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Project Cars

Publisher: Namco Bandai
Entwicklerstudio: Slightly Mad Studios
Genre: Racinggame
Sub-Genre: Rennsimulation
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 07.05.2015
USK 6

Project Cars   09.06.2015 von DeWerni

Das Project Cars ist durchaus ambitioniert: Denn das ursprüngliche Crowdfounding Projekt hat es sich als Ziel gesetzt, den Rennsport möglichst realitätsnah in die Wohnzimmer der Gamer zu bringen. Wir haben uns wieder für euch hinter das Lenkrad geschwungen und das Renngeschehen auf Herz und Nieren geprüft. Ob es wirklich mit Big-Budget-Titeln wie Forza Motorsports mithalten kann …

 

Project CARS hat eigentlich bereits vor seiner Veröffentlichung für mächtigen Wirbel gesorgt und sogar etwas Geschichte geschrieben. Während andere Racer typischerweise ihren Ursprung in einer etwas größeren oder auch kleineren Spieleschmiede mit dem entsprechenden (finanziellen) Background haben und meist neben tollen Spielen ihr größtes Heil im Geldverdienen sehen, begann mit Project CARS oder auch C.A.R.S., wie es anfangs getauft wurde, alles ein paar Nummern kleiner. Ins Leben gerufen wurde der Titel von einer Crowdfunding-Community mit dem Ziel, endlich einmal ein möglichst authentisches und dafür weniger protziges und spektakuläres Rennspiel zu entwickeln. Es gelang schnell, eine Menge Geldspenden für die Entwicklung zu sammeln, bevor sich die Slightly Mad Studios und Namco Bandai dem Projekt auch für die Veröffentlichung annahmen – und das obwohl andere, große Titel wie die Need for Speed Shift-Reihe (hier unsere Berichte zu Teil 1 und Teil 2) bereits Teil des Portfolios waren. Das allein zeigt vielleicht bereits das Potential des Titels. Heraus kam mit Project CARS, eine Mischung aus genialer Präsentation wie Forza Motorsport 5, genialem Facetten- und Abwechslungsreichtum sowie brutaler Simulation wie vielleicht Assetto Corsa. Doch schauen wir nun mit einem skeptischen, aber gespannten Blick auf das eigentliche Renngeschehen.

 

On the Road again

Wenn man sich gleich mit einem Rennwagen auf die Strecke traut, wird man schnell feststellen, dass Project Cars so einiges richtig, wenn auch einiges anders macht als andere. Doch eines ist sicher garantiert: Rennsportatmosphäre (fast) in Perfektion. Das gilt gleich für diverse Details. Positionsduelle auf der Strecke erfordern Präzision und Geduld, denn als Fahrer im Feld muss man nicht nur die Schwächen der anderen erkennen, die ihre Sache sicher und gut vollbringen, sondern auch selbst einfach keine Fehler machen. Und schließlich kommt es doch, wie es kommen muss. 80% des Rennens hat man geführt, ist in der einen Kurve etwas zu viel und zu schnell am Gas – und schon bricht das Heck aus und das eigene Gefährt landet im Kiesbett. Dass man bei diesen Duellen auch wegen der zahlreichen spürbaren Details – Bodenwellen, Randsteine und Berührungen mit anderen Fahrzeugen hier nur als Beispiel – angespannt am Controller hängt, versteht sich von selbst. Wo man bei anderen Racinggames die Rückspultaste verwenden oder das Feld nichtsdestotrotz noch einholen kann, gilt hier Realismus pur. Baut man einen Unfall oder wird einem ein Fahrfehler zum Verhängnis – Project Cars verzeiht das nicht. Wo Actionfans an dieser Stelle ungläubig die Augen verdrehen, finde ich das Handling einfach nur gelungen. Das ist Rennsport in ihrer pursten Form. Denn so kommt sicher wieder mehr Rennfeeling auf. Man muss einfach das Ganze Rennen voll konzentriert sein, es liegt diese Spannung in der Luft. Hat man jederzeit die Chance, ein paar Rennsekunden zurückzusetzen, geht dieses Feeling ein wenig verloren.

