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inFamous - Second Son

Publisher: Sony
Entwicklerstudio: Sucker Punch
Genre: Action
Sub-Genre: 3rd-Person-Action
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 21.03.2014
USK 16

inFamous - Second Son   15.04.2014 von Beef Supreme

2010 ging’s in Empire City los. Mit Cole McGrath entstand der erste übernatürliche Conduit, der ungeachtet steigender Energiepreise nicht mit Strom gegeizt hat. Nachdem es dort nichts meht zu grillen gab, wanderte der laufende Stromkasten nach New Marais ab und machte dort genauso weiter. Doch er sollte nicht der einzige bleiben. Abseits vom grimmigen Kurier gibt es auch andere Menschen, die mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet sind. Zum Beispiel Delsin Rowe. In Infamous – Second Son folgt man nicht mehr wie bisher dem guten Cole, sondern einem verzogenen Bengel, der die Sprühdose schneller zieht als sein Schatten. Kann der übernatürliche Next-Gen-Ausflug wieder überzeugen?
 
Wenn Delsin nicht gerade wieder vor der Polizei flüchtet, verbringt der kleine Tunichtgut seine Zeit damit, als mäßig begabter Hobbytagger die Umgebung zu verschandeln. Sehr zum Unmut seines Bruders Reggie, der als örtlicher Sheriff sein Brüderchen dafür immer einkassieren muss. Als eines Tages das gleiche Spiel wieder von vorn beginnen soll, rollt aber ein Gefangenentransport durch das verschlafene Dörfchen und, wie es der Zufall so will, verunfallt direkt vor deren beider Nasen. Die Insassen sind aber keine gewöhnlichen Gefangenen, sondern Bio-Terroristen, Feinde der Menschheit und die Personifikation allen Übels in der Welt. Beim Versuch, einem der Gefangenen zu helfen, überträgt sich dessen Kraft auf Delsin und schwupps, wird aus dem Schmiereschlingel ebenfalls ein Bio-Terrorist. Glücklicherweise ist auch gleich die DUP, Department of Unified Protection, zur Stelle - eine Organisation, die die Menschheit vor den schrecklichen Schrecklichkeiten dieser Wesen bewahren will. Pflichtbewusst werden erst einmal die Bewohner des Dörfchens gefoltert und getötet, weil der kleine Delsin keine wirkliche Lust hat, seine neuen Fähigkeiten preis zu geben. Doch nicht auf die herkömmlich-katholisch-amerikanische Weise, sondern mit offiziell sanktionierten Bio-Terroristen-Fähigkeiten, die regierungskonforme, langsame Tötungen hervorrufen: Betondolche direkt durch den Körper.
 
Die müssen irgendwie wieder raus, da sonst Delsins Kumpels alle schön langsam draufgehen. Also ab nach Seattle, dem Hauptsitz der freundlichen Regierungsorganisation. Denn dort sitzt deren Anführerin, Brooke Augustine, und deren Kräfte werden benötigt, um ihre Opfer zu retten. Da die DUP aber eher Besatzer denn Befreier darstellt, braucht der Junge noch einen guten Schluck Chateau de Conduit, um sich gegen die Hundertschaften von Betonmischern zu verteidigen. Denn alle Soldaten besitzen, wie auch Augustine, Betonkräfte. Also gilt es zunächst, die anderen entflohenen Gefangenen anzuzapfen, um auch gut gerüstet zu sein. Und so steht mit Seattle ein großer, frei begehbarer und vor allem raucherfreundlicher Spielplatz offen, in dem sich der Spieler so richtig austoben kann. Gibt er den gütigen Messias, den Befreier der Unterdrückten und Verteidiger der Armen? Oder schwingt er sich doch lieber zum grausamen Tyrannen auf, der nach Gutdünken Pein und Verderbnis über die wertlosen Maden Seattles bringt? 
 
