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Beyond: Two Souls

Publisher: Sony
Entwicklerstudio: Quantic Dream
Genre: Adventure
Sub-Genre: Action-Adventure
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 09.10.2013
USK 16

Beyond: Two Souls   24.10.2013 von Beef Supreme

Quantic Dream hat’s schon wieder getan. Vor drei Jahren schon brachten sie mit Heavy Rain ein Spiel heraus, das international als großer Wurf gefeiert wurde. Die Jagd nach dem Origami-Killer glich einem interaktiven Film und bestach seinerzeit durch exzellente Technik, mehrere Perspektiven und eine großartige Erzählweise. Mit Beyond: Two Souls (B2S) wollen die Franzosen an den Erfolg dieses Konzepts anknüpfen und holen dafür mit Willem Dafoe (Der Blutige Pfad Gottes, Antichrist) und Ellen Page (Inception, Super) zwei Top-Schauspieler ins Boot. Dieses Mal ohne Regen, dafür mit Geist...

 

Die Geister, die ich nie rief

 

In B2S folgt man durchgängig Jodie Holmes (Ellen Page), einem Mädchen, das mit einer besonderen Eigenschaft geboren wurde. An sie gebunden ist ein Geist namens Aiden, der sie auf Schritt und Tritt verfolgt und sich nicht von ihr lösen kann, selbst wenn er es wollte. Aufgrund dieser Tatsache verläuft das Leben von Jodie vollkommen anders, als das anderer Mädchen, da Aiden mit seiner Umwelt agieren kann, etwa Gegenstände verschieben oder Elektronik manipulieren. Und da Menschen grundsätzlich Angst vor Dingen haben, die sie nicht verstehen, ist ein normales Leben für Jodie schlicht nicht möglich.

 

Schon früh wird Jodie von ihren Eltern an die DPA übergeben, eine CIA-eigene Unterorganisation, die sich auf die Erforschung von übernatürlichen Ereignissen spezialisiert hat. Unter den Fittichen und den forschenden Augen von Nathan Dawkings (Willem Dafoe) verbringt Jodie ihre Kindheit, sowie einen Großteil ihres Teenager-Daseins. Bis eines Tages ein schick gekleideter CIA-Agent sie aufgrund von Aiden und seinen Fähigkeiten aus der DPA rausholt und zur Agentin ausbildet. Irgendwann stellt die CIA fest, dass Aiden nicht die einzige übernatürliche Entität ist, die auf Erden wandelt und dass diese nicht die freundlichsten Zeitgenossen sind.

 

Hin und her und hin und her

 

In nichtlinearer Erzählweise begleitet der Spieler nun Jodie nebst Aiden von ihrer Kindheit bis hin zu ihrem Erwachsenendasein, und kann dabei die beiden steuern. Der Handlungsverlauf springt also zwischen Episoden aus ihrer Kindheit und denen als Erwachsene hin und her. Dabei eröffnet sich im Verlauf nach und nach die Gesamthandlung, die sich an bestimmten Stellen etwas beeinflussen lässt. Was sich anfangs als sehr verwirrende Erzählstruktur anfühlt, entwickelt sich ab der zweiten Spielhälfte als sehr interessantes Stilmittel, und füttert den Spieler nach und nach mit immer mehr Informationshäppchen, bis dieser sich endlich ein Bild machen kann. Das hält die Handlung spannend und weiß zu begeistern. Jedoch in Sachen Dramaturgie fehlt B2S das letzte Quäntchen Überzeugungskraft.

 

So interessant die Handlung sich auch darstellt, wirklich mitreißend ist sie trotzdem nicht. Obwohl Hochkaräter wie Ellen Page und Willem Dafoe die Charaktere mit ihrer Kunst veredeln, reicht es nicht ganz, um beim Spieler wirkliche Empathie zu erzeugen. Nicht dass mir alles egal gewesen wäre, viele Ansätze waren überaus gelungen, doch B2S reicht nie an die hochklassige Dramatik eines The Last of Us heran. Joel und Ellies Reise hat mich weitaus mehr mitgerissen, als der Weg von Jodie und Aiden. Was aber keinesfalls bedeuten soll, dass B2S langweilig wäre, es entspricht nur nicht meinen Erwartungen, die im Laufe der Entwicklungszeit geschürt wurden. Über die Handlung jedoch soll hier aber nicht so viel verloren werden, da manche Dinge, obwohl sie recht früh in Jodies Leben geschehen, erst spät im Spiel vorkommen und so die Spoilergefahr recht hoch ist. Doch so viel kann ich sagen: Die Story ist trotzdem äußerst interessant, bietet ein paar sehr gute Ideen und hält einige spannende Abschnitte aus Jodies Leben parat.

