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Mortal Shell

Publisher: Playstack
Entwicklerstudio: Cold Symmetry
Genre: Action
Sub-Genre: Action-Adventure
Art: Midprice
Erscheinungsdatum: 18.08.2020
USK 16

Mortal Shell   08.09.2020 von Beef Supreme

From Software kann sich auf die Schultern klopfen. Gefühlt vergeht kaum eine Woche, in der nicht jemand versucht, auch mal seine Füße in den See der Dunklen Seelen zu dippen. Auch Mortal Shell geniert sich nicht und setzt zum selbstbewussten Flachköpper an. Das Debut des noch frischen Studios Cold Symmetry macht keinen Hehl aus seiner Inspirationsquelle, bringt aber auch eigene frische Ideen ein. Kann Mortal Shell den Seelendurst stillen?

 

Wie für ein Soulslike üblich führt ein düsteres, kryptisch formuliertes und bedeutungsschwanger vorgetragenes Intro in das Spiel ein, das fürderhin mit Story geizen wird. Man erwacht als geschlechtsloses, namenloses, humanoides Wesen in einer Art Zwischenwelt, das als Tutorial fungiert. Nach den ersten Gehversuchen fängt man sich schon die ersten tödlichen Schellen. Ist man ohne Hülle unterwegs, währt das Leben meist nicht lange. Doch die erste Hülle findet man früh im Spiel, was der eigenen Gesundheit sehr zuträglich ist.


Nach dem Tutorial findet man sich einem dicht bewachsenen aber unübersichtlichen Sumpf wieder, ohne wirkliche Vorgabe, wo man denn hin soll. Mortal Shell ist eine offene Welt, in der einem alle Wege offenstehen. Nach einer Weile des ziellosen Herumirrens, entdeckt man das Pendant zum Bonfire, eine maskierte Dame, die sich gerne auch mal über das Äußere des Protagonisten auslässt. Spricht man die Dame namens Sester Genessa an, werden besiegte Gegner bis auf wenige Ausnahmen wiederbelebt und man erhält verlorene Lebensenergie zurück, so weit so bekannt. Neu ist allerdings das Fortschrittssystem.

 

Wie es sich für ein Action-RPG gehört, darf man seinen Charakter aufwerten, in diesem Fall aktuell bewohnte Hülle. Diese unterscheiden sich grundlegend voneinander und ermöglichen verschiedene Spielstile. Lebens- und Ausdauerbalken sind fix, auch gibt es keine Werte die sich verbessern lassen, also bleiben nur noch Fähigkeiten, die es freizuschalten gilt, um das Wehrrepertoire zu vergrößern. Jede der 4 Hüllen, die erst gefunden werden wollen, hat charakterspezifische Fähigkeiten, wie zum Beispiel die erste Hülle, Harros, die auf Härten spezialisiert ist. Sein Skilltree konzentriert sich auf die zweite Innovation aus dem Hause Cold Symmetry und belohnt Experimente mit dieser Fähigkeit. Was Härten genau ist, wird im weiteren Verlauf erläutert.


Natürlich gibt es auch in Fallgrim, so heißt der von aller Hoffnung verlassene Ort des Geschehens, nix umsonst. Wer  Skills möchte, muss Währung sammeln. Derer zwei bietet Mortal Shell. Teer stellt das Hartgeld dar und ist das, was man verliert, sollte einen das Ableben ereilen. Die Hüllen teilen sich alle einen gemeinsamen Teerpool und auch der lokale Marketender akzeptiert das Zeug für seine Waren.
Für Skills werden allerdings noch Glimpses benötigt, quasi Einblicke in die Seelen der Gefallenen. Davon hat jede Hülle seinen eigenen Vorrat, der nicht übertragen werden kann. Die Scheune voll Glimpses von Harros bringt Eredrim also wenig, auch wenn er in Teer ersäuft. Das motiviert, zwischen den Hüllen hin und her zu springen und deren Eigenheiten auszuprobieren. Manche Hülle eignet sich für diese eine Stelle besser als andere.

