Steelrising

Steelrising

Publisher: Nacon Games
Entwicklerstudio: Spiders
Genre: Action
Sub-Genre: Action-RPG, Soulslike
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 08.09.2022
USK 16

Steelrising   28.09.2022 von Beef Supreme

Mit stoischer Konstanz veröffentlichen die französischen Entwickler Spiders ein Rollenspiel nach dem anderen, darunter Greedfall, The Technomancer und Bound by Flame. Mit ihrem neusten Output Steelrising stippen die Franzosen in den tiefen Teich der Soulslikes und wollen sich mit einem ungewöhnlichen und unverbrauchten Setting von der grauen Fantasy-Masse abheben. Wie gut der Ausflug in die hart umkämpften Gefilde des Ausdauermanagements und der anspruchsvollen Kämpfe gelungen ist, erfahren wir jetzt...

 

Pour la Nation!

 

Wir schreiben das Jahr 1789 in Paris. In einer alternativen Vergangenheit dreht der irre König Louis XI völlig am Zahnrad und lässt eine unaufhaltsame Armee von Robotern auf Paris los, um die aufkeimende Revolution der ungewaschenen Bauern niederknüppeln zu lassen. Fleischliche Widersacher mit ihren billigen Musketen haben kaum eine Chance gegen die undurchdringliche Panzerung und die überlegene Bewaffnung der blutrünstigen und niemals ermüdenden Automaten. Nicht so jedoch Aegis. Ebenfalls ein bis an die Scharniere aufgerüsteter Automat, der jedoch denken und sprechen kann und nur der Königin Marie Antoinette untersteht. Der Spieler streift sich das Metallkleid um und zieht aus, um im Namen der Königin die geistlosen Stahlklumpen zu Altmetall zu klopfen und den Schöpfer der seelenlosen Armee ausfindig zu machen. Dabei trifft man auf den Widerstand und einige illustre Charaktere, wie zum Beispiel General La Fayette oder Maximillien de Robespierre, die sich dem wahnsinnigen König entgegenstellen. Kaum richtig geölt, findet sich Aegis inmitten der Französischen Revolution wieder. Unterwegs ergründet man, warum die Maschinen ewig laufen, ohne aufgezogen werden zu müssen und wer der eigentliche Kabelzieher hinter dem mechanischen Massaker ist.

 

Steelborne, Shadows rust twice

 

Steelrising macht keinen Hehl aus seiner Inspiration, findet man doch hier ein waschechtes Soulslike. Leichter Angriff, schwerer Angriff, Ausweichen und kritischer Treffer, alles altbekannte Mechaniken für Fans des Genres. Natürlich muss auch ein Augapfel ständig auf der Ausdauerleiste kleben, um nicht plötzlich hilflos die Ventile verbogen zu bekommen. Jedoch kann man sich hier nur selten hinter einem Schild verstecken und muss sich eher auf das ausdauerhungrige Ausweichen verlassen. Das Spieltempo ist höher und erinnert eher an eine Mischung Bloodborne und Sekiro. Selbstredend findet sich in Steelrising auch eine eigene Währung, die man durch Feinde verbiegen verdient, hier genannt Anima Essenz. Man kennts, durch den ersten Tod fallengelassen, durch den zweiten Tod auf ewig verloren, sollte man seine Essenz nicht vorher aufgehoben haben. Auch hier dient der Lebensgeist der eisernen Feinde wie im Vorbild zum Leveln von Aegis, ihren Waffen und als Währung im Shop für Verbrauchs- und Ausrüstungsgegenstände. Auch eine Leuchtfeuerentsprechung darf nicht fehlen, die gleichzeitig auch als Shops herhalten, hier Vestal genannt. Steelrising hat aber auch eigene Ideen vorzuweisen, zum Beispiel kann die eigene Ausdauer schnell wieder gefüllt werden, wenn man in einem recht knappen Zeitfenster eine Taste drückt, ähnlich dem Nachladesystem bekannt aus der Gears of War-Reihe. Und hier kommen auch die Elementareffekte ins Spiel.

