The Evil Within

The Evil Within

Publisher: Bethesda
Entwicklerstudio: Tango Gameworks
Genre: Horror
Sub-Genre: Horror-Action-Adventure
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 14.10.2014
USK 18

The Evil Within   20.10.2014 von GloansBunny

Lange Zeit war es still um Resident Evil-Schöpfer Shinji Mikami. Nach mehr als fünf Jahren harter Arbeit erscheint nun endlich sein neues Horror-Meisterstück The Evil Within. Ist das Spiel der Schocker des Jahres oder eher ein Schuss in den Ofen? GloansBunny wagt einen intensiven Blick ...

 

Detective Sebastian Castellanos greift sich stöhnend an den Kopf. Ein unbarmherziger Schmerz durchfährt seine Eingeweide, während bizarre Blutfontänen und markerschütternde Schreie sein Unterbewusstseins malträtieren. Ein bedrohliches Klopfen von Metall auf Metall reißt den Polizisten aus seiner mentalen Qual, benommen finden seine Beine Halt auf dem glitschigen Boden. Verschwommen kann Castellano eine riesige Gestalt am Ende des Ganges erahnen, die mit polternden Schritten direkt auf ihn zu marschiert. "Was zur Hölle ist das hier? Ist das ein verfluchter Alptraum?" entfährt es dem staubtrockenen Mund des Detectives. Als sich seine Augen endlich an das schummerige Licht gewöhnt haben, ist die Gestalt nur noch wenige Meter entfernt. Eine dreckige, mit altem Blut besudelte Lederschürze bedeckt den Großteil des hünenhaften Körpers, der Kopf steckt in einem mit Stacheldraht verschlossenen Tresor. Spielt Castellanos Verstand ihm einen bösen Streich oder ist dies die grausame Realität? Noch ehe er Zeit findet, seine Gedanken zu sortieren, schmettert ihn ein gewaltiger, mit Dornen besetzter Fleischerhammer zu Boden. Das Knacken gebrochener Knochen hallt durch den Kellerraum, der sich nach und nach mit giftigen Dämpfen füllt. Mit vor Panik und Schmerz rasendem Herzen schleppt sich der verletzte Cop verzweifelt in eine dunkle Ecke, doch es ist zu spät. Das Letzte, was Castellanos sieht, ist das nicht vorhandene Gesicht seines Peinigers, ehe dieser ihm die scharfkantige Rückseite des Hammers durch den Hals bohrt ...

 

The Evil Within ist brachial, blutig und verstörend. Wenn Alter Ego Sebastian Castellanos das virtuelle Zeitliche segnet mangelt es nicht an blutigen Splatterszenen und deftigen Exekutionen. Doch kann das alleine eine abgebrühte Spieletesterin überzeugen oder gibt es da vielleicht mehr, was The Evil Within zu bieten hat?

 

Steuerung und Sound: Survival-Action trifft Horror-Atmosphäre

 

Das Controllerlayout von Bethesdas aktuellem Meisterstück ist mit seiner Mischung aus Shooter- und Adventuresteuerung durchweg sehr gelungen. Mit den Analogsticks dirigiert man Castellano mit seiner  Schultersicht meist präzise und feinfühlig durch die Kulissen, die Schultertasten ermöglichen manuelles Zielen, initiieren Angriffe und lassen den Helden sprinten oder in die Hocke gehen. Per Aktionstasten interagiert man mit der virtuellen Umwelt, führt Nahkampfattacken aus und lädt die Waffen, welche ihre frei belegbaren Shortcuts auf dem Digikreuz finden, nach. Abgerundet wird das durchdachte und intuitive Steuerungskonzept durch ein übersichtliches Inventar-Ringmenü und einige Ordner, die die Sammelgegenstände in chronologischer Reihenfolge beinhalten.

 

Das Herzstück von The Evil Within ist seine düstere, absolut stimmige Soundkulisse. Neben der unheilvollen Musik, die in besonders spannenden Momenten entweder für extreme Beklemmung sorgen kann oder gezielt wegfällt, sind es vor allem die vielen Nebengeräusche, die diese herrlich schaurigen Gefühle erzeugen. Egal ob knarzende Türen, bedrohliches Stöhnen, markerschütternde Schreie, sich nähernde Schritte oder ratternde Kettensäge – jedes einzelne Geräusch ist auf den Punkt genau gesetzt und enorm glaubhaft ins laufende Spiel integriert. Selbst der Ladebildschirm ist vertont und hält so die Grusel-Atmosphäre konstant aufrecht. Die deutsche Sprachausgabe der Charaktere und Monster versprühen trotz nicht immer perfekter Lippensynchronität Authentizität und können mit perfektem Timing und meist sinnvollen Dialogen punkten. Bravo, Shinji Mikami, akustisch fühlt man sich hier wie damals in Resident Evil!

