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The Order: 1886

Publisher: Sony
Entwicklerstudio: Ready at Dawn
Genre: Action
Sub-Genre: 3rd-Person-Shooter
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 20.02.2015
USK 18

The Order: 1886   17.03.2015 von Torsten

Bereits im Vorfeld gab es von The Order: 1886 fantastische Bildschirmaufnahmen zu bestaunen. Aber oft sind diese Aufnahmen lediglich geschönt und entsprechen hinterher nicht dem zu spielenden Abbild. Darüber hinaus stellt sich natürliche noch die Frage, ob bei all der Grafikpracht mehr dahinter steckt, als nur die optisch hübsch anzuschauende Hülle. Nach rund acht Stunden, die das Spiel im Umfang bot, erlauben wir uns nunmehr ein Urteil abzugeben ...

 

Das London des 19. Jahrhunderts im Steampunk-Design

 

Das Spiel entführt geneigte Action-Fans in eine parallele Zeitlinie des 19. Jahrhunderts. In London herrscht ein erbitterter Kampf zweier Glaubensrichtungen. Da wäre zum einen die an Traditionen und strenge Regeln gehaltene Linie der Königin. Es ist die überwältigende Überzahl an Menschen, die ihr nachstreben und für „das Gute“ einstehen. Auf der anderen Seite wäre da das Lager des Okkulten und Übernatürlichen - Werwölfe, Vampire, dunkle Magie. Es sind nur wenige, die sich gegen die Krone stellen. Allerdings sind die Lykaner derart stark, dass sie, ungeachtet ihrer geringen Anzahl an Vertretern, ihren Widersachern haushoch überlegen sind. So gerät die Bevölkerung immer mehr in Angst und Panik, denn überall wo die übernatürlichen Gegner auftauchen, richten sie ein furchtbares Blutbad an. Dem entgegen steht der uralte Ritterorden, der seit Jahrhunderten im Auftrag der Krone den Kampf gegen die Lykaner führt. Aber erst seit der Erfindung des „Schwarzwassers“ konnten sie ernsthaft etwas gegen das immer stärker werdende Gegenlager ausrichten. Das Schwarzwasser tragen Ritter in kleinen Phiolen um den Hals. Diese Flüssigkeit entspringt der alten Vorstellung des heiligen Grals. Es heilt Wunden in Sekunden und verlängert das Leben um ein Vielfaches. So dient der vom Spieler gesteuerte Protagonist Grayson bereits seit mehreren Jahrhunderten dem alten Ritterorden. In Gedenken an Arthurs Rittertafel tragen seine Nachfolger die Namen der gefallenen Vorbilder und so tritt Grayson unter dem Ritternamen Lord Galahad für das Gute ein. Zusammen mit Lady Igraine und seinem noch ungeadelten Kollegen Lafayette bekämpft er allerdings nicht nur alte Fabelwesen. Seit einiger Zeit hat sich zu allen Übel auch noch ein Rebellenbund geformt, der sich dem Orden mit aller Macht entgegenstellt. Nichts ist so wie es scheint und die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen zusehends. Was hat es mit den verstärkt auftretenden, grausamen Auftritten der Lykaner auf sich? Warum konnte Jack the Ripper so unbehelligt morden? Und ist das Rebellentum wirklich einfach nur destruktiver Natur? Was wollen sie wirklich? Und ist am Ende der Orden selbst korrumpiert? Zu viele Fragezeichen für eine abschließende Antwort.

 

Bildergalerie von The Order: 1886 (7 Bilder)

Ein Shooter zum Anschauen oder ein Film zum Nachspielen?

 

The Order: 1886 ist grundsätzlich ein 3rd-Person-Shooter mit Deckungssystem. Das funktioniert zunächst einmal solide, auch wenn das Einnehmen und Verlassen von Deckungen immer mal wieder etwas fummelig von Statten geht. Nach kurzer Zeit ist allerdings nicht so ganz sicher, ob es sich im vorliegenden Beispiel wirklich „nur“ um einen Shooter handelt. Zu sauber ist der Übergang zwischen Zwischensequenzen, filmreifer Vorführung und packender Hintergrundgeschichte. Das bringt einerseits einen herrlich frischen Mix zum Vorschein und andererseits birgt es die Gefahr sich gehörig zwischen die Stühle zu setzen.