Nach einer kurzen, linearen Einführungsphase, die die Charaktere um den Spieler und die grundlegenden Spielabläufe erläutert, landet man dann in einem offenen Seattle. Dort ist es das Ziel, stark genug zu werden, um Frau Augustine unter die Betonaugen zu treten. Dabei kann man entweder stur den Hauptmissionen folgen, die einen nach und nach auf die Spur der beiden anderen Entflohenen führt, oder aber, was irgendwann Sinn machen wird, auch kleinere Nebenmissionen erledigen. Denn Seattle wurde in mehrere Bereiche aufgeteilt, die von der DUP kontrolliert werden. Je mehr man den Betonboys die Kontrolle entzieht, desto freier kann man sich auf Seattles Straßen bewegen und tut dabei sich selbst auch einen Gefallen, da die Karte danach mehr anzeigt. Denn wie auch in den Vorgängern braucht Delsin Scherben, um seine Kräfte weiter auszubauen, und die werden erst angezeigt, wenn das mobile Kontrollzentrum in jedem Distrikt ausgeschaltet wurde. Danach werden auch die Nebenmissionen freigeschaltet, wie zum Beispiel Audiologs sammeln, die den Hintergrund der DUP näher beleuchten, diverse Schmierereien in Seattle verteilen oder Undercover Agenten ausfindig machen. All das sorgt eine gewisse Zeit lang für Kurzweil, doch auf Dauer sind diese Nebenmissionen zu repetitiv und wechseln sich auch nicht mehr ab. Irgendwann läuft jeder Distrikt nach demselben Schema. Rein, Kontrollzentrum zerkloppen, Scherben finden und bei Lust oder Zwang zum Komplettismus die ewig gleichen Nebenmissionen runter rattern. Hier hätte etwas Abwechslung nicht geschadet, denn bei 10 Distrikten sind 4 verschiedene Nebenaufgaben einfach zu wenig. 
 
Abgesehen davon gibt es auch jede Menge Gelegenheit, etwas für seinen moralischen Kompass zu tun. Hilft man verletzten Passanten oder grillt man lieber Demonstranten? Zerschlägt man Drogendeals oder drischt man dem Straßenmusikanten an der Ecke lieber seine Gitarre über den Schädel? Seattle birgt viele Möglichkeiten, sein Wesen zu verändern. Leider zeigen sich diese Auswirkungen nur auf Delsins Jacke und in seinem Fähigkeitenbaum. Das Genuschel der Zivilisten, das deren Senf zum Auftreten des Spielers kundtut, ist die einzige Auswirkung, die die Welt direkt parat hält. Hier hätte eine etwas deutlichere Auswirkung der Immersion nicht geschadet. So sind die Fähigkeiten, die gleich zu Anfang komplett einsehbar sind, der einzige ausschlaggebende Grund, in welche Richtung man sich entwickelt. Für wirkliches Interesse an der Bevölkerung bekommt man keinen Grund, und storytechnische Abweichungen sucht man leider vergebens. Einziger Unterschied sind die wenigen Hauptmissionen, die je nach moralischem Standpunkt freigeschaltet werden. Böse Delsins dürfen keine tugendhaften Missionen absolvieren und andersherum. Das war’s. Der Ansatz ist gelungen, aber leider nicht konsequent zu Ende gedacht, denn der Verlauf bleibt insgesamt der gleiche. Hier hätten die Entwickler eindeutig mehr Mut beweisen können. 
 
Doch nun endlich zu den Kräften. Man beginnt als Marlboro-Man und raucht sich so durch die Straßen und Lüftungsschächte. Wer die beiden Vorgänger gespielt hat, wird sich gleich heimelig fühlen, denn Delsin kann schweben, Kurzsprints hinlegen und Projektile verballern. Nach und nach erlernt er neue Fähigkeiten seiner Kraft durch Aussaugen eines Kernrelais. Im weiteren Verlauf saugt er schwammmäßig noch zwei weitere Kräfte auf, die ich nicht spoilern möchte, welche aber gleichermaßen interessant, wie auch kreativ und nützlich sind. Leider unterscheidet sich das Kräfteverhalten untereinander zu wenig, um wirkliche taktische Unterschiede zu offenbaren. Leichtes Geschoss, schweres Geschoss und eine Spezialfähigkeit sind allen drei Kräften zu Eigen. Auch braucht man für keine Gegner spezielle Kräfte oder Herangehensweisen, sodass es letztendlich egal ist, ob man das gesamte Spiel mit Rauch oder einer anderen Kraft absolviert. An wenigen Stellen im Spielverlauf wird man gezwungen, bestimmte Kräfte anzunehmen, doch ansonsten ist es dem Gusto des Spielers überlassen, auf welche Weise die DUPs umgehauen werden. Etwas mehr Würze und Abwechslung hätte hier nicht geschadet, um die Kräftespielereien spaßiger zu gestalten, wenn man schon mehrere zur Auswahl hat. Potential war auf jeden Fall da. Hier bleibt Infamous - Second Son trotz aller neuartigen Kräfte hinter seinen Möglichkeiten. Darüber hinaus wird der eine oder andere auch das Schild vermissen, denn man hat keinerlei Möglichkeit, Angriffe abzuwehren. Besonders nervig, wenn man gerade dabei ist einen Schornstein leerzusaugen, um seine Energie wieder aufzufüllen, da man dabei ruhig stehen muss und nicht ausweichen kann. 
 
