Inferno

Inferno

Genre: Thematisches Euro • Arbeitereinsatzspiel • Tableau-Buildi ...
Autor: Fernando Eduardo Sánchez
Illustrator: David Benzal, Cristian Casado Otazu
Spieleverlag: Red Mojo, Strohmann Games
Empfohlenes Alter: Ab 14 Jahre
Spieldauer: 120 Minuten

Inferno   13.05.2025 von 2-PL4Y3R5

„Es war in unsres Lebensweges Mitte; als ich mich fand in einem dunklen Walde; denn abgeirrt war ich vom rechten Wege.“ Im Gegensatz zu der Person, auf die sich dieses Zitat aus Dantes „Die Göttliche Komödie“ bezieht sind wir überzeugt davon, den richtigen Weg gefunden zu haben. Denn er führte uns zu Inferno, einem Euro inspiriert von „Die Göttliche Komödie“, einem Werk von Dante Alighieri. Hiermit nehmen wir direkt vorweg, dass uns Inferno richtig viel Freude bereitet hat. Woran das liegt und was Inferno von anderen 0815 Arbeitereinsatzspielen unterscheidet, darüber berichten wir in dieser Rezension.

 

Das Material und die Vorbereitung

 

Inferno ist aus einem Crowdfunding Projekt entstanden. Dem entsprechend gibt es auch eine Version mit viel Bling Bling, unter anderem Miniaturen. Wir haben die Standard-Edition, und finden, dass auch diese schon einiges hermacht: der Spielplan ist übersichtlich gestaltet und überzeugt zusätzlich durch das farbenfrohe und hübsche Artwork. Die vielen Holzkomponenten haben unterschiedliche Formen und Farben. Hier sind insbesondere die Seelen zu nennen, die in neun verschiedenen Farben vorkommen, passend zu den Farben der neun Höllenkreise auf dem Spielplan und die neun Sünden repräsentierend. Die Seelen-Figuren haben auch zur Sünde passende Ausschnitte im Zentrum, was richtig was hermacht und unserer Meinung nach weit besser ausschaut als z.B. eine einfarbig bedruckte Figur. Die Wächter sind aus Pappe mit Plastik-Ständer – sie kommen in der Deluxe Edition als Miniaturen. Wir finden die Papp-Standees sind vollkommen ausreichend und dank des Artworks auch noch hübscher anzusehen als die grauen Miniaturen, sollte man diese nicht bemalen.

 

Schauen wir uns nun den Spielaufbau an. Zuerst kommt der gigantische Spielplan in die Tischmitte, mit der Seite nach oben, die der Spielerzahl entspricht. Er gliedert sich in drei Bereiche. Ganz oben befindet sich Florenz. Hier werden die acht verschiedenen Orte in zufälliger Anordnung ausgelegt. Die Orte ermöglichen das Ausführen der verschiedenen Aktionen und das Beschuldigen von Sündern. Es ist also der Bereich, in dem das Arbeitereinsatzspiel stattfindet und Sünder hingerichtet werden können, damit sie zunächst im Friedhof und von dort in der Hölle landen. Freie Orte (quadratische Plättchen) haben keine spezifischen Anforderungen. Besondere Orte (abgerundete Plättchen) hingegen haben sowohl Zugangsvoraussetzungen als auch Bedingungen zur Beschuldigung von Sündern.

Jeweils zwei Orte, ein freier Ort und ein besonderer Ort bilden ein Viertel in Florenz, das durch ein auf dem Spielplan vorgedrucktes Symbol gekennzeichnet ist (Schlüssel, Steuerrad, Karussell, Widder). Auf dem Ort „Palast“ werden so viele Gäste jeder Farbe, auf den Ort „Markt“ so viele Fässer jeder Farbe gestellt, wie Personen am Spiel teilnehmen.

 

Unterhalb von Florenz befindet sich die Hölle. Ganz oben rechts in diesem Bereich befindet sich der Friedhof. Er ist der Eingang für Seelen zur Hölle darunter. Während der Spielvorbereitung werden die Seuchenkarten als offener Stapel bereitgelegt. Die auf der Seuchenkarte abgebildeten Seelen kommen in den Friedhof, danach wird die Karte offen unter den Stapel gelegt. Sollte sich im Spielverlauf keine Seele mehr im Friedhof befinden, werden Seelen entsprechend der Farb-Verteilung auf der oberen Seuchenkarte nachgelegt, die danach unter den Stapel geschoben wird. Die Schilder auf den Höllen-Feldern, entlang derer sich die Seelen über die Ketten-Verbindungen bewegen, zeigen dieselben Symbole wie die Stadtviertel in Florenz. Hat man eine Seele auf ein bestimmtes Schild gezogen, darf man danach nur auf Orten in Florenz Aktionen ausführen, die zum Stadtviertel mit demselben Symbol gehören; das ist ein ganz zentraler Spielmechanismus in Inferno. Relativ tief in der Hölle sind die Mauern von Dis zu erkennen, zwischem blauem und gelbem Höllenkreis. Hier können Seelen nicht ohne weiteres passieren; man muss sich zunächst Einlass erkaufen.

Linksseitig befindet sich ein Weg, auf dem sich Dante bewegt. Die Dante-Figur wird zu Spielbeginn auf das Feld platziert, das der Spieleranzahl entspricht. Dante zeigt den Spielfortschritt an und leitet das Spielende ein, wenn er das Ende seines Weges erreicht.

