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Sniper Elite V2 (Import)
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BEWERTUNG |
13.07.2012 von GloansBunny
Kurz bevor der Zweite Weltkrieg in Videospielen in Vergessenheit gerät, erscheint mit Sniper Elite V2 ein neues Spiel auf der Bildfläche. Der lang ersehnte Scharfschützentitel von Rebellion rotiert heute pflichtbewusst als Importversion im PS3-Laufwerk der Sofahelden. Scharf wie Adleraugen oder blind wie ein Maulwurf? GloansBunny legt sich auf die Lauer ... Sound und Sprachausgabe: alles nur Hall und Rauch! Akustisch geht's ordentlich zur Sache. Die von uns getestete Importversion überzeugt mit stimmiger, deutscher Synchronisation, und zwar sowohl mit der Sprachausgabe als auch mit den Bildschirmtexten. Besonders der Sprecher des Alter Ego zieht mit seiner professionellen, ernsten Synchronstimme Marke Max Payne sofort in seinen Bann. Aber auch die deutschen Soldaten wissen ihre Gefühle glaubhaft darzustellen. Von Draufgängern über Angsthasen bis hin zu aggressiven Frontschweinen ist alles vertreten. Das ein oder andere Schimpfwort darf dabei genauso wenig fehlen wie ein gehässiges „Haha, daneben!“, wenn ein Schuss deutlich sein Ziel verfehlt. Der Soundtrack passt sich dem Geschehen am Bildschirm an. Sind keine Feinde in der Nähe, animieren langsamere Stücke zu einer kurzen Verschnaufpause. Wenn dem Protagonisten allerdings die Kugeln um die Ohren fliegen, mahnen orchestrale, beunruhigende Stücke zur Vorsicht und treiben den Adrenalinspiegel in die Höhe. Doch gerade bei Schusswechseln fällt auf, dass zwar alle Boxen der Surroundanlage genutzt werden, die akustischen Standorte von Feinden aber viel zu ungenau sind. So kommt es nicht selten vor, dass eine Frontbox angesteuert wird, während der Gegner hinter dem Alter Ego steht und ungehemmt sein Magazin leerschießen kann. Eine genaue Ortung per Gehörsinn ist fast unmöglich, was für ordentlich Frust und zu häufiges virtuelles Ableben sorgt. Schon nach kurzer Zeit verlässt man sich bei Beschuss primär auf die optischen Richtungsanzeigen, die weitaus zuverlässiger sind. Beim Thema Soundeffekte im Allgemeinen hat Rebellion sich viel Mühe gegeben. Gigantische Explosionen bringen den Subwoofer zum Vibrieren, das Pfeifen fallender Luftbomben und Mörsergranaten erzeugt Gänsehaut und die vielen verschiedenen Waffensounds sind den Originalen entnommen. Gemeinsam mit der Sprachvertonung inszenieren die Entwickler eine beklemmend reale Kriegskulisse, zumal die Randeffekte akustisch einwandfrei ihrem Ursprungsort zugeordnet werden können. Warum das aber bei Feindbeschuss nicht möglich ist, wird wohl ein Geheimnis der Programmierer bleiben. Ein weiteres Geheimnis sind die Bewegungsgeräusche der vom Spieler kontrollierten Hauptfigur. Schleicht er geduckt durch Ruinen und Straßenzüge, ist nicht einmal ein leises Rascheln zu hören. Wechselt man allerdings in den aufrechten Gang, ist Vorsicht geboten. Wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen lärmt der Sniper, als hätte er nie die Scharfschützen-Grundausbildung durchlaufen. Fußtritte laut wie Trommelschläge und extremer Widerhall trüben das Tarnvergnügen erheblich. Hinzukommt, dass permanent Echos der Schritte zu hören sind, die vor allem auf großen Plätzen und in weitläufigen Straßenschluchten einfach nur deplatziert sind. Selbst dort, wo das Nachhallen sinnvoll ist, beispielsweise in engen Räumen oder Gassen, sind diese akustischen Effekte einfach unrealistisch und übertrieben laut. Einige Nuancen leiser wäre in der Echogestaltung ideal gewesen. Der konstante Hall erzeugt vor allem in bereits gesäuberten Arealen einfach zu viel Unruhe. Gameplay und Story: Wer braucht schon Rosinenbomber, wenn es Scharfschützen gibt? Das V2-Programm der Deutschen läuft auf Hochtouren. Fünf daran beteiligte, hochrangige Wissenschaftler und Offiziere halten sich in Berlin auf. Die Alliierten