 

Gerade die Tatsache, dass man an einigen Stellen über den weiteren Verlauf von manchen Episoden entscheiden kann, wirkt zunächst sehr gelungen. Jedoch beeinflussen die eigenen Entscheidungen kaum den Gesamtverlauf des Spiels, sondern nur das Ende. Hier hätte Quantic Dream ruhig etwas mehr Mut beweisen, und dem Spieler die Auswirkungen seiner Handlungen gravierender aufzeigen können. Es hätte auch den Wiederspielwert gesteigert, wenn zum Beispiel nach gewissen Entscheidungen andere Episoden spielbar, oder zumindest manche Episoden anders verlaufen wären. Leider ist es ziemlich egal, wie man sich entscheidet. Der Handlungsverlauf bleibt immer gleich und es ändern sich nur minimale Details.

 

Paviane an das Gamepad!

 

Spielerisch ist B2S leider wenig fordernd. Quantic Dream machte ja einst die Aussage, dass auch Menschen ohne jegliche Konsolenvorkenntnisse in der Lage sein sollen, B2S zu spielen und recht schnell Erfolge zu haben. Und daran haben sie sich gehalten. Schwierigkeitsgrade gibt es an sich nicht. Man kann wählen zwischen „Ich spiele regelmäßig Konsolenspiele“ und „Ich spiele selten/nie Konsolenspiele“. Und selbst wenn man die „schwere“ Variante wählt, hält sich die Herausforderung in Grenzen. Der gesamte Spielablauf beschränkt sich auf Bewegen und darauf Reagieren, was das Spiel einem vorschreibt. Jede Aktion, jeder Knopfdruck wird vom Spiel angezeigt und die einzige Freiheit, die der Spieler hat, ist, ob man dieser Aufforderung Folge leistet. Wie schon Heavy Rain gleicht auch B2S eher einem interaktiven Film, als einem Spiel. Somit ist der gesamte Spielablauf eine riesige Ansammlung von weitestgehend anspruchslosen QTEs, bei denen selbst ein Versagen kaum Auswirkungen hat.

 

Augen geradeaus, Soldat!

 

Auch in Sachen Erkundung wurde die Freiheit stark beschnitten. Und das trotz Geist. Man steuert Jodie auf festen Pfaden durch die Spielwelt, dabei gibt einem die Kamera meistens den Weg vor. Und obwohl der Aufbau der Welt Abweichungen zulassen würde, das Spiel tut es nicht. Kommt man zu weit vom vorgesehenen Pfad ab, dreht Jodie einfach wieder um. Das raubt dem Spiel viel von seiner vorgegaukelten Freiheit. Mit Aiden verhält es sich kaum anders. Dieser ist mit einer Art ätherischem Seil an Jodie gebunden, das nur eine bestimmte Länge hat. Diese Länge ist aber von Abschnitt zu Abschnitt unterschiedlich, der Grund dafür wird aber nie erklärt. Und obwohl Aiden durch Materie hindurch „gehen“ kann, werden auch hier Beschränkungen auferlegt, da er wohl nicht durch alles hindurch schweben kann. Einerseits gar nicht schlecht, da man sich sonst wohl auf ewig in der Spielwelt verlieren könnte, andererseits aber dennoch schade, da so Aidens Potential einer freien Bewegung sehr stark eingegrenzt wird.

 

Bildergalerie von Beyond: Two Souls (14 Bilder)

Zäh, aber hübsch

 

Zur Steuerung ist zu sagen, dass diese stark verbesserungswürdig ist. Gerade Jodie steuert sich sehr zäh. Vor allem bei fragwürdigen Kamerapositionen und -sprüngen kommt es mehr als nur einmal vor, dass die gute Frau betrunken durchs Bild torkelt und ständig die Richtung wechselt. Auch die Verzögerung zwischen Eingabe und Umsetzung der Bewegungen ist sehr hoch. In den meist ruhigen Passagen fällt das zwar nicht so auf, doch gerade bei etwas hektischeren Abschnitten nervt die schwammige und zähe Kontrolle ziemlich. Aiden hingegen steuert sich sehr flüssig und direkt. Ihn kontrolliert man durch die Egoperspektive und er macht auch das, was man von ihm will.

