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Mafia 3
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BEWERTUNG |
12.10.2016 von TorstenDie Tatsache, dass Hangar 13 vor Release keine Testmuster von Mafia 3 herausgegeben hatte, sorgte in der Fachpresse für Aufsehen und Misstrauen. Sollte man etwa selber Zweifel an der Qualität des eigenen Produkts haben oder aber wird jede freie Minute vor Release noch zum Ausbessern zahlreicher Fehler und zur Optimierung der Spielmechanik genutzt? Und nach wenigen Spielstunden ist bereits klar, dass noch viel Arbeit seitens der Entwickler zu erledigen ist.
Der Afro-Amerikaner Lincoln Clay kehrt 1968 aus dem unrühmlichen Vietnam-Krieg zurück. Im Krieg wurde er mehrfach ausgezeichnet, nachdem er zuvor durch seine speziellen Talente zu den Special Forces versetzt wurde. Zurück in seiner Heimat New Bordeaux wird er den Krieg allerdings nicht mehr los. Er muss feststellen, dass sein Ziehvater – Anführer eines kleineren Mafia-Clans – Probleme mit konkurrierenden Clans hat, allen voran den Haitianern. Nachdem Clay bei einem Angriff der Haitianer auf eine gemeinnützige Suppenküche selbst in die Geschehnisse verwickelt wurde, entscheidet er sich einzuschreiten. Er kümmert sich mit seinen im Krieg erlernten Fähigkeiten um das Problem mit der brutalen Gang. Allerdings haben sie zuvor ein großes Loch in die Finanzkasse der eigenen Familie gerissen und die Schulden bei Oberboss Sal Marcano sind enorm. Zur Tilgung der Schuld entschließt sich Clay, bei einem Raubüberfall auf ein Geldinstitut mitzumachen. Der Coup gelingt und alle Probleme scheinen beseitigt. Leider ist Habgier eine allzu leichte Motivation, woraufhin Marcano seine Konkurrenz bei der Feier des Tages kaltblütig abschlachtet. Lincoln Clay überlebt allerdings schwer verletzt und besinnt sich fortan auf Rache. Und wenn es eine Sache gibt, in der der eindrucksvoll gebaute Soldat gut ist, dann ist es im Ausschalten seiner Feinde. Feinde hat er nun genug, denn er möchte nicht weniger als Stück für Stück die gesamte Stadt übernehmen und in diesem Zug alle Beteiligten des feigen Attentats liquidieren.
Nach drei Stunden folgt die Open World
Die Geschichte wird in Rückblenden im Rahmen von Interviews und Verhandlungsbefragungen erzählt. So tauchen wir anfangs immer wieder zu verschiedenen Zeitpunkten in die Geschichte ein und erleben aktiv das soeben erzählte. Diese erzählerisch dichte Einstiegsphase dauert etwa drei bis vier Stunden und führt uns Stück für Stück in das Spiel und dessen Bedienung ein. Wir folgen strikt der Story und bekommen so einen tieferen Einblick in die Hintergründe der einzelnen Beteiligten. Das erleichtert die Identifizierung mit dem Protagonisten Clay und bringt seine Motivation zutage.
Nach der Einführungszeit werden wir in das offene Spiel entlassen, in der wir uns nun frei bewegen und Missionsstränge und Nebenaufträge frei wählen. Auf dem Weg zur Beseitigung Sal Marcanos schnappen wir uns die Untermänner der Familie, übernehmen Gebiete und gewinnen Verbündete. Die Missionen laufen dabei stets nach dem gleichen starren Muster ab. Zunächst infiltrieren wir einen gut geschützten Bereich und schleichen oder ballern uns vor bis zum Boss. Dann gibt es zwei Optionen: Entweder schalten wir ihn aus und streichen die Kohle ein oder aber wir ziehen ihn mit auf unsere Seite und kassieren dadurch später seine Anteile. Die Gebiete teilen wir unter unseren neuen Verbündeten auf. Natürlich kassieren wir hier auch deren Anteile. Vorsicht ist bei der Bevorteilung einzelner Untergebener geboten. Denn neben gewissen Vorteilen und gesteigerten Einnahmen schüren wir damit auch den Neid der übrigen Verbündeten.
