit eher negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Aber wir bilden uns natürlich lieber selbst ein Urteil.

 

Die Erde ist längst nicht mehr genug

 

In der Zukunftsvision von Infinite Warfare hat die Menschheit so ziemlich alle wertvollen Ressourcen der Erde ausgebeutet und macht sich daher auf in die Tiefen des Weltraums, um auf fremden Himmelskörpern begehrte Rohstoffe abzubauen. Dadurch entstanden mehrere Kolonien und das Geschäft mit der wertvollen Fracht brachte allerhand Unstimmigkeiten mit neu gegründeten Fraktionen auf den Plan. Immer mehr spalten sich die Lager der SDF vom Mars und der Erdstreitkräfte im Kampf um Territorien und Ressourcen. Der Konflikt wird zur handfesten Kriegserklärung als Kräfte der SDF die Feierlichkeiten der alljährlichen „Flottenwoche“ ausnutzen, um einen empfindlichen Schlag gegen die Streitkräfte von Mutter Erde auszuführen. Wir übernehmen die Rolle von Corporal Nick Reyes, ein kampferprobter Truppführer der Erdstreitkräfte, der in Einsätzen gegen die SDF zuletzt immer wieder erfolgreich war. Seine Führungsqualitäten sind nun dafür verantwortlich, dass er Position und Rang des gefallenen Kapitäns der stark angeschlagenen Retribution beerbt. Doch schon in seinem ersten Einsatz denkt er nicht daran, es sich auf dem Chefsessel der Brücke bequem zu machen und setzt sich selbst ins aktive Roster der Eingriffstruppe. Zu wichtig ist der Einsatz gegen die SDF und deren Geheimprojekt „Riah“.

 

Das alles klingt nach dem gewohnt bombastischen Aufbau eines actionreichen Spielerlebnisses mit beliebig austauschbarer Handlung. Und am Ende ist es das dann auch. Dazwischen kracht es aber an allen Ecken und Kanten so gewaltig, dass uns Hören und Sehen vergehen werden. Es wird am Boden, in der Luft und im Weltraum gekämpft und gescriptete Zwischensequenzen reihen sich nahtlos in das knallige Gameplay ein. So sind wir es gewohnt und mal ganz ehrlich, aller Kritik zum Trotz ist es doch genau das, was wir von einem neuen Call of Duty-Titel erwarten, selbst wenn es wie im vorliegenden Fall schon nach 5-7 Stunden (plus zusätzliche optionale Missionen) wieder vorbei ist. Die Steuerung im Weltraum ist stark vereinfacht, lässt uns zwischen Flug- und Schwebemodus umschalten, um nicht im Höllentempo an unseren Zielen vorbeizuschießen. Am Boden gibt es keine großen Überraschungen, hier spielt sich der Titel wie jeder beliebige Vorgänger, nur dass wir es hier in den wieder einmal stark schlauchartigen Levelabschnitten immer wieder mit Roboter-Gegnern zu tun bekommen. Ein künstlicher Soldat kämpft dieses Mal sogar an unserer Seite. E3N, oder der Einfachheit halber Ethan genannt, ist ein Kampfroboter mit sehr menschlichen Zügen und verkörpert den ungewollten Außenseiter mit jeder Menge Humor zu unerwarteten Zeitpunkten. Ein Plus für das oft etwas charakterschwache Portfolio von Freund und Feind. Für Abwechslung sorgen dann immer wieder Randdetails wie das Hacken von feindlichen Robotereinheiten, die wir auch durch die Wände erfassen, fernsteuern und detonieren lassen können. Oder spezielle Gegner wie die riesigen Mechs, die wir zunächst gehörig schwächen und dann mittels Quick-Time-Event den Rest geben müssen. Alles ist effektvoll inszeniert und kurzweilig, sticht aber zu keinem Zeitpunkt über das Gros der Vorgänger hinaus.

 

Call of Duty meets Doom im Multiplayer-Modus

 

Call of Duty Infinite Warfare bietet auch wieder die Gelegenheit im Splitscreen dem Mehrspieler-Modus beizutreten. Das ist heutzutage nur noch selten anzutreffen und wird daher schon einmal wohlwollend zur Kenntnis genommen. Als Spiel-Modi bieten sich neben den üblichen Verdächtigen wie FFA, Team-Deathmatch, Herrschaft, Abschuss bestätigt und das beliebte Gun-Game auch zwei neue Spiel-Modi an. In Frontline sind auf der Karte Sicherheitszonen eingerichtet, in denen sich Spieler mit doppelter Lebensenergie, aber dafür nur halbierter Abschusspunktzahl aufhalten können. Es gewinnt das Team, das zuerst die Zielpunktzahl erreicht. In Defender kämpfen zwei Teams um den Besitz einer Drohne. Besitzer der Drohne können diese dann zu anderen Spielern passen oder den Besitz aufgeben, um sich um herannahende Gegner zu kümmern. Nach einiger Zeit wird die Drohne zurückgesetzt und die Hatz beginnt von vorne.