Rechtsseitig der Hölle befindet sich die Schuldenleiste: hat man nicht ausreichend Florin, kann man keine Aktion in Florenz ausführen. Drachmen hingegen, die für Aktionen in der Hölle benötigt werden, können als Schulden aufgenommen werden, sollte man nicht ausreichend haben. Schulden müssen in Form von Schandepunkten zurückgezahlt werden. Nimmt man Schulden, wird das Boot auf der Schuldenleiste 1 Feld vorgerückt, wodurch man 2 Drachmen erhält. Fährt das Boot an einem Blitz Symbol vorbei, verliert man direkt 5 Schandepunkte; zusätzlich zu der Menge, die man am Spielende verliert, abhängig von dem Wert neben dem Sanduhr Symbol.

 

Der unterste Bereich des Spielplans wird als Sünder-Übersicht bezeichnet. In der Mitte befinden sich hier die Sündenleisten. Sie zeigen wie viele Seelen einer Farbe jeder Spieler in den Höllenkreis gebracht hat. Beim ersten Vorrücken auf einer Leiste wird ein Schädel auf der Leiste platziert. Die Familienkarten, die zu Spielbeginn verteilt werden, zeigen an wer auf welchen Leisten bereits zu Spielbeginn vorrücken darf. Linksseitig kommen vier zufällige Silberbonus-Plättchen auf die oberen vier Felder und vier zufällige Goldbonus-Plättchen auf die unteren vier Felder.

Rechts neben den Sündenleisten, befinden sich die Phlegethon-Leiste - hier werden die 8 Phlegethon-Steine, die bunten Holzwürfel platziert - der Urkundenbereich und ganz außen am Spielplanrand der Fluss Styx, der es erlaubt auf Sündenleisten vorzurücken ohne Sünder zu beschuldigen.

 

Nun folgt die Vorbereitung der Wächter. An jeder Partie Inferno nimmt ein roter und ein schwarzer Wächter teil, die zufällig über die roten und schwarzen Wächterkarten ausgewählt werden können. Die zwei ausgewählten Karten werden dann offen ausgelegt und zeigen an auf welche Schilde in der Hölle die entsprechenden Wächter-Aufsteller mit Sockel platziert werden müssen. Wächter beeinträchtigen die Bewegung von Seelen in der Hölle auf unterschiedliche Weise. Ihre Regeln sind separat in der Anleitung erklärt. Manche Wächter kommen mit bestimmten Wächter-Plättchen, die beim Spielaufbau in den Vorrat gelegt werden müssen.

 

Nun zum persönlichen Spielermaterial. Jeder Spieler erhält ein Familientableau. Es besteht aus drei Bereichen, dem Haus unten rechts, dem Lager oben rechts und dem Turm auf der linken Seite. Außerdem erhält jeder Spieler vier Turm-Stockwerke, die im Spielverlauf für den Ausbau des Turms genutzt werden können.

Adlige und Gassenkinder werden als Familienmitglieder bezeichnet und können auf Orte in Florenz platziert werden, um Aktionen auszuführen. Zu Spielbeginn hat jeder Spieler vier Adlige, die auf das Haus des Familientableaus gestellt werden; das Haus entspricht dem Bereich für verfügbare Familienmitglieder. Die vier Gassenkinder müssen erst im Spielverlauf adoptiert werden und dienen dann als zusätzliche „Arbeiter“ für das Arbeitereinsatzspiel, können aber auch Zugangsvoraussetzungen für besondere Orte in Florenz sein.

 

Außerdem erhält jeder Spieler das gesamte Material in Spielerfarbe, das sind einige Komponenten aus Holz. Jeder Spieler platziert sein Boot auf den Beginn der Schuldenleiste, und sein Schandepunkt-Marker auf das erste Feld der Schandpunkt-Leiste. Abhängig davon, welche Wächter an der Partie teilnehmen, könnte eines der Wächter-Plättchen in Spielerfarbe benötigt werden. Schädel in Spielerfarbe werden für die Sündenleiste benötigt; Scheiben markieren im Spielverlauf an welcher Stelle man Seelen über die Mauern von Dis in der Hölle hinwegbewegen darf; und Urkunden werden im Spielverlauf in den Urkunden-Bereich platziert, sobald man den entsprechenden Bonus erhält; das passiert immer dann, wenn Dante voranschreitet.

Die Startressourcen, darunter Münzen, Betrugskarten, Adlige, Gassenkinder, Turm-Stockwerke, Fässer und Gäste, werden durch zufällig verteilte Familienkarten für jeden Spieler unterschiedlich sein.

 

Neben dem Spielplan wird der Vorrat an weiteren Materialien vorbereitet. Darunter die Seelen-Figuren aus Holz in den neun verschiedenen Farben. Seelen werden im Spielverlauf innerhalb der Hölle in immer tiefere Kreise bewegt, geben Schandepunkte, wenn sie den farblich passenden Kreis erreichen und bestimmen welche Aktionen man in Florenz ausführen darf. Außerdem werden das Geld (Florin für Florenz und Drachmen für die Hölle) sowie die ½ Urkunden bereitgelegt. Letztere stellen eine wichtige Siegpunktequelle in Inferno dar. Zuletzt werden die Betrugskarten als verdeckter Stapel bereitgelegt. Dann werden die drei obersten Karten offen ausgelegt.

 

Das Spielziel

 

In Inferno versuchen Spieler die meisten Schandepunkte zu sammeln. Diese können auf vier verschiedene Weisen erhalten werden, teilweise im Spielverlauf, teilweise am Spielende.

 

  • Im Spielverlauf, in der Höllenphase wird etwa ein drittel der Schande durch das Bewegen von Seelen in der Hölle gesammelt.
  • In der Florenz-Phase gibt es die meisten Schandepunkte, indem Fässer auf das Familientableau platziert werden.
  • Am Spielende gibt es Schandepunkte für Betrugskarten und den Ruf in Florenz.
  • Außerdem wird etwa ein drittel der Schandepunkte durch Urkunden gesammelt.

