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The Sexy Brutale: Full House Edition

Publisher: Tequila Works & Cavalier Game Studios
Entwicklerstudio: Avanquest
Genre: Adventure
Sub-Genre: Puzzle
Art: Downloadtitel
Erscheinungsdatum: 11.04.2017
USK 12

The Sexy Brutale: Full House Edition   14.04.2017 von LorD Avenger

Benommen und mit einer Maske verhüllt erwacht Priester Lafcadio im riesigen Anwesen The Sexy Brutale. Eine mysteriöse entstellte Frauengestalt verleiht ihm die Fähigkeit die Zeit zurückzudrehen, sodass er den Samstag immer wieder aufs Neue durchlebt und auf diesem Wege versucht, die unerklärlichen Morde an seinen Freunden zu verhindern...

 

"Clickbait" nennt es sich auf YouTube, wenn man Begriffe wie "sexy" in den Titel packt und wahrscheinlich muss ich auch meinem Unterbewusstsein eingestehen, dass es in diesem Fall Wirkung gezeigt hat. Dabei ist The Sexy Brutale alles andere als sexy, brutal hingegen schon - und verflucht interessant und innovativ. Womit ich nicht sagen möchte, dass die Idee grundlegend neu ist, aber die Umsetzung ist wirklich äußerst gelungen und macht dieses Game nicht nur zum bisherigen Überraschungshit 2017, sondern auch zum Spiel des Jahres für mich (bis jetzt).

 

Und täglich grüßt das Murmeltier...

 

Bei The Sexy Brutale handelt es sich um ein Adventure-Puzzle-Game, in dem es darum geht, sich zu verstecken, zu belauschen, zu beobachten und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Eine Reihe von Gästen treibt sich in den unterschiedlichen Winkeln des riesigen Anwesens herum und werden im ewig wiederholenden Spielzeitrahmen von 12 Uhr mittags bis Mitternacht vom Personal umgebracht. Der Reihe nach ist es Aufgabe des Spielers den geisterhaften Lafcadio durch die zahlreichen Räume zu führen und einen indirekten Weg zu finden, seine Freunde vor dem Tod zu bewahren. Ein direktes Eingreifen ist nicht möglich, da Lafcadio sich nicht lange im selben Raum wie eine andere Person befinden darf. Mit dem Ohr an der Tür und dem Auge am Schlüsselloch beobachtet und belauscht man also die umherwandernden mordenden Mitarbeiter und ihre Opfer, findet heraus was sie planen, wo sie lang gehen, wo man sie aufhalten, austricksen oder ablenken kann. Gelingt dies einmal nicht, wird die Zeit Murmeltiertag-mäßig zurückgedreht (entweder manuell oder spätestens um Mitternacht automatisch) und man kann mit seinem bestehenden Wissen die Rettungsversuche fortsetzen.

 

Magische Masken

 

Gameplay-technisch ist das Spiel ausgesprochen simpel. Anfänglich haben wir lediglich die Fähigkeit durch Schlüssellöcher einen trichterförmigen Ausschnitt des dahinter liegenden Raumes auszukundschaften und in die Luft hineinzulauschen, wodurch die umliegende Karte komplett verdunkelt und eventuelle Geräusche, wie z.B. Schritte visuell dargestellt werden. Natürlich kann auch mit einigen Gegenständen interagiert werden - die wenigsten allerdings mit wirklichem Nutzen, bei den meisten gibt es nur einen Kommentar oder das Finden einer Spielkarte - einer der Sammelsachen im Spiel, die nähere Informationen zum faszinierenden Haus freischalten. Mit jedem geretteten Hausgast allerdings verleibt man sich dessen Maske ein und erhält dadurch auch neue Fähigkeiten: Ein besseres Gehör, das Belauschen auch im Flüsterton möglich macht, die Fähigkeit Schlösser zu knacken oder umherschwebende Geister ansprechbar zu machen, die einem wertvolle Tipps geben oder einfach nur aus dem Weg gehen können. So schaltet man auch neue Räume und ganze Etagen in der verwinkelten Villa frei, die es zu erkunden gilt. Den besten Weg zu kennen und ohnehin zu wissen, wer wo ist oder wo sich Schränke zum Verstecken befinden ist essentiell.