Größtes Manko ist aber, dass man die letzte, und in meinen Augen fast schon coolste, Kraft, Beton, erst ganz zum Schluß erhält. Je nach Spielstil ist der Drops bis dahin schon gelutscht, da es unter Umständen nichts mehr gibt, was man einbetonieren könnte. Nicht einmal die Füße von Leuten, die die Familie hintergangen haben. 
 
Neben den übersinnlichen Kräften ist das Parkour-Gehampel eins der Markenzeichen der Infamous-Reihe und da macht auch der Zweite Sohn keine Ausnahme. Delsin ist flink und geschickt und kann auf schmalsten Spitzen balancieren. Begründet wird das damit, dass der Bursche schon seit Kindesbeinen in der Natur herum tollte und eigentlich ständig auf der Flucht vor der Polizei war. Nun gut, soll es eben so sein. Spielmechanisch ist das auch weitestgehend gut umgesetzt, nur manchmal treibt einen der Typ zur Weißglut, wenn er es nicht schafft, von einem 10 Zentimeter hohen Absatz zu springen und dann natürlich abgeknallt wird. Insgesamt klebt Delsin zu stark an den Objekten, auf denen er steht oder woran er sich gerade fest hält. Das trübt das ansonsten coole Parkour-Feeling etwas. Hinzu kommt die etwas störrische Kamera, die gerade an engen Stellen oder in Ecken nicht gerade glänzt. Selten kommt es sogar vor, dass man überhaupt nichts mehr erkennen kann, weil entweder nur die Decke oder nur der Boden gezeigt wird, woraufhin man komplett die Orientierung verliert. Selbstverständlich hält das die DUPs nicht davon ab, weiterhin Löcher in Delsins Pelz zu stanzen. 
 
Zur Handlung als solche gibt es wenig zu sagen, da sie sehr geradlinig ist und nur wenig Überraschungen parat hält. Delsin kann Kräfte anzapfen und braucht diese, um seine Kumpels daheim zu retten. Die Handlung beschreibt einzig den Weg dahin, ohne dabei abseits davon kleinere Nebenplots aufzureißen. An sich nicht schlecht, jedoch hätte hier etwas mehr Tiefgang nicht geschadet. Die Nebenmissionen erzählen leider überhaupt keine Geschichten, was deren Reiz noch weiter trübt. Abgesehen von einer satten Portion Rassismus und irrationaler Furcht vor allem Fremdartigen zu Beginn des Spiels hält sich auch die Gesellschaftskritik zurück.
 
Dafür sind die Charaktere ziemlich gut geraten. Gerade das Zusammenspiel zwischen Delsin und seinem Bruder Reggie, der quasi die Rolle des Zeke einnimmt, wirkt ziemlich gelungen. Falls man jedoch dem dunklen Pfad frönen sollte, ist es nicht mehr so überzeugend. Irgendwie erscheint es nicht plausibel, dass Reggie Supercop seinem Bruder weiterhin hilft, nachdem er hunderte Polizisten und Unschuldige ins Nirvana geräuchert hat. Abgesehen davon sind die Charaktere und deren Hintergründe aber recht gut gelungen, sofern man nicht zu viel erwartet. Infamous - Second Son schafft es, die Beweggründe für deren Handeln insgesamt überzeugend darzustellen und sogar die Typen, die man trifft, lieb zu gewinnen beziehungsweise angemessen zu verachten. 
 