 

Trotz oder gerade wegen des Realismus hat man die Chance, zahlreiche Fahrhilfen wie ABS, Stabilitätskontrolle, Lenk- oder Bremshilfen zu aktivieren. Auch dieses Thema kann man dann auch wieder mehr oder weniger realistisch angehen, schließlich bieten einige Rennserien ebenfalls die Möglichkeit, sich von der Technik unterstützen zu lassen. Auch seitens der physischen Einstellungen – Schadensmodell, Auswirkungen, Benzinverbrauch, Reifenabnutzung, Boxenstopps und sogar Flaggensystem – lassen individuelle Konfigurationswünsche kaum Platz für Verbesserungen. Die Auswirkungen während des Renngeschehens überzeugen allerdings nicht immer. Das Schadensmodell kreiert zwar schönen  Schrott, ist dafür für den Fahrer nicht immer nachvollziehbar. Das Flaggensystem sorgt für etwas beklemmende und gleichzeitig ruhigere Rennmomente, die Einhaltung der Flaggen scheint allerdings nahezu ohne Sanktionen durchbrechbar zu sein, schade. Ganz mies sind dann leider auch die melancholisch angehauchten Boxenstopps, bei denen Techniker fehlen, die KI massig Aussetzer aufweist und andere Fahrzeuge und Mechaniker plötzlich zu Geistern mutieren. Die Idee ist klasse, auf die Umsetzung in diesem Stil hätte man besser verzichtet.

 

Was mir persönlich an dieser Stelle noch extrem gut gefallen hat, ist die Umsetzung des Gaspedals am Controller. Dabei dient die typische Schultertaste zum Ansteuern. Wo es bei anderen Titeln oftmals lediglich Vollgas gibt, kann und sollte hier sowohl beim Start als auch in Kurven behutsam und wohl dosiert umgegangen werden. Um die Steuerung zu beherrschen und den Boliden möglichst feinfühlig durch die Kurven zu drücken gehört etwas Fingerfertigkeit und eine Menge Übung. Hat man die Beherrschung erst einmal verinnerlicht, macht es dann allerdings eine Menge Spaß, das volle Potential der einzelnen und unterschiedlich realisierten Renngefährte herauszukitzeln.

 

Im Übrigen lassen sich die Boliden durch diverse Feineinstellungen schon sehr gut mit dem Controller über die Strecke bringen, auch wenn man als Rennsportfan sicherlich die genial umgesetzte Steuerung via Lenkrad bevorzugen wird. Vom Gamer zum Mechaniker, auch hier wird jede Hürde genommen. Denn auch im Bereich von Fahrzeugtechnik und –mechanik kann man sich nach Belieben ausleben und die letzten Zehntel auf der Rennstrecke herausholen.

 

Freie Karriere oder doch nur sterile Präsentation

Wenn man sich in Einzelspielerbereich ins Geschehen stürzen möchte, steht die Karriere bereit, die sofort aufzeigt, dass das Game auch seine Grenzen hat. Auf der einen Seite bleibt festzuhalten, dass man sich sofort in die Rennserie seiner Wahl stürzen kann. Hier stehen Serien von Go-Karts über Tourenwagen bis hin zu den Formel-Boliden bereit, die einem die große Freiheit bieten. Nach Wahl bekommt man ein paar Einstiegmöglichkeiten geboten, man darf sich das Wunschteam heraussuchen und schon stehen die ersten Events vor der Tür. Diese Events darf man mehr oder weniger nach Belieben planen: Testfahrten, Qualifying, Warm-Up und Rennen – egal ob und woran man teilnehmen möchte, hier stehen alle Möglichkeiten offen, die man vorab – sogar zeitlich – durchplanen kann. Was auf der einen Seite nach großem Kino aussieht, entpuppt sich allerdings auf der anderen als staubtrockene Präsentation. Tolle Freiheit und Racing auf der einen, fehlende Grid-Girls, Siegerehrungen oder Meisterschaftsfeiern all das wird man schmerzlich vermissen. Ok, einen kurzen Einleitungstrailer pro Meisterschaft bekommt man dann doch geliefert. Das kann man jetzt zum einen als große Lücke bezeichnen, zum anderen als Fokussierung auf das Wesentliche – Racing. Die Karriere an sich geht dann auch trocken weiter: Zwar hat man die Chance, sie beliebig mit freier Rennserienwahl weiterhin zu gestalten, aber auch hierbei handelt es sich in den Menüs eher um Excel-Feeling als futuristisch designte Menüs. Zudem fehlen ebenso die mittlerweile typischen Communityfunktionen wie der Austausch von Setups oder Lackierungen, die Autoclubs, Online-Herausforderungen und, und, und. Hier hätte man sicher mehr wagen können.

 

Bildergalerie von Project Cars (59 Bilder)