entsenden einen ihrer besten Scharfschützen, um diese auszuschalten, bevor sie den Russen in die Hände fallen. Der Spieler schlüpft in die Haut des Snipers, um 11 Kampagnenmissionen zu erfüllen. Kurze Zwischensequenzen führen durch die geschichtsträchtige, eher nebensächliche Story und beleuchten die Hintergründe und Zielobjekte. So schleicht und schießt man sich durch ein zerbombtes, atmosphärisches und stimmiges Berlin zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, stets begleitet von Wegmarken und fair gesetzten Speicherpunkten. Hauptsächlich sind Häuserruinen, verwüstete Straßen und Innenstadtareale Schauplätze der linear ![]() Das Balancing ist gut durchdacht. Statt in Massen aufzutreten, sammeln sich gegnerische Soldaten in kleineren Gruppen oder gehen einzeln auf Erkundungstour. Sofern man nicht extrem offensiv vorgeht, sprich mit Granaten um sich wirft, stellen die Eins-zu-Eins-Situationen kein großes Problem dar. Eliminiert man einen Feind lautlos, beispielsweise mit einer schallgedämpften Pistole oder per Nahkampf und versteckt die Leiche anschließend irgendwo im Schatten, schöpft die nächste Patrouille keinen Verdacht. Oder man lässt den Gefallenen bewusst sichtbar liegen, platziert eine Landmine in dessen Tasche und genießt den explosiven Abschluss seiner Entdeckung durch unvorsichtige Kameraden. Es gibt mehrere Möglichkeiten, Gegner auszuschalten – Stolperdraht, Stielgranaten, Maschinengewehre, Sprengfallen, Steinwürfe usw. Gut, letztere dienen zwar weniger dem Angriff als vielmehr der Ablenkung. Aber da jeder Konsoleninfanterist weiß, dass nur ein fehlinformierter Feind ein guter Feind ist, lohnt es sich, die unbegrenzt vorrätigen Kiesel gelegentlich einmal einzusetzen. Gerade in den höheren Schwierigkeitsgraden ist diese Taktik ratsam, da hier keinerlei optische Zielhilfen und erschwerend die Physik auf das Zielverhalten einwirken. Anfänger richten das Fadenkreuz aus, drücken ab und fertig. Mission beendet, Feind tot. Veteranen aber stellen sich der Herausforderung, das bloße Zielfernrohr ohne Unterstützung des Spiels zu verwenden und zeitgleich Windgeschwindigkeit und -richtung, Schwerkraft, Distanz und dynamische Wettereinflüsse wie Regen mit zu berechnen. Nur wenige Millimeter entscheiden dabei über Leben und Tod, der Grad an Realismus ist bei den Witterungsfaktoren und Konstitution enorm hoch. Wie im echten Scharfschützenleben leidet bei einer einzigen falschen Berechnung die Präzision, der Feind ist alarmiert und reagiert sofort. Wer hektisch oder ungeduldig ist, verliert. Wer den Atem nicht anhält, um die Optik zu stabilisieren, schießt daneben. Wer Fluchtweg, Tarnung und Umgebungsnutzung nicht plant, stirbt. So muss eine waschechte Simulation aussehen! Lediglich die eingeblendeten Trefferpunkte, die in Höhe und Gewichtung je nach Trefferbild variieren, wirken etwas deplatziert, ebenso die Goldbarren als Sammelobjekte. Die im Spiel versteckten Weinflaschen aufzuspüren und kaputt zu snipern hingegen bringt etwas Abwechslung in den Simulationsalltag. Aber diese kleinen Zusatzeinlagen sind eher Nebensache. Das wahnsinnig stimmige, atmosphärische Berlin mit seinen clever agierenden KI-Soldaten zieht einfach viel zu sehr in den Bann. Schade, dass nach knapp sieben Stunden Spielzeit der virtuelle Krieg schon vorbei ist. Der Wiederspielwert ist wegen der knackigen Schwierigkeitsgrade, diverser Lösungsmöglichkeiten und der authentischen Gestaltung dennoch sehr hoch.
Hinweis: Das vorliegende Testmuster wurde uns vom Publisher persönlich zugeschickt, zum Zeitpunkt der Rezension wurde die Einführung einer deutschen USK-Version von Sniper Elite V2 für die Konsolen allerdings nicht bestätigt. Aus diesem Grund bezeichnen wir unser Exemplar als „Importversion“, da etwaige Schnitte, beispielsweise bei der Kill-Cam, nicht ausgeschlossen werden können. Das Fazit von: GloansBunny
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