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428 Shibuya Scramble

Publisher: Koch Media
Entwicklerstudio: Spike Chunsoft
Genre: Visual Novel
Sub-Genre: Abenteuer
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 21.09.2018
USK 12

428 Shibuya Scramble   09.10.2018 von LorD Avenger

Mitten in Shibuya wird ein Mädchen entführt und fünf einander völlig Unbekannte werden in den Fall verwickelt, der ungeahnte Kreise zieht...


428: Shibuya Scramble wurde ursprünglich 2008 für die Nintendo Wii entwickelt, 2009 folgten Ports für PlayStation 3 und PSP, 2011 dann auch Handy-Versionen. Das zuvor japanexklusive Spiel schaffte es erst zehn Jahre nach Erstveröffentlichung mit der PS4-Version in die westliche Welt. Entwickler Chunsoft produzierte 1998 auch den allgemein als geistigen Vorgänger angesehenen "Sound Novel"-Titel Machi.

 

Inhalt

 

Die Handlung von Shibuya Scramble spielt im berühmten Tokio-Stadtteil Shibuya - das ist der mit der berühmten Zebrastreifen-Kreuzung. Hier wurde ein Mädchen entführt, für das nun Lösegeld gefordert wird. Ihre Schwester wartet an der Hachiko-Statue mit einem mit 50 Millionen Yen gefüllten Koffer - genau wie von den Kidnappern gefordert. Der gesamte, geschäftige Platz ist durchsät mit Undercover-Polizeibeamten, einer davon der erste Protagonist Shinya Kano, der sich noch seine Sporen verdienen muss. Zusammen mit seinem Partner lauert er auf den Kriminellen, der das Geld an sich nehmen möchte.

 

Ebenfalls im Getummel treibt sich der arbeitslose Jugendliche Achi herum, ehemaliger Kopf der einflussreichsten Straßengang in Shibuya, inzwischen berüchtigter Müllsammler, der mit teilweise extremen Mitteln für Ordnung im Viertel sorgt. Er gerät an die Schwester des Entführungsopfers und beschließt kurzerhand sie zu beschützen als auch diese verfolgt wird - und zwar nicht nur von Kidnappern, sondern offenbar auch von einem Auftragsmörder.

 

Mit einer Reihe von Polizei-Detectives im Nebenzimmer hat sich ihr Vater Kenji in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen und versucht die Sorge um seine Tochter mit Arbeit zu verdrängen. Er ist ein hochrangiger Wissenschaftler, der an einem gefährlichen Virus und dem Gegengift dafür arbeitet. Mysteriöse E-Mails von einem unbekannten Absender bringen ihn allerdings auf die Fährte einer schockierenden, blutigen Verschwörung innerhalb der Firma.

 

Der selbstständige Schriftsteller Minoru Minorikawa steckt eigentlich bis zum Hals in Arbeit, wird allerdings vom verzweifelten Anruf eines erfolglosen Verlegers aufgeschreckt, der seinen Selbstmord ankündigt. Der heißblütige Schreiberling schwingt sich auf sein Moped und rast in den Verlag, um den alten Mann von seinen Gedanken abzubringen. Dem ohnehin schon in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Verleger sind weitere Redakteure abgesprungen und die nächste Ausgabe seiner Zeitung kann nur gerettet werden, wenn Minoru bis zur Deadline am Nachmittag 12 Seiten mit Artikeln füllen kann. Der nimmt die Herausforderung an und stürzt sich sogleich ins geschäftige Shibuya, um diversen Storys hinterherzujagen.

 

Tama, ein junges Mädchen, hat sich in eine Kette im Schaufenster verliebt für das ihr Geld leider nicht reicht. Im Park wird sie von einem verzweifelten, wenn auch zwielichtigen Typen dazu überredet, in einem auffälligen Katzenkostüm Werbung für seinen neuen Diät-Drink zu machen. Zusammen mit einer anderen Promoterin wird sie in die darauffolgenden Ereignisse verstrickt als beispielsweise die Drink-Kisten für die Vorstellungsveranstaltung verloren gehen...

 

Gameplay

 

Bei Visual Novels, zu Deutsch etwa optischen / visuellen Romanen, sei es immer dahin gestellt, ob es sich tatsächlich um ein Game handelt und ob man es wirklich spielen kann. Nichts desto trotz ist das Besondere an Shibuya Scramble, dass 5+ parallele Geschichten erzählt werden, die zwar alle unabhängig voneinander beginnen, dennoch aber miteinander verwoben sind und sich zunehmend kreuzen. Diese Überschneidungen führen dazu, dass die Handlungen eines Protagonisten Auswirkungen auf die Geschichten der anderen haben kann, was nicht selten zu einem von 85 Enden führen kann - die meisten davon schlechte.

 

Wie bei Visual Novels üblich ist das gesamte Spielgeschehen textbasiert. Der Erzähler, die Dialoge, die Gedanken, alles muss von den großen Buchstaben abgelesen werden, die den gesamten Bildschirm ausfüllen. Im Hintergrund wechseln dabei die Standbild-Szenen echter Menschen in realen Umgebungen, selten werden auch kurze Filmsequenzen dazwischen gelegt. Synchronisiert ist der Text zu keiner Zeit, das Geschehen wird aber von Musik und passenden Soundeffekten begleitet. Ab und an finden sich im Text buchstäbliche Hyperlinks, die wie bei Wikipedia auf eine Erklärung des Wortes weiterleiten. Bei Bezeichnungen von japanischen Stadtteilen, Berufen oder Organisationen ist das gerade für westliche Spieler sehr nützlich, manchmal werden aber auch Begriffe erklärt, die überhaupt keiner Erklärung bedürfen - das kann im japanischen Original aber natürlich anders und der Übersetzung geschuldet sein. Amüsante Beschreibungen können sich allerdings auch hinter den Links verbergen, die beispielsweise in wunderbar sarkastischem Unterton auf die Gedanken der Figuren eingehen oder auftretende Nebencharaktere beschreiben. Neben den üblichen blauen gibt es allerdings auch die selteneren roten Links, die es dem Spieler ermöglichen in die parallel laufende Geschichte eines anderen Protagonisten zu springen, wo gerade etwas Spannendes oder Wichtiges passiert. Der Clou an der Sache: Das ist zwingend erforderlich, um das Spiel voranzubringen.

