Green Room
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BEWERTUNG |
08.10.2016 von Beef SupremeDass sich Punks und Neo-Nazis nicht zwingend vertragen, sollte keine allzu große Überraschung sein. Dass es bei solch einem netten Stelldichein hin und wieder auch ein paar Schellen fürs Fressbrett gibt, gehört da einfach zum guten Ton. Dass es aber so hart eskaliert, wie es die Ain’t Rights erfahren durften, hätte keiner vorher erahnen können.
Die Ain’t Rights, eine Punk Band aus dem untersten Bodensatz des Underground, ist gerade auf Tour. Das bedeutet Sprit abzapfen und in den liederlichsten Löchern auftreten. Nach einem Auftritt in einem Fast-Food-Schuppen, der ganze 6 Dollar pro Nase abgeworfen hat, scheint die Tour beendet, da sie sich weder Futter noch Sprit leisten können. Doch zum Glück konnte Kumpel Ted was an Land ziehen: Irgendwo im Nirgendwo in einer Nazi-Höhle. Sprich: Jede Menge Glatzen, Stiefel, Alk und Waffen. Quasi das Paradies für eine aufrechte rote Socke mit buntem Haar. Wider Erwarten läuft der Auftritt aber reibungsloser als angenommen und die Ain’t Rights waren fast schon weg, als Gitarristin Sam natürlich unbedingt noch über eine Leiche stolpern und die Bullen ins Spiel bringen musste. Das passt Oberglatze Darcy ganz und gar nicht, der daraufhin Kampfhunde, Waffen und rotgeschnürte Glatzen auf den Plan bringt. Derweil hat sich die Band im einzigen Raum ohne zweiten Ausgang verschanzt und ist ob der relativ aussichtslosen Lage dezent verzweifelt.
Green Room zelebriert gekonnt eine Mischung aus bedrückendem Thriller und hartem Slasher und würzt das Ganze mit einer Prise Humor. Was zunächst als ruhig gehaltener Musikfilm mit dummen Sprüchen hätte durchgehen können wandelt sich von jetzt auf nachher zu einem harten Kampf ums Überleben. Genau wie die Ain’t Rights wird auch der Zuschauer von den sich überschlagenden Ereignissen überrascht und mit einer so nicht erwarteten Härte konfrontiert. Was hab ich dumm geschaut, als plötzlich die erste von so einigen Härten gezeigt wird, bei dem einem der Bandmitglieder fast die ganze Hand abgeschnitten wurde. Die Kameraführung lässt sich hier, wie auch an allen anderen härteren Stellen nicht lumpen und hält voll drauf. So entsteht ein genialer Kontrast aus bedrohlicher Atmosphäre und knallharter, realistischer Action. Hier wird nicht wild oder effektreich um sich geballert, wenn hier der Schmerz gezeigt wird, dann tut’s auch richtig weh.
Daneben entpuppt sich auch die Handlung als überraschend durchdacht und bietet nicht nur vorhersehbare Belagerungskost. Nach und nach entfalten sich immer mehr von Darcys Motiven und Machenschaften, was dem Film noch das nötige Fleisch an die Rippen tackert, um auch tatsächlich im Gedächtnis zu bleiben. Apropos Darcy. Selten kommt es vor, dass man Patrick Stewart nicht in der Rolle des rechtschaffenen Guten sieht. Hier spielt er den skrupellosen Anführer der Glatzenmeute und so ungewohnt das auch scheinen mag, er spielt die Rolle nahe der Perfektion. Zu keiner Sekunde zweifelt man an der Glaubwürdigkeit von Stewarts erfrischender Performance, was dem Film sehr gut tut. Generell wird hier auf hohem Niveau geschauspielert, was sich am ehesten an den Reaktionen der Band auf die Leiche erkennen lässt. Glaubhaft von der Situation überfordert, lässt sich bestens der Absturz in die Verzweiflung erkennen, was den Szenen noch mehr Gewicht verleiht. Einzig die etwas holprige Erzwählweise an manchen Stellen stört etwas den ansonsten sehr guten Gesamteindruck. Der Film versucht durch lückenhaftes Storytelling komplexer zu wirken als er eigentlich ist. Das schadet dem Film nicht wirklich, hätte aber nicht sein müssen. Zwar werden zum Schluss durchaus alle Puzzlestücke passend zusammengefügt, aber man wird das Gefühl nicht los, dass es nicht so kompliziert hätte sein müssen.
Green Room macht optisch seinen Namen alle Ehre, wird doch im gesamten Film nicht mit der Farbe Grün gegeizt. Über fast jeder Szene, vor allem anfangs sehr auffällig liegt ein Grün-Filter, der der Szenerie immer etwas Bedrückendes hinzufügt. Erstaunlicherweise funktioniert das sehr gut und die reduzierte Farbgebung passt sehr gut zur Stimmung des Films. Der Sound lässt sich am ehesten als bodenständig beschreiben. Der recht dünne Waffensound steht im Gegensatz zu den optisch viel stärker ausgeprägten Auswirkungen. Seltsamerweise wirkte dieser Sound realistischer auf mich, als eine Beretta, die wie eine FLAK klingt. Insgesamt klingt der Film durchweg gut, von der gelegentlichen Live-Mucke über das Schmatzen der Kampfhunde bis hin zu dem satten Klang von Klingen die in Fleisch eindringen, der Ton überzeugt. Cover & Bilder © Universum Film GmbH Das Fazit von: Beef Supreme
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