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Rainbow Six: Siege
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BEWERTUNG |
05.01.2016 von GloansBunnyAngesichts des mit viel Terror belasteten Jahres 2015 machen Gamer gerne ihrem Ärger mit passenden Spielen Luft. Redakteurin GloansBunny durfte Hand an Rainbow Six Siege legen und zeigt den Terroristen, wo der Hammer hängt...
Langsam schleiche ich zur Ecke an der Hausmauer, mein entsichertes G36-C im Anschlag und bereit, auf jede noch so kleine Bewegung zu reagieren. Die schwarze SWAT-Uniform meiner Figur Ash tarnt mich perfekt und ich verschwinde fast lautlos im Schatten der Wand. Während ich vorsichtig durch die Fenster vor mir spähe, höre ich über mein Headset eine knappe Meldung: "Zwei Terrors im 1. OG neben der Treppe. Geisel im Hinterzimmer. Leise jetzt!" An der Eingangstür postieren sich sofort zwei Spezialisten der französischen GIGN, Montagne, der seinen Schild angriffsbereit vor sich aufbaut, und Doc, der neben seiner MP5 auch die hohe Kunst der Wiederbelebung perfekt beherrscht. Beide wirken hoch konzentriert und warten auf das Signal des Leaders. Dieser kauert nur wenige Meter hinter mir in einem Busch, sondiert durch das Visier an seinem OTS-03-Scharfschützengewehr die Lage und hinterlässt nicht nur optisch in der Haut des SpezNas-Offiziers Glaz mächtig Eindruck im willkürlich vom Server zusammengestellten Team. Dank einer Drohne, die uns in der Vorbereitungsphase einen Einblick in das mit Stacheldraht und Holzlatten verbarrikadierte Haus gewährt hat, wissen wir, dass der Feind an der Hintertür eine tödliche Falle aus C4-Plastiksprengstoff platziert hat und uns somit einen "höllischen" Empfang bereiten würde, wenn wir uns dort Zugriff verschaffen würden. Doch ehe wir mehr Informationen über die genauen Aufenthaltsorte der restlichen Terroristen beschaffen konnten, wurde die Drohne von Kugeln durchlöchert. Wir gehen quasi fast blind ins Gefecht, als Glaz uns den Befehl zum Vorrücken erteilt. Während das Scharfschützengewehr unseres Leaders einem Gegner eine neue Frisur verpasst, huschen Montagne und Doc durch die geöffnete Eingangstür. "Sicher!" flüstert noch einer der Vorhut, bevor ein mächtiger Knall und ein greller Blitz die Szenerie erhellen. So sicher scheint es nicht gewesen zu sein, denn binnen weniger Sekunden segnet dank Blendgranate und präzisen Schüssen beide das Zeitliche. Mir entfährt ein leises "Shit..." als mir bewusst wird, dass ich gerade zum Einzelkämpfer mutiere. "Bleib wo du bist, Bunny, ich komme zu dir!" höre ich unseren Leader aus meinem Headset rufen. Ich stehe vor der Qual der Wahl: warten, bis die Gegner ihre Position preisgeben oder selbst die Initiative ergreifen? "Ich geh' über´s Dach rein!" zische ich knapp in mein Mikrofon und setze mein Vorhaben sogleich via Seil in die Tat um. "Na dann los!" Dicht gefolgt von meinem optisch noch immer sehr imposanten Kollegen schwinge ich mich nach oben, werfe einen Blick durch das Fenster und entscheide mich innerhalb weniger Augenblicke für den Zugriff. Per Knopfdruck bricht meine Figur durch die Scheibe, ein kurzer Blick links, ein kurzer Blick rechts- verdammt, da hat sich was bewegt! Noch während ich hinter einem Sofa in Deckung gehe, durchsiebt schweres Gewehrfeuer die Wand hinter mir. "Blendgranate!" ruft Glaz und wirft selbige direkt vor meine Nase. Blitzschnell drehe ich mich um, es rummst und blitzt, ich drehe mich zurück und stelle erleichtert fest: der Terrorist in der Ecke ist geblendet. Ich lege an und zwei Schüsse später liegt der zweite Gegner am Boden. "Weiter!" treibe ich meinen Mitspieler an. Langsam und vorsichtig tasten wir uns Richtung Flur vor, dorthin, wo unser Sniper zu Beginn der Runde noch zwei Feinde gesehen hat. Die Markierung der Geisel taucht in unserem Sichtfeld auf, aber kein Terrorist. Es ist ruhig, zu ruhig, doch noch bevor wir uns eine angemessene Taktik "Zwei gegen Drei" überlegen können, zerreißt eine gewaltige Explosion die Stille. Das war´s, wir sind tot. Noch während uns das Spiel ein "Death Replay" unseres virtuellen Todes präsentiert, in dem Glaz und ich wie Puppen von der Druckwelle einer Bombe durch die Luft geschleudert werden, schmieden wir per Headset neue Pläne für die nächste Runde. Denn auch wenn man meint, ein gutes Team zu sein, so gibt es doch immer ein anderes, das noch besser ist. Rainbow Six Siege frustriert und macht zugleich doch so saumäßig Spaß. Warum? Das klärt der nun lesbare Rest vom Schützenfest...
