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Patrizier IV

Publisher: Kalypso
Entwicklerstudio: Gaming Minds Studios
Genre: Simulation
Sub-Genre: Wirtschafts-Simulation
Art: Vollpreistitel
Erscheinungsdatum: 02.09.2010
USK 6

Patrizier IV   11.10.2010 von Der Ohm

Wirtschaftssimulationen haben mich schon immer fasziniert. Angefangen hat die Liebe bereits mit dem 1982 erschienenen Titel Kaiser. Danach folgten die Spiele von Ralf Glau: Hanse, Vermeer und Yuppies Revenge. 1992 kam mit Patrizier die bis dahin umfangreichste Simulation dazu. Neben den Ein- und Verkauf der Waren musste nun auch die politische Laufbahn mit gelenkt werden. Patrizier 2 erschien im Jahre 2000, anschließend herrschte erst einmal zehn Jahre Ruhe um diese Serie. Bis jetzt: Kalypso erfreut nun das wartende Publikum mit Patrizier IV.

 
Aufmerksame Leser fragen sich nun, was mit Patrizier 3 geschehen ist? Ganz einfach: Der damalige Publisher entschied sich für den ausländischen Markt eine Add-on verstärkte Version von Patrizier 2 als Patrician 3 zu veröffentlichen. Um Verwechselungen aus dem Weg zu gehen, entschied sich Kalypso dazu diese Versionsnummer zu überspringen und gleich Nummer 4 herauszubringen. Ein Name wie Patrizier Reloaded oder Patrizier 2011 hätte da wohl für noch mehr Verwirrung gesorgt.

Aber genug der Geschichte, begeben wir uns in die filmische Gegenwart: Wir befinden uns im Lübeck des Jahres 1370. Mein Name ist Max Stromberg und ich bin nicht verwandt oder verschwägert mit irgendeinem Versicherungsfachangestellten den ihr vielleicht kennen könntet. Mein Onkel, ein reicher Patrizier, der es durch sein geschicktes Handeln geschafft hat, vom kleinen Krämer zum Patrizier aufzusteigen, überließ mir zum Start meiner Handelskarriere das passende Material. So besitze ich ein Kontor und ein kleines Schiff in Lübeck. Das Kontor ist mein Handelshaus, Zentrale und Lager. Hier werde ich später die Waren häufen, die ich mit meinen Schiffen aus anderen Hansestädten importiert habe, und meine selbstproduzierten Waren einlagern. Doch bis dahin ist es für mich noch ein langer Weg. Als unbekannter Krämer habe ich nicht das Recht eigene Produktionsstätten zu gründen, dafür muss ich erst zum Großkaufmann aufsteigen. Vorerst bleibt mir nichts anderes übrig, als mit meiner Schnigge, das kleinste Handelsschiff der Hanse, Waren zu handeln. So kann ich in den russischen Häfen sehr gut Felle einkaufen - die nirgendwo anders produziert werden. Die Russen wiederum sind mir dafür dankbar, dass ich sie mit Bier beliefere,  das nur nur die Deutschen brauen können. Durch Angebot und Nachfrage regelt sich mein Geschäft. Zwanzig verschiedene Waren kann ich ein- und verkaufen. Später werde ich in Aalborg mein eigenes Fleisch produzieren und das Pökelsalz dafür bringe ich einfach aus Lübeck mit. Dies ist mein erstes, großes Ziel. 

Meine Schiffe werden in riesigen Konvois mit von mir eingesetzten Kapitänen, die bis zu 32 Hansestädte in fester Route abfahren und so für deren und vor allem für mein Wohlergehen sorgen. Natürlich mache ich mir Sorgen über Piratenüberfälle. Schon mein Onkel warnte mich davor zu blauäugig die Segel zu spannen. Aus diesem Grund werde ich eines meiner Schiffe mit Kanonen ausrüsten, sodass sie sich gegen einen eventuellen Angriff verteidigen können. Vielleicht werde ich später die schrecklichsten Piraten der Hanse stellen können? Wer weiß das schon?

Ganz sicher bin ich mir allerdings darin, dass so manches Leid über einige Städte kommen wird. Rattenplagen, Hungersnöte oder Belagerungen des Landesfürsten werden auch meinen Gewinn schmälern. Sobald ich aber politisches Ansehen in den Städten erlangt habe, werde ich alles dafür tun, um den Landesfürsten gnädig zu stimmen. Ich werde in die Verteidigungsanlagen der Städte investieren und dem Volke Arbeit geben. Wir wollen doch mal sehen, wer der größte Patrizier aller Zeiten seien wird.

Nach dem Spielstart ist eure Heimatstadt aus der Vogelperspektive zu sehen. Geschäftig tummeln sich die Bürger in den Straßen. Vogelschwärme drehen ihre Kreise. Das ganze nun erstmalig in der Geschichte der Patrizier-Spiele in 3D. Patrizier 2-Veteranen werden sich gleich wohl fühlen. Neue Spieler werden hier allerdings ohne ein Tutorial wohl nie in das Spiel finden. In Patrizier IV wurde die Einführung in das Spiel sehr schön über Beispielvideos gelöst. Im Anschluss daran, wirkt die Stadt nicht mehr ganz so erschreckend. Die wichtigen Gebäude, wie zum Beispiel das Rathaus, das Kontor und die Kneipe, können durch ein Anklicken betreten werden. In der Kneipe und im Rathaus werden hier und da Missionen angeboten. Mal ist ein Pirat zu stellen, mal fehlt es der Stadt am passenden Kleingeld, wo ihr ihnen für ein paar Tage aushelfen könnt - natürlich mit den gebührenden Zinsen. Um euren politischen Ruf in der Stadt zu verbessern, könnt ihr im Rathaus auch einer Hochzeit zustimmen,  denn Familien und Kinder sind in der Stadt gern gesehen. Wenn ihr die Stadt dazu noch mit ausreichend Gütern versorgt und ihnen nicht das letzte Bier aus dem Lager kauft, ist es möglich, bis zum Bürgermeister der Stadt aufzusteigen. Ein gewisser Ruf ist auch zum Gründen der Produktionsstädten nötig. Die Erlaubnis dafür kann im ortsansässigen Gildehaus erworben werden. Örtliche Spezialitäten, wie Bier, Fleisch oder Felle, dürfen erst nach dem Erwerb einer Lizenz produziert werden.