 

Wer bereits den Multiplayer von Black Ops 3 gespielt hat wird sich mit der Bedienung von Infinite Warfare schnell anfreunden, wenngleich sich alles etwas behäbiger und indirekter anfühlt. Mittels Boosts, Jetpack-Sprüngen und Wallruns bewegen sich Spieler sehr schnell über die verwinkelten Karten und gelangen so recht galant in den Rücken der etwas bewegungsfauleren Spieler. Besitzer von getunten Controllern wie den allseits beliebten Scuf-Controllern sind online entschieden im Vorteil, da sie mit den Paddlen das Jetpack bedienen und Wallruns vollführen können und währenddessen ihren rechten Daumen frei für die Bedienung des Aim-Sticks behalten. Die Karten sind optisch abwechslungsreich, aber allesamt stark futuristisch und taktisch flach ausgefallen. Nur selten sehen wir echte Häuser, meist müssen wir mit glatten und zudem recht kargen Flächen auskommen, an denen es sich natürlich wunderbar entlangrennen lässt, diese im Gegenzug aber wenig Deckung oder gar Atmosphäre bieten. Kämpfe in niedriger Gravitation verstärken den Space-Style des Shooters noch weiter. Schlauchartige, kahle Korridore erschweren das Zurechtfinden auf den beliebig auswechselbar wirkenden Mehrspieler-Karten. So macht das schnelle Gameplay für kurzweilige Action-Runden durchaus Spaß, taktische Tiefe dürfen Spieler allerdings nicht erwarten.

 

Zahlreiche Waffen, Aufsätze und Perks lassen sich mit erreichten Levelaufstiegen erwerben und im bewährten Pick-10-System auf einen von fünf verfügbaren Ausrüstungs-Slots verteilen. Das Handling der Waffen geht recht leicht von der Hand und stellt keine großen Anforderungen bei Umstellungen dar. Alle automatischen Waffen lassen recht gebündeltes Dauerfeuer zu, was zur allseits beliebten „spray and pray“-Methode verleitet, um möglichst viel Schadensvolumen auf das gegnerische Ziel zu bekommen. Feuerstöße sind nicht zwingend erforderlich und online auch kaum anzutreffen. Schade, denn besonders kraftvolle, aber stark verziehende Waffen würden hier für mehr Abwechslung sorgen. Scharfschützengewehre und Schrotgewehre sind nur auf wenigen Karten wirklich von Vorteil, sodass das Gros der Spieler im MP- und MG-Dauerfeuer über die Karten hüpft. Motivierend wirkt das Experimentieren mit verschiedenen Kampfrüstungen, bei denen wir spezifische Vorteile erhalten, sobald wir deren Einsatz freigespielt haben. Die spielerisch stärkeren Möglichkeiten haben hier natürlich wieder die Spieler, die bereits eine hohe Erfahrungsstufe besitzen. Dadurch sind erfahrene Spieler gleich dreifach im Vorteil. Nicht nur, dass sie das Spiel bereits besser kennen und sich auf den Karten besser zurecht finden. Sie besitzen auch schon die stärkeren Waffensets und gelangen so einfacher an die erforderliche Punktzahl, um ihre Klassenfähigkeit der ausgerüsteten Kampfrüstung zu aktivieren. Und diese Kampfrüstung verfügt dann über umso stärkere Waffen und Gadgets und lässt den Punktezähler noch schneller nach oben schnellen. Für spielschwächere Einsteiger sind daher die Mehrspieler-Duelle oft mehr als frustrierend.

 

Zombies in Spaceland

 

Ursprünglich als nette Beigabe entstanden, hat sich der Zombie-Modus zu einer echten Bereicherung des kooperativen Multiplayer-Spiels entwickelt. Das Prinzip „Wir zusammen gegen eine Übermacht“ funktioniert einfach: Derart viel „Nächstenliebe“ und Zusammenhalt bekommen wir im normalen Mulitplayer-Modus sonst nie zu spüren. Als Setting dient dieses Mal eine 80er Jahre Cartoon-Vorlage, die bewusst trashig aufgebaut ist. Alleine oder im Team erwehren wir uns wieder Wellen von annähernden Untoten. Für Abschüsse kassieren wir Kohle, die wir wiederum in Waffen, Munition und Gadgets stecken oder aber damit neue Bereiche öffnen. Fällt einer unserer Kollegen, so haben wir nur eine begrenzte Zeit, um ihn wiederzubeleben. Der Gefallene kann uns währenddessen noch mit limitierter Munition seiner Pistole auf dem Boden robbend den Rücken frei halten. Schaffen wir das nicht, so gelangt der gestorbene Spieler in eine Spielhalle, in der neben zahlreicher Arcade-Spiele auch alte Arcade-Automaten der Marke Activision stehen. In Spieleperlen wie „Demon Attack“, „River Raid“, „Chopper Comand“ oder „Pitfall“ erspielen wir ein Ticket für den Respawn. Vielerorts gibt es Automaten, an denen wir mit gefundenen Münzen verschiedene Fallen aktivieren oder Geldautomaten, an denen wir bedürftigen Mitspielern Geld zur Verfügung stellen können. Geheime Räume verwahren besonders starke Waffen, sodass erkundungsfreudige Mitspieler belohnt werden. Abwechslung wird im vermeintlich stumpfsinnigen Wellen-Modus mittlerweile groß geschrieben und die Möglichkeiten gehen weit über das simple Errichten von Barrikaden hinaus.