 

Am deutlichsten wird das im Kampf. Zunächst das bereits angesprochene Härten. Auf Knopfdruck kann das Alter Ego in der derzeitigen Position erstarren und verbleibt so, bis entweder der Knopf losgelassen wird oder die Hülle Schaden erhält. Dieser wird komplett geblockt, völlig egal was für ein Angriff erfolgt ist. Nachteil, man kennt es vielleicht, es dauert immer eine Weile bis man wieder Erhärten kann. Da man in jeder Situation, in der Luft, während der Angriffsanimation oder Ausweichrolle Härten verwenden kann, ergeben sich dadurch viele praktische Möglichkeiten, den Tod über die Gegnerhorden zu bringen, ohne selbst Schaden zu erleiden und lädt zum Experimentieren ein.


Darüber hinaus stehen noch eine ausdauerhungrige Ausweichrolle und eine Parade zur Verfügung. Zweitere muss man allerdings erst finden. Das Spiel nimmt einen nicht bei der Hand und es ist auch durchaus möglich, so ziemlich alles zu verpassen. Findet man aber das benötigte Accessoire eröffnet das die dritte Kampfressource: Resolve. Diese baut sich auf, wenn man nicht mit den Schellen geizt und Gegner verdrischt. Hat man genug gesammelt, können durch gut getimte Paraden Zusatzeffekte erzeugt werden. Der wichtigste wird die Heilung sein. Ein offensiver Kampfstil wird also belohnt, da gerade zu Anfang der Aufbau von Resolve recht viele Treffer benötigt.


Neben verschiedenen Hüllen kann man in Fallgrim auch noch ein paar Waffen finden. Zwar lang nicht so viele wie im Vorbild, nämlich nur insgesamt 4, eigentlich 5 wenn man die Spaßknarre Ballistazooka, der Name ist Programm, hinzuzählt, doch diese unterscheiden sich gewaltig voneinander. Das Anfangsschwert ist ausgewogen und einigermaßen zügig. Im weiteren Verlauf teilt ein massiger Bihänder mächtig aus, frisst aber jede Menge Ausdauer und lässt einen lange offen und verwundbar zurück. Wer’s schneller möchte, gönnt sich Hammer und Meißel und verklopft Banditen mit altertümlichem Schreibwerkzeug. Abgerundet wird das Arsenal durcheinen Kampfstab mit riesigem Angriffsradius, der sich hervorragend dafür eignet, Gruppen von Geschmeiß auf Distanz zu halten.


Jede Waffe bietet darüber hinaus noch eine Spezialfähigkeit, die sich mit dem Einsatz von Resolve zünden lässt. Allerdings erst, man ahnt es, wenn man das entsprechende Zubehör aufgetrieben hat.


Alles in allem bietet das Kampfsystem trotz auf den ersten Blick geringem Umfang eine Menge Möglichkeiten, den kriegerischen Alltag in Fallgrim abwechslungsreich zu gestalten. Wobei hier ein Kritikpunkt angeführt werden muss: Hammer und Meißel in Verbindung mit einem fertig geskillten Eredrim ist viel zu stark. Ab diesem Zeitpunkt war das Spiel ein Spaziergang. Wer dem inneren Drang des Powerplays widerstehen kann, wählt andere Kombinationen, um sich den Anspruch zu wahren. Segnet einen dennoch das Zeitliche ist es nicht direkt vorbei. Zuerst wird man nur aus der Hülle geschlagen und ist als Ursprungsgestalt ohne Hülle und mit sehr kurzem Lebensbalken unterwegs. Die Hülle selbst kann man einmalig wieder in Besitz nehmen. Schafft man das nicht, verliert man wie in Soulslikes üblich, seine Währung, in diesem Fall nur den Teer und wacht am letzten Ruhepunkt wieder auf. Die Glimpses sind immer sicher. Der Teer lässt sich wieder einsammeln, wenn man es zum Ort des Versterbens schafft. Falls nicht, ist der Teer weg.
 