Massenstart

In aktuellen Spielen darf natürlich auch ein richtiger Onlinemodus nicht fehlen – und das ist auch bei Project Cars der Fall. Dabei bekommt man als Besitzer der Xbox One zwar die Auflage, keinen Server-Browser mit Lobbys wie auf PS4 und PC nutzen zu dürfen. Hier genießt man lediglich das Auto-Matchmaking. Nur gut dass es wiederum die privaten Spiele gibt, bei denen man nach Herzenslust mit Freunden und nach eigenen Regeln und Vorgaben ins Rennen gehen kann. Die Anzahl der Teilnehmer ist auf den Konsolen auf 16 beschränkt, der PC bietet das Doppelte, während die Konsolen zudem mit einer kleinen aber sichtbaren Reduktion der Grafikqualität leben müssen. Die meisten Rennen liefen während unserer Tests einigermaßen sauber ab. Desto größer die Teilnehmeranzahl allerdings ist, desto eher kann es auch in der einen oder anderen Stelle zu deutlichen Lags. Eine Art Ruf klärt über den Charakter der Mitstreiter auf und liefert einen Wert für aktive Renn- und Verbindungsabbrüche, eingeheimste Strafen und Disqualifikationen, was im Fahrerprofil festgehalten wird. Im Übrigen bietet das Game im privaten Spiel an, das Feld mit KI-Gegnern aufzufüllen.

 

(Nur) Optisch-technische Begeisterung

Fokussiert man die technische Umsetzung des Geschehens bleibt einem gerne mal die Spucke weg. Das, was man vor allem optisch geboten bekommt, grenzt durchaus an den Grenzen einer neuen Referenz: Die Fahrzeugmodelle wirken sowohl innen als auch außen extrem authentisch und sie mit viel Liebe zu Detail umgesetzt worden. Gerade wenn man sich die Spiegeleffekte im Lack anschaut, verfällt man in Begeisterung, was bei regnerischem Wetter nochmals getoppt wird. Die Spiegeleffekte, Bewegungen auf dem Lack, Reflektionen im Regen können einfach gefühlt nicht authentischer mehr ausschauen. Auch wenn Fahrzeug und Strecke durchaus voll überzeugen können, schaut das Ganze abseits der Strecke und im Soundbereich etwas anders, einfach schwächer aus. Während der Regen im Wind nur so gegen die Karosserie plätschert, scheinen Bäume und Umfeld das Wetter nicht so recht zu bemerken, ähnlich wie über die Boxen nur das Geplätscher ins Wohnzimmer vordringt. Die Umsetzung ist nicht wirklich schlecht, lässt aber vollends an Atmosphäre missen. Das Gefühl eines Unwetters mag so nicht recht aufkommen.

 

An dieser Stelle sollen ein paar Worte zum Umfang nicht fehlen. Die Anzahl und Auswahl an Strecken ist durchaus beachtlich gehalten. Es gibt in Summe 30 Orte, an denen 110 lizenzierte Strecken teilweise in verschiedenen Varianten zur Auswahl stehen. Mit dabei sind bekannte Orte wie Monza, Le Mans, Laguna Seco oder glücklicherweise die Nordschleife (Nürburgring), aber auch etwas unbekanntere Strecken wie beispielsweise Oschersleben oder Straßen an der Côte d’Azur oder dem California Highway. Dagegen ist die Anzahl der initial zur Verfügung stehenden Fahrzeuge mit gut 50 doch etwas überschaubar gehalten. Nichtsdestotrotz gibt es für die meisten Fans genügend Futter: Audi R8, BMW Z4, RUF GTR3, Aston Martin Vantage, Ford Focus, McLaren P1 oder gar Klassiker wie den Mercedes Benz 190E. Es werden alle Facetten des Geschmacks abgedeckt, auch wenn man an der einen oder anderen Stelle und vor allem im Vergleich mit anderen Games sicherlich hätte noch etwa nachlegen können. Sicher ist allerdings, dass sowohl Strecken als auch Fahrzeuge in bereits oder später zur Verfügung gestellten und kostenpflichtigen Downloadcontents erweitert werden – leider auch eine allerdings gebräuchliche Unart unserer Zeit.


Das Fazit von: DeWerni

DeWerni

Project Cars macht Vieles richtig, was ich von einem simulationsartigen Rennspiel erwarte: tolle Wettereffekte, zahlreiche Konfigurationsmöglichkeiten und Geschwindigkeitsgefühl, das wirklich zum Gamer transportiert wird. Dazu kommen Konfigurations- und Einstellmöglichkeiten sowie spielerische Freiheiten rund um Einzelrennen oder Karriere, wie man sie sich manchmal von anderen Titeln gewünscht hat. Doch was das Werk inhaltlich sehr gut macht, zeigt technisch den Entwicklern oft Grenzen auf: Auch wenn die Fahrphysik grandios ist, so kann man das Ganze mit der Sticksteuerung oftmals nicht ausnutzen. Geniale Boxenstopps fehlt ausgereifter Tiefgang und die Gegner-KI ist bei Gedränge oftmals einfach überfordert. So liefert der Titel oftmals geniale Momente, die ihren Fokus auf dem Rennsport haben, zeigt allerdings Schwächen in anderen Bereichen. Ich würde nicht behaupten, dass der Titel die neue Genrereferenz darstellt. Racingspaß ist allerdings sowohl on- als auch offline sicherlich ausgiebig garantiert.


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