 

Kalt wie Stahl

 

Steelrising erklärt die Ausdauer clever mit der Überhitzung von Aegis. Und durch Kühlung, besagtes Reaktionsspielchen, erhält man diese zwar zurück, doch zu oft und Aegis gefriert, was einer Betäubung gleichkommt. Man nimmt zwar keinen Schaden, ist jedoch für eine kurze Zeit bewegungsunfähig. Mit entsprechenden Waffen und Ausrüstung können natürlich auch Gegner eingefroren werden, was ein paar geschenkte Treffer erlaubt. Neben Frost finden sich noch Brand- und Elektroeffekte. Das erstere bedeutet Schaden über Zeit, das zweite mehr erlittener Schaden pro Treffer. Je nach Widersacher fallen die Resistenzen anders aus. Eisbasierte Gegner sind anfälliger gegen Feuer und andersrum. Selbst kann man natürlich auch von allen Effekten betroffen sein und auch durch Ausrüstung oder Gegenstände dem entgegenwirken. Auf dem Papier klingen die Effekte ganz nett, jedoch spielen Feuer und Elektroeffekte in der Praxis kaum eine Rolle. Der Frosteffekt ist ganz praktisch, wenn man die Leiste bei den Gegnern gefüllt bekommt. Brennt man selbst oder ist eingefroren, reicht Buttonmashing, um sich schnell zu löschen bzw. zu befreien. Einzig der Elektroeffekt muss über Tränke getilgt werden, nicht weil der zusätzliche Schaden ins Gewicht fallen würde, sondern wegen des nervigen Soundeffekts der den Status begleitet. Die Möglichkeit, das Waffenarsenal durch Elementareffekte aufzubessern glänzt leider durch Abwesenheit. Jedoch lassen sich Waffen finden, die eingebauten Elementarschaden aufweisen.

 

Waffen, Brüder!

 

Kern von Steelrising ist ganz klar der Kampf. Die entsprechenden Werkzeuge können teils gefunden, teils geshoppt werden. Das Arsenal fällt im direkten Vergleich zum ehernen Vorbild aus Japan recht schlank, dafür kreativ aus. Hier prügelt man stilvoll mit stählernen Fächern, flammenden Pendeln oder ziemlich stabilen Glasschlagstöcken. Je nach Waffengattung können sie entweder mittelschwer oder schwer sein; seltsamerweise konnte ich keine leichten Waffen entdecken. Schwere Waffen hauen langsamer zu, können Feinde aber leichter aus den Latschen kicken. Mittlere Waffen füllen dafür schneller den Stun-Balken, der, einmal gefüllt, einen kritischen Treffer erlaubt.

 

Die Waffen erscheinen zwar anfangs abwechslungsreich und sind auf alle Fälle schön designt, doch das Bewegungsrepertoire wiederholt sich bestürzend oft. Jeder schwere Knüppel schwingt sich wie der vorige, jede Klaue zerteilt auf die gleiche Weise, egal ob leichte oder schwere Angriffe oder Kombinationen darauf. Hier hätte mehr Abwechslung nicht geschadet. Selbst die Spezialfähigkeiten jeder Waffe wiederholen sich zu oft, nur ein ganz kleiner Teil des ohnehin schon überschaubaren Arsenals hat wirklich eigenständige Spezialattacken vorzuweisen. Dies führt dazu, dass die Kämpfe oft sehr gleichförmig ablaufen und nur wenig Variation ermöglich wird.

 

Und das Traurige daran ist, es ist auch nicht erforderlich. Steelrising ist, was die Kämpfe anbelangt, nur wenig anspruchsvoll. Meist reicht es um die Gegner herumzutänzeln und draufzuhauen. Hat man das Timing für die Ausdauerregenation raus, sollte man nur selten Probleme bekommen, selbst gegen eine Überzahl. Die meisten Feinde verhalten sich nicht besonders clever, kündigen ihre Angriffe mehr als deutlich an und sind langsam. Aegis bewegt sich mit anmutiger Grazie wie der stahlgewordene Tod durch einen Haufen tumber Eisentölpel, die nur deswegen auch Treffer landen, weil die meisten Aktionen der Gegner nicht durch eigene Angriffe unterbrochen werden können. Die Kämpfe gegen die hübsch designten Bosse lockern das zwar etwas auf, doch auch die stellen aus den gleichen Gründen keine wirkliche Herausforderung dar.

 

Und trotz allem, der Flow stimmt. Die Kämpfe sind zwar nicht sehr fordernd, machen aber dennoch Spaß, was mitunter an den gelungenen Choreografien, den sauberen und detaillierten Animationen und dem Gefühl der Macht liegt, welches das Spiel trefflich zu vermitteln versteht.

