Die Stadt der verlorenen Kinder
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BEWERTUNG |
25.02.2022 von MarSMit ihrem Regiedebüt Delicatessen gelang dem französischen Duo Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro direkt der internationale Durchbruch. Vier Jahre später lieferten sie mit Die Stadt der verlorenen Kinder erneut einen ganz speziellen Film ab, der nun - über 25 Jahre nach seiner Entstehung - dank Turbine Medien endlich seine Premiere auf Blu-ray Disc feiern darf...
Inhalt
Auf einer verlassenen Bohrplattform vor der Küste lebt Krank (Daniel Emilfork) mit seinen sechs geklonten Brüdern (Dominique Pinon), sowie der kleinwüchsigen Mademoiselle Bismuth (Mireille Mossé) und Irvin (Jean-Louis Trintignant), einem sprechenden Gehirn. Im Gegensatz zu seinen Brüdern ist Krank jedoch nicht in der Lage zu träumen, weshalb er rasant altert. Aus diesem Grund hat Krank eine Maschine erschaffen, die ihm ermöglicht, anderen Menschen ihre Träume zu stehlen. Regelmäßig schickt Krank Mademoiselle Bismuth und seine Brüder in die nahegelegene Hafenstadt, um dort Waisenkinder abzuholen, die ihm von von den siamesischen Zwillingen Krake (Geneviéve Brunet und Odile Mallet) und den sogenannten Zyklopen als Gegenleistung für mechanische Körperteile beschafft wurden. Als jedoch der kleine Denrée (Joseph Lucien) dem Traumfänger in die Hände fällt, macht sich dessen großer Bruder One (Ron Perlman) gemeinsam mit dem Waisenmädchen Miette (Judith Vittet) auf die Suche, um ihn zu befreien...
Die Stadt der verlorenen Kinder ist ein skurriles Märchen, ein düsteres Abenteuer in einer morbiden, bizarren Welt. Eine fantasievolle Reise ins Sonderbare, in ein apokalyptisches, dystopisches Steam-Punk Paralleluniversum. Beinahe könnte man glauben, man sei in einem Werk von Terry Gilliam gelandet. Allerdings nur beinahe, denn Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro zeichnen ihre Welt deutlich ernster, finsterer, und insgesamt sehr hoffnungslos, verzichten mit Ausnahme gezielt eingesetzter Pointen und kleinerer, sehr makabrer Momente absichtlich auf überschwänglichen Humor, und reichern das Ganze sogar mit einigen durchaus gewalttätigen Szenen an. Die Stadt der verlorenen Kinder ist ein Märchen, jedoch eines, das gewiss nicht für das jüngste Publikum geeignet ist, sondern eines, dass sehr deutlich auf erwachsene Zuschauer ausgerichtet ist. So außergewöhnlich der Stil des Films auch ist, so bemerkenswert die Settings, Kostüme und überhaupt das ganze Design der Inszenierung sind, so ist das Ganze am Ende doch viel zu bizarr, angsteinflößend und böse, als dass zu junge Zuschauer hier keine Alpträume bekommen würden. Für eine ältere Zielgruppe spricht ebenso der Aufbau der Erzählung, oftmals sprunghaft, manchmal überladen und verwirrend, stets aber komplex, vielschichtig und durchzogen von grandiosem Einfallsreichtum sowie unzähligen Feinheiten und Facetten, die einem während jeder Sichtung wieder etwas Neues offenbaren. Überhaupt ist Die Stadt der verlorenen Kinder ein perfekt komponiertes Fest für alle Sinne, ein akustisches und vor allem visuelles Meisterwerk, das tatsächlich seinesgleichen sucht. Der Film lebt zudem von seinen vielen kleinen Details, seiner intensiven Atmosphäre, aber auch der Tatsache, dass man beinahe schon dazu gezwungen wird, das Ganze mehr als einmal zu erleben, um die Erzählung überhaupt in Gänze - insofern das überhaupt möglich ist - verstehen zu können. Die Vielzahl an skurrilen Figuren, die sich gegenseitig harmonisch ergänzenden Facetten, die exzellente Inszenierung, im Prinzip das Gesamtkunstwerk an sich, machen Die Stadt der verlorenen Kinder ohnehin zu einem Werk, das einen ein ums andere Mal zu faszinieren weiß.
Details der Blu-ray
Der Einstand auf Blu-ray kann eigentlich nur als durchwegs gelungen bezeichnet werden. Obwohl Die Stadt der verlorenen Kinder schon über 25 Jahre auf dem Buckel hat, bietet die Blu-ray ein durchwegs scharfes, sehr detailreiches und fast ausnahmslos sauberes, klares Bild. Farben werden sehr ansprechend dargestellt, das Kontrastverhältnis ist gut ausbalanciert, und auch der Schwarzwert liefert satte dunkle Bildbereiche, ohne Details zu verschlucken. Hin und wieder wirken Gesichter etwas weicher, und sehr selten gesellt sich etwas deutlicheres Korn in dunklen Szenen mit ins Bild. Dies ist aber ebenso zu vernachlässigen, wie die leicht verpixelten Computereffekte, die zwar deutlich als solche zu erkennen sind, sich allerdings für die damalige Zeit wirklich angenehm ins Geschehen integrieren. Einen weiteren Pluspunkt stellt die Tonspur dar, die zwar "nur" in einer DTS-HD 5.1 Abmischung vorliegt, sich aber als äußerst dynamisch und kraftvoll erweist. Schön im Raum verteilte Effekte und Umgebungsgeräusche erzeugen eine hervorragende Atmosphäre, während Dialoge zu jeder Zeit gut verständlich wiedergegeben werden.
Details des Mediabooks
Das Mediabook zu Die Stadt der verlorenen Kinder erscheint in zwei Covervarianten, die jeweils auf 750 Exemplare limitiert sind. Während Covervariante A, wie die bisherigen Veröffentlichungen auf DVD, das Kinomotiv zeigt, ist auf der Covervariante B ein Artwork von Ronan-Wolf Chuat zu sehen, welches das Trio um One, Miette und Denrée in den Vordergrund rückt. Dieses Motiv wird auf der Rückseite fortgesetzt, wo das Bild von den sechs Brüdern und dem Gehirn Irvin dominiert wird. Das gesamte Mediabook ist in einem matten Finish gehalten. Das Begleitblatt wurde - wie für Turbine üblich - lose auf die Rückseite aufgelegt. Der Innendruck wirkt zunächst recht einfach, offenbart aber hinter den Discs jeweils ein Szenenbild aus dem Film. Das 28-seitige Booklet von Christoph N. Kellerbach bietet neben zahlreichen Szenenbilder jede Menge Infos zur Entstehungsgeschichte des Films, aber auch zusätzliche Hintergrundinformationen rund um Die Stadt der verlorenen Kinder. Cover & Bilder © Turbine Medien GmbH / Produktfotos: www.sofahelden.de Das Fazit von: MarS
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