Das Western Thema ist in Brettspielen eher selten. Wir assoziieren mit Western Bud Spencer, Terence Hill und Old Shatterhand. Klassiker, aber irgendwie alt und verstaubt. Die Aufmachung von Fliptown ist das genaue Gegenteil. Modernes Artwork gepaart mit bekannten Spielmechaniken. Auf dem Tableau findet man die Wildnis, das Ödland, die Mine und die Stadt. Überall gibt es Gold und Münzen zu verdienen und auszugeben. Und nebenbei wird noch Poker gespielt. Aber kommt bei Fliptown wirklich Western-Feeling auf? Zur Sicherheit haben wir unseren Cowboy-Hut aus der Kinderfaschingskiste im Keller hervorgekramt. Dann kam Fliptown auf den Tisch. Unsere Eindrücke erfahrt ihr hier.
Das Material und die Vorbereitung
Das Material in Fliptown macht einen sehr guten Eindruck. Die abwischbaren Tableaus sind sehr hochwertig und die Stifte mitsamt „Radierer“ funktionieren super. Sie lassen sich einerseits mit dem Radierer leicht abwischen, verwischen andererseits aber nicht, sollte man mal während des Spiels die falsche Handbewegung machen. Auch das Artwork und die Ikonographie sind durchweg stimmig und dem Western-Thema entsprechend in einem Wüsten-goldbraun gehalten.
Roll- bzw. Flip&Write-typisch ist der Spielaufbau in weniger als einer Minute erledigt. Wir beschreiben hier den Aufbau für eine Partie mit mehreren Spielern. Jeder Spieler nimmt sich einen Spielplan und einen Stift. Auf dem Spielplan werden im Spielverlauf Bereiche umkreist, um Fähigkeiten, Ressourcen oder Siegpunkte freizuschalten. Dann erhält noch jeder Spieler eine der Charakterkarten, welche eine Spezialfähigkeit und die Startressourcen anzeigt. Letztere werden direkt auf dem Tableau, im Lager-Bereich markiert. Dann werden aus den Prämienkarten drei zufällige offen in die Tischmitte gelegt, mit der „7 Siegpunkte“ Markierung nach oben. Sie geben bestimmte Ziele vor, die bei Erreichen Siegpunkte abwerfen.
Zuletzt werden aus dem Pokerkarten-Deck die 2 Joker Karten entfernt. Dann wird es gut gemischt als verdeckter Nachziehstapel in die Tischmitte gelegt. In jedem Zug werden drei neue Karten von diesem Deck gezogen. Sie bestimmen die möglichen Bereiche, die auf dem Spielplan aktiviert werden können, aber auch welche Karten man für das Pokerspiel verwenden kann.
Das Spielziel
Siegpunkte, in Form der Sheriff Sternen, gibt es überall auf dem Tableau zu finden. Immer, wenn man Siegpunkte erhält, werden diese auf dem Tableau im Lager-Bereich eingekreist. In der Stadt gibt es gut Siegpunkte zu holen, wenn man öfter das Hotel oder Grundbuchamt besucht. In der Mine, gräbt man sich ganz nach unten, kann man sich Siegpunkte zum Spielende sichern, abhängig davon wie viele Felder man in einem bestimmten Bereich des Tableaus eingekreist hat. Im Ödland bekommt man Siegpunkte, indem man Eisenbahnen oder Hühnerställe ausraubt, je nachdem wieviel man riskieren möchte, push-your-luck spielt eine Rolle. Und in der Wildnis liegen einfach so Siegpunkte herum. Einen richtig großen Batzen kann es regnen, wenn man seine Pokerhand optimiert. Diese wird dreimal im Spielverlauf ausgewertet. Und am Spielende werfen nochmal übriges Gold und Münzen ein paar Siegpunkte ab. Wer dann die meisten Siegpunkte hat gewinnt.
Der Spielablauf
Fliptown wird über insgesamt 3 Runden gespielt. In jeder Runde werden sechs Phasen abgehandelt. In der dritten Phase jeder Runde finde fünf Spielerzüge statt. Hier dürfen Bereiche auf dem Tableau markiert, Boni gesammelt und Kombos ausgeführt werden. In einer Partie Fliptown hat jeder Spieler also 15 Züge. In allen Phasen wird parallel gespielt, es gibt also keine Downtime.
In Phase 1 (Zugstapel mischen) werden alle Pokerkarten neu gemischt und als Nachziehstapel bereitgelegt. Phase 2 (Sheriffkarte festlegen) geht noch schneller: es wird die oberste Karte des Pokerkartenstapels ungesehen und verdeckt beiseitegelegt. Diese Karte wird in Phase 6 nochmal wichtig und legt die Stärke des Sheriffs fest. Schon geht es los mit dem eigentlichen Spiel, Phase 3.
