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Spielspaß: Bei Final Titan steht ganz klar der Spielspaß im Vordergrund. Sich gegenseitig ausstechen, etwas Strategie, aber dann am Ende doch sehr viel Würfelglück. Es erinnerte uns tatsächlich sehr an King of Tokyo, sowohl vom Spaß-Faktor als auch von den Grundmechanismen: Die Spieler, die sich um den Titan herum aufgestellt haben, entscheiden abwechselnd, ob sie den Titan in der Tischmitte angreifen wollen. Nach einem Kampf kommt der Sieger in die Tischmitte. Kämpfe sind Würfel-basiert, können aber über Karten beeinflusst werden.
King of Tokyo holen wir seit gefühlt einem Jahrzehnt immer wieder aus dem Regal, besonders dann, wenn der Anlass ein lockeres, ungezwungenes Spiel fordert, mit kurzer Spieldauer, für den Spielspaß zwischendurch oder als Gateway Spiel für Nichtspieler. Wirklich in dieselbe Kerbe schlägt auch Final Titan und wir freuen uns darüber endlich eine Alternative im Schrank zu haben, die an solchen Anlässen auf den Tisch gebracht werden kann. Final Titan ist sogar besser, in mehreren Aspekten. Zum einen, was die Variabilität durch die vielen verschiedenen Champions und das Drafting zu Beginn angeht. Und während wir vor unserer Erstpartie angenommen hatten, dass das Würfeln in King of Tokyo mehr Spaß macht, weil man bis zu dreimal mit sechs Würfeln werfen darf, statt nur ein einziges Mal mit einem Würfel pro Kampfrunde, wurden wir eines Besseren belehrt. Denn der eine Würfelwurf ist immer so wichtig, dass wirklich alle am Tisch mitfiebern. Und zahlreiche Neuwürfel-Fähigkeiten sorgen für den Extrakick, wenn sie triggern. Es war einfach der Hammer, wenn man dann zweimal hintereinander die Aufladung würfelt und mit seiner ultimativen Fähigkeit einen Kampf entgegen jeder Wahrscheinlichkeit doch noch für sich entscheidet.
Neben den King of Tokyo Vibes war das Spielgefühl auch etwas mit dem in Challengers vergleichbar, denn letztlich handelt es sich bei Final Titan auch um einen Auto Battler. In Challengers hat jeder Spieler ein eigenes Kartendeck, das man von Spielrunde zu Spielrunde gezielt verbessert, und von dem man abwechselnd Karten zieht, um den automatisierten Kampf abzuhandeln. In Final Titan haben Spieler kein Kartendeck, sondern führen abwechselnd Würfelwürfe aus, die das Auto Battle steuern. Statt sein Deck sukzessive zu verbessern, sucht man sich zu Spielbeginn vier Champion Karten aus, versucht Upgrade-Karten zu erlangen, um diese vor dem Kampf zu verstärken und darf entscheiden welcher Champion, wann gegen den Champion in der Tischmitte antreten soll.
Was uns an Final Titan auch gut gefallen hat, war die Diversität der Champions, sowohl im Artwork als auch in ihren Eigenschaften und Fähigkeiten. Einige davon sind auch den Wesen aus verschiedenen IPs nachempfunden. Selbstverständlich heißen sie nicht so, aber das Zusammenspiel von Fähigkeiten, Artwork und Namen der Champions lassen da oft keine Zweifel. Dr. Undo zum Beispiel ist Dr. Strange aus dem Marvel Universum: er malt Kreise in die Luft, beherrscht Zeitmagie und hat einen Doktortitel. Der Sandwurm (aus Dune) und Conan (der Barbar) sind auch mit von der Partie; genauso wie andere Charaktere, die an Figuren aus Videospielen wie Overwatch, Warhammer oder World of Warcraft erinnern. Aber vielleicht ist hier unsere Fantasie auch nur mit uns durchgegangen.
Wie war die Resonanz der Mitspieler? Unmittelbar nach der ersten Partie wurden wir gefragt, was das Spiel denn kosten soll. Es ist wohl gut angekommen.