 

Paris sehen und sich verlaufen

 

Auf dem Weg zum König und seinen Schergen bewegt man sich hauptsächlich durch die von Leichen gepflasterten Straßen von Paris. Unterteilt in mehrere, nicht miteinander verbundene Abschnitte durchstreift man verwinkelte Straßenzüge, die sich ziemlich ähneln. Dadurch wird einerseits die Orientierung erschwert und andererseits stellt sich schnell eine Eintönigkeit ein, die nicht hätte sein müssen. Gelegentliche Abwechslung wie das hübsche Schloss zu Beginn oder das Innere des Louvre sind leider zu selten. Dafür bietet das Spiel eine gewisse Vertikalität, Abkürzungen und alternative Routen, wenn man die entsprechenden Möglichkeiten freigeschaltet hat; nicht jeder Weg ist sofort zugänglich.

 

Das verwinkelte Leveldesign hilft nur bedingt bei der Orientierung, da die Wege nicht immer offensichtlich sind. Das kann sogar manchmal dazu führen, dass man sich in Gegenden manövriert, die eigentlich erst im späteren Verlauf zugänglich sein sollten, da man dafür Werkzeuge benötigt, die erst freigeschaltet werden müssen; im Fachjargon auch Sequence Break genannt. Und mit Pech steckt man dann fest und muss sich zum letzten Vestal zurücksetzen lassen. Und wie sich das für ein Soulslike gehört, geht dadurch die Essenz flöten. Ärgerlich.

 

Französische Freizeit

 

Glücklicherweise kann man das Problem durch einen nützlichen Kompass umgehen, der den Standort des nächsten Wegpunkts markiert, wenn man ihn aktiv nutzt. Man könnte auch versuchen, im Questlog nachzulesen, doch so gut es geschrieben ist, es hilft nur selten bei der Orientierung. Die Karte im Menü kann man gleich vergessen, zeigt sie doch nur Paris in der Übersicht. Doch streift man nur selten ziellos umher, gelegentlich hört man Stimmen durch vernagelte Fenster, die einem ihr Leid klagen und manchmal sogar kleinere Nebenaufgaben parat halten. Leider laufen die Gespräche fast immer gleich ab. Alle haben Angst vor den bösen Maschinen und Aegis muss sich jedes Mal erklären. Nach dem zehnten Mal ermüdet der immer gleiche Gesprächsablauf. Dennoch verleiht das der ansonsten von Tod und Verderbnis gesäumten Stadt ein bisschen Leben.

 

Richtige Nebenquests finden sich auch, vergeben von den namhaften Charakteren. Mal muss nach entführten Kindern gesucht, mal Intrigen aufgedeckt und einmal sogar einen Ausflug ins Jenseits unternommen werden. Liest sich spannend, leider bleibt das Questdesign jedoch hinter seinen Möglichkeiten. Meist handelt es sich nur um Botengänge, die in einem (Selbst-)Gespräch enden. Rein mechanisch hätten die Nebenaufgaben mehr Abwechslung vertragen, als immer nur von A nach B zu rennen und alles auf dem Weg zu verschrotten. Man erfährt zwar ein paar Hintergründe und Storyfetzen, die auch alle wortreich im Menü nachzulesen sind, doch durch die fragmentierte Erzählweise bleibt nur wenig hängen. Insgesamt spielt die Handlung im Spiel nur eine untergeordnete Rolle und weiß nie so richtig zu packen.

 

Bildergalerie von Steelrising (7 Bilder)

Technik die manchmal begeistert

 

Der technische Unterbau des Spiels schwankt zwischen „Wow“ und „eher so mittel“. Gerade visuell haben die Franzosen ordentlich was dazu gelernt und kredenzen flüssige Animationen sowie eindrucksvolle Oberflächen- und Partikeleffekte. Demgegenüber stehen aber nervige Unzulänglichkeiten, beispielsweise bei der Kamera, die gerne mal zickt. Nach einem Respawn oder während Kletterpassagen entwickelt sie ein Eigenleben und lässt sich partout nicht kontrollieren, was hin und wieder für Blutdruck sorgt. Auffällig ist auch die launische Kollisionsabfrage. Hin und wieder landet Aegis in Kisten, die nicht als „Boden“ definiert sind und dementsprechend sich nicht mehr bewegen kann.