Steuerung und Sound: Tom Clancy, Gott hab ihn selig, wäre stolz auf die Truppe...
Das Controllerlayout von Rainbow Six Siege entspricht weitestgehend der Standardsteuerung eines jeden Shooters. Dabei reagieren die Analogsticks präzise auf die eingegeben Befehle und lassen sich zudem individuell sensibilisieren. Auf den Aktionstasten liegen genretypisch Handlungen wie Nachladen, Haltungsänderungen und Waffenwechsel während auf den Schultertasten die üblichen Verdächtigen wie Schießen und Zielen sowie die charakterspezifischen Manöver und Sekundärausrüstung liegen. Außerdem beheimatet das Digikreuz spezielle Gadgets und taktische Handlungen für den Operator. Insgesamt erweist sich die Steuerung als sehr zugängliches und intuitives Instrument, welches für erfahrene Shooter-Spieler wie auch Neulinge schnell und einfach zu erlernen ist.
Die Soundkulisse von Rainbow Six Siege ist ein zentrales Element des realistischen Taktikshooters aus dem Hause Ubisoft. Wer wummernde Beats und treibende Musik erwartet sollte die Finger von diesem Spiel lassen, denn die sind Mangelware. Und das ist auch gut so, denn das Zitat "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" trifft nirgends besser zu als bei einem Spiel wie Rainbow Six Siege. Zwar ist ein Headset zur Kommunikation mit den Mitspielern ein absolutes Muss, doch insgeheim ist Stille der Weg zum Ziel. Eine geeignete Surround-Audioquelle vorausgesetzt lässt Rainbow Six Siege es nämlich zu, Geräusche relativ genau zu orten. Wenn man also die Ohren spitzt, hört man gerade in der Vorbereitungsphase Schritte der sich positionierenden Feinde, das Entsichern der Waffen oder auch das leise Zischen des mit Enterhaken ausgestatteten Seils, das die Hauswand streift. Die Gestaltung der Waffensounds ist hervorragend und trägt ebenso zur akustisch brillanten Atmosphäre bei wie die Synchronisation der Charaktere im Singleplayer. Wenn man das leise "Plopp" des Schalldämpfers genießt, nur um kurz darauf von einer dröhnenden C4-Explosion aus dem Hocker gerissen zu werden, während der Vorschlaghammer des Teamkolleges polternd eine Mauer niederreißt, fühlt man sich mittendrin statt nur dabei. Realitätsnähe, Positionsbestimmung und Abwechslungsreichtum sind akustisch absolut gelungen. Tom Clancy wäre wirklich stolz auf Ubisoft.
Grafik, Gameplay und Umfang: Tom Clancy würde sich zwar im Grab umdrehen, hätte aber Spaß dabei...
Optisch präsentiert sich Rainbow Six Siege etwas durchwachsen. Die High-End-Grafik aus den Trailer hat es so nicht ins fertige Spiel geschafft, sodass manche Textur doch etwas unschärfer wirkt als erwartet. Die Umgebungen sind teils sehr detailarm und steril, aber nie langweilig oder unansehnlich. Gerade die Figurenmodelle strotzen nur so vor Details und auch die Waffenskins sind äußerst gelungen. Die Reduzierung an Details auf den Maps sorgt allerdings für eine angenehm stabile Framerate und umso gelungenere, realistische Animationen samt grandiosen Licht- und Schatteneffekten. Einziges Manko: gelegentliche Bugs. Diese sind zwar relativ selten, aber dafür umso nerviger. Durch Wände glitchende Granaten und Gegner oder auch an unsichtbaren Hindernissen festhängende Drohnen gehören leider irgendwie dazu. Typisch Ubisoft eben, mag man meinen. Die zerstörbaren, dynamisch reagierenden Umgebungen allerdings sorgen für Pluspunkte und gleichen das Glitch-Problem größtenteils wieder aus. Denn wenn das frisch gezündete C4 eine Mauer in Schutt, Asche und eine riesige Staubwolke zerlegt, die Gegner dahinter hustend Deckung suchen und zeitgleich ein Kamerad grafisch aufwendig inszeniert per Seil durch ein splitterndes Fenster bricht, dann sieht das nicht nur super aus, sondern sorgt auch noch für eine realistische, authentische Atmosphäre. Hübsch, hübsch, Ubisoft, wenn auch nicht ganz perfekt!