Balancing/Glücksfaktor: Nach den ersten Partien können wir sagen, dass in Final Titan Glück eine zentrale Rolle spielt, aber es gibt auch durchaus Strategie-Elemente. Aber am Ende entscheidet eben ein Würfelergebnis: in Kämpfen wird abwechselnd gewürfelt. Mit einem Würfel, der sechs verschiedene Würfelseiten hat. Der Ausgang eines Angriffs ist damit sehr glückslastig. Und erst wenn man zweimal eine bestimmte Würfelseite, die Aufladung, gewürfelt hat, triggert man seine ultimative Fähigkeit. Wer zuerst innerhalb eines Kampfes ein zweites Mal dieses Würfelergebnis geworfen hat, wird den Kampf mit hoher Wahrscheinlichkeit für sich entscheiden. Zumal einige ultimative Fähigkeiten den sofortigen Tod des gegnerischen Champions bewirken. Vollkommen egal wie der aktuelle Kampfstatus ist. Sowas muss man dann abkönnen. Trotz Vorbereitung, kluger Wahl des Champions und strategischen Upgrades, am Ende spielt das Glück eben doch eine entscheidende Rolle.
Schauen wir uns aber mal an, was es an strategischen Möglichkeiten gibt. Zuerst wäre da ein kleines Meta-Game zu nennen – die Herausforderungsphase. Spieler müssen im Uhrzeigersinn entscheiden, ob sie den Titan in der Tischmitte herausfordern oder nicht. Weigert man sich, muss man eine Upgrade-Karte in die Mitte legen. Fordert man den Titan heraus, erhält man alle zuvor in die Tischmitte abgeworfenen Upgrade-Karten. Es können sich einige Upgrade-Karten über mehrere Runden in der Mitte ansammeln, bevor es einen Herausforderer gibt, weil es sich richtig lohnt. Etwas bluffen, push-your-luck und dann den richtigen Zeitpunkt abpassen ist hier wichtig. Upgrade-Karten benötigt man nämlich nicht nur, um im Kampf stärker zu sein, sondern auch, um in zukünftigen Herausforderungsphasen länger „passen“ zu können. Teil dieses Meta-Games ist auch die Entscheidung wie viele und welche der Upgrade-Karten dann im Kampf verwendet werden, um den Champion zu verstärken. Denn diese Upgrade-Karten gehen verloren und können dann nicht mehr verwendet werden, um zukünftigen Kämpfen aus dem Weg zu gehen. Hat man keine Upgrade-Karten während der Herausforderungsphase, so muss man kämpfen.
Da wir hier auch über Balancing reden wollen, lohnt ein Blick auf die 42 verschiedenen Champion-Karten. Schlussendlich hat jeder Champion bestimmte Stärken und Schwächen. Und da die Champions auf der eigenen Bank zu Spielbeginn gedraftet wurden, ist strategisches Drafting ein wichtiger Faktor, will man denn auf Sieg spielen. Ob man im Spielverlauf dann ein Titan mit einem seiner Champions herausfordert, ist aber auch vor allem davon abhängig, wie es um seine restlichen Lebenspunkten steht, aber auch der Geschwindigkeitswert kann bei der Entscheidung helfen.
Wie es grundsätzlich um das Balancing steht, ist schwer zu bewerten; einfach, weil es sehr viele verschiedene Champions gibt, die wirklich sehr unterschiedliche Eigenschaften haben. Wir hatten aber das Gefühl, dass kein Champion übermächtig war. Es erschien ab und zu so, als könnte das der Fall sein. Letztendlich stellt jedoch der Mechanismus, dass man sich nach Kämpfen (in der Regel) nicht heilen kann, sicher, dass man früher oder später auch bei ungleichen Match-Ups besiegt wird.
Hier ein paar Beispiele, was bestimmte Champions so können: ein Champion richtet mit jedem der vier Angriffstypen nur einen Schadenspunkt an und hat auch nur 7 Lebenspunkte; seine ultimative Fähigkeit ist aber ein sofortiger Kill des Gegners. Gleichzeitig kann er 50% der Angriffe des Gegners „countern“ (ist also immun gegen Schaden), und dieses countern erlaubt es auch seine ultimative Fähigkeit aufzuladen, was die Wahrscheinlichkeit für das Auslösen des Insta Kills stark erhöht. Viel Macht bei gleichzeitig großen Schwächen. Ein anderer Champion hat 14 Lebenspunkte und macht 20 Schaden mit dem roten Angriff; und in seiner ultimativen Form auch 20 Schaden mit dem blauen Angriff. Die 20 Schaden töten eigentlich auch immer auf Anhieb, es sei denn der Gegner countered die jeweilige Schadensart. Ein dritter Champion kann nicht viel, aber er erlaubt es mit etwas Würfelglück weitere Champions auf die eigene Bank nachrücken zu lassen, sodass man plötzlich fünf (oder sogar sechs) statt der vier Champions in einer Partie zur Verfügung hat. Wir haben mal versucht die verschiedenen Champions etwas zu kategorisieren. Es gibt Champions, die Marker sammeln und immer stärker werden. Sie profitieren, wenn sie eine Siegesserie haben. …Champions, die sehr viel Schaden machen können, von vorneherein. …und Champions, die über die ultimative Fähigkeit oder die Spezialfähigkeit den größten Impact haben, und ansonsten relativ wenig aufs Feld bringen. Und alles dazwischen.