 

Steelrising leistet sich leider einige solcher technischen Nicklichkeiten, die für sich genommen alle nicht gravierend oder schlimm sind, doch in Summe der Gesamtqualität abträglich sind. Im Vergleich zu Spiders‘ früheren Arbeiten fühlt sich Steelrising jedoch am Rundesten an.

 

Um aber nicht nur Kritik zu üben, auf der Haben-Seite lässt sich noch gelungene Vertonung verbuchen. Die akustische Untermalung ist sehr gelungen, das betrifft die stimmige Hintergrundmusik sowie die atmosphärisch passende Sprachausgabe aller Charaktere. Warum ein Roboter Selbstgespräche führen muss, erschließt sich mir nicht, doch Aegis hat für eine seelenlose Maschine erstaunlich viel Charakter. Vereinzelt plagen das Spiel zwar Tonaussetzer, doch die kommen nur selten vor und sind zu verschmerzen.

 

Bugs, wie z.b. Abstürze traten während des Tests auf PS5 auch auf, allerdings sehr selten und nicht reproduzierbar. Was allerdings reproduzierbar ist, wenn man beispielsweise versucht, ein Vestal zu aktivieren, Aegis aber physisch nicht in der Lage ist, diesen zu erreichen, beispielsweise durch eine im Weg stehende Kante, bricht Aegis den Versuch irgendwann ab. Das Vestal zählt aber als aktiviert und kann nicht erneut aktiviert werden. Nur ein Neustart des Spiels behebt diesen Fehler. Hoffentlich wird dies mitsamt den vereinzelten Audioaussetzern noch gefixt.

 

Die Performance auf Playstation 5 gibt keinen Grund zur Klage. Das Spiel läuft fast durchgängig mit geschmeidigen 60 Frames pro Sekunde, was flüssige Kämpfe und ein angenehmes Spielen ermöglicht. Vereinzelt brechen die Frames kurzzeitig ein, doch dies tritt nur sehr selten auf. Andere Plattformen standen nicht zum Test zur Verfügung.



Cover & Bilder © 2022 published by Nacon and developed by Spiders Studio. Steelrising® is a trademark of Nacon. All rights reserved.


Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Für einen ersten Ausflug ins Soulsbusiness ist Steelrising durchaus stabil geworden. Auch wenn das unverbrauchte Szenario nur bedingt genutzt wurde, die Handlung ist eher zweitrangig, macht es Spaß durch die Straßen etwas verwirrenden und teils eintönigen Straßen von Paris zu streifen und reihenweise Altmetall zu hinterlassen. Die Action ist sehr gut inszeniert und flüssig choreografiert, auch wenn die Gegner sich meist nicht viel cleverer als ein Toaster verhalten. Nur schade, dass die Kämpfe mit der Zeit trivial werden, sobald das Timing für die Ausdauerregeneration und die gegnerischen Angriffsmuster. Mehr Anspruch hätte hier nicht geschadet. Zumal auch noch ein Assistenzmodus angeboten wird, der den erlittenen Schaden auf 0 reduzieren lässt. Kleinere technische Macken wie fragwürdige Kollisionsabfrage und gelegentliche Soundaussetzer trüben zwar das Erlebnis doch in der Summe kann man vom bisher rundesten Spiel der französischen Entwickler von Spiders sprechen. Wer schon immer mal erfahren wollte, wie die Französische Revolution wirklich abgelaufen ist, kann einen Blick riskieren.


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positiv negativ
  • Schicke Optik
  • Hübsche Oberflächen- und Partikeleffekte
  • Flüssige Animationen und Choreografien
  • Unverbrauchtes Szenario
  • Angenehme Spielzeit
  • Angenehme Anzahl an Nebenaufgaben
  • Abwechslungsreiches Waffenarsenal
  • Gelungene Vertonung
  • Durchdachtes Ausdauersystem
  • Kämpfe zu leicht
  • Gegenden in Paris zu eintönig, Orientierung fällt nicht immer leicht
  • Handlung zweitrangig
  • Potential beim Szenario liegen gelassen
  • Gelegentliche technische Macken (Soundaussetzer, Bugs)
  • Belanglose Nebenquests
  • Nur wenige einzigartige Waffenspezialfähigkeiten
  • Elementareffekte zu schwach





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