 

Darüber hinaus ist die Technik über jeden Zweifel erhaben. Grafisch gehört B2S zum Besten, was derzeit auf der PS3 verfügbar ist und wird höchstens noch von The Last of Us getoppt. Auch die Schauspielkünste von Frau Page und Herrn Dafoe, sowie allen weiteren Darstellern sind außerordentlich gelungen und geben den Charakteren eine Seele. Gerade bei den detaillierten und höchst gelungenen Gesichts- und Bewegungsanimationen zahlt sich das Motion Capturing mehr als aus. Auch bei der Vertonung hat sich niemand lumpen lassen. Kein Geringerer als Hans Zimmer hat hier den Taktstock geschwungen und B2S einen Soundtrack zum Niederknien verpasst.

 

Auch die Synchronisation verdient hier ein Lob. Zwar sind, wie fast immer, die Originalstimmen die beste Wahl, doch auch die des Englischen nicht so mächtigen erhalten hier eine sehr stimmige deutsche Übersetzung, wahlweise als Untertitel aber auch in gesprochener Form, sodass sich hier niemand durch unmotiviertes Gelaber quälen muss. Einmal muss ich aber doch meckern. So toll B2S aussieht, so hübsch es klingt, die Ladezeiten sind fast schon nicht mehr hinnehmbar. Es dauert ewig, bis eine neue Episode geladen wurde. Und als ob das noch nicht genug sei, verschluckt sich das Spiel manchmal und die gesamte Darstellung stockt. Gerade bei den sehr häufigen Zwischensequenzen ist das ziemlich störend. Manchmal hing die Darstellung so lange, dass ich dachte meine PS3 sei abgeraucht. So etwas darf bei einem zwangsinstallierten Spiel nicht sein.


Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Nach knapp 11 Stunden schaue ich mir nun eins von sechs möglichen Enden an. Die anderen interessieren mich zwar auch, aber warum sollte ich diese nicht auf YouTube ansehen? Die mangelnde Entscheidungsfreiheit und die fehlenden Konsequenzen der eigenen Handlungen halten mich irgendwie davon ab, ein zweites Mal mit Jodie und Aiden erwachsen zu werden. Klar, ich kann mich in bestimmten Situationen anders entscheiden, doch im Großen und Ganzen ändert das nichts an dem Gesamtverlauf, was mich irgendwie bekümmert, weil da so viel mehr drin gewesen wäre, gerade bei diesem gelungenen Ansatz. Auch der fast nicht vorhandene spielerische Anspruch lässt das ganze Gedrücke irgendwie öde werden. “Drücke X“ – Ok. „Drücke O“ – Nö – „Auch gut“. Man erfährt keine Befriedigung, wenn man etwas toll gemacht hat, weil es fast schon egal ist. Warum also ist Beyond: Two Souls trotzdem noch ein gutes Spiel? Weil es eine sehr interessante Handlung auf eine spannende Art und Weise erzählt. Weil es exzellentes Schauspiel mit hochklassigen Animationen verbindet. Weil es optisch sowie akustisch zum Besten gehört, was auf der PS3 erhältlich ist. Und weil das Leben von Jodie so interessant dargestellt wurde. Ob als Kind, das aufgrund seiner Abnormalität kein Kind sein kann, oder als Erwachsene, die aus demselben Grund nur als Werkzeug betrachtet wird - Jodies Leben ist geprägt von Trauer und Einsamkeit, und genau das wird eindrucksvoll von B2S transportiert.


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positiv negativ
  • Wunderschöne Grafik
  • Exzellente Vertonung
  • Großartige Handlung
  • Interessante Erzählweise
  • Frische Idee
  • Starke Darsteller
  • Mehrere Enden möglich
  • Dramatische Momente
  • Spielerisch zu anspruchslos
  • Kaum Freiheiten
  • Zähe Steuerung (Jodie)
  • Technische Macken (Ruckler)
  • Lange Ladezeiten
  • Kaum Konsequenzen aus Handlungen
  • Viel zu leicht





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