In Phase 3 (Züge ausführen) werden nacheinander insgesamt 5 Spielerzüge ausgeführt. Das Prinzip ist einfach: Zu Beginn eines jeden Zuges werden drei Karten vom Pokerkartendeck gezogen. Jeder Spieler entscheidet dann für sich wie er diese drei Karten verwenden möchte, indem er diese gedanklich seiner Farbkarte, seiner Wertkarte und seiner Spielkarte zuordnet. Alle drei Karten werden also verwendet, nur wie genau, darüber muss entschieden werden. Die Farbkarte bestimmt die Region auf dem Tableau, in der man etwas aktivieren bzw. einkreisen möchte. Denn die einzelnen Regionen sind den vier Farben Herz (Wildnis), Pik (Ödland), Karo (Mine) und Kreuz (Stadt) zugeordnet. Die Wertkarte bestimmt dann welches Feld man innerhalb der Region einkreisen darf, in der Stadt zum Beispiel das genaue Gebäude; so darf der Waffenschmied mit einer 9 aufgesucht werden. Übrig bleibt die Spielkarte. Hier zählt sowohl Farbe als auch Wert der Karte. Beides wird oben rechts im Poker-Bereich des Spielplans eingetragen. Nach fünf Zügen hat man somit eine vollständige Pokerhand. Was, wenn die Karten nicht passen? Farbkarte und Wertkarte können durch Gold manipuliert werden: es kostet zwei Gold, um die Farbe zu verändern, und je ein Gold für eine Wertveränderung um 1 nach oben oder nach unten. Sollte man dennoch nichts mit den Karten anfangen können oder wollen, so darf man auch ein Feld auf dem Friedhof einkreisen und den Bonus dort nehmen. Am Ende eines Zuges in Phase 3 werden die drei Pokerkarten auf den Abwurfstapel gelegt. Wurden fünf Züge ausgeführt, geht es weiter mit Phase 4.
In Phase 4 (Pokerblatt abhandeln) schaut sich jeder die fünf notierten Spielkarten der fünf Züge an. Abhängig davon wie gut das Blatt ist, gibt es Geld und Siegpunkte. Ein Royal Flush gibt 10 Geld und 9 Siegpunkte, ein Paar immerhin noch 2 Geld und 1 Siegpunkt. Die Ausbeute wird entsprechend im Lager-Bereich des Tableaus markiert. Phase 5 (Schürfen und Schuften) ist die Einkommensphase. Abhängig davon wie viele Goldwäscherpfannen und Hammer man eingekreist hat, gibt es Gold und Münzen. Ein Gold pro Goldwäscherpfanne und zwei Münzen pro Hammer.
Phase 6 (Sheriff führt Verhaftungen durch) kann dann nochmal spannend werden. Denn jetzt wird die in Phase 2 beiseitegelegte Sheriffkarte aufgedeckt. Ist der Wert der Sheriff-Karte niedriger als die Anzahl deiner Wanted-Symbole, wirst du verhaftet. Die Konsequenz: zahle Münzen oder Siegpunkte. Wie viele ist abhängig von der Runde, die gerade gespielt wird. In späteren Runden ist es teurer verhaftet zu werden, z.B. 18 Münzen oder 8 Siegpunkte in Runde 3. Hat man über 13 Wanted-Symbole, muss man Siegpunkte abgeben; man hat nicht mehr die Wahl auf Münzen zurückzugreifen. Einen Kniff gibt es aber noch: bevor die Sheriff-Karte aufgedeckt wird, darf sich jeder Spieler entscheiden, ob er den Sheriff bestechen möchte. Dann wird man unabhängig von der Sheriff-Karte auf keinen Fall verhaftet. Die Bestechung kostet allerdings ein Gold pro Wanted-Symbol, das man hat. Nach Phase 6 beginnt eine neue Runde mit Phase 1, es sei denn es ist die dritte Runde; dann endet das Spiel mit der Schlusswertung.
Schauen wir uns nun nochmal die verschiedenen Regionen des Spielplans im Detail an. Denn jede Region hat etwas andere Regeln. Die Wildnis erreicht man mit der Herz-Farbkarte. Thematisch wandert oder reitet man hier von links nach rechts entlang des vorgezeichneten Pfades. Um ein Feld einzukreisen und den Bonus zu erhalten, benötigt man eine Wertkarte, die mindestens so hoch ist wie der abgebildete Wert des Feldes. Man darf beliebig viele Felder überspringen, es gibt aber keinen Weg zurück: man darf immer nur Felder besuchen, die rechts von dem am weitesten rechts besuchten Feld liegen. Als Boni gibt es hier unter anderem Münzen, Gold und Bonusaktionen zu sammeln.