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In Sachen Gameplay und Umfang herrscht zumindest für Singleplayer gähnende Leere. Vorbei sind die Zeiten von satten, spannenden Kampagnen mit dem Rainbow Six-Team und seinen Helden! Ding Chavez, Dieter Weber, John Clark und viele weitere Veteranen der Tom Clancy-Romane müssen in Rainbow Six Siege komplett neuen und inhaltlich relativ gesichtslosen Charakteren weichen. Auch das Setting an sich hat kaum mehr etwas mit der ursprünglichen Rainbow Six-Reihe zu tun, bis auf die aus Terroristen bestehende globale Bedrohung findet man kaum Parallelen. In dem aus 11 Trainingsmissionen bestehenden Singleplayermodus wird diese Gefahr zwar geschichtlich kurz angeschnitten, aber das war es dann auch schon mit der Story. Und auch die als Tutorial dienenden Einzelspielermissionen landen schnell in der virtuellen Abstellkammer. Lediglich die sowohl alleine als auch mit Online-Koop-Kumpel spielbare Terroristenjagd, in der man ebenso wie im Training Bomben entschärfen, Geiseln befreien oder Terroristen töten darf, unterhält etwas länger. Oder zumindest so lang, bis man die zwar clever agierende, aber dennoch als eingespieltes Team besiegbare Gegner-KI im Griff hat. Bis man aber wirklich nahezu perfekt agiert, dauert es schon mehrere Stunden und der bittere Beigeschmack der fehlenden Storymissionen bleibt dennoch. Ein paar Logikfehler gibt es zudem auch noch gratis: wenn man als Polizei-Team (!) eine Bombe bis zur Explosion bewacht, fühlt man sich irgendwie wie in einem verwirrten Mix aus Counter Strike und dem Film S.W.A.T.. Und wenn die Straßenpolizisten zulassen, dass sich Terroristen bei der Geiselrettung zwischen Spezialeinheit und Fluchtfahrzeug breit machen, wirkt das alles andere als real. Aber ok, schließlich gibt es ja da noch den Multiplayermodus...
Und der ist natürlich das Herzstück von Rainbow Six Siege. Hat man in den Trainings gut aufgepasst, weiß man, wie der Hase läuft- meint man. Denn sobald die Ubisoft-Server ein Team aus wahlweise zufälligen oder befreundeten Spielern zusammengewürfelt hat, geht es los mit der Action. In klassischer PvP-Manier treten auf nicht immer stabil laufenden Servern jeweils fünf Spieler pro Team in lediglich zwei Spielmodi, Bombenentschärfung oder Geiselbefreiung, gegeneinander an. Was nach weinig Umfang klingt erweist sich aber als unheimlich stimmige, atmosphärische und fesselnde Spielerfahrung, die vor allem von ihrem Realismus und (wie auch der große Genrevater Counter Strike) der grandiosen Spielmechanik lebt. Hierbei stehen derzeit zehn teils recht verwinkelte, aber sehr abwechslungsreiche und gelungene Karten zur Verfügung, die von Flugzeug über Bank bis hin zu Biker-Club jedes erdenkliche Terroristenszenario umfassen. Je nach Lust und Laune des Servers wird man anschließend entweder dem Angriffs- oder Verteidigerteam zugeteilt, was eine angemessene Auswahl der Spielfigur nach sich zieht. Die Qual der Wahl hat hier der Spieler selbst: 20 Charaktere aus den real existierenden Spezialeinheiten GIGN, SpezNaz, GSG 9, SWAT und SAS warten im virtuellen Katalog. Viele der Charaktere müssen aber erst durch mühevoll in diversen Matches erspielte Erfahrungspunkte freigeschaltet werden, was doch einiges an Zeit frisst. Besonders schön sind Ubisoft neben dem beeindruckenden Figurendesign selbst dabei die sicht- und spürbaren Unterschiede und Eigenheiten der Operators gelungen. Wer im Defensiv-Bereich beispielsweise auf den GSG 9-Spezailisten Bandit setzt, kann Stacheldraht und