Neben dem Drafting der Champions, den Entscheidungen in der Herausforderungsphase, der Wahl des Champions für einen bestimmten Kampf und die Wahl der Upgrade Karten für den Kampf, gibt es allerdings keine weiteren nennenswerten taktischen Elemente. Ansonsten handelt es sich nämlich um einen Auto-Battler, weil die Würfelwürfe darüber entscheiden, was passiert. Man hat nur die Wahl welche Champions mit welchen Verstärkungen wann eingesetzt werden. Was sie dann tun, bestimmt das Würfelglück.
Komplexität/Regeln: Es handelt sich um ein gehobenes Familienspiel, also eher um ein Leichtgewicht, passend zu der Tatsache, dass es eben doch sehr glückslastig ist. Wir fanden Final Titan geringfügig komplexer als King of Tokyo, weil man mehrere Champions hat, die unterschiedliche Eigenschaften haben und es einiges an Marker-Management gibt. Man muss auch etwas mehr Entscheidungen treffen, z.B. wann und wie man seine Champions taktisch klug einsetzt, um ihr Potential auszuschöpfen. Hinzu kommt das Meta-Game in der Herausforderungsphase, das darüber entscheidet wie viele Upgrade-Karten man im Spielverlauf verliert bzw. gewinnt, was extrem wichtig ist, um einerseits erfolgreich Kämpfen ausweichen und andererseits in Kämpfen seine Champions sinnvoll verstärken zu können. Denn hat man keine Upgrade Karten mehr, muss man kämpfen. Diese Zwickmühle hat einigen Spielern die Niederlage beschert.
Für Anfänger wird empfohlen die Drafting Phase in den ersten Partien zu überspringen und Champion-Karten zufällig zu verteilen. Das reduziert die Komplexität ein wenig. Wir haben aber direkt in der Erstpartie gedraftet, natürlich ohne zu wissen, ob unsere Überlegungen Sinn machen. Teilweise haben sie das auch nicht, aber das zu erkennen empfanden wir als Teil der Spielerfahrung, im positiven Sinne.
Nur ein paar wenige Worte zur Regel, da sie sicher noch nicht finalisiert ist: die uns vorliegende Regel (Version 3, Stand 26.02.2025) hat 16 Seiten, ist bereits sehr gut strukturiert, geschrieben und bebildert. Die letzte Seite enthält auch eine sehr hilfreiche Symbolübersicht. Unklarheiten aus den Regeltexten gab es keine, aber für die finale Version würden wir uns noch ein Schlüsselwort-Verzeichnis wünschen, das z.B. kurze Definitionen für Begriffe wie „counter“, „armor“ etc. auflistet.
Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Wir waren uns zunächst nicht sicher, ob wir Final Titan in der Erstpartie mit der Mindestanzahl an Spielern spielen sollten. Denn Final Titan ist von 3 bis 5 Personen spielbar. Unsere Erstpartie zu dritt lief aber richtig gut. Bei niedriger Spielerzahl sind nämlich die meisten Spieler ständig involviert. Schließlich werden nacheinander 1 vs. 1 Duelle abgehandelt. Aber auch der dritte Spieler war voll dabei, denn er darf als erstes entscheiden, ob er dem überlebenden Champion als nächster Herausforderer gegenübertritt oder nicht. Er will also einen knappen Kampfausgang und fiebert bei den Würfelwürfen voll mit. Auch bei Partien mit mehreren Spielern sind alle Spielteilnehmer mehr oder weniger in den 1 vs. 1 Duellen involviert. Denn der Champion, der am Ende mit welchen Verstärkungen und Lebenspunkten in der Tischmitte bleibt, ist der potentielle nächste Gegner. Aber natürlich ist man selbst in einer 5 Spieler Partie verhältnismäßig seltener in Kämpfe involviert. Was bei mehreren Spielern besser ist: die Herausforderungsphase wird dynamischer und es sammeln sich mehr Upgrade-Karten in der Tischmitte.