 

Grafik, Gameplay und Umfang: Teuflisch gut trifft teuflisch gut

 

Optisch spielt The Evil Within mit düsteren, abwechslungsreichen und herrlich beklemmenden Kulissen. Zwar finden sich zahllose kleine und große Details in Nervenklinik, Waldstücken, Häuserruinen und Co., doch nicht jede Textur ist gestochen scharf. Macht aber nichts, denn die tollen Animationen der Monster und Umgebungen leben von typischen Survival-Stilmitteln wie Unschärfen, wodurch kleinere, wenig störende Grafikfehler geschickt kaschiert werden. Die stellenweise etwas instabile Framerate mit Rucklern hingegen stößt im sonst so angenehm konstanten Spielfluss allerdings ein wenig sauer auf. Die vielen Licht- und Schatteneffekte hingegen sind grandios und so positioniert, dass sie für Unbehagen und gezielte optische Täuschungen sorgen. Lediglich das nicht veränderbare 21:9-Widescreenformat mit seinen dicken schwarzen Balken und gelegentliche Kameraprobleme, die sich aber durch manuelles Nachjustieren eindämmen lassen, schränken die Sicht ein wenig ein. Gerade in engeren Spielabschnitten wie etwa mannsbreiten Fluren oder Höhlensystemen fehlt es somit ein wenig an Übersicht. Das herrlich schaurige und frische Design der Gegner samt vieler liebevoller Anspielungen auf große Horrorfilme und -spiele macht dieses kleine Manko aber schnell wieder wett. Wer auf mit Eiterquaddeln überzogene, halb verfault Zombies steht, die Glasscherben und Holzpflöcke an und in ihrem Körper tragen, ist bei The Evil Within genau richtig. Auch die sehenswerten, detaillierten Splatter- und Exekutionsszenen  bieten viel fürs erwachsene Spielerauge. Zart Besaitete und Kinder sollten unbedingt einen großen Bogen um The Evil Within machen oder schlichtweg nicht sterben – was aber so gut wie unmöglich ist!

 

Das Gameplay von Bethesdas Survival-Shocker hat es nämlich in sich. Nicht selten gerät Castellanos auf seiner Suche nach Antworten und dem Überleben in überraschend auftretende Situationen, die schnelle Reaktionen und noch schnelleres Umdenken verlangen. So entpuppt sich beispielsweise ein vermeintlich harmloser Griff zur unscheinbaren Tür als tödliche Falle, die das Alter Ego Beine voraus auf messerscharfe, rotierende Walzen zu zieht. Wer nicht binnen weniger Sekunden die zitternde Waffe auf einen winzigen blinkenden Knopf richtet und schnell genug abdrückt, endet als undefinierbarer Haufen aus Blut, Gedärmen und Knochenmehl. Solche und dutzende weitere Situationen sind es, die den Puls in die Höhe und den Schweiß aufs Gamepad treiben. Doch auch abseits dieser fest vorgegebenen Sequenzen weiß The Evil Within zu unterhalten. Rund 15 bis 20 Spielstunden hinweg schleicht, rennt und krabbelt Castellanos durch 15 abwechslungsreich gestaltete Kapitel, die an zahlreichen düsteren Schauplätzen spielen. Begleitet wird der Detective hier stets von unterschwelligen Bedrohungen und einer unheimlich dichten Grusel-Atmosphäre, erzeugt durch mysteriöse Halluzinationen und wahrlich todbringenden Gegnern.

 