 

Die Zusammenhänge wie genau man an diese Siegpunkte kommt, haben wir im nächsten Abschnitt zum Spielablauf genauer ausgeführt. Denn zum Verständnis benötigen wir etwas mehr Kontext.

 

Der Spielablauf

 

Inferno wird über mehrere Runden gespielt, in denen Spieler in Spielerreihenfolge Züge ausführen, solange bis Dante das Spielende einleitet. Jeder Spielerzug besteht aus zwei Phasen: der Höllenphase und der Florenz-Phase.

 

In der ersten Phase, der Höllenphase, bringt man eine Seele vom Friedhof in die Hölle oder bewegt eine Seele innerhalb der Hölle.

Die Bewegung von Seelen innerhalb der Hölle ist kostenlos. Es dürfen nur Seelen bewegt werden, die aufrecht stehen, was anzeigt, dass sie noch nicht den ihrer Farbe zugehörigen Kreis der Hölle erreicht haben. Seelen werden immer von einem Schild zu einem über eine Kette verbundenen Schild in einem tieferen Kreis bewegt. Besetzte Schilde werden übersprungen, bis die Seele ein freies Schild erreicht. Landet die Seele in einem Kreis, der ihrer Farbe entspricht, wird die Seele hingelegt und besetzt den entsprechenden Schild von nun an dauerhaft. Dafür gibt es Schandepunkte als Belohnung, entsprechend der Angabe rechts neben dem Kreis in der Hölle; je tiefer, desto mehr.

Zwischen dem sechsten und siebten Kreis der Hölle befinden sich die Mauern von Dis. Diese können nur passiert werden, wenn man zuvor Einlass erhalten hat, indem man z.B. über die Aktion am Scheiterhaufen eine Scheibe in Spielerfarbe auf das Tor über dem Schild platziert hat, auf das man die Seele bewegen möchte.

Wird eine Seele vom Friedhof auf ein freies Schild des ersten Kreises der Hölle platziert, kostet dies eine Drachme für die Überfahrt über den Acheron. Kann man keine Seele innerhalb der Hölle bewegen, muss man eine Seele vom Friedhof in den ersten Kreis platzieren, auch wenn man keine Drachmen hat; in diesem Fall muss man Schulden aufnehmen.

Im seltenen Fall, dass in der Höllenphase keine Seele bewegt werden kann, endet die Partie sofort. Das „Ende mit Schrecken“ wird ausgelöst.

 

Neben der passenden Farbgebung zwischen Seele und Höllenkreis zur Maximierung der Schandepunkte sollte man auch auf das Symbol auf dem Schild achten. Denn dieses bestimmt welche Orte man in der Florenz-Phase aufsuchen darf, die unmittelbar der Höllenphase folgt. Nur für 2 Drachmen darf man stattdessen einen beliebigen Ort in Florenz wählen – das ist teuer. In Florenz hat man drei verschiedene Möglichkeiten. Entweder man schickt ein Familienmitglied aus dem Haus des Familientableaus an einen Ort in Florenz, um die Aktion des Ortes auszuführen, oder man beschuldigt einen Sünder an einem Ort in Florenz, an dem sich bereits ein eigenes Familienmitglied befindet. Können weder Sünder beschuldigt noch Familienmitglieder platziert werden, muss der Familienrat einberufen werden. Dies ist die dritte Möglichkeit in der Florenz-Phase, die man eigentlich vermeiden möchte. Dadurch verliert man direkt 2 Schandepunkte, darf aber eine von drei Optionen wählen, die einem aus der Sackgasse heraushelfen: 1 Familienmitglied zurück ins Haus stellen, vom Turm des Spielertableaus oder aus Florenz; ein Gast aus dem Turm zurück in den Palast stellen; oder ein Fass vom Turm zurück auf den Markt in Florenz stellen. Warum all diese Optionen Wege aus einer Sackgasse darstellen, verstehen wir weiter unten im Text.

 

Schauen wir uns jetzt aber erstmal die Option 1, das Platzieren von Familienmitgliedern auf Orte in Florenz, und die verschiedenen Aktionsmöglichkeiten dieser Orte in Florenz an. Während Aktionen auf freien Orten keine weiteren Kosten haben, hat das Ausführen von Aktionen an besonderen Orten besondere Voraussetzungen, z.B. kann es Florin kosten oder die Anwesenheit eines Gassenkinds erfordern. Hier sind die Aktionen der vier freien Orte:

 

 

 

 

  • Heuhaufen: Gassenkind adoptieren, d.h. ein Gassenkind in Spielerfarbe auf den Ort Heuhaufen stellen.
  • Bankett: Turm erweitern, d.h. das nächste Turmplättchen auf sein Familientableau platzieren.
  • Bank: Florin erhalten, genauer gesagt 2 Florin plus 1 Florin für jeden Gast im Turm.
  • Hof: 2 Familienmitglieder aus dem Turm zurück ins Haus stellen und Gäste, Fässer, Familienmitglieder im Turm neu ordnen, wenn gewünscht.

