Yakuza 5
|
BEWERTUNG |
18.02.2016 von TorstenSega möchte es uns nicht leicht machen - drei Jahre Wartezeit für eine lokalisierte Fassung. Diese gibt es dann nur als 22GB-Download-Schwergewicht für die alte Playstation 3 in asiatischer Sprachausgabe mit englischen Untertiteln. Das ist nicht besonders einsteigerfreundlich, aber zum Glück gibt es ja noch eine beständige Fan-Gemeinde und den einen oder anderen Redakteuren, die nach wie vor Lobeslieder auf die Serie anstimmen. Na dann wollen wir mal losträllern ...
Ein Spiel, fünf Rollen
Die Handlung von Yakuza 5 spielt rund zwei Jahre nach dem vierten Teil. Es ist eine schwierige Zeit, die der junge sechste Chairman Daigo Dojima des Tojo-Clans durchstehen muss. Er riskiert viel beim Versuch, Allianzen mit kleineren Yakuza-Clans auszuhandeln. Der Grund ist der kritische Gesundheitszustand des siebten Clanoberhaupts der Omi. Ohne ihn steht der ausgehandelte Waffenstillstand zwischen den mächtigen Clans auf wackeligen Füßen. Der direkte Nachfolger ist ein Krieger und an Frieden nicht weiter interessiert. Ausgerechnet jetzt wird auch noch Daigo vermisst. An dieser Stelle starten wir wieder einmal in der Rolle des Kazuma Kiryu. Dieser musste aus persönlichen Gründen das Waisenhaus in Okinawa verlassen und verdingt sich nunmehr unter dem Decknamen Suzuki Taichi als Taxifahrer in Fukuoka. Aber er kann seine Yakuza-Wurzeln einfach nicht hinter sich lassen. Noch immer ist der vierte Chairman, der „Drache Dojimas“, ebenso geachtet wie gefürchtet.
Aber Kazuma Kiryu ist nicht der einzige Protagonist. Wie bereits zuvor in Yakuza 4 und auch Yakuza: Dead Souls schlüpfen wir neben der Serien-Hauptfigur auch noch in die Haut von vier weiteren Charakteren. Dabei lebt jeder Charakter in einem anderen japanischen Stadtbezirk. Taiga Saejima, den wir bereits aus dem Vorgänger kennen, sitzt eine zweijährige Haftstrafe im Gefängnis ab. Shun Akyama, auch er ist bereits bekannt, leitet noch immer seine Kreditfirma und befindet sich auf Geschäftsreise. Haruka Sawamura ist natürlich ebenfalls bekannt, immerhin ist Kazuma so etwas wie ihr Ziehvater. Sie ist mittlerweile 16 und arbeitet an ihrer angehenden Karriere als Idol. Einzig neuer Charakter ist der lebenslang gesperrte, ehemalige Baseball-Profi Tatsuo Shinada.
Haupt- und Nebenstränge
Die Handlung erzählt, wenngleich in einem Gangstermilieu spielend, nicht die Geschichte brutaler und skrupelloser Krimineller. Viel mehr stehen Zusammenhalt und Familie im Vordergrund. Mitleid und Fürsorge dominieren die ehrbaren Charaktere, die sich damit ganz im Kontrast der kaltblütigen Yakuza-Herkunft präsentieren. Die Geschichte wird trotz mehr oder weniger offener Spielwelt recht linear erzählt und wirkt ausschließlich durch die zahlreichen Nebenstränge, Substories und sonstigenMöglichkeiten aufgelockert und selbst bestimmbar. Für Fans gewohnt, für Neueinsteiger ist es aber vermutlich manchmal etwas viel Text, der da in stellenweise endlos wirkenden Abfolgen von Textblöcken ausgetauscht wird. Und nicht jeder Text ist auch vertont, sodass viel stille Lesearbeit geleistet werden möchte. Da wird dann notgedrungen auch mal munter die X-Taste gedrückt, um langweiligere Passagen zu überspringen. Dafür entlohnen die zahlreichen gefühlsbetonten Momente der auf Dauer lieb gewonnenen Protagonisten.
