Ophelia
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BEWERTUNG |
16.06.2020 von Dan DeMento
Mit Ophelia erzählt die australische Regisseurin Claire McCarthy die bekannte Tragödie um Hamlet erstmal aus einer neuen Perspektive. Während der Geliebten des Prinzen im shakespeare-schen Original nur eine eher kleine Rolle zuteil wurde, ist sie hier die zentrale Figur. Ob dieser Kniff ausreicht, um dem schon recht angestaubten Stoff neues Leben einzuhauchen? Wir haben es uns angesehen!
Inhalt:
Ophelia (Daisy Ridley) ist die Tochter des königlichen Schreibers und wächst zusammen mit ihrem Bruder Laertes (Tom Felton) auf dem königlichen Hof auf. Da ihr Bruder seine Schulbildung an sie weitergibt, ist sie überdurchschnittlich klug, aber auch vorlaut. Als Ophelia dies auch bei der Geburtstagsfeier des Prinzen Hamlet (George MacKay) unter Beweis stellt, ist die Königin Getrude (Naomi Watts) davon so begeistert, dass sie Ophelia kurzerhand als Hofdame aufnimmt. Da sie als einzige der Damen fähig ist, der Königin vorzulesen, wird sie bald zu ihrem Liebling, nährt dadurch aber auch den Neid der anderen Hofdamen. Als der Prinz Jahre später von seinem Studium zurückkehrt und sich in die schöne Ophelia verliebt, beginnen die Irrungen und Wirrungen, die mit dem Tod des Königs und der überraschenden Neuvermählung der Königin mit dessen Bruder Claudius (Clive Owen) ihren Höhepunkt finden. Und Ophelia ist zwischen ihrer Liebe zu Hamlet, ihrem grausigen Verdacht, wer den König ermordet haben könnte und ihrer schlimmen Vorahnung gefangen. Denn was kann eine Frau von niederem Stand schon beitragen zum Spiel der Mächtigen?
Wer Shakespeares Hamlet kennt oder wer in der Schule zumindest ein wenig aufgepasst hat, dem sollten die Grundzüge der Handlung recht vertraut sein. In Ophelia ist alles etwas moderner und etwas weniger langatmig, aber grundsätzlich ist alles, inklusive einiger berühmter Dialoge, wie gehabt. Gänzlich neu ist allerdings die Perspektive. So ist Ophelia hier nicht nur die verschmähte Geliebte, die dem Wahnsinn verfällt, sondern eine kluge Strategin, die mehr Fäden in der Hand hält, als sie zugeben darf.
Um das zu erreichen, wurden bekannte Szenen ergänzt oder subtil geändert. So gibt es zum Beispiel geflüsterte Dialoge, während das laut gesprochene Wort dazu dient, die Zuhörer zu verwirren. Es werden Figuren ergänzt, es gibt gänzlich neue Szenen und so werden aus all den Frauen, die bei Shakespeare oft nur als Stichwortgeber oder Klischee herhalten durften, starke, vielschichtige Persönlichkeiten.
Das alles ist aber nicht dumpfer Feminismus, der mit Gewalt Frauenrollen einbaut, wo keine waren. Ganz im Gegenteil, viele dieser Details bereichern und - Puristen mögen mir den Frevel verzeihen - verbessert die Vorlage ganz gewaltig. Wo im Original der entscheidende Hinweis praktischerweise von einem Geist überbracht wurde, ist die Lösung des Falles hier einer intelligenten Frau zu verdanken. Meiner bescheidenen Meinung nach ist das die elegantere Version. Und auch die Hilflosigkeit, mit der Ophelia dem scheinbar unvermeidbaren Finale gegenübersteht, zeigt recht deutlich, wie viel besser wohl manche große Momente der Menschheitsgeschichte ausgegangen wären, wäre ein wenig mehr weibliche Empathie beteiligt gewesen.
Aber auch, wer von Hamlet noch nie etwas gehört hat, kommt mit Ophelia auf seine Kosten. Zwar gehen dann einige Referenzen und geschickte Kniffe verloren, aber auch unabhängig davon bietet der Film solide Unterhaltung und durchwegs gute Leistung aller Beteiligten. Das gilt allen voran für Daisy Ridley, die spätestens hier beweist, dass sie auch ohne Lichtschwert eine sehr gute Figur macht, und der man das verletzliche Mädchen genauso abnimmt wie die clevere Ermittlerin.
Auch die anderen Schauspieler machen ihren Job hervorragend und das großartige Kostüm tut sein Übriges. Lediglich Clive Owen wirkt mit Perücke und königlichem Ornat eher wie der in die Jahre gekommene Bassist einer Metalband aus den 70ern.
Alles in Allem ist Ophelia eine mehr als gelungene Neuinterpretation des Stoffs und hätte definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Durch die Corona-Pandemie blieb dem Film ein deutscher Kinostart leider verwehrt, es bleibt zu hoffen, dass er seine Fans auf dem Heimkinomarkt findet.
Details der Blu-ray:
An Bild und Ton gibt es nichts zu bemäkeln, die Farben sind natürlich, das Bild ist gestochen scharf und auch der Ton kommt klar und satt aus den Boxen. Die deutsche Synchro ist hochwertig, mit vielen bekannten Stimmen besetzt und technisch auf höchstem Niveau. Schön ist auch, dass das Bonusmaterial für eine solche Veröffentlichung sehr umfangreich ausgefallen ist.
Cover & Bilder © Koch Films GmbH Das Fazit von: Dan DeMento
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