 

Und hier die besonderen Orte und deren Aktionen, die wesentlich komplexer sind und viel mehr Handlungsfreiraum bieten:

 

  • Scheiterhaufen: für die Hölle einkaufen. Hier können Florin in Drachmen getauscht, Einlass für die Mauern von Diss erworben, Phlegethon-Steine bewegt, durch die Aktion am Fluss Styx auf Sündenleisten vorangeschritten oder Wächter benutzt werden, um die Seelen in der Hölle etwas „aufzumischen“.
  • Stadtmauern: Fässer zur Belagerung beisteuern. Hier können ebenfalls Florin in Drachmen getauscht werden. Darüber hinaus kann eine Betrugskarte für 2 Drachmen gespielt werden und ein Fass aus dem Turm auf das farblich passende Feld des Lagers gestellt werden, um die Belohnung darüber zu erhalten, das sind z.B. Urkunden, Schandepunkte für Urkunden im Urkundenbereich oder Schandepunkte für den Schädel-Fortschritt auf Sündenleisten.
  • Markt: Fässer stehlen. Ein Fass auf ein freies Feld im Turm des Familientableaus stellen. Es dürfen nur Fässer-Farben gewählt werden, die man noch nicht im Turm stehen hat.
  • Palast: Gast empfangen. Ein Gast von diesem Ort auf ein freies Feld im Turm des Familientableaus stellen. Dafür gibt es Florin entsprechend dem Turm-Stockwerk (0-4), in das der Gast platziert wird. Auch hier gilt wie für Fässer: nur ein Gast jeder Farbe im Turm. Gäste sind Voraussetzung für das Beschuldigen von Sündern an besonderen Orten.

 

Auf dem Scheiterhaufen darf man eine Aktion am Fluss Styx ausführen. Der Fluss Styx erlaubt es auf den Sündenleisten vorzurücken, ohne einen Sünder zu beschuldigen. Hierzu müssen 1, 2 oder 3 gleichfarbige Seelen vom Friedhof entfernt werden, wodurch man ein Feld auf einer der vier oberen, ein Feld auf einer der vier unteren oder jeweils ein Feld auf einer der vier unteren und einer der vier oberen Sündenleisten (also insgesamt zwei Felder) vorrücken darf.

 

An den Stadtmauern darf man eine Betrugskarte ausspielen. Beim Ausspielen von Betrugskarten kann man eine der beiden Handkarten wählen, oder für ein Drachme auch eine Betrugskarte aus der offenen Auslage oder die oberste des verdeckten Stapels spielen. Entscheidet man sich dafür eine Karte von der Hand zu spielen, darf man im Anschluss eine Karte kostenlos aus der Auslage oder vom Stapel nachziehen. Betrugskarten können nur gespielt werden, wenn man im Besitz eines Fasses entsprechender Farbe ist. Effekte auf der linken Seite triggern sofort. Dann wird die Karte rechts unter das Familien-Tableau geschoben, sodass nur noch Effekte auf der rechten Seite sichtbar sind, die erst am Spielende ausgelöst werden. Meist geben Betrugskarten flexible Möglichkeiten, um an Schandepunkte zu kommen.

 

Nun zu Option 2, dem Beschuldigen von Sündern an einem Ort, an dem sich bereits ein Familienmitglied befindet. Das Beschuldigen von Sündern ist eine wichtige Aktion; sie steuert sowohl das Spielende als auch das Zurückholen von Familienmitgliedern, die ansonsten an den Orten von Florenz verweilen und keine weiteren Aktionen ausführen können. Beschuldigt man einen Sünder mit einem Familienmitglied an einem Ort, werden alle anderen Familienmitglieder zurück auf das Familientableau geholt. Gleichzeitig rückt Dante einen Schritt auf seinem Weg voran. Erreicht er das Ende des Weges, wird das Spielende eingeleitet; alle anderen Spieler sind dann noch genau einmal am Zug, bevor die Endwertung eingeleitet wird.

 

Das Ziel dieser Aktion ist es die Seele einer bestimmten Farbe in die Hölle zu schicken und auf der entsprechenden Sündenleiste vorzurücken. Auf freien Orten ist die einzige Voraussetzung für das Beschuldigen eines Sünders ein freier Platz im Turm, auf dem das Familienmitglied, welches den Sünder beschuldigt, gestellt werden kann. Besondere Orte dagegen setzen voraus, dass sich ein Gast der Farbe des Ortes im eigenen Turm befindet und dass es im selben Stockwerk einen freien Platz für das Familienmitglied gibt, das den Sünder beschuldigt. Das Beschuldigen von Sündern verläuft über fünf Schritte:

 

  • Das Familienmitglied, das den Sünder beschuldigt, wird in den Turm gestellt; Wird an einem besonderen Ort beschuldigt, auf dasselbe Stockwerk wie der entsprechend notwendige Gast.
  • Alle anderen Familienmitglieder in Florenz werden ins Haus platziert und stehen erneut für das Platzieren auf Orte in Florenz zur Verfügung.
  • Die Seele des Sünders - entsprechend der Farbe des Ortes - wandert vom Vorrat auf den Friedhof – beschuldigte Sünder werden sofort hingerichtet.
  • Der Schädel auf der Sündenleiste, die der Farbe des Ortes / der Seele entspricht, wird um ein Feld vorgerückt. Erreicht ein Schädel das vierte Feld einer Leiste, erhält man eine ½ Urkunde. Jedes Mal, wenn man ein Feld weiter rücken würde, erhält man stattdessen die angegebene Menge Schandepunkte. Zusätzlich gibt es immer den Bonus auf dem Bonusplättchen.
  • Dante rückt um eine Etappe vor; man erhält die entsprechend angegebene Belohnung. Oft wird eine Urkunde für den aktuellen Kreis in der Hölle vergeben, welche für die Urkundenwertung am Spielende entscheidend ist. Dabei darf derjenige Spieler seine Urkunde in Spielerfarbe auf das zum Kreis farblich passende Feld der Urkundenleiste platzieren, der zu diesem Zeitpunkt am weitesten auf der jeweiligen Sündenleiste fortgeschritten ist.