Zwischen dem Haupthandlungsstrang treffen wir aber immer wieder auf die bereits erwähnten und extrem abwechslungsreichen Nebengeschichten. Diese sind allerdings sehr schlicht gehalten. Mal fahren wir als Kazuma Kiryu, nein ich meine natürlich Suzuku Taishi, Taxi. Dabei müssen wir sehr genau auf den Verkehr und die vorherrschenden Verkehrsregeln achten. Denn Rotlichtfahrten und Zusammenstöße verärgern unsere Insassen. Selbst der Fahrtrichtungsanzeiger möchte korrekt betätigt werden. Für StVO-Legastheniker: Das ist der Blinker. Der seltsame Hebel an der linken Seite des Lenkrads, der so gerne ignoriert wird. Hier gibt es für jede Verfehlung Minuspunkte und dabei möchten die Insassen auch noch unterhalten und am besten noch im Zeitlimit ans Ziel gebracht werden. Gar keine so einfache Aufgabe. Aber Kazuma alias Suzuki fährt nebenbei auch noch Rennen, um als verdeckter Ermittler die Machenschaften eines Straßenduell-Rings aufzudecken. Taiga Saejima geht nach seiner „Haftentlassung“ auf Jagd in verschneiten Bergpässen. Hasenfallen aufstellen, harmlose Rehe erschießen und riesenhafte Bären bekämpfen. Da wird es am Ende mit der 16jährigen Haruka schon sehr friedlich. Statt brutalen Faustkämpfen liefert sie sich erbitterte Tanz-Battles und übt fleißig für ihre Gesangskarriere.
Daneben gibt es noch die Substories, die sich immer wieder zufällig ergeben. Mal sollen Sehenswürdigkeiten fotografiert oder Essenslokale empfohlen werden. Dann werden Leuten geholfen, Leute gefunden oder Leute verkloppt. Es gibt immer etwas zu tun und zu entdecken.
Minispiele und Hostessen-Flirts
Die Städte sind schon recht überbevölkert und viele Geschäfte sind begehbar. Es gibt Supermärkte, Essensstände und Restaurants, in denen zahlreiche Stärkungen zu sich genommen werden dürfen. In Bars und Clubs werden Kontakte geknüpft und Minispiele gespielt. Ob Billard, Darts, Bowling oder Karaoke. Alles ist recht simpel, aber ebenso umfangreich gestaltet. Immer wieder finden sich aber auch die Sega-Stores, in denen Spielautomaten stehen. Von simplen Greifarm-Automaten und einarmigen Banditen über Fotostände und „echten“ Spieleautomaten gibt es hier jede Menge zu entdecken. Sogar eine zünftige Runde Virtua Fighter 2 darf gezockt werden. Fragwürdiges Highlight dieser Mini-Spiele sind aber zweifellos die Besuche der Hostessen-Clubs. Diese sorgten bereits in der Vergangenheit für Diskussionen, denn im PS3-Debüt Yakuza 3 wurde die Möglichkeit, asiatische Schönheiten zu bezirzen gleich gänzlich entfernt. Im vierten Teil durften dann aber auch Europäer den zierlichen Damen mit den Kulleraugen Komplimente machen. Im Fokus stehen dabei die (bezahlten) Flirts mit den Damen, bei denen die Interessen und Einstellungen der jeweiligen Damen herausgefunden und bedient werden müssen. Dann füllt sich die Liebesleiste und die Dame ist auch an einem „unbezahlten“ Date außerhalb des Clubs interessiert. Selbstverständlich müssen aber auch dann die Rechnungen übernommen werden, schließlich ist man ja altmodisch im fernen Japan. Mit Komplimenten und Geschenken sollen die Damen dann für sich gewonnen werden. Lohnender Nebeneffekt dieser ganzen ja eigentlich sinnbefreiten Nebenbeschäftigungen sind gewonnene Erfahrungspunkte, die in zahlreiche Upgrades der jeweiligen Spielefigur investiert werden können. Etwas gewöhnungsbedürftig wie auch etwas demotivierend wirkt hier allerdings die Tatsache, dass jede Figur anfangs bei null anfängt und neu aufgerüstet wie auch aufgelevelt werden muss.