In der Werft können neue Schiffe gebaut oder gebrauchte aufgekauft werden. Hier und beim Aufbau von Produktionsstädten, muss drauf geachtet werden, dass genug Baumaterial in der Stadt zur Verfügung  steht. Womit wir auch zum Hauptteil des Spieles kämen, dem Warenhandel. Hauptsächlich ist man damit beschäftigt, rund laufende Handelskonvois automatisiert am Laufen zu halten. Sobald man seinen Ruf in anderen Hansestädten gefestigt hat und mit der eigenen Produktion starten kann, ist es teilweise ganz schön kniffelig, immer ausreichend Grundmaterial zu besorgen. Anders herum kann es natürlich auch passieren, dass ein Kontor aus allen Nähten platzt, da die Produktion nicht hinterherkommt oder einfach zu wenig Material geliefert wird. So pendelt man von einem Ort zum anderen, um Produktionen auszubauen, den Landesfürsten ruhigzustellen, indem seine Forderungen erfüllt werden, oder Probleme zu lösen, die aufgrund der ausgebrochenen Pest entstanden sind. Hier kann sich auf Dauer eine gewisse Eintönigkeit einstellen. Die Piratenjagden mit manueller oder automatischer Seeschlacht sowie die politischen Tätigkeiten lockern das Spielgeschehen jedoch wieder auf. Allerdings habe ich Seeschlachten schnell automatisiert den Kapitänen meiner Schiffe überlassen, zu zäh lässt sich die Schlacht steuern.

Ein Mehrspielermodus ist in Patrizier IV leider nicht vorhanden. Einzig die computergesteuerten Patrizier und Edelmänner machen dem Spieler das Leben schwer. So kann der Ruf geschadet oder auch mal ein Feuerchen gelegt werden, um die Wahl zum Bürgermeister in die ein oder andere Richtung zu unterstützen.

Bei der 3D-Engine haben die Entwickler auf eine eigens erstellte Lösung gesetzt. Sie lässt sich gut steuern und sieht ansprechend aus. Alerdings ist sie ein wenig anfällig für außergewöhnliche Rechnerkonfigurationen. Grundsätzlich ist sie recht anspruchslos, auf einem Netbook läuft das Spiel aber leider nicht mehr. Die Ost- und Nordsee wird auf einer Kartenansicht bereist. Auch die Schiffe der anderen Händler sowie Piratenschiffe sind hier zu sehen. Die Route der ausgewählten Konvois wird bis zum nächsten Hafen als Linie angezeigt. Augen aufhalten lohnt sich, denn hier und da treibt das ein oder andere Fass im Meer herum, das nur darauf wartet, von euch geborgen zu werden.

Neben der schönen, mittelalterlichen Musik, die leise vor sich hin dudelt, bringen die Umgebungsgeräusche Leben in die Stadt - Möwen kreischen, Kirchturmglocken läuten und vieles mehr. Ansonsten ist zur musikalischen Untermalung nichts weiter zu sagen, entgegen anderer Spielegenren muss sie hier nur für ein bisschen Atmosphäre sorgen - und das macht sie auch.

Sobald eine Internetverbindung zur Verfügung steht, möchte sich Patrizier IV über den Kalypso-Launcher zwangsaktivieren. Hierüber werden auch die Updates geladen. Falls ihr das nicht möchtet, Internet kappen und der Spuk ist vorbei.


Das Fazit von: Der Ohm

Der Ohm

Ich bin ja wirklich ein alter Hase im Wirtschaftsimulations -Bereich. Wobei ich in den vergangenen zehn Jahren kaum etwas Passendes für mich gefunden habe. Meiner Ansicht nach, driftete das Genre zu sehr in die Aufbausimulations-Schiene ab. Da kam mir Patrizier IV gerade recht. Einzig die Produktionsstädten und die Stadthäuser müssen positioniert werden, aber damit hat sich der Aufbau schon erledigt. Ich kann mich auf das wesentliche konzentrieren - Handeln, Handeln und nochmals Handeln. Patrizier IV erfindet das Genre hierbei auch nicht neu, sondern entwickelt das erfolgreiche Konzept von Patrizier 2 erfolgreich weiter – Also doch ein Patrizier 2 Reloaded! So ist es vor allem durch die Videos Einsteiger-freundlicher geworden und auch die Anzeige des durchschnittlichen Einkaufspreises der Waren nimmt dem Spieler viel Zettelwirtschaft ab. Für den ein oder anderen rastlosen Zocker wird das Genre grundsätzlich zu trocken sein. Für alte Wirtschaftsimulations-Hasen wie mich, ist es eine Offenbarung. Die einzige Gefahr besteht für mich darin, das alles rund läuft, dann hab ich nämlich nichts mehr zu tun.


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