Einzelne Feinde sind dank Möglichkeit zum Stealth-Kill eine leicht zu meisternde Aufgabe, doch sobald die Zombies in Rudeln auftreten, ist Vorsicht angesagt. Denn je mehr Gegner gleichzeitig auftauchen, desto höher ist die Chance, dass man mühsam gesammelte Munition vergeuden muss. Zwar ist mit etwas Haushaltung immer ein kleiner Vorrat an Patronen vorhanden, doch gerade die mächtigeren Waffen wie Schrotflinte, Armbrust samt selbstbaubarer Bolzen oder Scharfschützengewehr sind bei den knackigen Bossfights extrem wichtig. Ist eine Auseinandersetzung mit Handfeuerwaffen unumgänglich, versprechen gezielte Schüsse auf den Kopf den besten Erfolg, die anschließend ein endgültiges Ableben durch Verbrennen der Kadaver mit noch seltener zu findenden Streichhölzern ermöglichen. Doch leider lässt die künstliche Intelligenz des Öfteren zu wünschen übrig. Alarmierte Zombies (dargestellt durch ein "geöffnetes Auge"-Symbol) verfolgen Sebastian, attackieren ihn, und stehen grapschend und dumm vor der Leiter, die der Charakter soeben erklommen hat. Der beklemmende Fluchtgedanke wandelt sich so ganz schnell in einen sinnfreien Blutrausch, den ein paar Patronen und ein Streichholz schlussendlich beenden. Schade, denn durch solche (zwar seltene, aber vorhandene) Schnitzer geht die Atmosphäre irgendwie kurz verloren, zumal Castellano direkt im Anschluss einfach unbehelligt weiter zum nächsten "Opfer" schleichen kann.

 

Das Grundgerüst von The Evil Within ist eine Mischung aus Resident Evil 4 und Splinter Cell. Die Action mit viel Ballerei steht trotz begrenztem Munitionsvorrat an erster Stelle, immer wieder unterbrochen von mehr oder weniger aufgezwungenen Schleicheinlagen. Manche Gegner lassen sich einfach umgehen oder mit geworfenen Flaschen ablenken, andere präsentieren mit ein bisschen Timing fast schon provokant ihre faulige, nach Stealth-Kill schreiende Rückseite, und wieder andere fordern die grauen Zellen des Spielers. Letzteres ist allerdings meist nur bei den imposanten und knackigen Boss-Fights der Fall, welche dem Spiel das eigentliche "Survival-Feeling" verleihen. Denn ohne etwas Grips und Trial-and-Error-Bereitschaft erlebt das Alter Ego zumeist bei Zwischengegnern – wie etwa dem psychopathischen Kettensägen-Mann mit frappierender Resident Evil-Optik, dem Exorzisten-Spinnen-Sonstwas-Dämonen oder dem Stacheldraht-Tresorkopf – einen optisch herrlich splatterartig inszenierten Tod. Man verspürt auch nach dem x-ten frustrierenden Neustart des Kampfes, selbst im untersten der drei Schwierigkeitsgrade, einfach nur den unbändigen Willen, dieses oder jenes Monstrum jetzt einfach mal zu überleben. Die Autosave-Punkte sind meist fair gesetzt, aber auch des Öfteren durch weitere Fußmärsche voneinander getrennt. Manuelles Speichern ist nur in speziellen Spiegel-Räumen möglich, welche Mikami als kleine Hommage an sein "Baby" Resident Evil gestaltet hat.

 

Bildergalerie von The Evil Within (6 Bilder)

Über diese landet Castellano in einer Psychiatrie samt leibeigener Krankenschwester, die mit ihrer Präsenz und Optik einen Kontrast zum Psycho-Horror, Realitätsverlust und Splattertum des laufenden Spiels bildet. Auch ein merkwürdiger elektrischer Stuhl, der das Investieren gesammelten Hirnschleims in Waffen- und Fertigkeiten-Upgrades ermöglicht, und Schließfächer, die mit in Statuen gefundenen Schlüsseln geöffnet werden können, sind hier vertreten. Wer die Schwester ist, warum Castellano immer und immer wieder hier hin zurück kehrt und wieso all die verwirrenden, psychodelischen Ereignisse überhaupt geschehen, erfährt man nebenbei durch Fundstücke wie Tonbänder, Zeitungsauschnitten und Polizeiberichten – wenn man Glück hat und die Level genau durchforstet. Die Story ist verwirrend, verstörend und zugleich faszinierend. Trotz etlicher Ungereimtheiten in Punkto Verhalten der Charaktere und ausbleibenden Erklärungen lüftet The Evil Within am Ende sein geschichtliches Geheimnis – inklusive einiger verbleibender Fragezeichen.