Die Mine ist eine Region, die ihr mit der Karo-Farbkarte erreicht und in der ihr euch von zwei Start-Feldern durch Stammbaum-artige Verzweigungen nach unten grabt. Welcher Weg eingeschlagen werden darf, ist von der Wertkarte abhängig. Diese muss immer zwischen zwei bestimmten Werten liegen, wobei das Intervall immer kleiner wird, je tiefer man gegraben hat. So ist das Feld am Minen-Eingang links mit einer Wertkarte zwischen A und 7, das Feld rechts am Eingang mit einer Wertkarte von 8 bis K erreichbar. Ihr dürft niemals wieder nach oben, immer nur tiefer, aber ihr könnt von jedem bereits eingekreisten Feld oder den beiden Eingangsfeldern starten. Auf dem Weg gibt es Gold und Bonusaktionen zu sammeln, und auch Silber-Sterne, die am Spielende extra Siegpunkte geben.
Eine Pik-Farbkarte bringt euch in das Ödland. Hier gibt es Hühnerfarmen, Pferdekutschen und Eisenbahnen, die ausgeraubt werden können. Die Wertkarte bestimmt dabei genau welches Feld ihr ausrauben dürft. Eisenbahnen benötigen Wertekarten von J bis K, Hühnerfarmen von 2 bis 4. Je größer die benötigte Wertkarte, desto wertvoller die Beute, und desto mehr Wanted-Symbole erhält man für diese Aktivität. Dafür gibt es jede Menge Siegpunkte und Münzen abzustauben. Allerdings ist der Erfolg nicht garantiert. Zunächst muss eine Karte vom Pokerkartendeck gezogen und mit der Wertkarte verglichen werden. Nur, wenn die gezogene Karte einen größeren Wert hat als die Wertkarte, mit der die Aktion ausgeführt wurde, gibt es die Belohnung. Ansonsten bekommt ihr trotzdem die Wanted-Symbole, aber keine Münzen und nur die Hälfte der Siegpunkte. Hat man alles innerhalb einer Reihe ausgeraubt, so erhält man eine Bonusaktion.
Die Stadt erreicht ihr mit der Kreuz-Farbkarte. In der Stadt gibt es insgesamt dreizehn Gebäude, die allesamt verschiedene Zwecke erfüllen. Dementsprechend ist der Abschnitt der Regel, der die Stadt behandelt auch am längsten. Gebäude können mehrfach besucht werden, um z.B. verschiedene Gegenstände zu kaufen; das ist in allen anderen Regionen nicht möglich. Der Besuch vieler Gebäude kostet thematisch passend auch Münzen. Der erste Besuch eines jeden Gebäudes bietet eine Bonusaktion, die oberhalb des Gebäudes ikonographisch dargestellt ist. Der Zweck der Gebäude kann in vier Kategorien eingeteilt werden. Hier eine kurze Übersicht, was ihr von den verschiedenen Gebäuden erwarten könnt:
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Siegpunkte: das Hotel und das Grundbuchamt können einige Siegpunkte einbringen, wenn man sie jeweils drei bis viermal im Spielverlauf besucht. Der Goldgräber-Club und der Saloon erlauben es Gold bzw. Münzen in Siegpunkte einzutauschen.
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Effizienz in anderen Regionen: der Waffenschmied erlaubt das Freischalten von Revolver und Gewehr, mit denen man leichter im Ödland Beute machen kann. Der Bestatter erhöht die Effizienz beim Besuch des Friedhofs, der Pferdehändler macht Reisen in der Wildnis leichter und der Gemischtwarenhändler bietet u.a. Vorteile in der Mine und im Ödland.
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Durchstreichen von Wanted-Symbolen: das Versteck und die Kirche erlaubt es Wanted-Symbole wegzuradieren. Das Büro des Sheriffs ebenso, zusätzlich darf man sich auch die aktuelle Sheriff Karte ansehen.
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Zocken: die Bank und der Kopfgeldjäger erlauben es auf bestimmte Karten zu setzen. Werden diese im Spielverlauf aufgedeckt, gibt es Boni.
Zuletzt gibt es noch den Friedhof. Sollte keine passende Farb-/Wertkarten-Kombination ausliegen, kann man den Friedhof besuchen. Hier darf ein beliebiger Grabstein eingekreist werden. Man erhält dann alle Boni, die zwischen dem neu eingekreisten und den zuvor eingekreisten Grabsteinen abgebildet sind. Als Malus bekommt man aber auch ein Wanted-Symbol fürs Grabschänden.
Bildergalerie von Fliptown (12 Bilder)
Spielmaterial
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4 abwischbare Spielpläne
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4 Whiteboard Marker
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54 Pokerkarten mit Schachtel zum Aufbewahren
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14 Charakterkarten
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12 Prämienkarten
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4 Cowbotkarten
Cover & Bilder © Cover: Strohmann Games / Bilder im Artikel und Teaserbild: www.sofahelden.de
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