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The Technomancer

Publisher: Focus Home Entertainment
Entwicklerstudio: Spiders
Genre: Rollenspiel
Sub-Genre: 3rd-Person RPG
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 28.06.2016
USK 16

The Technomancer   24.07.2016 von Beef Supreme

Vor etwas mehr als zwei Jahren gab das Entwicklerstudio Spiders mit Bound by Flame sein Debut auf den Current-Gen-Konsolen und schnitt damit nur durchschnittlich ab. Mit Technomancer löst man sich nun vom ausgelutschten Orkgeschlachte und Baumgekuschle und verfrachtet den Schauplatz auf den Mars in eine nicht näher definierte Zukunft. Stahl und Sand ersetzen Wald und Wiesen und Schwerter werden gegen Gewehre eingetauscht. Können die Franzosen in diesem Anlauf überzeugen?

 

Der Mars. Unerbittliche Sonne, Wassermangel und keine Möglichkeit, von diesem toten Felsen zu entkommen. Den Kontakt zur Erde sowie die Möglichkeit, diese zu erreichen, haben die Bewohner schon vor langer Zeit verloren und fristen nun ihr Dasein unter Tage oder in von Stahlkuppeln geschützten Städten. Mächtige Unternehmen sind am Ruder und es herrscht Krieg zwischen den Fraktionen. Und mittendrin: Zachariah Mancer, ein Mann mit besonderen Fähigkeiten. Er ist ein sogenannter Technomancer und kann Energie kontrollieren. Als Lieutenant im Dienste von Aurora, einer der unternehmensgeführten Fraktionen, schlüpft der Spieler in seine Haut und verrichtet allerlei Aufgaben zum Wohle der Gemeinschaft. Zumindest nimmt man das zunächst an, bis nach und nach klar wird, dass die Geheimpolizei namens ASC hinter dem Technomancer-Geheimnis her ist und Zach, also Euch, das Elektrisieren schwer machen will. Des Weiteren gibt’s da noch andere Typen aus einer Stadt namens Aurora, die auch einen Haufen Watt-Schleudern haben, dann sind da noch Mutanten, Rebellen, mafiöse Untergrundorganisationen und was weiß ich, es ist alles sehr verwirrend und sehr viel. Technomancer gibt sich alle Mühe, dass der Spieler schon von Anfang an mit Infos und Fraktionengeschwurbel so überreizt wird, dass er gar nicht mehr danach fragt, was hier eigentlich Sache ist. Worauf es ankommt: Ihr seid Zachariah Mancer, ein Technomancer und es erwartet Euch das Backtracking-Abenteuer eures Lebens.

 

Zunächst das Wesentliche: Technomancer ist ein Rollenspiel. Zu Beginn wählt Ihr ein Aussehen und eine von 3 Klassen, Kämpfer, Gauner oder Wächter. Das spielt aber im Endeffekt keine Rolle, denn skillen könnt Ihr trotzdem, wie Ihr wollt. Als nächstes folgen die Fertigkeiten, die entsprechend den 3 Klassen und zusätzlichen Technomancer-Fertigkeiten in Skilltrees zur Verfügung stehen. Es folgen die Attribute, Stärke, Agilität, Konstitution und Macht und weil’s noch nicht genug ist, könnt Ihr noch aus 6 Talenten wählen, wie zum Beispiel Crafting, Charisma, Wissenschaft und so weiter. Auf dem Papier klingt das alles sehr verlockend und angenehm komplex, aber in der Realität spielt diese ausufernde Punkteorgie nur selten eine echte Rolle. Abgesehen von ein paar wenigen aktiven Fertigkeiten beeinflusst die Punktevergabe das Spiel kaum. Nur ganz selten kommt es vor, dass Ihr bestimmte Quests aufgrund von falscher Skillung nicht schaffen könnt, in der Regel bietet das Spiel immer eine Möglichkeit, dass auch der größte Dummbatz intelligenzbasierte Quests erfolgreich abschließen kann. Das verringert zwar den Frust, nimmt aber gleichzeitig die Relevanz aus der eigenen Spielmechanik, da es auf diese Weise keine Rolle spielt, was Ihr wie skillt. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass man fast immer mit 2 autonom agierenden Begleitern unterwegs ist, die je nach Verhältnis zum Spieler noch einen Bonus auf ein gewisses Talent geben. Rennt man also mit den richtigen Begleitern rum, macht es gar keinen Unterschied mehr, wo man Punkte reinbuttert.

