Ginger Snaps, Underworld, Van Helsing, Wolfman und seit neuestem auch Twilight - Was haben diese Filme miteinander gemeinsam? Nein, es gibt keine glitzernden Emo-Blutsauger, sondern Werwölfe, unglückliche Menschlein, die durch widrige Umstände sehr plüschig werden und sich eine üble Silberallergie eingefangen haben. Audie und der Wolf, adaptiert von einer Kurzgeschichte von Frank Kowal, ist ein weiterer Vertreter des Lykanthropen-Genres. Oder doch nicht?
Ein Indianer sitzt auf der Terrasse und krault seinen Hauswolf, als ein Trupp bewaffneter, übelgelaunter Typen aufkreuzt. Anstatt Tee und Gebäck anzubieten, offeriert die Rothaut Blei in beschleunigter Form. Nach einer letzten Warnung graben sich feindliche Projektile in den Verdauungstrakt des Reservatbewohners und der Graupelz verschwindet im Wald. In der Nacht traut er sich wieder hinaus, er hat nur ein Problem, denn er hat keine Ahnung, wo er sich befindet. Rachel, Schauspieler und deswegen wohlhabend, ist auf dem Nachhauseweg von einer Party, hilft bei der Orientierung und macht ihm aktiv klar, dass er sich auf einer Straße befindet, indem sie ihn anfährt. Mitleidig nimmt Rachel ihn mit nach Hause und begibt sich dann zu Bett. Am nächsten Morgen wacht ein nackter Mann neben Rachels Bett auf und muss mit Bestürzung feststellen, dass eine tote Frau mit offenliegender Halsschlagader im Bett liegt.
In der unbekannten Umgebung stellt der Mann fest, dass er keinerlei Ahnung hat, wer er ist oder woher er kommt. Er weiß nur zwei Dinge: Er muss in den Wald zurück und er hat Hunger. Nach kurzer Eingewöhnungsphase ist er mächtig genug, das Telefon zu bedienen und ruft Audie, einen Lieferservice, mit dem Auftrag, jede Menge rohes Fleisch ranzuschaffen, an. Audie erkennt, dass der leicht bekleidete Kunde an einer Art Amnesie leidet und gerne mit Rachels Geld um sich wirft. Daher beschließt sie, ihm zu helfen. Da sie den leicht verwirrten Typen ziemlich süß findet, gibt sie ihm den Namen John Doe und besorgt ihm einen betrunkenen Arzt.
Und dies ist der Auftakt zum lustigen Morden und Fressen. John, sehr überzeugend von Derek Hughes gespielt, hat keine Ahnung, verhält sich wie ein Wolf, der sich im falschen Körper befindet und hat ständig Kohldampf. John ist nämlich nicht böse. Jeder Mord tut ihm leid, doch das schlechte Gewissen hält nie lange an, wohl auch aus dem Grund, dass keiner der Verspeisten wirklich tot ist. In Ermangelung an Erfahrung als Mensch verstaut er nach seinem reichhaltigen Mahl alle produzierten Untoten im Keller des frisch okkupierten Hauses. Dieser füllt sich immer mehr, da sich ständig Ahnungslose ohne Johns Zutun als Nachtisch anbieten. John wirkt während des gesamten Films dermaßen verplant, dass es eine Freude ist, ihm dabei zuzusehen, wie er gegen Topfpflanzen pinkelt, sich Prostituierte nach Hause bestellt oder in seiner naiven und animalischen Art versucht, Audie zu gefallen.
Gewaltorgien darf man in diesem Film deshalb nicht erwarten. Natürlich finden sich die ein oder andere Blutlache oder auch mal ein zerfetzter Hals, doch im Großen und Ganzen ist dies hier eher eine Komödie als ein Horrorfilm. Denn einige running Gags und das herrlich dämliche Verhalten von John sorgen für viele Schmunzler, während das Ganze durch einen Mord zwischendurch aufgelockert wird. Garniert wird der Film mit schrägen Typen und der goldigen Liebesgeschichte zwischen John und Audie.
Problematisch hingegen erweist sich eher die Kontinuität. Einige Szenen wirken verworren und unverständlich, was daher kommt, dass die finale Version seltsam geschnitten wurde. Zum Beispiel muss man sich die entfallenen Szenen ansehen (als Extra auf Scheibe), um zu verstehen, warum da jetzt ein Haufen Inder mit vollem Sturmgepäck auf der Matte steht. Für mich unverständlich, warum erklärende Szenen entfernt wurden. Zudem erfährt man nur sehr verkürzt irgendwann in der Mitte, was es mit John auf sich hat und wer er ist. Für die Erklärung hätte mehr Zeit verwendet werden können. Aber solche Schnitzer sind zu verzeihen, da sie den Charme kaum schmälern.
Auf technischer Seite macht man alles richtig. Man sieht dem Film das begrenzte Budget an, doch das ist kein Problem, denn zu keiner Zeit versucht der Streifen, etwas zu sein, was er nicht ist. Er konzentriert sich darauf, eine recht originelle Story über Charaktere und nicht Effekte auf den Schirm zu zaubern. Daher werden keine CGI-Verwandlungsszenen oder Fullscreen-Zerfleischungen gezeigt, was aber gar nicht traurig ist, denn es würde auch nicht zum Flair passen.
Die Bildqualität ist gut, kein Rauschen, scharfes Bild, auch dunkle Aufnahmen lassen alles erkennen. Der Ton passt außerdem, es darf jedoch kein Sound-Feuerwerk erwartet werden. Dabei ist dieses Mal auch die Synchro in Ordnung, man kann also den Film durchaus eingedeutscht verfolgen. Extramäßig werden nebst den obligatorischen Trailern auch bereits erwähnte entfallene Szenen beigefügt. Im Gegenzug sieht das deutsche Cover nicht besonders aus, es ist zwar ein Wendecover, doch der 18er-Flatschen verschandelt das Bild nur unmerklich. Hätte schöner sein können.
Cover & Bilder © www.sofahelden.de
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