 

In dem Spielerzug, indem Dante das letzte Feld seines Weges erreicht hat, wird das Spielende eingeleitet. Alle anderen Spieler haben noch genau einen Zug. Dann folgt die Endwertung in sechs Schritten. Wird das Spielende frühzeitig ausgelöst, weil ein Spieler in der Höllenphase keine Seele bewegen konnte, wird Dante noch schrittweise bis zum letzten Feld vorgerückt und entsprechende Bonus-Urkunden verteilt („Ende mit Schrecken“). Die sechs Schritte der Endwertung sind die folgenden:

 

 

 

 

  • Betrugskarten: beginnend beim Spieler mit dem letzten Zug und entgegen dem Uhrzeigersinn überprüfen alle Spieler ob die Effekte der ausgespielten Betrugskarten am Spielende ausgelöst werden. Hier dienen die auf der Betrugskarte oben rechts angegebenen Fässer auf dem eigenen Familientableau als Voraussetzung.
  • Phlegethon-Wertung: für jeden Kreis in der Hölle wird der farblich entsprechende Phlegethon Stein für jedes nicht besetzte Schild um ein Feld nach links bewegt. Da dies ein wichtiger Siegpunkte-Multiplikator für die entsprechende Sünden-Leiste ist, möchte man alle Schilder des Höllen-Kreises seiner Wahl zum Spielende besetzt haben, um den Phlegethon so weit wie möglich rechts liegen zu haben. Denn das gibt einen 5x Multiplikator.
  • Zusätzliche Urkunden erhalten: Beginnend mit dem Spieler, der Dante aufs letzte Feld gezogen hat und entgegen dem Uhrzeigersinn erhalten alle Spieler für je zwei ½ Urkunden eine beliebige Urkunde, die man noch nicht hat. Sie wird in den Urkunden-Bereich gelegt. So kann es in der Urkundenwertung auch ordentlich Punkte geben, wenn man beim Vorrücken von Dante nicht so häufig Urkunden bekommen hat.
  • Kreise werten: beginnend beim oberen, lila Kreis und schrittweise zu dem tiefsten hellblauen Kreis werden die Kreise gewertet. Jeder Spieler erhält für jeden Kreis Schandepunkte, wenn er die entsprechend farbige Urkunde hat. Die Schandepunkte entsprechen der Position des Schädels auf der gleichfarbigen Sündenleiste (1-4) multipliziert mit der Position des entsprechenden Phlegethon-Steins (1-5).
  • Es gibt Minus-Punkte entsprechend dem Feld auf der Schuldenleiste.
  • Ruf in Florenz: hier werden die Spieler mit jeweils 3-4 Schandepunkte belohnt, welche den höchsten Turm, das meiste Florin, die meisten Gäste und die meisten Familienmitglieder im Haus haben.

 

Der Spieler mit der größten Schande gewinnt die Partie.

 

 

Bildergalerie von Inferno (15 Bilder)

Spielmaterial

 

Allgemeines Spielmaterial

  • 1 doppelseitiger Spielplan
  • 4 freie Orte
  • 4 besondere Orte
  • 8 Phlegethon-Steine
  • 71 Seelen
  • 6 Seelen-Ersatzplättchen
  • 3 Abkürzungen
  • 12 1/2-Urkunden
  • 1 Dante Figur
  • 56 Münzen (28 Florin, 28 Drachmen)
  • 4 Silberboni
  • 4 Goldboni
  • 16 Gäste
  • 16 Fässer

 

6 Wächter-Aufsteller mit Plastiksockel und Plättchen

  • Geryon mit 9 Gruben
  • Cerberus mit 9 Knochen
  • Medusa mit 9 versteinerte Seelen
  • Minotaurus mit 4 Labyrinth-Eingängen
  • Minos mit 4 Schwänze
  • Antaeus mit 4 Fesseln

 

Familien-Spielmaterial

  • 32 Schädel (8 je Spielerfarbe)
  • 16 Adlige (4 je Spielerfarbe)
  • 16 Gassenkinder (4 je Spielerfarbe)
  • 32 Urkunden (8 je Spielerfarbe)
  • 20 Scheiben (5 je Spielerfarbe)
  • 4 Boote (1 je Spielerfarbe)
  • 4 Schandepunkt-Marker (1 je Spielerfarbe)
  • 4 +60 Marker (1 je Spielerfarbe)
  • 16 Turm-Stockwerte (4 je Spieler)
  • 4 Familientableaus (1 je Spieler)

 

52 Karten

  • 3 rote Wächterkarten
  • 3 schwarze Wächterkarten
  • 24 Betrugskarten
  • 8 Familienkarten
  • 4 Gehilfenkarten
  • 10 Seuchenkarten


Cover & Bilder © Cover: Strohmann Games / Bilder im Artikel und Teaserbild: www.sofahelden.de


Das Fazit von: 2-PL4Y3R5

2-PL4Y3R5

Spielspaß: Auf der SPIEL 2024 hat der kontrastreiche, farbenfrohe Anblick des Spielbretts dafür gesorgt, dass wir stehen geblieben sind; das dazu im scheinbaren Widerspruch stehende düstere Thema hat dazu geführt, dass wir uns hingesetzt haben. Und der Spielspaß während unserer Erstpartie wird noch lange nachhallen. Inferno entpuppte sich als eines unserer persönlichen Highlights des aktuellen Jahrgangs, weil es als Euro einiges anders macht, super aussieht und gleichzeitig noch sehr thematisch ist.

