Koffer sind toll. Schon Quentin Tarantino hat in Pulp Fiction das Potenzial des vielseitig verwendbaren Gepäckstücks entdeckt, genau wie auch John Frankenheimer in Ronin. Und da sich in Koffern eine ganze Menge transportieren lässt, packt auch Mabrouk El Mechri seinen Koffer, nimmt Bruce Willis, Sigourney Weaver mit, rüttelt mal kräftig daran und bei Ankunft kam The Cold Light of Day (CLoD) heraus. Beherrscht er das Spiel, oder hätte er lieber einen Kanister Öl, ein Walross und noch weitere lustige Gegenstände, die man für einen Spanienurlaub braucht, mitgenommen?
Will Shaw freut sich nicht besonders gerade eben in Spanien gelandet zu sein. Zum einen sind seine Koffer in San Francisco verblieben, zum anderen wird er von seinem Vater, Martin Shaw, vom Flughafen abgeholt. Das Verhältnis zwischen den beiden scheint angespannt. Ein Familien-Segeltörn soll die Zusammenkunft auflockern. Nur blöd, dass Will erfährt, dass er als Geschäftsführer seiner Firma die Koffer packen kann, denn er ist jetzt pleite. Dass er seine Familie nach einem kurzen Stadttrip entführt vorfindet, trägt auch nicht dazu bei, ihn zu erquicken.
Nach einem Kurzbesuch bei den örtlichen Kartenklop… äh Polizisten, stellt Will fest, dass auch die mit drin stecken. Nach kurzem, unübersichtlichem Geplänkel stößt Papa Shaw dazu und haut raus, dass er für die CIA arbeitet und irgendwelche Terroristen Familie Shaw ans Leder wollen, wenn Martin nicht mit einem Koffer gefüllt mit Ominösitäten ums Eck kommt. Ein bisschen Hin und Her fahren, ein wenig den Zuschauer an der Nase rumführen, Bruce Willis etwas auf offener Straße über den Haufen schießen lassen und schon wird aus dem lethargisch-traurigen Will ein athletischer Kämpfer, der der CIA und den unbekannten Entführern mal so richtig den Koffer packen will.
Jaja, so haben wir’s gern. Zuerst Herrn Willis Konterfeit übergroß auf jedes Filmplakat kleistern, das sich finden lässt, um ihn dann in der ersten halben Stunde abkratzen zu lassen. Somit ist dann wohl Henry Cavill, besagter Will, eben Hauptdarsteller. Hätte ja was werden können, doch dafür hätte die Handlung mehr hergeben müssen, um den Tod eines Veteranen Hollywoods in so frühem Stadium zu rechtfertigen. Denn CLoD schafft es zu keiner Zeit über den Actionthriller-Einheitsbrei herauszukommen. Die Tatsache, dass ein Wirtschaftsprüfer kein Problem damit hat, dass just seinem Vater Beschleunigungslöcher in den Pelz gestanzt wurden, ist eben nicht besonders atmosphärisch.
Doch nicht nur die Handlungsweisen der Charaktere sind mehr als nur manchmal nicht nachvollziehbar, auch die restliche Handlung wirkt sehr an den Haaren herbei gezogen. Dass es mal wieder um ein Behältnis geht, woran bescheidenerweise die ganze Existenz einer Nation abhängt, ist ja nicht das einzige Problem. Wenn dieser Koffer nämlich so wichtig ist, dass man halb Madrid in Schutt und Asche legen kann, wie schafft man es dann nicht, einen dahergelaufenen Aktenschubser auszuknipsen? Nimmt man das einfach mal so hin, bleibt aber trotzdem nicht viel mehr, als eine lieblos abgespulte und schon zigfach gesehene Hatz durch eine austauschbare Stadt.
Wobei auch die Action nicht wirklich umhaut. Zweieinhalb Actionszenen kann der Film verzeichnen, in denen die einzige Regung des Zuschauers Kopfschütteln sein wird. Stichwort Tiefgarage. Viele ausgebildete, schwer gerüstete Kämpfer gegen zwei dahergelaufene Typen. Und wer muss es reißen? Achtung Spoiler: der Wirtschaftsmann, der vor 10 Stunden noch nie mit einer Waffe hantiert hat. Abgesehen davon zeigt CLoD nichts Spektakuläres, was man nicht schon woanders schon 20fach besser gesehen hätte. Auch mit der Dramatik hapert es. Der Versuch, das Vater-Sohn-Verhältnis zu beleuchten scheitert und Empathie für die Entführten kommt auch nie auf. Der Streifen beschränkt sich darauf, Will nie von der Backe zu weichen. Und dieser beschränkt sich darauf, ständig hin und her zu rennen. Eigentlich müssten es ja jetzt die Schauspieler rausholen. Aber auch das geschieht nicht. Sigourney Weaver macht als einzige einen halbwegs anständigen Job. Herr Cavill hingegen kann nicht überzeugen. Wo ist der gebrochene Mann, der gerade Haus, Hof, Vater und vielleicht auch den Rest der Familie verloren hat? Muss er wohl zwischen zwei Häuserblocks vergessen haben.
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Handwerklich gibt’s nichts zu meckern. Die gesamte Technik ist auf hohem Niveau, was man aber bei einem Budget von 35 Millionen durchaus erwarten kann. Weaver und Willis haben ihre Stammsynchronsprecher, aber auch die übrigen machen ihre Sache gut, daher bleibt die Wahl der Tonspur der persönlichen Präferenz überlassen.
Cover & Bilder © Concorde Home Entertainment GmbH
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