 

The Evil Within ist kein wirklicher Horror-Schocker, sondern viel mehr ein extrem atmosphärisches Sammelsurium aus abwechslungsreichen Kulissen, genretypischen Splattereffekten und einer guten Prise Psycho-Horror. Angst erzeugende Schockmomente sind rar und meist schon meilenweit vorhersehbar, machen aber trotzdem tierisch viel Freude, wenn man sie dann schließlich entdeckt. Effektreiche Ekel-Rätsel (Stichwort "Sonden in einem noch aktiv reagierenden Schädel positionieren"), fordernde und optisch eindrucksvolle Bossfights, schaurig-schönes Monsterdesign und viele abgedrehte Ideen machen The Evil Within zwar nicht zu einem direkten Konkurrenten von "echten" Schockern wie Dead Space, aber trotzdem: dieses Spiel weiß verdammt gut zu unterhalten und lädt mit seinem abwechslungsreichem Design, dem hohen Splatterfaktor und der nicht abstreitbaren, aber dennoch sehr unterhaltsamen Ähnlichkeit zu  Resident Evil 4 zu einer weiteren Runde Karussellfahrt des Wahnsinns ein.



Cover & Bilder © Bethesda Softworks LLC, a ZeniMax Media company. Marken sind das Eigentum ihrer jeweiligen Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.


Das Fazit von: GloansBunny

GloansBunny

Als erfahrener Resident Evil-Fan habe ich mir Shinji Mikamis The Evil Within schon seit ewigen Zeiten vorbestellt, stets meinen inneren Splatter-Köter mit langweiligen Möchtegern-Horror-Spielen gefüttert und ihn schließlich geifernd auf das Gamepad gehetzt, als das Logo von The Evil Within endlich mein freudestrahlendes Gesicht beehrte. Was dann geschah, ist schnell erklärt:

Ich kämpfte mich rund 16 Stunden durch 15 abgedrehte, atmosphärische Kapitel. Wurde dank diverser Fallen und Überraschungsmomente unzählige Male zu einem virtuellen Brei aus Blut, Gedärm und Knochenmehl verarbeitet. Bewunderte unzählige grausige, detaillierte Gegner und Kulissen samt stimmiger Grusel-Geräusche. Bestaunte grandiose Splatterszenen, die ein breites Grinsen auf meine Genreseele zauberten und löste verstörende, abgedrehte Rätsel. Ich habe gefühlte 5000 Gegner gekillt, mich fast ebenso oft über die störenden 21:9-Formatbalken geärgert und mich köstlich über die nicht immer zum tollen Gesamteindruck passende KI amüsiert. Doch eines hat mir gefehlt: der Horror. Der Schock, der einem durch Mark und Bein fährt und das Adrenalin durch die Adern pumpen lässt. Eben das, was einen "echten" Horror-Schocker erst so richtig spielenswert macht, war irgendwie nicht vorhanden.

 

Vielleicht bin ich durch zwei Jahrzehnte Horrorfilme und -spiele schon so abgestumpft, dass mich kein virtuelles Monster mehr erschrecken kann oder mir ekelhafte Geräusche nichts mehr anhaben können. Bin ich ein Zombie...? Hm... Vielleicht sind diese Momente in The Evil Within aber auch einfach wirklich zu vorhersehbar. Egal, Fakt ist: ich bin kein einziges Mal wirklich erschrocken und Mikami setzt eindeutig auf Stealth-Action mit Gruselatmosphäre. Trotzdem macht The Evil Within mit seiner tollen Inszenierung und den vielen umgesetzten, abgedrehten Ideen spielerisch wie optisch unheimlich viel Spaß. Die Ähnlichkeit zu Resident Evil 4 lässt sich nicht verleugnen, und das Genre-Rad erfindet dieses Survival-Grusel-Karussell auch nicht neu, aber jeder, der auf effektreiche Ekelszenen steht und einen unempfindlichen Magen hat, sollte sich das Action-Splattertakel nicht entgehen lassen.


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positiv negativ
  • Herrlich düstere Gruselatmosphäre
  • Hoher Splatter- und Ekelfaktor
  • Abwechslungsreiche Kulissen und Gegner
  • Fordernde Bossfights, nette Rätsel
  • Gelungene Mischung aus Action und Stealth
  • Viele liebevolle Anspielungen auf Filme und Spiele
  • Stimmige Soundkulisse, hübsche Optik
  • Viele Sammelgegenstände und Geheimnisse
  • Zahllose abgedrehte, toll inszenierte Ideen
  • 21:9-Format schränkt Sicht enorm ein, Framerate stellenweise instabil
  • KI nicht immer ausgereift, Autosave-Punkte stellenweise recht unfair platziert
  • Fühlt sich irgendwie wie Resident Evil 4.5 an
  • Eher "Survival-Action" als "Survival-Horror" (Schockmomente kaum bis gar nicht vorhanden)
  • Storygerüst sehr undruchsichtig und oberflächlich





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