 

Wie schon gesagt, beeinflussen die Entscheidungen eines Protagonisten die Geschichten der anderen. An gewissen Punkten in den einzelnen Storys kommt es zu einem Auswahlbildschirm, hinter dem sich dieser weitreichende Einfluss verbirgt. Spricht Achi das Mädchen mit dem Koffer an, greift Shinya zu früh ein und wird entlassen. Hält Shinya kurz entschlossen ein Taxi an, kommt Minoru fünf Minuten zu spät beim Verlag an und kann den Selbstmord nicht mehr verhindern. Mit voranschreitender Geschichte werden diese Verbindungen immer verworrener und undurchsichtiger und der Spieler muss ein Gefühl dafür bekommen, welche Entscheidung welche Folgen hat. Endet ein Weg dennoch bei einem schlechten Ende, so kann man dem Spiel einen Tipp abverlangen, was anders hätte laufen müssen, damit es nicht zu dieser Sackgasse kommt. Weiterhin hilfreich ist die Zeittafel, die in 10-Minuten-Schritten festhält, was sämtliche Charaktere zu dieser Zeit tun. Anhand der präsenten Symbole ist auch gut zu erkennen, in welchen Szenen der Spieler auf Entscheidungen oder Sprünge gestoßen ist. Zu jeder Zeit kann in jede dieser Szenen zurückgekehrt werden, um den Lauf der Geschichte zu ändern. Das ist zwingend erforderlich, da die einzelnen Protagonisten regelmäßig an den Keep Out-Punkt kommen, für dessen Überwindung in einer anderen Geschichte erst einmal ein entsprechender Sprung dorthin gefunden werden muss. Außerdem wird die Gesamtgeschichte stundenweise erzählt und alle Protagonisten müssen zunächst erfolgreich die nächste volle Stunde erreichen, bis die Handlung weitergeht.

 

Bildergalerie von 428 Shibuya Scramble (7 Bilder)

Grafik

 

Nun ja, eine Grafik im eigentlichen Game-Sinn gibt es hier natürlich nicht. Der große Text ist gut lesbar, viel wichtiger sind aber selbstverständlich die Darstellungen der Handlung im Hintergrund. Größtenteils merkt man dem Grundmaterial schon an, dass es ein wenig in die Jahre gekommen ist, wenn Bilder etwas unscharf oder allgemein die Farben nicht sonderlich kräftig sind. Oftmals scheint mir das auch dem Umstand geschuldet zu sein, dass viele der Szenen offenbar gefilmt und aus dem Film anschließend in Standbilder umgewandelt wurden. Die Szenen, in denen offenkundig gezielt mit Fotografie gearbeitet wurde, lassen sich problemlos auch auf großen Fernsehern angenehm anschauen.


Das Fazit von: LorD Avenger

 LorD Avenger

428 Shibuya Scramble ist ein Visual Novel, allerdings einer von der guten Sorte. Textlastig sind sie alle, aber deutlich unterhaltsamer wird es, wenn man nicht einfach nur stundenlang lesen muss, sondern auch Entscheidungen treffen darf - in diesem Fall sogar welche, die sehr weitreichende Konsequenzen haben und wiederholt geändert werden müssen, damit alle Protagonisten vorankommen. Einige Textpassagen sind mir dennoch etwas zu lang und trocken, wenn man aber erst einmal richtig drin ist, zeichnet sich das eher als geringeres Übel ab - Virtue's Last Reward beispielsweise hat noch weit mehr und weit anspruchsvolleren Text zu bieten, ist aber bis heute für mich das Spiel mit der mit Abstand genialsten Geschichte. Und auch hier ist die Geschichte spannend und gekonnt verknüpft zwischen durchaus sympathischen Protagonisten. Hinzu kommt, dass man sich beim Stil zwar für eine Abbildung von realen Menschen und Umgebungen durch Film und Foto entschieden hat, die Charaktere aber größtenteils Anime-technisch überzeichnet sind, was besonders beim stellenweise starken Humor zur Geltung kommt, allerdings auch zu unnötig comichaften Situationen führt (wie dem Ohrendampfen und buchstäblichen Abheben nach einem zu scharfen Getränk). Wer dem unweigerlichen japanischen Stil also etwas abgewinnen kann, auf ungewöhnliche aber spannende Geschichten steht und vor allem keine Abneigung gegen jede Menge (ausschließlich englischen) Text hat - der möge sich unbedingt ins Getümmel stürzen!


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positiv negativ
  • Spannende, abwechslungsreiche Parallelgeschichten
  • Clevere Verstrickung der einzelnen Handlungsstränge
  • Talentierte, ausdrucksstarke Standbildschauspieler
  • Nützliches Tipp-System und übersichtlicher Zeitstrahl
  • Bildmaterial hätte kräftigere Farben vertragen können
  • Keine deutschen Texte
  • Manche Textpassagen etwas zu trocken und lang





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