Die vielen Farben markieren die neun Höllenkreise und die dazu gehörigen Sünden der Seelen, die in diese hinabsteigen: Limbus (beige), Lust (lila), Völlerei (grün), Gier (braun), Zorn (blau), Häresie (gelb), Gewalt (orange), Betrug (grau) und Verrat (hellblau). Und auch die Spielmechanismen wurden sehr thematisch umgesetzt: Mitglieder der Familie – die eigenen Arbeiter – müssen an Orten in Florenz Personen beschuldigen, die sodann hingerichtet werden und als Seele auf dem Friedhof landen. Von dort zieht man sie in immer tiefere Höllenkreise, bis der Kreis erreicht wurde, welcher zu der von der Person begangenen Sünde passt. Oder einfacher: die Farbe der Seele muss zur Farbe des Höllenkreises passen; dann hat die Seele ihr Ziel erreicht. An besonderen Orten in Florenz kann man nur dann Personen beschuldigen, wenn die eigene Familie einen Gast der entsprechenden Farbe beherbergt – es Bedarf also eines Zeugens, um z.B. ein Mitglied des Palastes hinrichten zu lassen. Vieles in Inferno macht also thematisch Sinn und Aufmachung sowie Artwork des Spielmaterials machen optisch und haptisch einiges her. Das Gesamtpaket macht einfach Spaß. Aber wie ist das Spielgefühl?

Inferno fühlt sich fast an wie zwei separate Spiele, im positiven Sinne. Da wäre eine Art Schachspiel in der Hölle, das sich besonders in zwei Personen-Partien so taktisch wie Schach anfühlt. Und da wäre das Arbeitereinsatzspiel in Florenz, mit dem man Tableau, Ressourcen und Arbeiter verwaltet. Beide Spiele sind dabei sehr gut miteinander verzahnt: in der ersten Phase des Spielerzugs agiert man in der Hölle, in der zweiten Phase dann in Florenz. Wo man die Seele in der Hölle hinbewegt, entscheidet welche Aktionsmöglichkeiten man in Florenz hat. Und einige Aktionen in Florenz ermöglichen Einflussnahme auf die Hölle, wie das Ressourcensammeln, um Seelen vom Friedhof in die Hölle zu schicken, das Bewegen der Wächter oder das Beschuldigen von Sündern im Allgemeinen. Das Spielerlebnis wird vor allem durch diese Verzahnung geprägt, aber eben auch dadurch, dass die Bewegungen in Hölle und Florenz komplett unterschiedliche Gedankengänge und Taktiken fördern, sodass Hölle und Florenz eben doch zwei unterschiedliche Spielerfahrungen bieten. Dieses Zusammenspiel macht Inferno zu einem sehr originellen Spiel. Zusammen mit der sehr thematischen Umsetzung ist das ausschlaggebend für unsere sehr positive Wertung.

 

Balancing/Glücksfaktor: Als klassisches Euro Game gibt es in Inferno wenig Glückselemente. Die Startressourcen sind asymmetrisch und werden durch zufällig verteilte Familienkarten bestimmt. In der Einsteigervariante werden aber stattdessen vier Gehilfen-Karten statt der Familienkarten verwendet. Diese sind viel weniger asymmetrisch und erleichtern den Spieleinstieg.

Dann gibt es noch zwei gemischte Ziehstapel. Die Betrugskarten, welche durchaus spielentscheidend sein können, da die Voraussetzungen zum Ausspielen und die Erträge zur eigenen Spielstrategie passen sollten; dafür liegen aber auch immer drei dieser Karten offen aus, man ist also nicht dem Ziehglück ausgeliefert. Der zweite Stapel enthält die Seuchenkarten, welche den Friedhof mit vier Seelen verschiedener Farben auffüllen, wenn er mal leer sein sollte. Allerdings sieht man bereits, welche die nächsten vier Seelen sein werden, da der Stapel offen ausliegt. Dennoch: geht ein Spieler auf die Urkunden-Wertung des orangenen Höllenkreises und zeigt die Seuchenkarte eine orangene Seele, ist dies ein gewisser Vorteil. Die Mitspieler haben aber zu viele Optionen diesen Vorteil zunichtezumachen, als dass dies sehr relevant wäre und man kann auch jederzeit selbst die zur eigenen Strategie passenden Seelen in den Friedhof befördern, indem man Sündern am passenden Ort beschuldigt.

Statt Glück steht in Inferno definitiv die Strategie im Vordergrund. Gleichzeitig haben wir den Eindruck, dass Inferno viele unterschiedliche Spiel-Strategien ermöglicht und fördert; Inferno ist aus diesem Grund auch relativ verzeihend, wenn es mal in einem Bereich weniger gut funktioniert und man weniger Punkte bekommt. Schließlich kann man Siegpunkte auf vier verschiedenen Wegen erreichen. Zwei Beispiele. Erstens kann man sich darauf fokussieren Seelen in die farblich passenden Kreise zu ziehen, um sich dadurch direkt Siegpunkte zu sichern und auch gleich nochmal bei der Wertung der Kreise am Spielende. Oder man schaut, dass man die effizientesten Aktionen in Florenz ausführt und orientiert sich mit der Seelen-Bewegung eben auf die Schilder, auf die man die Seelen zieht. Die Kreis-Wertung kann nämlich auch durch das Platzieren von Seelen am Spielende mithilfe von Betrugskarten optimiert werden. Zweites Beispiel: man kann darauf achten Sünder dann zu beschuldigen, wenn man Dante auf ein Urkunden-Feld zieht, um sich die Kreis-Wertung der entsprechenden Farbe zu sichern. Alternativ fokussiert man sich darauf die passenden Sünder zu beschuldigen und versucht die richtigen Sünden-Leisten hochzuwandern; die zu diesen Leisten passenden Urkunden kann man sich auch durch die ½ Urkunden am Spielende besorgen. Natürlich ist der ideale Spielerzug derjenige, der alle Vorteile gleichzeitig ermöglicht. Insofern ist es auch oft Aufgabe eben solche Spielsituationen den Mitspielern zu verbauen, was ein weiteres taktisches Spielelement darstellt.

