The Last of Us
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BEWERTUNG |
02.07.2013 von TorstenDie Anzahl an Highlights, die dieses Jahr die Spielekonsolen Europas mit freudigen Leben erweckten, sind an einer Hand zu zählen. Naughty Dog – die Macher von Uncharted – haben jedoch mit den ersten Teasern zu The Last of Us die Aufmerksamkeit auf sich und ihren vermeintlichen Survival-Hit gelenkt. Und da die Werbung zum Spiel derzeitig sogar über das Fernsehen ausgestrahlt wird, bietet sich ein Test zum Spiel ja geradezu an. Gab es unberechtigte Vorschuss-Lorbeeren oder ist das PS3-exklusive Spiel wirklich so gut?
Worst Case Scenario
The Last of Us beginnt derart stimmungsvoll und filmreif, dass man es einfach erlebt haben muss, weil die vermittelte Atmosphäre und Betroffenheit wieder einmal schwer in Worte zu fassen ist. Wir beginnen unser Spiel im Körper der kleinen Sarah. Sarah ist ein liebevolles Mädchen, das schlafend auf der Couch auf ihren Vater wartet, um ihm sein Geburtstags-Geschenk zu überreichen. Dieser kehrt nach einem harten Arbeitstag erst kurz vor Mitternacht nach Hause zurück. Sichtlich geschafft sinkt er auf die Couch, möchte endlich zur Ruhe finden. Gerührt nimmt er die Uhr entgegen und als Sarah endlich im Bett ist, verabschiedet er sich mit einem Kuss. Kurz nach zwei Uhr wird die Nacht allerdings abrupt unterbrochen, als das Telefon klingelt. Sarah nimmt das Gespräch entgegen, das nach der Bitte, ihren Vater an das Telefon zu holen, mit einem Besetztzeichen endet. Schlaftrunken torkelt Sarah durch die Wohnung, um ihren Vater zu suchen. Ein Lichtstrahl dringt durch die angelehnte Tür seines Schlafzimmers. Doch als sie eintritt, ist das Zimmer leer. Lediglich der Fernseher läuft. Eine Nachrichtensprecherin verkündet von besorgniserregenden Ereignissen. Dann explodiert etwas im Hintergrund. Eine Explosion, die nicht länger nur im Fernsehen zu hören ist, denn durch das Schlafzimmerfenster ist aufsteigender Rauch zu erkennen. Es folgt eine zweite Detonation. Sarah ist außer sich und läuft panisch die Treppe hinab, um die Suche nach ihrem Vater fortzusetzen. In der Küche klingelt das Handy ihres Vaters. Entgangene Anrufe, mehrere Nachrichten, was ist hier los? Im Arbeitszimmer steht die Terrassentür offen und als sie sich ihr nähert stürmt ihr Vater herein. Die Hektik, die in seiner Stimme liegt, macht Sarah Angst. Ihr Vater kramt aus einer Kiste eine Pistole hervor. Kaum hat er diese durchgeladen, bricht der Nachbar durch die Glastüre. Stöhnend und keuchend stürzt er Vater und Tochter entgegen und wird alsbald in Notwehr erschossen. Der Vater erklärt nun seiner Tochter, dass etwas schlimmes passiert sei und die Leute krank wären. Die Flucht endet dramatisch.
Im nächsten Kapitel steuern wir nur noch Joel, Sarahs Vater, der zwanzig Jahre nach der Virus-Katastrophe zu den Überlebenden einer durch das Militär abgeriegelten Kleinstadt gehört. Nahrung ist zur wertvollen Ressource geworden, die anhand von Lebensmittel-Karten verteilt wird. Die Gemeinde hat sich seiner ehemaligen Währung entledigt und ist zu einer Tausch-Gemeinschaft geworden. Dem Militär steht eine rebellische Organisation mit Namen Fireflies entgegen und die Menschen besinnen sich wieder einmal auf den Krieg untereinander, anstatt gemeinsam um das Überleben zu kämpfen. Mittendrin und auch dazwischen steht Joel mit seiner Begleiterin Tess. Er hat nur noch wenig Hoffnung, lebt resigniert in den Tag hinein. Doch all das soll sich mit einem Schlag ändern, als ein 14-jähriges Mädchen in sein Leben tritt.
Action-Adventure oder Survival-Horror?
