Kein Cover vorhanden: upload/articles/1_CkyCr8d3Lar4FOKj2f4A.jpg

Der Herr der Ringe: Krieg im Norden

Publisher: Warner Bros. Interactive
Entwicklerstudio: Snwoblind Studios
Genre: Action
Sub-Genre: Action-RPG
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 09.11.2011
USK 16

Der Herr der Ringe: Krieg im Norden   25.11.2011 von Beef Supreme

Was soll man machen. Herr der Ringe ist und bleibt eines der größten Fantasy-Epen, das es bis dato gibt. Auch knapp acht Jahre nach Veröffentlichung des letzten Filmes, reißt die Welle neuer Versoftungen nicht ab. War das letzte Spiel in diesem Universum (Die Abenteuer von Aragorn) noch eher für unsere Kleinen ausgelegt, kommt jetzt was für die gestandenen Axtschwinger. Nach längerer Abstinenz kredenzen uns die Snowblind Studios mit „Krieg im Norden“ einen weiteren Ableger des erfolgreichen Epos. Ein Spiel sie zu knechten oder strahlendes Gandalf-Weiß?


Jeder, der mit den Begriffen Elb, Ork oder Zwerg etwas anfangen kann, dem sollte auch die Herr der Ringe Saga um Frodo, Aragorn, Gandalf und Konsorten ein Begriff sein. Doch was ist abseits von Mordor und Minas Tirith so in Mittelerde geschehen? Saurons Schergen haben sich nicht lumpen lassen und einen umfassenden Schlag gegen das gesamte Reich nicht nur im Süden vorbereitet. Und hier steigt „Krieg im Norden“ ein. Die Geschichte spielt parallel zu den Ereignissen - bekannt aus Buch und Film - und man folgt wie schon im Vorbild einer Allianz der drei großen Rassen. Zu Beginn hat man im recht unübersichtlichen Menü die Wahl zwischen Farin, seines Zeichens Zwerg, Andriel, einer Elbendame, und Eradan, einem Waldschleicher. Ist die Wahl getroffen, wird der Schwierigkeitsgrad gewählt und schon steht man in Bree im Gasthaus zum tänzelnden Pony. Aragorn sitzt auch schon qualmend in der Ecke und wartet auf die Ankunft der vier Halblinge aus dem Auenland. Doch bevor er die Ringgeister verarscht, schickt er die drei Recken auf eine Queste in den Norden, da dort Agandaûr, einer der mächtigeren Schergen des Auges aus Mordor, eine Armee von Trollen, Orks und anderen Säbelrasslern zusammentrommelt. Das geht mal gar nicht und so soll das wackere Vierteldutzend da hoch und mal ordentlich am Schellenbaum rütteln, auf das das Auenland sich nicht auch noch mit einer Orkplage rumschlagen muss.


Und so macht sich die ungleiche Gruppe auf, durch Ruinen, Wälder, Bergwerke, Elbenstätten und weitere Gebiete zu wandern. So ruhig mancher Ort anmutet, an jeder Ecke parkt schon das Geschmeiß Saurons, dem die Drei gehörig und explizit dargestellt den Frack vollhauen. Denn es wird weder mit roter Lebenssuppe noch mit abgetrennten Gliedmaßen gegeizt. Es fällt sofort das recht simple Kampfsystem ins Auge. Viereck teilt einen schwachen Hieb aus, Dreieck einen schweren und Kreis lässt den Charakter durch die Landschaft kullern, um Hieben auszuweichen. Kombos gibt’s keine. Weder erlernbar, noch käuflich oder anderweitig zu erwerben. Dazu noch einen Fernangriff in Form einer Armbrust oder Zauberangriff, je nach Charakter. Zudem kann man durch das simple Level-System nach jedem Aufstieg ein paar Punkte auf vier rudimentäre Eigenschaften verteilen, die dann Lebenspunkte oder andere Werte verbessern. Auch lässt sich durch jeden Levelaufstieg eine Fähigkeit erlernen oder verbessern. Sei es der Rundumschlag, ein Explosionsbolzen oder eine Heilsphäre. Im Großen und Ganzen ähneln sich aber die drei Charaktere spielerisch zu sehr, um sich wirklich wie drei unterschiedliche Rassen anzufühlen. Die Elbin teilt genauso großzügig Maulschellen an vorderster Front aus, wie auch der Herr Zwerg mit seiner Axt. Bei allen muss man nämlich das Viereck so sehr malträtieren, dass einem der arme Controller fast leidtun kann. Dass jeder Charakter eine rasseneigene Fähigkeit mitbringt, ändert auch nicht mehr viel an dieser Tatsache. Dafür wird aber eine der sieben menschlichen Todsünden kräftig geschürt, nämlich die Gier. Items, Waffen und Rüstungen gibt’s in rauen Mengen und können in sterblichen Überresten Gefallener oder Truhen entdeckt werden. Und was schon den Reiz bei Diablo oder Borderlands ausmacht, funktioniert auch hier einwandfrei. Immer wieder treibt einen der Sammelwahn auf die Suche nach besseren Waffen, stärkeren Rüstungen oder mächtigeren Elbensteinen, die dann wiederum als Waffenaufwertungen dienen. Angesichts der Unmenge der Items, die gefunden und sortiert werden wollen, treibt einen das Inventar fast in den Wahnsinn. Unübersichtlich, unpraktisch, unschön. Items fallen lassen geht nur über Umwege. Dass man Items verschieben kann, wird erst gar nicht gesagt, oder gar erklärt wie, dies darf man schön selbst herausfinden.