 

Komplexität/Regeln: Strohmann Games hat Inferno als Expertenspiel eingestuft – das ist der rote Bereich auf der 4-Stufen-Komplexitätsskala des Verlages. Tatsächlich sind die Regeln auch etwas Arbeit und insbesondere aufgrund der Verzahnung nicht leicht zu lernen. Im Gegensatz dazu ist der Spielfluss sehr intuitiv, sodass wir Inferno eher als gehobenes Kennerspiel einstufen würden.

Die Komplexität ergibt sich aus der Verzahnung, sodass man ein paar Partien braucht, um mögliche Strategien auszuloten und seine Siegpunkte zu optimieren. Im Gegensatz dazu macht Inferno direkt mit der Erstpartie Spaß und bereitet nur wenig bis keine Kopfschmerzen, einfach weil es direkt flüssig läuft; auch wenn man in der Erstpartie vielleicht mal in einer Sackgasse landet und sich mit weniger effizienten Zügen herausarbeiten muss. Es bedarf eben einer Lernpartie. Aber die Lernpartie ist kein Krampf wie bei anderen Experten-Krachern. Die Lernpartie macht Spaß.

Wir haben auch das Gefühl, dass die Regeln, einmal gelernt, auch nach längerer Spielpause schnell wieder aufgefrischt werden können, man kommt schnell wieder rein. Denn die Grundregeln an sich sind sehr intuitiv und die Detailregeln sind gut in Spielerhilfen und Listen nachzuschlagen.

Wie steht es um Zahlen und Fakten? Die Regel hat 24 Seiten und ist etwas unkonventionell strukturiert, der Verzahnung wegen. Sie beginnt mit dem auf einer Seite zusammengefassten Spielablauf, gefolgt von allgemeinen Spielkonzepten. Dann wird nochmal der Spielablauf im Kapitel „Züge und Runden“ erklärt, bevor es dann um die Detailregeln für Höllen- und Florenz-Phase geht. Die Regel ist nicht schlecht, aber vieles erschließt sich erst nach vollständiger Lektüre. Für Symbole und Übersichten hat jeder Spieler eine vierseitige Spielerhilfe zur Verfügung, einfach super!

Ein weiterer Aspekt, der mit zu einer erhöhten Komplexität führt, neben der Verzahnung, ist der Überblick über die Schandepunkte. In vielen Spielen gibt es eine Siegpunkteleiste und das wars dann auch. Man weiß, wo jeder zu jedem Zeitpunkt steht. In Inferno gibt es ebenfalls eine solche Leiste, allerdings kann sich am Spielende noch einiges ändern und es ist eher schwierig im Spielverlauf nachzuvollziehen, ob die Pläne am Ende aufgehen werden, zumindest in den ersten Partien. Denn zum Spielende werden Effekte von gespielten Betrugskarten in Spielerreihenfolge ausgelöst, welche die Situation auf dem Spielplan und damit die Urkunden-Endwertung nochmal stark beeinflussen können. Nur etwa die Hälfte der Siegpunkte wird im Spielverlauf gesammelt, die zweite Hälfte am Spielende und dies rechtzeitig vorauszuplanen und mit dem Spielende-Trigger abzupassen ist durchaus anspruchsvoll. Wir sehen hier nur Vorteile: etwas mehr Anspruch ohne große Regel-Komplexität und es bleibt bis zum Ende spannend.

 

Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Inferno macht in Punkto Spielerinteraktion vieles anders als andere Euro Games. Hier gibt es viel direkte Interaktion. Gleichzeitig wird auf die klassische Konkurrenz in Arbeitereinsatzspielen verzichtet. Denn an Orten in Florenz blockieren sich die Familienmitglieder nicht. Hier können eine beliebige Anzahl eigener und fremder Arbeiter stehen. Spieler beeinflussen sich auch beim Hochwandern auf den Sünden-Leisten nicht. Und Spieler konkurrieren auch nicht um das Anwerben von Gästen oder das Stehlen von Fässern, denn es gibt genau ein Gast und Fass jeder Farbe für jeden Spieler und Spieler dürfen auch nur ein Gast und ein Fass jeder Farbe nehmen. Arbeitereinsatz- und Siegpunkte-Management ist somit ohne Einflussnahme der Mitspieler, was gut ist, damit die persönliche Strategie nicht allzu sehr gestört wird.

Spielt sich Inferno also rein solistisch? Auf keinen Fall! Der wesentliche Teil der Spielerinteraktion findet in der Hölle bei der Bewegung der Seelen statt. Alle Spieler bewegen denselben Pool an Seelen. Bewege ich eine Seele in der Hölle, entscheidet das darüber, welche Felder innerhalb der Hölle der nächste Spieler mit derselben Seele erreichen kann. Ja sogar, mit anderen Seelen, denn Felder, die mit Seelen besetzt sind, werden von anderen Seelen übersprungen. D.h. man kann Höllen-Felder auch gezielt für andere Seelen blockieren sowie Abkürzungen schaffen oder zerstören. Da die Seelen-Bewegung aus verschiedenen Gründen sehr zentral ist, ist hier auch oft die größte Bedenkzeit gefordert. Seelen geben Punkte, erreichen sie den passenden Höllen-Kreis; sie bestimmen, welche Aktion man in Florenz ausführen darf, und manchmal kann man erahnen, welche Aktion ein Mitspieler benötigt und dies aktiv stören; Seelen in der Hölle bzw. besetzte Höllen-Felder bestimmen am Spielende auch die Phlegethon-Wertung und entscheiden damit über die Vergabe eines wesentlichen Teils der Spielende-Siegpunkte.