Fahren und ballern
Um zu den einzelnen Aufträgen zu gelangen müssen wir mitunter mehrere Kilometer zurücklegen. Sicherlich ginge das auch zu Fuß, stilvoller und vor allem schneller kommen wir aber mit dem Auto voran. Und das muss nicht unbedingt unser eigenes sein. Anders als in den Vorgängern müssen wir nicht zuvor das Knacken einzelner Typreihen erlernen, sondern bedienen uns
Abseits der Bedienung von Gas und Bremse spielt sich Mafia 3 wie ein 3rd-Person-Shooter mit praktikablem Deckungsmodell. Die Bedienung geht flott von der Hand, es gibt allerhand authentische Schießeisen, einzig die dumme KI macht dem genüsslichen Shooter-Spaß einen schwach gezeichneten Strich durch die Rechnung. Dass Gegner nicht zu geschickt sein sollten, wenn wir im Alleingang die Stadt einnehmen wollen, leuchtet ein. Allerdings müssen diese auch nicht immer gleich blind in unser Feuer rennen und sich somit „selbst stellen“. Außerdem sind die überraschenden Angriffe – unbemerkt führt Clay Instant-Kills aus - durch zu unachtsame Gegner etwas zu einfach auszuführen. Clay ist eine Kampfmaschine und es macht durchaus Spaß, sich mit seinen brutalen Takedowns durch die gegnerischen Reihen zu pflügen. Auf Dauer jedoch nutzt sich so das Spielprinzip zu sehr ab. Stets ist schleichen auch eine Option. Denn mittels Info-Ansicht erspähen wir Gegner und Objekte im Nahbereich durch Wände. Dann locken wir in sicherer Deckung mittels Pfiff sich somit separierende Feinde an oder umgehen sie geschickt dank zahlreicher optionaler Laufwege. So muss es am Ende nicht immer in einer blutigen Schlacht mit dutzenden Toten enden.
Das Areal rund um die an New Orleans angelehnte fiktive Stadt New Bordeaux ist abwechslungsreich und für zahlreiche optionale Wege attraktiv gestaltet. Überall finden wir die typischen Jazz-Clubs und Bars der damaligen Zeit, die lebendige Bevölkerung ist in authentische Kleidung gehüllt und reagiert recht angemessen auf unser Verhalten. So flüchten Bürger, wenn wir unsere Schusswaffe offen tragen und rufen die Polizei bei beobachteten Straftaten. Die Polizei allerdings agiert recht motivationslos und macht nur das nötigste, um tödliche Verkehrsunfälle mit Fahrerflucht oder Raubüberfälle zu ahnden. Schatten und Licht gibt es vor allem bei der Grafik zu sehen. Sprichwörtlich zunächst, denn die Belichtungsberechnung ist oft fehlerhaft. Zu hell überstrahlende Bereiche, diesige Tagesmissionen und zu dunkle Abende und Innenareale. Dazu kommen fehlerhafte Schattenwürfe. Hier muss noch entschieden nachgebessert werden. Die Betrachtungsdistanz ist zudem stellenweise sehr knapp bemessen. Immer wieder ploppen im Gegenverkehr unvermittelt entgegenkommende Fahrzeuge auf und selbst kleinere Gebäude kündigen sich mancherorts erst im letzten Moment an. Dass das Spiel sehr wohl sehr gut aussehen kann, bekommen wir bei den zahlreichen Interviews mit überragender Mimik und Charakterdarstellung und den liebevoll gestalteten Story-Örtlichkeiten präsentiert. Immer wieder gibt es tolle Momente, die das Spielerherz aufgehen lassen, aber nicht weniger brutal sind. Ob wir eine Leiche im von Krokodilen nur so wimmelnden Fluss entsorgen, im brutalen Takedown unser Messer in die Augenhöhle des Gegners rammen oder aber den fluchenden, halb tot geschlagenen Mafia-Boss an ein drehendes Riesenrad aufhängen, es gibt massig unzensierte Action, die längst nicht jedermann schmecken wird.
Weitaus konstanter ist der Sound ausgefallen. Die meisten Synchron-Sprecher, allen voran die kernige und absolut glaubhafte Stimme Clay Lincolns, machen einen fabelhaften Job und verleihen den Charakteren ihre glaubhafte Rolle im Spiel. Last but not least bekommen wir hier mit über 100 Titeln der 60er Jahre den wohl coolsten Soundtrack der letzten Jahre zu bieten. Lieder wie Steppenwolfs „Born to Be Wild“ oder „Paint It Black“ von den Rolling Stones fetzen einfach, während wir mit einem amerikanischen Muscle Car durch den dichten Verkehr brettern.
Das Spiel wurde auf der Xbox One getestet. Das Fazit von: Torsten
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