Wenn man nicht gerade kämpft ist man mit der Erkundung Fallgrims und Umgebung beschäftigt. In den schön gestalteten, aber zum Teil verwirrend aufgebauten Gebieten sind viele schöne Sachen für den Reiserucksack platziert, die der Hülle das Überleben leichter machen sollen. Hier kommt eine weitere gute Idee ins Spiel, nämlich das Familiarity-System. Findet man einen Gegenstand zum ersten Mal, hat man zunächst keine Ahnung, wofür er gut ist. Das zeigt sich erst bei Benutzung. Ein gelungenes System, um dem klassischen Hoarding entgegenzuwirken denn es fördert Neugier und auch mal den blinden Einsatz von Items. Damit ist es aber nicht getan, denn je öfter man einen Gegenstand benutzt, desto vertrauter wird man mit ihm und dadurch steigert sich die Effektivität oder ändert deren Eigenschaften vollständig. Ein gutes Beispiel stellt ein Pils dar. Gönnt man sich diesen zum ersten Mal vergiftet man sich selbst. 

 

Tut man das allerdings oft genug, bewirkt er irgendwann Immunität gegen Gift. So greift man doch gern immer mal wieder in die Inventar-Wundertüte.

 

Fallgrim selbst ist zentral gelegen und dient als Verbindungsstück zu den 4 außenliegenden Gebieten. Die Reihenfolge kann man sich aussuchen. In jedem Gebiet befinden sich eine Waffe und eine Hülle, die mal besser, mal schlechter versteckt sind. So schön die Gegenden anzusehen sind, dreckige Sümpfe, Ehrfurcht gebietende, weitläufige Obsidian-Architekturen oder beengte, kalte Höhlen, so verwinkelt und verwirrend sind sie aufgebaut. Nicht immer ist klar, wo man sich gerade befindet oder wo es weitergeht. Hier hätten ein paar mehr Landmarken oder Orientierungspunkte nicht geschadet. Diese gewisse Orientierungslosigkeit führt auch dazu, dass einem auch mal gerne ein Schwert in den Rücken gerammt wird. Was die Gegnerplatzierung anbelangt, hat es Cold Symmetry nicht gut mit ihrer Kundschaft gemeint und so manchen Widersacher fast schon unfair versteckt hat. Mehr als einmal wird es vorkommen, dass man aus dem Leben scheidet, weil man eine Ecke einfach nicht einsehen konnte. Solche kleinen Gemeinheiten sind aber noch zu verschmerzen, rufen sie einem doch in Erinnerung, dass Unaufmerksamkeit bestraft wird. Nicht zu verzeihen ist allerdings der Rückweg aus besagtem Obsidian-Level. So viel Frust verspürte ich selten in einem Spiel. Wer hielt es für eine gute Idee, den Spieler über einen schmalen Steg ohne Begrenzungen gegen eine Wand aus Armbrustbolzen zu schicken? Das ist kein Anspruch oder hoher Schwierigkeitsgrad mehr, sondern schlechtes Design. Glücklicherweise wiederholen sich solche Schnitzer nicht. Für den Rückweg aus dem Eternal Narthex sollte man aber eine hohe Frusttoleranz mitbringen.

 

Spielerisch hinterlässt Mortal Shell bis auf kleinere Aussetzer einen ziemlich guten Eindruck. Diesen kann die Technik in weiten Teilen unterstreichen. Grafisch braucht sich das Spiel nämlich nicht hinter aktuellen Titeln zu verstecken. Klar, eine Optik von The Last of Us Part 2 wird nicht erreicht, doch was an visuellem Bling Bling fehlt, wird durch atmosphärisches Artdesign aufgefangen. Mortal Shell sieht dreckig aus. Das gute Dreckig, das wo man sich so schön unwohl und bedroht fühlt, also genau das was ein Spiel, in dem der Tod hinter jeder Ecke lauert, vermitteln will.