Die simple Bewegung der Seelen ist aber nicht alles. An jeder Partie nehmen auch zwei Wächter teil, welche innerhalb der Hölle bewegt werden können und die Seelen-Bewegung über Sonderregeln einschränken. Über die entsprechende Aktion in Florenz kann also auch aktiv die Seelen-Bewegung manipuliert werden. So erlaubt es das Versetzen des Wächters „Medusa“ benachbarte Seelen zu versteinern; sie werden gänzlich aus der Hölle entfernt und hinterlassen ein Plättchen, welches permanent auf dem Höllen-Feld verbleibt. Das Plättchen beeinflusst ebenfalls die Phlegethon-Wertung und wird von nun an von anderen Seelen übersprungen. Zusätzlich gibt es auch einige Betrugskarten, die es erlauben Seelen in der Hölle zu versetzen.

Gibt es eine optimale Spieleranzahl? Unsere Erstpartie haben wir zu zweit gespielt. Die Spieldynamik zu dritt oder viert ist durchaus unterschiedlich. Zu zweit muss man sehr darauf achten, wohin man Seelen zieht, um dem Mitspieler keine Siegpunkte zu schenken. Das hat manchmal zu Patt-Situationen geführt, in denen niemand den nächsten Zug mit einer bestimmten Seele machen wollte. Im Spiel zu dritt oder viert lässt sich die Spielsituation nach zwei oder drei Spielerzügen ohnehin nicht so sehr abschätzen, weshalb der Schach-Charakter des Spiels in der Hölle abnimmt.

 

Spieldauer: Auf der Verpackung steht 120 Minuten. Da das Spielende durch das Voranschreiten von Dante kontrolliert wird und Dante jedes Mal voranschreitet, wenn ein Spieler einen Sünder beschuldigt, ist die Spieldauer weitestgehend unabhängig von der Spieleranzahl. Spieler haben dafür entsprechend weniger Spielerzüge, je mehr Spieler am Spiel teilnehmen. Die Strecke, die Dante bis zum Spielende zurücklegen muss unterscheidet sich nur geringfügig: im Spiel zu zweit muss Dante 14 Schritte zurücklegen, zu dritt 16, und zu viert 17. Im Gegensatz dazu können Spieler theoretisch Dante wesentlich schneller voranschreiten lassen als nötig. Für gewöhnlich tut man dies, um seine Arbeiter aus Florenz zurückzuholen; aber es kann auch Vorteile haben Dante schon wesentlich früher, z.B. nach dem Platzieren von nur einem, statt all seiner bis zu acht Arbeiter voranschreiten zu lassen, wenn man dadurch bestimmte Boni erhält. Tun dies mehrere Spieler, kann sich die Spieldauer signifikant verkürzen.

Einen großen Pluspunkt sammelt Inferno auch mit der Downtime, die für ein Euro Game eher kurz ist; das ist schon wirklich als etwas Besonderes herauszustellen, im Vergleich zu anderen Spielen ähnlicher Komplexität. Teilweise ist ein Spielerzug in 10 Sekunden abgehandelt, wenn man bereits eine Idee hat, was man tun möchte. Es kann extrem simpel sein: eine Seele ein Feld innerhalb der Hölle bewegen. Dann ein Familienmitglied auf den entsprechenden Ort in Florenz stellen und die Aktion ausführen, z.B. ein Turm-Plättchen auf das Familientableau legen oder 4 Florin nehmen. Die besonderen Orte bieten gleich eine Kette von Aktionen, die dann in ihrer Ausführung etwas länger dauern, aber auch das ist in der Regel in weniger als einer Minute abgehandelt. So etwas wie Kombo-Züge gibt es nicht.

 

Wiederspielbarkeit: Es gibt drei Spielvarianten, welche das Spiel noch interaktiver gestalten: diplomatische Krise, Zeit des Mangels und Höllisches Tempo. Diese drei Varianten sind eher simpel und sorgen nicht wirklich für ein großartig unterschiedliches Spielgefühl. In den ersten beiden Varianten werden zu Spielbeginn zufällige Gäste oder Fässer aus dem Spiel entfernt, sodass eben nicht für alle Spieler alle Farben zur Verfügung stehen und Konkurrenzdruck eingeführt wird. In der dritten Variante wird Dantes Weg verkürzt, um ein kürzeres Spiel zu ermöglichen.

Variabilität resultiert aus dem zufälligen Spielaufbau. Zum einen wären da die insgesamt sechs verschiedenen Wächter, drei rote und drei schwarze, von denen immer ein zufälliger roter und ein zufälliger schwarzer für eine Partie ausgewählt werden. Die Wächter haben ausreichend unterschiedliche Regeln, um verschiedene Partien abwechslungsreich zu gestalten. Die Regeln umfassen aber nur wenige Sätze, sodass sie schnell nachgeschlagen sind; ein großer Pluspunkt, denn Variabilität auf Kosten von Zeit fürs Lernen von Zusatzregeln kann auch nervig sein.

Dann werden auch die Orte in Florenz und die Bonusplättchen der Sünden-Leisten zufällig ausgelegt, sodass sich das Puzzle in jeder Partie anders anfühlen wird. Zuletzt geben die unterschiedlichen Startbedingungen auf den Familienkarten ein wenig die Strategie bei Spielbeginn vor, was ebenfalls dazu beiträgt, dass sich jede Partie etwas anders anfühlt.

Und natürlich trägt auch die hohe Spielerinteraktion, der schnelle Spielfluss und die angenehme Spieldauer dazu bei, dass sich Inferno nicht wie ein 08/15 Euro anfühlt und sicher häufiger auf den Tisch kommt. Für uns ist Inferno einer der besten Strategiespiele des Jahrgangs.


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