Oben haben wir Final Titan mit King of Tokyo verglichen. In beiden Spielen gibt es Player Elimination, d.h. Spieler scheiden im Spielverlauf aus der Partie aus und dürfen ab da nur noch zuschauen. Nach unseren ersten Partien Final Titan stellten wir aber fest, dass Player Elimination viel seltener so brutal einschlägt wie in King of Tokyo. Die Regeln beim „Passen“ stellen sicher, dass alle Mitspieler relativ gleichmäßig ihre Champions verlieren. Es erscheint unmöglich, dass ein Spieler bereits nach der Hälfte der Spieldauer, oder gar zu Beginn des Spiels komplett ausscheidet. Bei King of Tokyo hingegen kann man sich mal leicht verkalkulieren und schon frühzeitig K.O. gehen; schließlich hat man nur einen Kämpfer. Der Punkt geht also an Final Titan.
Spieldauer: Auf der Schachtel steht 30 bis 40 Minuten. Die Spieldauer ist abhängig von der Spieleranzahl, weil jeder Spieler vier Champions hat und das Spielende genau dann eintritt, wenn alle bis auf den letzten Champion besiegt wurden. Hast Du Angst vor der Downtime wegen der 1 vs. 1 Duelle? Tatsächlich war diese gar nicht so spürbar wie anfangs gedacht, weil die Würfelduelle richtig schnell abgehandelt sind. Man würfelt mit einem Würfel, genau einmal. Entfernt Lebensmarker, holt ein Plättchen, dreht ein anderes Plättchen um, und der Gegner ist dran mit Würfeln. Nach maximal drei bis viermal hin und her ist meistens ein Champion besiegt. Eine Kampfrunde dauert häufig nicht länger als eine Minute, vielleicht mal zwei.
Unsere Erstpartie haben wir über die Mittagspause gespielt. Zu dritt haben wir etwa 35 Minuten gebraucht und mussten noch ab und zu Symbole in der Regel nachschlagen. Das ist eine sehr angenehme Spieldauer, die Partien auch zwischendurch ermöglicht, aber eben doch das Gefühl eines vollwertigen Spiels mit richtiger Spannungskurve bietet. Die Spannungskurve ist dadurch gegeben, dass sich die Champions der Mitspieler relativ gleichmäßig ausdünnen und es erst kurz vor Spielende klar wird, wer die besten Chancen hat im finalen Kampf anzutreten, der über Sieg und Niederlage entscheidet.
Wiederspielbarkeit: Final Titan ist eine Art Partyspiel. Wie eingangs erwähnt, steht der Spaß in der Gruppe im Vordergrund. Solche Spiele kommen bei gegebenen Anlässen einfach immer wieder auf den Tisch. Es braucht bei solchen Spielen nicht viel für eine hohe Wiederspielbarkeit, bis auf die Spieler, die eben Spaß an genau diesem Spiel haben. Und wir hatten es! Aber unabhängig davon bringt Final Titan auch auf dem Blatt Papier einiges an Abwechslung mit: die insgesamt 42 verschiedenen Champions fühlen sich sehr unterschiedlich an und bieten jede Menge Abwechslung. Bedenkt man, dass in einer Partie mit voller Besetzung nicht einmal die Hälfte der Champions im Spiel sind, wird man einige Partien hinter sich bringen müssen, bis man alles gesehen hat. Und gerade noch rechtzeitig haben wir einen Blick auf das aktuelle Update des Crowdfunding-Previews auf Gamefound geworfen: Es sollen im finalen Spiel über 100 einzigartige Champions werden!
Insgeheim hoffen wir schon auf Erweiterungspacks, denn Final Titan lässt sich einfach wunderbar mit weiteren Champions und vielleicht sogar ein paar neuen Modulen oder Spielmechanismen erweitern, wie man es ja auch von King of Tokyo kennt. Wir sind gespannt, wie sich Final Titan entwickeln wird.
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