Wir steuern das Spiel in der 3rd-Person-Ansicht, das Bedien-Konzept gleicht dem eines Shooters. Und rein äußerlich betrachtet, könnte man auch auf die Idee kommen, es mit einem 3rd-Person-Shooter zu tun zu haben. Aber The Last of Us ist viel mehr als das. Das fängt bei den Charakteren schon an. Joels Beziehung zu Ellie bringt nicht nur eine interessante Komponente in das Action-Adventure, sondern auch spielerische Tiefe und erzählerische Würze. Ellie ist kein gewöhnlicher Teenager, völlig wehrlos ist sie sicherlich nicht. Aber sie ist dennoch ihren Widersachern körperlich unterlegen und bedarf daher auch des Schutzes. Denn sie kann auch sterben. Ihre völlige Unabhängigkeit ist allerdings nicht bis zu Ende gedacht. Als letzten Zug der Konsequenz fehlt ihr nämlich manchmal gerade das, was ihre Zerbrechlichkeit ausmacht: Sie stirbt nicht, weil sie von Gegnern ignoriert wird. Denn immer wenn wir den Clickern – stark mutierte Menschen, die sich völlig blind ähnlich wie Fledermäuse anhand von Klick-Geräuschen orientieren – begegnen, werden wir bei jedem kleinsten Laut als Ziel geoutet. Ellie allerdings trampelt ungestüm durch die Gegend und läuft sogar unmittelbar an Clickern vorbei, stößt mit ihnen zusammen, ohne bemerkt zu werden. Die Schleichpassagen richten sich daher eher an unser eigenes Können. Und in Ermangelung an größeren Munitionsreserven sind wir sogar oft gezwungen, lautlos an Wachen oder Infizierten vorbei zu kommen. Dank eines Lausch-Modus können wir Gegner durch Wände orten, um ihre Laufwege zu analysieren und in der Dunkelheit auch ohne verräterische Taschenlampe nicht überrascht zu werden.
Wer genügend Munition und schlagkräftige Waffen im Gepäck hat, der hat zumindest die Option seine Konflikte auch gewaltsam zu lösen. Ein Muss ist dies aber nicht, denn es gibt immer mehrere Wege, um zum Ziel zu gelangen. Neben der friedlichen Umgehung ist auch das lautlose Ausschalten im Nahkampf möglich, solange Gegner von hinten überrascht werden. Eines der zentralen Spiel-Elemente ist das Auffinden, Erstellen und Verbessern von Waffen und Gegenständen. Mittels Klebeband und einer zerbrochenen Schere lässt sich beispielsweise ein Messer erstellen. Und in Alkohol getränkte Lumpen ersetzen wirkungsvoll Medikits. Eisenstangen lassen sich mit angeklebten Klingen zur effektiven Instant-Kill-Nahkampfwaffe aufrüsten. Die Möglichkeiten sind zahlreich.
Darüber hinaus ergänzen kleinere Rätsel das Spiel zum ausgewachsenen Action-Adventure. Doch was so motivierend begann, verkommt im späteren Spielverlauf zur nervigen Pflicht-Übung. Denn gefühlte tausend Mal werden wir Holzplanken zur Überbrückung von Abgründen verlegen, sowie Container und Kisten als Steighilfe missbrauchen. Vielleicht hätten hier kleinere Minispiele die Rätsel etwas aufgelockert. Im Übrigen bleibt das Spiel trotz mutierter Wesen und bedrohlich-brutaler Szenen eher im Genre-Schoß der Action-Adventures, ohne gänzlich in den Survival-Horror zu gelangen. Trailer und Werbung mögen da andere Vermutungen nahelegen.
Mehrspieler-Modus
Wer sich trotz 15-20 Stunden umfassenden Story-Modus immer noch nicht an der Welt von The Last of Us sattgesehen hat, dem bleibt noch der Mehrspieler-Modus, der vergnügliche Stunden offeriert. Allerdings ist dieser dann am Ende mehr als eine Art Bonus zu verstehen, der zusätzlichen Spaß anbietet, nicht aber in die Wertung mit einfließt. Aber an der einen oder anderen geselligen Runde „Supply Raid“ - der Kampf zweier Teams um Vorräte – oder aber den Überlebenskampf im „Survivor“-Spielmodus (Last Man Standing) dürfen sich Spieler dann doch gerne einmal versuchen.
Technisch ausgereift
Die Grafik befördert für ein Spiel der mittlerweile doch recht betagten Konsolen-Generation stellenweise erstaunlich detaillierte Umgebungen zutage. Wunderschöne und weitläufige Städte, denen der Verfall an jeder Ecke anzusehen ist, stehen allerdings so manchem eintönigen Flur innerhalb eines Gebäudes entgegen. Und dann gibt es wieder allerhand zu entdecken, geschmeidige Animationen verzücken das Auge und selbst der Rucksack wird bei einem Wasser-Ausflug nass. Die liebevolle Kleinarbeit ist meist zwar erst bei genauerem Hinsehen zu entdecken, trägt aber unweigerlich zum glaubhaften Gesamten bei.
Die Atmosphäre wird allerdings auch durch ein dichtes Gewebe von Soundtrack und -effekten getragen. Melancholische Melodien, die die Einsamkeit der verlassenen Städte förmlich spüren lassen, unterstrichen von zirpenden Grillen und knarrenden, im Wind wehenden Schildern. Dieses mulmige Gefühl wird nur noch von den Panik verursachenden Klick-Lauten der durch überwuchernden Pilzbefall erblindeten Mutanten übertroffen, die wohlige Schauer über den Rücken laufen lassen. Abgerundet wird die Audio-Abteilung von einer wirklich erstklassigen Synchronisation. Passende Sprecher mit sympathischen Stimmen, viel besser geht das nicht mehr. Das Fazit von: Torsten
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