 

Bildergalerie von Call Of Duty: Infinite Warfare (6 Bilder)

Ein Spiel im Kinoformat

 

Gleich wie man über die Spiele der Call of Duty-Serie auch urteilen mag, in Punkto Inszenierung macht ihnen so schnell keiner was vor. Infinite Warfare stellt da keine Ausnahme und bietet in der Kampagne punktgenau platzierte Script-Ereignisse mit dem nötigen Wow-Effekt. Die Kriegsschauplätze verlagern sich flüssig vom Bodenkampf über Weltraumschlachten hinüber zu Infanteriegefechten in schwerelosen Raumstationen. Dabei gibt es viel zu bestaunen, es kracht an jeder Ecke. Die Multiplayer-Karten sind allerdings eher zweitklassigen Niveaus, wirken allzu generisch und teilweise lieblos zusammengeschustert. Aufwärts geht es dann wieder mit dem Zombie-Modus, der mit seiner herrlich skurrilen 80er-Jahre-Atmosphäre zufrieden stimmt. Es gibt abwechslungsreiche Areale und überall etwas zu entdecken.

 

Weitestreichend positiv ist der Sound zu bewerten, der mit bassreichen Explosionen und stimmigen Soundtrack für eine dichte Kriegsatmosphäre sorgt. Die deutschen Stimmgeber machen größtenteils einen guten Job und nur vereinzelt gelangen unpassende Stimmen in die Ohren. Der Soundtrack ist dem futuristischen Setting angepasst und fällt unter die Kategorie „gefällt ohne zu begeistern“. Alles in allem liefert Infinite Warfare, zumindest technisch, eine überzeugende Darbietung.

 

 

Das Spiel wurde auf der Playstation 4 getestet. 


Das Fazit von: Torsten

Torsten

Infinity Ward hat mit Call of Duty 2 und Modern Warfare die beiden besten Teile der nun 13-teiligen-Serie erschaffen, zuletzt aber mit Ghosts stark enttäuscht. Und nachdem Treyarch mit Black Ops 3 einen Volltreffer im Zukunfts-Szenario präsentiert hatte, schwächelt ID im Gegenzug mit Infinite Warfare erneut und liefert einen der schwächsten Titel der gesamten Serie ab. Die Kampagne ist technisch imposant inszeniert und macht auch für einige Stunden im „Kopf aus, Kino an“-Modus Spaß, ist allerdings zu kurz und charakterlos gezeichnet. Darüber hinaus gibt es keinen echten Bösewicht, zu flache Protagonisten und eine beliebig austauschbar wirkende Handlung. Absolut enttäuscht hat mich hingegen der Multiplayer-Part, an dem ich bis zuletzt Jahr für Jahr den größten Spaß hatte. Generisch wirkende Karten, zu simples Waffen-Handling und stark übervorteilte Pay-to-win-Spieler rauben Einsteigern schnell die Motivation. Die Karten bieten wenig taktische Tiefe und zu wenig kompetitiven Anreiz und eignen sich eher für spaßorientierte Fingerakrobaten und Scuf-Controller-Nutzer, die mit Wallruns und Jetpack-Boosts im Doom-Stil über die Karten flitzen wollen. Die übrigen Shooter-Fans sind in diesem Jahr bei Battlefield 1 deutlich besser aufgehoben. Ehren- und Punkterettung kommt in diesem Jahr vom Zombie-Modus, der großes Spaß-Potential bietet und mit seinem eingängigen Spielablauf Einsteiger wie Fortgeschrittene ein ums andere Mal zu einem wahren Team formt und zum baldigen Wiedereintritt einlädt. Unter dem Schlussstrich bietet Infinite Warfare eine kurze aber bombastisch inszenierte Kampagne, einen schwachen Multiplayer und einen spaßigen Zombie-Modus. Das ist im Endergebnis noch immer gut, reicht aber im Vergleich nicht an die starke Konkurrenz rund um Battlefield 1 und Titanfall 2 heran. Für das nächste Jahr dann bitte kein Zukunfts-Szenario mehr. Vielleicht klappt es ja mit einer Rückkehr zu den Wurzeln der Serie.


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positiv negativ
  • Bombastisch inszenierte Kampagne
  • Actionreiche Weltraumgefechte
  • Abwechslungsreiche Gebiete
  • Wuchtiger Sound
  • Spaßiger Zombie-Modus
  • Mehrspieler-Modus auch im Splitscreen spielbar
  • Flüssige Bildrate
  • Zahlreiche Waffen und Gadgets freischaltbar
  • Sechs verschiedene Kampfrüstungen im MP
  • Belanglose Charaktere und Story
  • Zu kurze Kampagne
  • Kampagne nicht mehr im Koop spielbar
  • Story ohne echten Bösewicht
  • Generisch wirkende MP-Karten ohne taktische Tiefe
  • Nervige Respawnpunkte
  • Waffen-Handling zu vereinfacht
  • Pay-to-win-System





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