 

Ein weiteres extrem cooles Gameplay-Element ist die interaktive Karte im Menü. Die Übersicht zeigt, welche Räume noch nicht betreten wurden und ein Spielbrett-ähnliches Design aus der Vogelperspektive macht deutlich erkennbar, um welche Räume es sich handelt. Davon abgesehen kann man aber den größten Nutzen aus der eingebauten Zeitleiste ziehen. Alle Geschehnisse und Morde im Haus ereignen sich parallel zueinander im Rahmen der 12 Ingame-Stunden, was im ganzen Anwesen zu hörende knallende Schüsse, zersplitternde Glasscheiben oder schlagende Glocken verdeutlichen. Also selbst wenn ein Gast gerettet wird, so sterben irgendwo anders die restlichen und spätestens wenn die Uhr wieder zurückgesetzt wird, schweben auch die geretteten Opfer wieder in Lebensgefahr. Und je hartnäckiger man die Personen im Haus verfolgt, egal ob Opfer oder Täter, umso genauer wird ihr Weg auf der Karte dargestellt. Mit einem simplen Regler kann man die gewünschte Uhrzeit einsehen und beobachten, wie sich die verschiedenen Spielfiguren in diesem mörderischen Cluedo-Verschnitt durchs Haus bewegen.

 

Bildergalerie von The Sexy Brutale: Full House Edition (7 Bilder)

Hart aber fair

 

Der Schwierigkeitsgrad dieses Puzzle-Games ist so perfekt wie ich ihn selten erlebt habe. Merkbar herausfordernd aber nie unfair oder gar frustrierend. Ich möchte nicht behaupten, dass ich nie in Versuchung gekommen bin einen Walkthrough zur Hilfe zu ziehen, da zu diesem Zeitpunkt aber schlichtweg noch keiner verfügbar war, musste ich stets selbst auf die Lösung kommen und habe es mal schneller und mal langsamer auch geschafft. Das Spiel lässt einen hier auch nicht völlig alleine, springt einen aber auch nicht mit aufblinkenden "Brauchst du einen Tipp?"-Hinweisen an. Wenn man beispielsweise nicht aus einem der Hausflügel herausfindet und aus Mangel an Optionen bereits erledigte Dinge erneut probiert, kann man nicht selten zu einem kryptischen Hinweis kommen. Auch manche der umherstreifenden Geister halten im Dialog Tipps bereit oder man erfährt Neues durch das frühzeitige Belauschen der Täter.

 

Dafür hat man die Zeit nicht zurückgedreht...

 

Die einzigen Mankos, die ich tatsächlich nennen kann - denn auch die düstere, mysteriöse Rahmenstory sowie dessen Auflösung sind großartig inszeniert - sind zum einen die fehlende Fähigkeit, die Zeit beliebig zu jedem Zeitpunkt vor- und zurückzudrehen wie auch auf der Karte. Manchmal ist es etwas zeitraubend minutenlang in einem Schrank auszuharren, während man auf einen vorbeikommenden Gast wartet oder den Tag nach einem Fehler von vorne zu beginnen, anstatt nur ein paar Minuten zurückzudrehen. Der andere Punkt ist die technische Ausführung. Alles funktioniert einwandfrei und auftretende Fehler oder Mängel beeinflussen nicht das Vorankommen, aber teilweise merkt man sie doch etwas zu deutlich. Abrupt abreißende, bzw. wechselnde Musik, wenn man einen Raum verlässt, wie durch Teleportation springende Figuren oder ein wenig Zappel-Glitchen, wenn man im falschen Winkel gegen ein Hindernis läuft. Aber es handelt sich schließlich auch um ein Indie-Spiel, von daher ist das schon Meckern auf besonders hohem Niveau.


Das Fazit von: LorD Avenger

 LorD Avenger

The Sexy Brutale ist ein absoluter Geheimtipp, den ich spontan mit nichts anderem vergleichen könnte. Clevere Morde und ebenso clevere Gegenmaßnahmen, die viel Erkunden, Ausprobieren und Planen erfordern. Dieselben 12 Stunden dutzende Male im selben Haus erneut zu durchleben, aber jedes Mal aus einem anderen Blickwinkel und mit neuen Erkenntnissen hat einen ungeheuren Reiz. Die nur sporadisch durchsickernde und am Ende ausführlich aufgelöste Hauptstory ist äußerst spannend und lässt einen mit dem zufriedenen Gedanken zurück, dass die Schreiber hier einen verdammt guten Job gemacht haben. Das Gameplay lässt zwar noch ein paar Wünsche zur Bequemlichkeit offen, bietet aber interessante und vor allem gut funktionierende Elemente, die sich wunderbar in die simple comichafte Grafik eingliedern.


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positiv negativ
  • Großartige, innovative Spielidee
  • Unterhaltsames, simples und tadellos funktionierendes Gameplay
  • Gelungene düstere Atmosphäre, untermalt mit einem tollen Soundtrack
  • Clevere Mordsequenzen und Gegenmaßnahmen
  • Unzählige Geheimnisse und neue Perspektiven zum Entdecken
  • Spannende Rahmenstory mit einem Finale, das in Erinnerung bleiben wird
  • Zeitbeeinflussung könnte noch benutzerfreundlicher sein
  • kleinere, nicht störende technische Mängel





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