2008 war ein großes Jahr für Wackelkamera-Jünger, kam da doch mit [REC] die Schocker-Granate aus Spanien zu uns herübergeschwappt. Natürlich haben sich die Amis angesichts des überraschenden Erfolgs nicht lumpen lassen und eine 1:1-Kopie mit Quarantine hingelegt. Selbstredend dürfen da auch keine Sequels fehlen und schon zwei Jahre später stand [REC]² in den Startlöchern, dieses Mal aus einer anderen Perspektive, doch noch genauso verwackelt, wenn auch nicht mehr ganz so gut. Auf den diesjährigen FantasyFilmFest Nights durfte sich nun der geneigte Freund verwackelter Unterhaltung ein Bild des aktuellen Teils, [REC]³ - Génesis, machen. Ein weiterer Grund für gestrichen volle Hosen?
Wie mittlerweile gängig im Business wird der dritte Teil dazu genutzt, eine Vorgeschichte zu erzählen, bevor dann Teil vier quasi den Teil drei geben darf. [REC]³ ist also eine Vorgeschichte zu den Ereignissen aus [REC] und [REC]². Alles beginnt idyllisch. Eine spanische Hochzeitsgesellschaft lungert vor einer Kirche herum und wartet auf die Ankunft der Braut. Das bietet die Gelegenheit für Bräutigam Koldo, noch ein paar hysterische Sprüche zu drücken und von seinen besoffenen Kumpels aufgezogen zu werden.
Da ist sie endlich, Clara, die Braut, rollt heran, also Dosenbier auf Ex und noch ein paarmal gierig an der Zigarette gezogen, nun wird die Freiheit am Altar liegen gelassen. Der Brautonkel hat es sich trotz Hundebiss natürlich nicht nehmen lassen, an diesem exzessiven Gelage teilzuhaben. Was ist schon dieser kleine Kratzer. Und was wäre eine Hochzeit, ohne eine Meute sensationsgeiler Hobbyfilmer, die keinen peinlichen Moment ungebannt verstreichen ließen? Schnell wird die Kirche gegen ein geräumiges Schloss mitsamt stimmigem Gelände getauscht. Katastrophenschützer im ABC-Anzug inklusive. Alles scheint normal und adäquat ausgelassen, bis sich Onkelchen entscheidet, die Stimmung mit einem Kunststurz von der Balustrade anzuheizen. So ein Schlammlöhrer in Rücklage macht hungrig, ein Glück, dass das dicke Tantchen den Hals hinhält. Im blutigsten Sinn des Wortes. Ab hier nimmt die Party an Fahrt auf und ein paar hungrige Angestellte stürzen sich ebenfalls ins Fleischgetümmel, um was von der guten Tante abzuhaben.
Ja, wir sind angekommen, auch der Film titelt an dieser Stelle [REC]³. Nun startet, wie so üblich, der Überlebenskampf, während die Alten, Besoffenen und Lahmen mit ihren Leibern den Flüchtenden unfreiwillig Zeit erkaufen. Clara und Koldo wurden bei der Flucht getrennt, was keinen von beiden begeistert. Zuerst also Zombies erneut killen, Partner finden, dann in die Flitterwochen. Und schon schlägt der größte Schockmoment des gesamten Films zu. Die Kamera eines Hobbyfilmers wird vom gereizten Koldo in kleine Einzelteile getreten. Dieser Moment hat mich härter getroffen, als ausgeweidete Kinder es je könnten. Denn ab hier war es das für den gesamten Film mit Wackelkamera, unscharfen Bildern, übersteuertem Ton, schlecht gesetztem Fokus, plötzlichen Schwenks auf Untote und generell mit den so mannigfaltigen Stilmitteln der Vorgänger.
Ab diesem Punkt wird aus dem, was [REC] einst groß gemacht hat, ein generischer Zombiestreifen ohne Wiedererkennungsmerkmal. Auf einmal herrschen mehrere Perspektiven, gut abgemischter Ton und eine weisende Kameraführung, die kaum noch Überraschungsmomente zulässt. Es liest sich fast, als hätte endlich die handwerkliche Qualität zugenommen, doch das Gegenteil ist der Fall. Von der ursprünglichen Idee von [REC] ist nicht mehr viel übrig geblieben.