 

Fangen wir mit der Rahmenhandlung einmal an: Ein Komplott mit zahlreichen Wendungen, Intrigen und diversen Anleihen zu realen Ereignissen. Eigentlich eine packende Geschichte, allerdings wird sie zu träge vorgetragen und die Inszenierung verliert durch zu lange Erzählungen unnötig an Tempo. Der Spieler wird mitten in die Geschichte geworfen, erhält zu wenig erklärende Informationen, ergattert hier und da am Rand den einen oder anderen Geschichtsschnipsel, wird am Ende aber mit ebenso vielen Fragen wie Antworten aus dem Spiel entlassen. Dies hinterlässt ein wenig das Gefühl eines Puzzles, bei dem einfach zu viele Teile fehlen, um einen runden Eindruck zu vermitteln. Außerdem sind die Charaktere zu glatt, ihre Eingliederung hat Schwächen und es fällt schwer, sich mit dem schnauzbärtigen Grayson zu identifizieren.

 

Betrachten wir das Setting des Spiels, so fällt der gelungene Mix aus altem London und Steampunk-Technologie auf. Der russische Erfinder Tesla liefert allerhand Technik-Gimmicks wie Funkgeräte, Bogenkanonen und Elektro-Werkzeuge. So können sich Soldaten auf dem Schlachtfeld mit einander absprechen, zahlreiche Waffen bieten Spieltiefe, die Gadgets dienen zum Überbrücken von Schaltkreisen und zum Öffnen von Türen. Kleinere Minispiele, Schalter- und Hebelrätsel, sowie Kletter- und Schleichpassagen runden den unter starker Repetition leidenden Deckungs-Shooter gelungen ab.

 

Den Hauptanteil am Spiel hat natürlich das Shooter-Grundgerüst. Dieses funktioniert flüssig und bietet dank zahlreicher Waffen auf dem ersten Blick unterschiedliche Herangehensweisen. Allerdings ist die vermittelte Freiheit nur schmückendes Beiwerk. Die Areale sind schlauchförmig konstruiert, verschlossene Türen und blockierte Auswege zwingen zur Linearität. Alternative Lösungswege gibt es lediglich bei den Schleichpassagen. Denn hier fällt der Spieler selbst die Entscheidung, ob er Solid Snake oder doch lieber Rambo spielen möchte. Die meiste Zeit über funktioniert die Shooter-Mechanik aber hervorragend und bietet klischeehaft genau das, was Action-Fans von solch einem Genre-Vertreter erwarten: Großartige Unterhaltung und jede Menge Action! Es gibt unzählige Deckungsmöglichkeiten, die geradezu eine bildhafte Einladung zur Integration ins Spiel darstellen. Gegner melden den Beschuss und versuchen, die eingenommene Deckung zu flankieren. Dabei tauchen sie natürlich dennoch immer wieder brav hinter der Deckung auf, damit sie dankend den tödlichen Beschuss entgegennehmen können. Sie feuern aber auch oft blind über die Deckung und zwingen uns zum Vorstoß oder zum Einsatz von Sprengmitteln. Ist die Gegneranzahl zu groß und der Schwarzwasserbalken gefüllt, so darf auch in die Schwarzsicht geschaltet werden, bei der in Slow Motion und vereinfachter Zielaufschaltung gleich mehreren Gegnern der Garaus gemacht werden kann. Ein wenig nervig sind allerdings manchmal die stupiden Quick-Time-Events. Bei ihnen hätte ruhig etwas mehr Abwechslung geboten werden dürfen. Das gleiche gilt für die zahlreichen „Geschützturm-Sequenzen“, in denen lediglich stumpfsinniges Moorhuhn-Geballer an der Tagesordnung steht. Außerdem ist es schade, dass der Wiederspielwert gering ist. Dafür ist das Spiel zu linear und es wird neben einfachen Papierschnipseln und einigen Objekten, die sich allesamt näher betrachten lassen, zu wenig abseits der strikt einzuhaltenden „Handlungsschiene“ geboten. Einen Koop- oder Mehrspielermodus gibt es erst gar nicht.