 

Während eurer Zeit auf dem Mars erfüllt Ihr ganz klassisch einen Haufen Quests. Und da man in der heutigen Zeit vom Witcher verwöhnt wurde, ist man es fast schon gewohnt, dass selbst aus banal scheinenden Quests hochinteressante Geschichten entstehen können, die man gespannt verfolgt. Aber nicht jeder kann CD Project Red sein, und so kommt es auch, dass hier banal wirkende Quests auch banal bleiben. Die Struktur der allermeisten Aufgaben ist immer die gleiche: Renne zum Checkpoint, absolviere auf dem Weg immer an den gleichen Stellen die gleichen Kämpfe, komm zurück, hol deine Erfahrung und die nächste Quest ab und alles auf Anfang. Das Spiel streckt geschickt die Spielzeit indem es Euch immer und immer wieder an die gleichen Orte schickt und irgendwas abklicken lässt. Da es kein Schnellreisesystem gibt, schlägt diese ewige stumpfe Rennerei ganz schnell in Langeweile um, da Ihr immer gleiche Wege lauft und wirklich niemals nachdenken müsst. Das übernimmt Zach in Form von Selbstgesprächen für Euch und kaut auch schön alles vor, wohin nun gejoggt werden soll. Schnell verkommt das Questen zu zäher Fleißarbeit, da auch die Geschichten dahinter meist schludrig dahingeschmierte Textzeilen ohne Relevanz sind. Das Problem dabei liegt aber gar nicht in der Unfähigkeit der Entwickler, anständige Quests zu designen. Denn gelegentlich könnt Ihr auch Entscheidungen treffen, die sich auf den Ausgang der Quest, dem Verhältnis zu den Begleitern und begrenzt auch auf den Spielverlauf auswirken. Das sind dann diese mehrteiligen Aufgaben, die auch so etwas wie eine kleine Geschichte erzählen und durchaus Spaß machen können. Nur leider passiert das viel zu selten und so bleibt es beim Abreißen zahlloser Kilometer per pedes, einfach nur um ein paar läppische XP abzugreifen.

 

Wenn Ihr davon gerade die Schnauze voll habt könnt Ihr, nun, fast nichts anderes tun. Nebenbeschäftigungen bietet Technomancer keine. Natürlich könnte man auf Erkundungstour gehen, doch dafür müsste die Spielwelt was zu bieten haben. Selten erblickte ich eine sterilere Umgebung. NPCs stehen untätig rum, Händler fuchteln wortlos herum und ansprechen lässt sich niemand. Ihr könntet nach Kisten Ausschau halten die Rohstoffe fürs Crafting beinhalten. Doch damit werdet Ihr derartig überhäuft, dass das nicht nötig ist. Aber da Ihr vom Spiel ohnehin gezwungen werdet, jede Strecke mindestens 10 Mal abzulatschen, erkundet Ihr quasi unterwegs. Ihr könntet natürlich unter die Diebe gehen, doch Vorsicht, selten war stehlen fader. Es erwarten Euch keinerlei Konsequenzen für den unrechten Transfer von Besitztümern. Egal ob Knacken von Schlössern oder Taschendiebstahl. Das geht sogar so weit, dass Ihr Euch unter Augen der zu beklauenden Person hinknien und seine Taschen ausräumen könnt, interessiert keinen. Sehr schwach. Neben konsequenzlosem Klauen bietet Technomancer noch ein rudimentäres Crafting-System mit dem Ihr Euch die Zeit vertreiben könnt. Es lassen sich Waffen und Rüstungsteile verbessern sowie Verbrauchsgegenstände wie Bomben oder Heilserum herstellen. Das alles bleibt aber sehr oberflächlich, da es nur eine sehr überschaubare Anzahl an Verbesserungen verschiedener Stärken bzw. Level gibt. Zweckmäßig ist hier das richtige Wort.

 

Nun also zu den Kämpfen. Wie schon erwähnt, diese finden immer an den gleichen Stellen statt, da sich die Feinde nicht aus ihrem eng umfassten Gebiet raus bewegen. Wenn Ihr draufzugehen droht, überquert die magische unsichtbare Grenze und Ihr werdet nicht weiter verfolgt, selbst wenn alle Rohre auf Euch gerichtet waren. Der Kampf an sich lässt sich in zwei Worte zusammenfassen: Button Mashing. Es gibt zwar 3 Stile, Dolch mit Pistole (schnell), Knüppel mit Schild (langsam) und Kampfstab (Mittel mit Flächenschaden), doch die Viereck- bzw. X-Taste malträtiert Ihr immer gleich, solange bis alles tot umfällt. Etwas gewürzt werden die Kämpfe von euren Technomancer-Fähigkeiten mit denen Ihr mit Elektrizität um Euch schmeißt. Nett, aber nach dem 20. Mal einfach nicht mehr spannend. Anfangs macht es noch Spaß, wie ein junger Gott mit Dolch und der Macht des Stroms unter den Gegnern Tod und Verderben zu säen, aber nachdem man die gleiche Gruppe zum wievielten Mal umgelegt hat, verliert das irgendwann an Reiz. Da es nur wenige unterschiedliche Gegnertypen gibt, hat man schnell alles gesehen und taktische Finesse wird nie gefordert, nicht mal bei den sehr rar gestreuten Bosskämpfen. Dazu kommt noch, dass man sehr schnell viel zu stark wird, da im Spielverlauf weder die Gegnerzusammenstellung noch deren Anzahl oder Stärke angepasst wird. Eure Begleiter helfen Euch dennoch, das aber mehr schlecht als recht. Wenigstens muss man nicht noch auf sie aufpassen, die stehen schon wieder auf, wenn der Kampf vorbei ist. Ihr könnt ihnen zwar sehr rudimentäre Anweisungen geben, aber Ihr könnt Euch das auch sparen, einen spürbaren Unterschied macht es nicht.

