The Nightingale - Schrei nach Rache
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BEWERTUNG |
13.07.2020 von MarSMit ihrer Rolle als aufsässige Teenagerin Katie Benedetto in der Krimiserie The Fall - Tod in Belfast erreichte die italienisch-irische Schauspielerin Aisling Franciosi bereits früh ein breites Publikum. Nun übernahm sie im historischen Rachethriller The Nightingale - Schrei nach Rache der Regisseurin und Drehbuchautorin Jennifer Kent (Der Babadook) erstmals eine Hauptrolle - und die hat es in sich...
Inhalt
1825. Tasmanien zur Kolonialzeit. Die irischstämmige Gefangene Clare (Aisling Franciosi) lebt mit ihrem Mann Aiden und ihrem gemeinsamen Baby in einer britischen Strafkolonie, wo sie seit Jahren dem Willen des brutalen Leutnant Hawkins (Sam Claflin) ausgeliefert ist. Obwohl Clare ihre Zeit bereits abgedient hat, verweigert Hawkins konsequent, ihre Entlassungspapiere zu unterschreiben, aus Angst, seine persönliche "Nachtigall" zu verlieren. Als er von Aiden zur Rede gestellt wird, eskaliert die Situation, und Clare verliert dabei nicht nur ihre Würde, sondern ihre ganze Familie. Während Hawkins die traumatisierte Frau zurücklässt, um einen neuen Posten anzutreten, nimmt die von Rache besessene Clare gemeinsam mit dem Aborigine Billy (Baykali Ganambarr) die Verfolgung durch den tasmanischen Busch auf...
Bereits mit ihrem Debütfilm Der Babadook hat die Australierin Jennifer Kent eindrucksvoll bewiesen, dass sie ein hervorragendes Gespür für atmosphärische, unbequeme Filme hat. Nun legt sie mit dem historischen Rachethriller The Nightingale - Schrei nach Rache nach, und trifft damit den Zuschauer mit einem Vorschlaghammer mitten ins Gesicht. Auch dieses Mal ist der Film nur schwer in ein bestimmtes Genre einzuordnen, denn hier trifft ein Western vor dem Hintergrund der britischen Kolonialzeit auf Rape-and-Revenge, ein Psychothriller auf ein allzu realistisches, ungeschöntes Historiendrama, ein Arthouse-Film auf blanken Horror - selbst Elemente eines Buddy-Movies sind vorhanden. Und dennoch gelingt es Jennifer Kent, das alles zu einem intensiven Gesamtkunstwerk zu vereinen, das einen sofort in seinen Bann zieht und trotz des stetigen Unbehagens dazu zwingt, dem schonungslosen Geschehen doch bis zum konsequent hoffnungslosen Ende weiter zu folgen. Dabei beweist The Nightingale viel Gespür, nicht nur im Umgang mit den schrecklichsten Momenten, die niemals zum Selbstzweck inszeniert wurden und nur in wenigen Szenen tatsächlich explizit ausfallen - und das nur, um die psychologischen Konsequenzen noch deutlicher werden zu lassen - sondern auch im Umgang mit der Kultur der Aborigines und deren brutaler Unterdrückung, ja sogar erbarmungsloser Verfolgung durch die britischen Kolonialherren. Im Mittelpunkt stehen jedoch die Figuren der traumatisierten, allem beraubten Clare sowie des Aborigines Billy, die trotz anfänglichem, gegenseitigem Hass ihre gemeinsame Mission aus unterschiedlichen Gründen auf sich nehmen. Die zu Beginn noch massiven Anfeindungen weichen im Verlauf gegenseitigem Verständnis für die jeweilige Situation, eine Entwicklung, die sinnbildlich für die charakterliche Wandlung der beiden steht, ohne dabei auch nur eine Sekunde lang die Annäherung durch körperliche Anziehung oder gar eine aufkeimende Liebe aus dem stetigen Realismus des Films zu reißen. The Nightingale - Schrei nach Rache ist schonungslos, hoffnungslos, erbarmungslos, und diese Finsternis bleibt durchwegs die treibende Kraft. Aisling Franciosi spielt sich dabei die Seele aus dem Leib und weiß jede noch so dezente Facette ihrer Figur glaubwürdig und authentisch zu interpretieren, so dass man als Zuschauer nicht umhinkommt, die durchlebten Qualen selbst zu fühlen. Sam Claflin hingegen bricht souverän aus seinen bisherigen Rollen aus und liefert eine derart hassenswerte Performance ab, dass ein flaues Gefühl in der Magengegend unausweichlich ist. Gerade die erzeugten Gefühle in Zusammenhang mit der starken Authentizität machen den Film so unglaublich intensiv, was dem ein oder anderen aber - verständlicherweise - etwas zu erschütternd sein dürfte. Ein kleines Meisterwerk ist The Nightingale aber ohne Zweifel, jedoch eines, auf dessen Nachwirkungen man eigentlich gerne verzichten würde.
Details der Blu-ray
Abgesehen vom ungewöhnlichen, aber sehr passenden Bildformat von 1.37:1 ist das Bild der Blu-ray bewusst schmutzig gehalten. Die Schärfe fällt immer mal wieder stark ab, teils starkes Filmkorn verwäscht Details, und der eher an dreckiges Grau erinnernde Schwarzwert lässt das Bild gemeinsam mit dem recht schwachen Kontrastverhältnis gerne einmal trüb und schwammig wirken. Dinge, die anderen Filmen Abzüge beschert hätten, fügen sich hier aber hervorragend ins Geschehen ein und unterstützen damit zusätzlich die Atmosphäre des Films. Die Tonspur ist ähnlich stilisiert und bewegt sich die meiste Zeit über im Frontbereich der Surroundanlage, nur um die im Anschluss erzeugte Räumlichkeit und gezielte Effekte noch intensiver erscheinen zu lassen. Die Kanäle sind sehr klar voneinander abgetrennt und die Sprachausgabe ist jederzeit sauber verständlich und differenziert ortbar. Cover & Bilder © Koch Films GmbH / Courtesy of IFC Films. An IFC Films release. Das Fazit von: MarS
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