 

Filmreife Präsentation

 

The Order: 1886 glänzt mit allerlei optischen Leckerbissen. Ein geradezu wahnwitzig detailliertes London, das mit seinem schmutzigen, verwinkelten Aufbau Spieler mühelos in seine verruchte Welt eintauchen lässt. Hier gibt es keine Hochglanz-Texturen makelloser Gebäude und auch keine malerischen Hintergründe zu bestaunen. Im Armenviertel Londons hängen Wäscheleinen mit physikalisch korrekt im Wind wehenden, zerrissenen Laken quer über den Wegesrand. Angelaufene Messingoberflächen reflektieren das Licht, die tief stehende Sonne blendet. Auch die Darsteller wurden einer imposanten Überarbeitung unterzogen. Die vom Krieg gezeichneten Gesichter weisen tiefe Furchen und Falten auf, grobe Poren zeugen von einer Zeit, in der die Anti-Aging-Creme bloß pure Zukunftsmusik war. Etwas störend wirken hingegen die schwarzen Balken bei Zwischensequenzen. Klar, die sind Filmliebhaber längst einvernehmlich vom Kino-Format gewohnt, allerdings hätte ein Verzicht auf das 21:9-Bildformat für einen noch weicheren Übergang von Film zu Spiel gewährleistet.

 

Der Klang ist ebenso kinoreif wie die gelungene optische Präsentation. Der Soundtrack ist hervorragend abgestimmt und vermittelt eindrucksvoll die vorherrschende Stimmung. Herrlich melancholische Melodien, die exakt zum viktorianischen London passen, stimmen sofort vergnüglich. Da setzen die realistischen Waffeneffekte, sowie die glaubhafte Synchronisation noch einen drauf. Das Spiel ist im Übrigen komplett lokalisiert. Wer auf englische Sprachausgabe besteht, der muss den Umweg über die Umstellung der Playstation-System-Sprache gehen. Denn eine separate Option gibt es nicht im Spiel.  


Das Fazit von: Torsten

Torsten

The Order: 1886 hatte das Zeug zur Genre-Referenz der Next-Generation-Shooter. Allerdings wirkt das Konzept an so mancher Stelle nicht gänzlich formvollendet. So wird der Spieler inmitten der Handlung ins Spiel gesetzt, mit einigen Informationen angefüttert und heiß gemacht, nur um dann am Ende mit einem Gefühl der Unvollständigkeit aus der Geschichte gerissen zu werden. Die Umgebungen sind unglaublich detailliert, weisen aber neben all der optischen Leckerbissen zu wenig auf, das sich erforschen und anfassen ließe. So gibt sich der Entwickler unheimlich Mühe, eine glaubhafte Spielwelt aufzubauen und verpasst die Chance, diese hübsche Hülle auch mit ausreichend Leben zu füllen. Das gleiche gilt für die Charaktere, die zwar durchaus die technische Möglichkeit zu sehr realistischer Mimik anheim gestellt bekommen haben, diese aber nicht wirklich ausreizen. Zusammengefasst ist The Order: 1886 eine wunderschöne, spielbare Grafikdemo, die sich durch ihre etwas zögerliche Inszenierung glanzloser Charaktere in der beengten Linearität eines Standard-Shooter-Konzepts selbst limitiert. Action-Fans und Technik-Geeks sollten sich dennoch den neuen Grafik-Eckpfeiler der Next-Generation-Konsole nicht entgehen lassen!


Die letzten Artikel des Redakteurs:


positiv negativ
  • Pracht-Grafik
  • Haufenweise Details
  • Zahlreiche Deckungsmöglichkeiten
  • Abwechlsungsreiche Waffen
  • Starke Mimik der Charaktere
  • Glaubhafte Spielwelt
  • Hervorragender Soundtrack
  • Gute Waffeneffekte
  • Realistische Physik
  • Gute Beleuchtung
  • Deutsche und englische Sprachausgabe
  • Sehr gute Sprecher
  • Simple Gegner-KI
  • Wenig zu entdecken abseits der Handlung
  • Geringer Wiederspielwert
  • Glanzlose Charaktere
  • Story wird zu träge und nur unvollständig erzählt





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