Das wird unterstützt durch stimmige klangliche Untermalung. Brechendes Geäst im Wald, bedrohliches Knurren oder das fleischige Schmatzen reißenden Fleisches, das klingt alles so schön schaurig. Auch die Sprecher machen einen hervorragenden Job. Sester Genessa beim Philosophieren zuzuhören oder dem alten Gefangenen zu lauschen ist ein Genuss. Hier merkt man zu keiner Sekunde, dass man hier „nur“ einen AA-Titel vor sich hat. Da haben größere Titel schon schlechter abgeliefert. Nur die Abmischung trifft nicht immer den richtigen Ton. Manchmal sind weit entfernte Gegner so laut als ob sie direkt neben einem stehen. Auch passt die Richtung aus der das Gestöhne ertönt nicht immer zur eigentlichen Position des Stöhners. Spielerisch hatte dies aber keine Auswirkungen, außer dass es die Immersion stört. Störender ist es allerdings, dass die Kamera nicht immer mitspielt. Wenn sie sich in einem Zelt versteckt, während man gerade ordentlich auf die Schnauze kassiert, ist das nicht hilfreich. Das führt meist zum Tod und um nächsten Kritikpunkt: den langen Ladezeiten.


Selten traten auch Bugs auf, beispielsweise funktionierte Härten nicht mehr. Hin und wieder kommt es auch vor, dass der beim Tod hinterlassene Teer an nicht erreichbaren Stellen liegt oder die eigene Hülle in eine Wand clippt und nicht mehr zurück in die Spielwelt findet. Solche Fehler sind ärgerlich und werden hoffentlich noch gepatcht.


Trüben diese Punkte auch etwas den Gesamteindruck bleibt ein technisch zwar nicht perfekt sauberes aber immer noch solides Spiel übrig, das vieles richtig macht.

 

Bildergalerie von Mortal Shell (21 Bilder)



Cover & Bilder © PLAYSTACK und cold symmetry, alle rechte vorbehalten.


Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Glückwunsch an Cold Symmetry für den gelungenen Einstand. Nach dem ersten Trailer war bei mir der Hype mehr als real, der dann einen satten Dämpfer bei der ersten Gameplay-Vorstellung erlitt. Doch sie haben die Kurve gekriegt. Mortal Shell ist ein sehr gutes Soulslike geworden, dass sich nicht verstecken muss. Innovative Ideen, wie das Härten oder die unterschiedlichen Hüllen mit ihren eigenständigen Spielstilen bringen genug eigene Ideen ein, um aus dem Spiel nicht einen Abklatsch werden zu lassen. Mortal Shell versucht nicht, seine Herkunft zu verleugnen, sondern verneigt sich davor und wer genau aufpasst wird auch die eine oder andere augenzwinkernde Anspielung an das Vorbild entdecken. Das macht das Spiel sympathisch. Nicht ganz fehlerfrei, die Kollisionsabfrage passt nicht immer und die Kamera zickt gelegentlich, bewegt sich das Spiel technisch immer noch im oberen Mittelfeld und kann auch inhaltlich mit einer dichten Atmosphäre, gelungenem Gegnerdesign und abwechslungsreichen Kämpfen überzeugen. Wer ein gutes Action-Rollenspiel sucht, wird von Mortal Shell über ungefähr 20 Stunden sehr gut unterhalten und gefordert.


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  • Sattes Trefferfeedback
  • Großartige Soundkulisse
  • Hervorragende Sprecher
  • Unter Umständen zickige Kamera
  • Lange Ladezeiten nach dem Tod
  • Gegnerpositionierung teils unfair
  • Seltene Bugs (Clippingfehler, Härten funktioniert manchmal nicht)
  • Gegnergeräusche manchmal zu laut und aus der falschen Richtung





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