Barrikaden unter Strom setzen und somit verheerende Schutzwälle errichten, während Kollege Jäger sein aktives Verteidigungssystem dazu nutzt, feindliche Geschosse zu neutralisieren. Auf Seite der Angreifer hingegen macht etwa der Brite Sledge mit seinem Brechhammer den Weg ruck zuck frei oder räumt GIGN-Amazone Twitch mit einer speziell umgebauten Drohne Fallen und Gegner aus dem Weg. Einfach genial, wie ausgearbeitet und authentisch die einzelnen Figuren sind, zumal man auch im laufenden Spiel die diversen Feinheiten und Unterschiede der jeweiligen Operators merkt. Während der gut gepanzerte Rook eher langsam, aber durchschlagskräftig ist, huscht man mit der kleinen Technikexpertin IQ nahezu lautlos, aber fast ungeschützt, durch die Kulissen. Schade, dass auf Grund von Ingame-Währung und dem daran gebundenen Freischalten aller Figuren einem Anfangs die Hände noch gebunden sind, was das Experimentieren mit jedem Operator und der richtigen Team-Taktik betrifft. Doch mit viel Geduld, Spucke und Treffsicherheit ergattert man nach und nach immer mehr Erfahrungspunkte, die dann in Upgrades und weitere Charaktere investiert werden dürfen.
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Rainbow Six Siege ist beinhart, mitunter frustrierend und für Gelegenheitsspieler ein Garant für Wutausbrüche, denn im Gegensatz zur Genreverwandtschaft wie etwa Call of Duty: Black Ops III setzt Rainbow Six Siege auf Teamwork, durchdachtes, taktisches Vorgehen und vor allem Absprachen mit den Mitspielern. Einzelkämpfer und Rambos sind hier völlig deplatziert und sehen meistens nach wenigen Sekunden bereits das Death Replay-Video des eigenen Todes, welcher auch Bestand hat. Denn wer einmal ins Gras gebissen hat, bleibt bis zum Ende der Runde auch außer Gefecht gesetzt, ein Respawn ist in der laufenden Runde nicht möglich (außer ein Mitspieler befindet sich in der Haut von Doc, dem Wiederbelebungskünstler). Ein gezielter Kopfschuss ist sofort tödlich, alternativ zwei bis drei Körpertreffer aus einer der unzähligen, real existierenden und authentisch spielbaren Waffen, und schon ist es vorbei. Klasse, wie realistisch sich Rainbow Six Siege anfühlt, gerade auch was die fast komplett zerstörbare und somit als taktische Komponente ersichtliche Umgebung angeht. Spielt man in einem unerfahrenen oder wenig eingespielten Team lernt man schnell die harte Welt von Rainbow Six Siege kennen, denn taktische Absprachen und geplantes, durchdachtes Vorgehen sind Pflicht, wenn man Siegpunkte sammeln will. Der Lerneffekt mit jedem Match ist enorm, das Ausspähen der Karten in der Vorbereitungsphase unumgänglich und gemeinsames Agieren im Team der beste Weg zum Ziel. Ein Headset ist Pflicht, wenn man den vollen Multiplayerumfang und die ideale Taktik genießen will. Allerdings sollte man eines wissen: durch den hohen Grad an Realismus und Taktik dauern die Matches relativ lange. Anders wie bei Counter Strike erstreckt sich eine Runde nicht nur über zwei Minuten, sondern kann sich mit fünf Durchgängen bis auf 30 bis 40 Minuten ausdehnen, Ranglistenspiele sind sogar noch zeitintensiver. Shooterfans, die auf schnelle, zackige Fights und reine Ballerorgien stehen, sind bei Rainbow Six Siege falsch. Wenn Ubisoft noch an der Stabilität der Server arbeitet und weitere Inhalte wie neue Karten oder Spielmodi nachreicht, hat Rainbow Six Siege trotz kleinerer Macken durchaus das Zeug zum hellsten Stern am Taktikshooter-Himmel.
Das Fazit von: GloansBunny
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