Wer ohne Erwartungen an [REC]³ herangeht, dem wird ein durchaus brauchbarer Zombie-Horror geboten. Eine Hochzeitsgesellschaft bietet ordentlich Kanonenfutter und es bleiben noch ausreichend Lebendige übrig, um ein hübsches Schlachtfest zu veranstalten. Teilweise gelingt es [REC]³ auch, anständiges Gemetzel auf die Leinwand zu zaubern, doch durch schnelle Schnitte und Überblendungen passiert vieles nur im Kopf des Zuschauers. Das heißt jedoch nicht, dass nichts gezeigt werden würde, es gibt immer noch genug rote Suppe, um zu begeistern. Doch gerade Morgenstern und Schwert hätten effektreicher eingesetzt werden können, um nur zwei Beispiele zu nennen. Leider fehlen Höhepunkte, die über den Status „ganz nett“ hinauskommen. Gewalt, Schocker, dramatische Momente – alles schon besser dagewesen.
Zudem fällt auf, dass auf Zombie komm raus versucht wurde, Humor einzubauen. Dieser ist durchaus so richtig fehl am Platz. Zum Beispiel zieht sich Koldo eine schlecht sitzende Zierrüstung mitsamt Morgenstern und Schild an, was schon bescheuert genug aussieht. Daraufhin schleicht er mit einem südländisch anmutenden Gefährten, selbstredend auch gerüstet, durchs Gemäuer. Der Vergleich zu den Nationaldeppen Don Quijote und Sancho Pansa hat mich förmlich angesprungen. Natürlich überlebt Sancho nicht besonders lange, er wurde slapstickkonform durch einen Vorhang gezerrt und verspeist. Natürlich hat es sich der Sack Fleisch nicht nehmen lassen, den Schild wieder unter dem Vorhang durchschlittern zu lassen. Einer von vielen Momenten erzwungener und unpassender Komik. So geht in kürzester Zeit die mühsam aufgebaute bedrohliche Atmosphäre vor die Hunde.
[REC]³ hat aber auch seine Momente, gerade als der religiöse Aspekt, wie schon in den Vorgängern angedeutet, auch hier wieder etwas Raum erhält. Man erfährt natürlich kaum etwas, man will schließlich mit dem vierten Teil noch ein wenig Geld verdienen. Kirche und Priester spielen jedoch eine Rolle, was dem Film etwas von seiner mysteriösen Note zurückgibt. Leider hebt dieser Aspekt das Gesamtbild nur bedingt an, wurden doch insgesamt zu viele Fehler gemacht und generell der Film in eine falsche Richtung geführt.
Schauspielerisch geht auch das meiste in Ordnung, wobei der Anfang des Films noch am meisten überzeugt, da alles vollkommen natürlich wirkt. Auch dürfen einige Logiklücken nicht fehlen, beispielsweise, dass die gesamte Verwandtschaft vor den Augen des Brautpaares zuerst geschlachtet wird und dann übereinander herfällt, wobei das beide nicht interessiert. Doch das sind angesichts der Stiländerung nur kleinere Schnitzer, die sich aber gerade der erste Teil der Reihe nie erlaubt hätte.
Sichtet man die Blu-ray, so kann sich die Qualität durchaus sehen lassen. Der rote Lebenssaft sieht echt aus, das Bild ist scharf wie eine Kettensäge und ein Bildrauschen gibt es kaum zu sehen. Selbst die anfänglichen Wackelbildaufnahmen sind würdig, jedoch fehlt dadurch dem Film das typische [Rec]-Flair. Soundtechnisch kommen die Effekte, die Schreie der Menschen und das Grunzen der Zombies aus allen Boxen, zumindest, wenn der Horror-Fan eine Dolby Digital Anlage zu Hause hat. Alle Fans, die sich für Extras interessieren, bekommen neben dem Hauptfilm noch rund eine halbe Stunde an Bonusmaterial.
Cover & Bilder © Universum Film GmbH
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