Girl Lost

Girl Lost

Originaltitel: Girl Lost / Nowhereland
Genre: Drama
Regie: Robin Bain
Hauptdarsteller: Jessica Taylor Haid
Laufzeit: DVD (91 Min)
Label: Koch Films / New KSM
FSK 16

Girl Lost   09.10.2020 von Dan DeMento

Das Spielfilmdebut Girl Lost von Regisseurin Robin Bain schlug in der US-Independent-Szene ein wie eine Bombe und gewann sagenhafte 13 Festivals. Dank Koch Films findet das harte Drama über jugendliche Prostitution und Drogenkonsum jetzt auch den Weg in unsere Heimkinos. Wir haben uns angesehen, ob der Streifen auch das deutsche Publikum überzeugen kann...
 
Inhalt:
 
Die 15jährige Shara (Jessica Tylor Haid) hat nicht gerade das, was man eine stabile Kindheit nennen kann. Ihre Mutter Kim (Robin Bain) ist Prostituierte und parkt ihre Tochter während ihrer Arbeitseinsätze entweder im Auto oder bei einem ihrer zahlreichen Lover, bei denen die beiden immer wieder tageweise wohnen. Kim, deren Einkommen unter ihrem steigenden Alter leidet, beginnt ihre Tochter für ihre Nachfolge vorzubereiten und bietet sie ihren reicheren Kunden an. Das veranlasst Shara, mit Jamie (Felix Ryan), dem Sohn von Kims aktuellem Lover, durchzubrennen. Doch der finanziert mit ihren Ersparnissen lieber seine Drogensucht als die Miete ihrer gemeinsamen Wohnung, weswegen Shara erst auf der Straße und dann im Bordell von Madame Yeva (Irina Stemer) landet. Jamie versucht alles, die Liebe von Shara zurückzugewinnen und sie aus der Prostitution zu retten, während die immer tiefer in den Strudel von Sex, Drogen und Gewalt gezogen wird...
 
Der erste Schritt, den der geneigte Zuschauer zu überwinden hat, ist die Optik des Films. Und damit ist nicht das typische, eben nicht ganz perfekte Bild von Indie-Produktionen gemeint, das ja durchaus einen gewissen Charme hat. Nein, Girl Lost sieht - gerade in der ersten Hälfte des Films - aus wie ein Softporno aus den 90ern. Licht, Kostüme, Frisuren, nichts passt so wirklich. Daher tut man sich in den ersten Minuten etwas schwer, in die Geschichte hinein zu finden.
 
Die Mühe lohnt sich aber, denn hat man diese Schwelle überwunden, ist Girl Lost ein überraschend guter Film. Natürlich wird hier mit jugendlicher Prostitution, Armut und Drogen keine neue Geschichte erzählt, und auch der Plot bleibt die meiste Zeit recht vorhersehbar, die Art der Inszenierung ist aber wirklich erfrischend anders als ähnlich angelegte Produktionen. Der sehr offene Umgang mit Nacktheit, Sexualität und Gewalt ist für europäische Augen zwar nichts allzu Besonderes, für das in dieser Hinsicht aber eher prüde US-Publikum grenzte der Erstling von Robin Bain schon fast an einen Skandal.
 
Neben der sehr rohen, über weite Strecken dreckigen Inszenierung hat Bain - selbst Schauspielerin - vor allem in der Wahl ihrer Darsteller ein sehr gutes Händchen bewiesen. Während die Regisseurin selbst die Rolle der Mutter spielt, konnte sie als ihre Filmtochter die Newcomerin Jesscia Taylor Haid gewinnen, die den Film quasi alleine trägt. Sie spielt die Entwicklung von der verletzlichen 15jährigen bis zum drogenabhängigen Wrack in einer Glaubwürdigkeit, die hoffen lässt, dass sie den Sprung aus der Indie-Szene schafft und auch hierzulande in Zukunft häufiger zu sehen ist. Ebenfalls positiv zu erwähnen ist Emily Cheree, die aus der Pornoszene kommt und mit Girl Lost ihre erste Mainstream-Rolle abliefert. Sie spielt Bridgette, eine Kollegin und Freundin von Shara, und ist eine der wenigen, die schauspieltechnisch absolut mit ihr mithalten können.
 
Doch wo Licht ist, ist natürlich auch immer Schatten. Girl Lost hat seine Aufmerksamkeit zu Recht, doch zu einem wirklich guten Film fehlt leider noch einiges. So werden in der Geschichte einfach ein paar zu viele Probleme angerissen, die dann nicht aufgelöst werden. Der wirklich gute Schluss versöhnt zwar mit vielem, trotzdem bleiben einige Löcher in der Handlung, die einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen.
 
Nichtsdestotrotz ist Girl Lost ein solider Genrefilm, auf den jeder Independent-Interessierte auf jeden Fall einen Blick werfen sollte. Das Hollywood-verwöhnte Mainstreampublikum wird er nicht aufs Sofa locken können, aber das ist vermutlich auch gar nicht sein Anspruch. So bietet der Film einen harten, direkten Einblick in eine Welt, die wir gerne versuchen zu ignorieren.
 

Bildergalerie von Girl Lost (5 Bilder)

Details der DVD:
 
Man sieht dem Bild - wie eingangs schon erwähnt - das geringe Budget und teils auch die fehlende Erfahrung der Beteiligten an, dasselbe gilt für den Originalton. Die deutsche Synchronfassung ist leider von nicht allzu hohem Niveau, was die "Softporno-Ästhetik" noch zusätzlich unterstreicht. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten sind Bild und Ton aber solide und frei von Störungen oder Fehlern. An Bonusmaterial gibt es nur einige Trailer und eine Bildergalerie.


Cover & Bilder © Koch Films GmbH


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

 

Girl Lost ist wesentlich besser, als Cover und Optik des Films vermuten lassen. (Noch) kein Meisterwerk, aber für ein Erstlingswerk eine echte Ansage. Ich bin gespannt, was von Regisseurin Robin Bain und vor Allem von Hauptdarstellerin Jessica Taylor Haid in Zukunft noch folgt.


Die letzten Artikel des Redakteurs:




Kommentare[X]

[X] schließen