German Angst
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BEWERTUNG |
11.05.2015 von Mario von CzapiewskiMit einem großen Werbeaufwand trugen die Produzenten und Regisseure Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski und Andreas Marschall ihren aktuellen Episodenhorrorfilm German Angst durch die heimischen Kinos. Nach einer langer Ankündigung erscheint nun das knapp zweistündige, vollständig unabhängig produzierte Filmwerk auf dem deutschen Heimkinomarkt – nach einer kleinen Ehrenrunde bei der FSK sogar unzensiert ...
Da jede der drei Episode inhaltlich beinahe vollkommen unabhängig von den jeweils anderen ist, soll an dieser Stelle jede Episode einzeln besprochen werden.
Die erste Episode mit dem Titel Final Girl handelt von einem Mädchen, dass ihren Vater in der eigenen Wohnung gefangen hält und ihn zu Tode foltert. Bei dieser durch Jörg Buttgereit (Nekromantik) inszenierten Episode handelt es sich um die qualitativ Schlechteste des Films. Nicht nur, dass die sehr gestellt wirkende, künstlerische Inszenierung fast ausschließlich aus Nah- bzw. Detailaufnahmen und Unschärfen zu bestehen scheint, auch die angedeutete Missbrauchsthematik schimmert viel zu unterschwellig durch um die Gewalteskapaden, die wiederum mehr als plakativ inszeniert sind, zu rechtfertigen. Für den Horrorfan zu zäh und für den Cineasten zu platt, so verfehlt die Episode jegliche Zielgruppe, was beinahe als Vorausdeutung für German Angst interpretiert werden könnte. (2/10)
Die zweite Episode mit dem Titel Make A Wish, inszeniert von Michal Kosakowski (Zero Killed), geht einen ganz anderen Weg. Von der Inszenierung lockerer und lebendiger, wird uns ein taub-stummes Pärchen gezeigt, dass in einem Fabrikgelände von Nazis malträtiert wird, sich aber durch ein magisches Amulett an den Peinigern rächen kann. Dies ist mit Abstand die schwierigste Episode des Films. Einerseits ist sie solide inszeniert und vor allem von den drei Hauptdarstellern (Andreas Pape, Matthan Harris und Annika Strauss) sehr überzeugend gespielt, andererseits leistet sie sich einige derbe Schnitzer. Die Nazi-Gruppe wirkt, abgesehen von dem „Anführer“, so cartoonig und überzogen, dass von ihr weder eine Bedrohlichkeit, noch eine anders geartete Faszination ausgeht. Die fast schon überzeichnete, teilweise sehr ausartende Gewaltdarstellung im Zusammenspiel mit einer Erzählstruktur, die einer Geschichten aus der Gruft-Episode entsprungen sein könnte, gepaart mit einem aktualisierten Bezug zu Nazis, ist sehr, sehr fragwürdig. Zwar verherrlicht die Episode jene Gewalt in keiner Sekunde, jedoch suhlt sie sich in den daraus resultierenden „vermeintlichen“ Schauwerten. Somit reicht diese Episode zumindest für eine gehörige Empörung – Horrorunterhaltung zieht man hier jedoch verhältnismäßig wenig heraus. Schade. (4/10)
Die dritte, letzte und längste Episode nennt sich Alraune und stammt von Andreas Marschall (Masks). Hier geht es um einen Fotografen in Berlin, der sich seine Befriedigung in einem zwielichtigen Club holt und darauf sein blaues Wunder erlebt. An dieser Stelle handelt es sich um die mit Abstand beste Episode des gesamten Films. Die Inszenierung ist zwar oft sehr gezwungen an den Expressionismus des frühen Horrorkinos angelehnt, entfaltet dadurch aber einen eigenen Stil, der die gesamte Episode tragen kann. Die Geschichte ist zwar relativ unspektakulär, vermag jedoch wenig zu langweilen und bleibt trotz längerer Laufzeit interessant. Auch Hauptdarsteller Milton Welsh (Conan) überzeugt lückenlos und trägt die ganze Geschichte gekonnt. Hierbei handelt es sich vor allem um die für den Horrorfan interessanteste Episode, welche zwar kein bahnbrechendes Neuland bietet, aber solide Horrorunterhaltung im ungewöhnlichen Gewandt liefert und den Zuschauer trotz anfänglicher „Strapazen“ verhältnismäßig „positiv“ aus dem Film entlässt. (7/10)
German Angst hat ganz eindeutig seine Höhen und Tiefen und ist über die gesamte Laufzeit zumindest als „interessant“ zu bezeichnen. Setzt man den Film ins Verhältnis mit dem gängigen Independentkino muss man jedoch klar sagen, dass es sich hier handwerklich um einen durchaus gehobeneren Vertreter handelt. Leider muss man aber hinzufügen, dass der Film vor allem in der ersten Hälfte als Horrorfilm versagt, da er es schafft durch zahlreiche merkwürdige Verknüpfungen den Horrorfaktor merklich in den Hintergrund zu schieben und Attribute wie Gewalt (Make A Wish) und angestrengtes Künstlertum (Final Girl) in den Vordergrund zu rücken. Somit löst erst die letzte Episode die Erwartungshaltung Horrorfilm wirklich ein und so bewegt sich German Angst munter zwischen den Genres Splatter, Horror, deutsches Drama und Kunstfilm hin und her um leider zu oft zum falschen Zeitpunkt beim falschen Genre zu verweilen.
Die Blu-ray veröffentlichung ist sehr solide und bietet gutes HD-Bild und einen sauberen Ton. Da die Sprache im Film zwischen Deutsch und Englisch wechselt, sind auch deutsche Untertitel dabei. Als Bonusmaterial gibt es Trailer und ein informatives Hinter den Kulissen-Featurette. Cover & Bilder © Neue Pierrot le Fou Das Fazit von: Mario von Czapiewski
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