 

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Abschließend noch ein paar schnelle Worte zur Technik. Technomancer ist grafisch höchstens Durchschnitt. Eine Entwicklung zum 2014er Bound by Flame ist nicht wirklich zu erkennen, was schon damals nicht als grafische Offenbarung bezeichnet werden konnte. Die Charakteranimationen, Bewegung sowie Mimik, wirken recht hölzern und überzeugen nur selten durch Glaubwürdigkeit. Zwar können einige Partikeleffekte überzeugen, doch das reicht nicht für das Prädikat "hübsch". Dafür sind die Texturen zu matschig und die Umgebung zu steril. Gute Ansätze waren da, konnten aber nicht richtig umgesetzt werden, waren wohl zu wenig Kohle und/oder Zeit da. Der Sound hingegen ist ziemlich gut gelungen. Die Musik, wohl das einzige was zumindest im Ansatz eine dystopisch-futuristische Atmosphäre erzeugen kann, ist von der Idee her sehr gut geraten und passend platziert, leider wiederholt sie sich zu schnell. Das Spiel dudelt ohne Unterlass den immer gleichen gebietsbezogenen Track, was ihn schnell abnutzt. Manchmal wäre etwas Stille nicht verkehrt gewesen. Die englische Sprachausgabe ist auch ziemlich gelungen und man merkt den Sprechern an, dass sie wissen was sie tun. Zwar keine oscarreife Leistung, doch durchaus überdurchschnittlich. Im Gegensatz zu den Untertiteln. Hier ist der Praktikant mehr als nur einmal auf der Tastatur abgerutscht. Korrekturlesen ist keine schwarze Magie, Spiders! Die Ladezeiten hingegen sind angenehm kurz, was aber auch sein muss, bei den häufigen Gebietswechseln, zu welchen das Spiel Euch knechtet.


Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Als zum ersten Mal den Trailer zu Technomancer sah, war ich begeistert, endlich mal kein Fantasy-Setting. Die Fähigkeiten haben cool ausgesehen, die Idee hat mir gefallen, alles in allem habe ich mich gefreut. Dann erfuhr ich, dass die Nummer von den Bound-by-Flame-Machern kommt. Ok, noch kein Drama, ist ja schließlich zwei Jahre her, man kann sich ja entwickeln. Haben sie auch, nur leider in die falsche Richtung. Spiders hat hier so ziemlich alles reingestopft, wovon sie glaubten, dass ein Rollenspiel bräuchte. Begleiter, Moralsystem, einen ganzen Haufen verschiedene Skilltrees, Entscheidungen, einen unübersichtlichen Konflikt, jede Menge Fraktionen und verschiedene Kampfstile. Nur was sie dabei vergessen haben, ist, all das Zeug auch sinnvoll zu nutzen. Die Begleiter sind nutzlos, die verschiedenen Kampfstile unnötig, da eh nur ein Knopf missbraucht wird, die Entscheidungen haben kaum Einfluss auf den Spielverlauf die Fraktionen spielen kaum eine Rolle, außer als Questgeber zu fungieren. Apropos Quests, mich würde interessieren, wer es für eine gute Idee hielt, den Spieler immer und immer wieder die gleichen Wege laufen zu lassen, um stumpf Checkpoints abzugrasen und dabei kein Schnellreisesystem einzubauen. Technomancer ist leider nicht viel mehr als ein Backtracking Simulator unterbrochen von uninspirierten, lahmen Kämpfen und getragen von einer wirr erzählten Geschichte, die irgendwann in der Bedeutungslosigkeit versandet. Die Ansätze waren da, das Setting ist frisch, die Umsetzung ist leider gründlich danebengegangen. 


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positiv negativ
  • Frisches Setting
  • Gute Ansätze…
  • Eine Vielzahl an Skillmöglichkeiten…
  • Begleiter…
  • Verschiedene Kampfstile...
  • Coole Technomancer-Fähigkeiten
  • Gute englische Sprachausgabe
  • Atmosphärischer Soundtrack…
  • Diebstahl hat keinerlei Auswirkungen
  • …die allesamt ungenutzt bleiben
  • …die das Gameplay kaum beeinflussen
  • …die völlig unbrauchbar sind
  • …die taktisch irrelevant sind
  • Stumpfe Quests
  • Fehlendes Schnellreisesystem
  • …der sich zu oft wiederholt
  • Ewig lange Wege
  • Spieler wird zu früh zu stark
  • Tote Spielwelt
  • Wirre Handlung
  • Massig Schreibfehler in den Untertiteln





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