Bildergalerie von inFamous - Second Son (22 Bilder)

Und nun zur Technik. Ist Infamous - Second Son Next Gen? Ja. Auch wenn es optisch nicht so sehr aus den Socken haut, wie man vielleicht erwartet hätte. Die Licht- und Schattenspielchen sind höchst beeindruckend und auch die Partikeleffekte, die durch die Kräfte verursacht werden, sehen wahrlich grandios aus. Dafür sind die Passanten und Statisten sehr generisch geraten und gerade im direkten Vergleich zu den Storycharakteren nicht so hübsch. Dafür ist die Mimik der Charaktere in den Zwischensequenzen in Spielgrafik gar fantastisch geworden. Gerade der Faltenwurf um Lippen und Augen herum weiß zu überzeugen und stellt glaubwürdig die Emotionen der Charaktere zur Schau. Selten wurde ich so überzeugt, außer vielleicht von The Last of Us. Insgesamt ist die Grafik sehr gut geraten, doch nicht sensationell. Das ist aber Kritik auf einem hohen Niveau, die PS4 steht ja gerade erst am Anfang ihrer Existenz und unter diesen Umständen weiß Infamous – Second Son durchaus zu überzeugen.
 
Tontechnisch trällern in Infamous – Second Son ein paar gelungene Stücke um die Ohren, die aber kaum im Gedächtnis bleiben. Macht aber nichts, denn für eine stimmige Hintergrundbeschallung reicht es allemal. Zur Synchronisation ist zu sagen, dass man die Deutsche meiden sollte. Hört Delsin und Reggie lieber auf Englisch zu und schaltet bei Bedarf Untertitel zu, dann kommen deren locker-flockige Unterhaltungen auch wie gewollt rüber. Auf Deutsch sind die Sprüche leider nicht halb so gelungen.

Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Ich hatte durchaus meinen Spaß mit Infamous – Second Son. Trotz der sich schnell abnutzenden, handlungstechnisch irrelevanten Nebenquests und der sehr geradlinigen Story macht es einfach Spaß, durch Seattle zu qualmen und sich aus 200 Metern auf eine Gruppe Soldaten zu stürzen. Dass das Moralsystem leider kaum Auswirkungen auf den Spielverlauf hat, ist traurig und stellt viel verschenktes Potential dar, da somit unter anderem der Wiederspielwert stark verringert wird. Aus Neugier habe ich beide moralischen Pfade absolviert und festgestellt, dass es kaum einen Unterschied macht, was sehr schade ist. Abgesehen von ein paar Zwischensequenzen ist der Ablauf haargenau gleich. Auch die sich ständig wiederholenden Nebenmissionen wirken eher wie Zeitschinder, da man sie genauso gut auch weglassen kann, ohne Nachteile zu erfahren oder etwas zu verpassen. Dafür kann der neuste Infamous Ableger optisch überzeugen und zeigt, in welche Richtung es technisch noch gehen kann, sobald noch etwas Wasser den Rhein runtergeplätschert ist. Gerade die Mimik-Darstellung ist sehr gelungen. Abschließend lässt sich festhalten, dass Infamous – Second Son unkomplizierten Spaß in einer offenen Welt mit coolen Kräften bedeutet und für einige spaßige Stunden gepflegten Sau Rauslassens taugt


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positiv negativ
  • Mehrere, kreative Kräfte
  • Spannende Kämpfe
  • Sehr hübsche Grafik
  • Exzellente Mimik
  • Coole Charaktere
  • Große, offene Welt
  • Schicke Animationen
  • Klasse englische Sprecher
  • Repetitive Nebenmissionen
  • Moralische Entscheidungen haben kaum Auswirkungen
  • Kräfte fühlen sich alle ähnlich an
  • Letzte Kraft erhält man viel zu spät
  • Kaum Wiederspielwert
  • Kaum taktischer Anspruch
  • Delsin klebt zu sehr





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