Pöbeleien und ausgewachsene Schlachten
Die Yakuza-Reihe ist in ihrem Kern aber nicht virtuelle Städtetour, Rennspiel oder Minispiele-Sammlung, sondern vorrangig ein waschechter Brawler. Und auf die Kämpfe wird bei dem Story-Schwergewicht auch starke Betonung gelegt. Überall lauern Herausforderungen von Straßenkampf-Meisterschaften, verfeindeten Yakuza-Anhängern oder einfach nur Räubern, Trunkenbolden und Schlägern. Mal reicht ein Rempler, mal ein Blick oder die pure Anwesenheit. Es lässt sich kaum ein Laden der Großstädte ansteuern, ohne nicht auf dem Weg ein oder mehrmals durch kleinere Schlägereien aufgehalten zu werden. Dann schaltet das Spiel in eine örtlich begrenzte Arena, in der wir unsere meist zahlreichen Widersacher nach Strich und Faden vermöbeln müssen. Freigeschaltete Fähigkeiten und Kombos lassen uns effektvoll durch die Gegnermassen pflügen. Noch schneller geht es mit gefundenen oder käuflich erworbenen Waffen und sonstigen Hilfsmitteln. Aber selbst herumstehende Schilder, Verkehrsleitkegel oder Fahrräder dürfen ergriffen und auf den Gegner gedroschen werden. Zahlreiche Finishing-Moves, gerade die im Heat-Modus, krönen mit jeder Menge Blut die sonst recht stupiden Faustkämpfe. In den „Story-Schlachten“ geht es dann schon etwas heißer her. Schon in der ersten Episode mit Kazuma Kiryu stehen wir gleich mehreren Dutzend Soldaten gegenüber. Boss-Gegner fordern besonders heraus und stellen den gelungenen Kontrast zu den sonst viel zu einfachen Prügeleinlagen. Da tut gut, der genügend Heilmittel im Inventar gelagert hat.
Schrill und laut
Yakuza 5 zeigt deutlich Licht und Schatten der genutzten Grafik-Engine. Charaktere werden sehr detailliert dargestellt. Vor allem die Gesichter wirken sehr real, ihre Mimik ausdrucksstark. Die vielen Filmsequenzen sind allerdings recht grobkörnig und die Menüs trist gestaltet. Die Städte sind unglaublich detailliert und wirken jederzeit mit Leben gefüllt. Überall wuseln Menschen durch die engen Gassen, sie stolpern wenn wir an sie stoßen. Die Ladenregale sind prall gefüllt, zahlreiche Leuchtreklamen erhellen die belebten Ladenzeilen. Dieser enorme Detailreichtum wird allerdings mit starker Limitierung erkauft. Zum einen wirkt die Stadt nur frei begehbar und die Areale sind längst nicht so groß wie in den Vorgängern. Zum anderen ploppen Passanten etwa 30m vor uns urplötzlich auf, Weitsicht Fehlanzeige. Aber vergessen wir nicht, dass wir es hier mit der vergangenen Konsolengeneration zu tun haben und was hier stellenweise geboten wird ist schon echt beeindruckend. Da entschuldigen wir gerne den xten Klon-Yakuza – böse Zungen behaupten gar, man könne Asiaten eh nicht voneinander unterscheiden – und die detailarmen Nebenspiele wie die beengten und hässlichen Schlauch-Levels bei der Jagd in den Bergen oder die arcadelastigen Simpel-Rennen in eckigen Matsch-Straßenabschnitten.
Akustisch bleibt Yakuza seinen Wurzeln treu. Es gibt lediglich asiatische Sprachausgabe und englische Untertitel. Die Stimmengeber sind authentisch und Japan-Fans kommen voll und ganz auf ihre Kosten. Der Soundtrack ist eher unauffällig. Er weiß zu gefallen ohne zu begeistern.
Das Fazit von: Torsten
|
|
Kommentare[X]