Wenn man gerade nicht damit beschäftigt ist, Leichen zu fleddern, Orks zu verbeulen oder durch allzu lineare Levels zu stapfen, kann man durch kleine Dörfer wie Bree oder Rivendell lustwandeln. Entweder ein Abstecher zum Schmied oder zum Händler, oder aber man lässt sich von den Einwohnern massig Rost ans Moped labern. Einerseits ganz nett gemacht, weil man aus mehreren Antworten wählen kann und so sein Hintergrundwissen auffrischen kann. Andererseits ermüden die die gut vertonten aber langatmigen Dialoge sehr schnell. Man kann eine ganze Stunde damit zubringen, sich in Rivendell das Lauschwerk wundquatschen zu lassen. Manchmal springt sogar auch eine kleine Nebenquest heraus, die aber generell kaum der Rede wert sind. Die beschränken sich hauptsächlich darauf, zum Boten degradiert zu werden und im folgenden Gebiet ein paar Dinge einzusammeln. Die bringt man dann dem Questgeber und erhält eine kleine Belohnung. Nicht spannend, aber die Gier, die Gier, sie schwelt in mir. Etwas mehr Tiefgang und Abwechslung hätte den Sidequests dennoch wirklich nicht geschadet, zumal sie so schon recht selten vorkommen. Hier offenbart sich ganz deutlich, dass „Krieg im Norden“ quasi nur ein Action-Rollenspiel ist und nicht mehrere Erzählstränge anreißen will.  

Inszenatorisch schwanken aber nicht nur Dialoge und Nebenquestsystem. Auch dem Kampf hätte etwas mehr Dramatik gut zu Gesicht gestanden. Ein Beispiel: Ein großer Steintroll bahnt sich seinen Weg durch die Schneewehen und denkt ‚Zermatschen‘, als er die Heldengruppe erblickt. ‚Toll‘ könnte man denken ‚endlich mal ein anständiger Bosskampf‘. Doch es kommt anders. Trotz der schieren Größe beschränkt sich der Kampf auf Füße zerpulvern und dann Arme zu Brei klopfen. Und das so lange im Wechsel bis der eingeblendete rote Balken sich an die linke Begrenzung gekuschelt hat. Keine Finisher, keine taktischen Finessen, keine wirkliche Herausforderung. Im Prinzip nur ein großer Ork, der mehr aushält, als die anderen. Soll aber nicht heißen, dass die Kämpfe prinzipiell keinen Spaß machen. Sieht man sich eingekesselt von einer heranrollenden Feindeswelle, kann man sich schon wie in der Schlacht um Helms Klamm fühlen. Für jeden gefällten Gegner springen zwei neue heran und lechzen nach des Helden Halsschlagader. So wirken die Kämpfe auch durchaus dynamisch und trotz des einfachen Systems interessant. Sie wiederholen sich nur zu oft. Die KI wirkt auch nicht unbedingt unterstützend. Gut, von Orks und Goblins erwartet man keinen wallensteinschen Angriffsplan, doch hier kommt der Frust: Des Ogers Keule mäht meinen Zwerg darnieder. Feind um Feind bedrängen seine Gefährten. Diese, heldenmutig und edel, werfen sich dagegen, um dem gefallenen Gefährten zu Hilfe zu eilen. Nur haben sie vergessen, wie ein Schwert zu führen ist. Einmal im Wiederbelebungstrip, kennen die zwei KI-Begleiter nur noch Luftlinie zum Spieler. Dass sie nicht durchkommen, weil das Clipping ihnen einen Strich durch den Laufweg macht, interessiert nicht. Sie fahren so lange widerstandslos Kloppe ein, bis auch sie umfallen. So gehen viele schon gewonnen geglaubte Scharmützel den Bach runter. Ärgerlich.

Auch verstehen es die zwei Begleiter herrlich im Weg zu stehen. Enger Durchgang, im Gänsemarsch tappsen die Beiden hinter einem her. Hat man was vergessen und will zurück, kann man auch das vergessen. Bessere Türsteher findet man nirgends, die lassen einen nicht vorbei. Schuhe scheiße, Rüstung scheiße, du kommst hier net rein!

Man sollte nach Möglichkeit sich ein paar menschliche Mitstreiter suchen. Meist verhalten die sich schlauer als das KI-Gesocks. Dies geht edel über Splitscreen oder online. Sogar beides kombiniert ist möglich, wenn man wirklich gar keine Lust auf dumme KI Begleiter hat. Funktioniert auch ziemlich gut.

Die Kamera hingegen versteht es, zu nerven, richtet sie sich doch niemals selbst aus. In der Hitze des Gefechts kann es schon mal passieren, dass man sich am Innern eines Steins ergötzt, wenn man nicht dazu kommt, manuell mit dem rechten Stick nach zu justieren. Leider fehlt dafür meist die dritte Hand, ist man doch beschäftigt zu laufen und ein paar aufs Fressbrett zu verteilen.

Auch technisch befinden wir uns leider nicht im Dritten Zeitalter. Mimik und Charaktere sind ganz gut eingefangen, jedoch wirkt die Umgebung recht steril. Das liegt zum einen an der Detailarmut und zum anderen an der mediokeren Grafik. Es müssen nicht immer Blender sein, aber trotzdem würde es einfach besser aussehen, sähe es denn besser aus.  

Der Ton macht’s da besser. Gewohnt wunderschöne Musik, atmosphärisch-tragend und ruhig oder auch mal stampfend bei Kämpfen, auf jeden Fall stimmig und kräftig. Auch die Dialoge glänzen ausnahmsweise mit guter Synchronisation, obschon die englischen Stimmen noch immer eine Ecke besser sind. Nur ein ewiger Soundbug nervt, der so klingt, als würde jemand ständig die Skip-Taste am CD-Player vergewaltigen. Das ständige In- und Out-Gefade geht einem mit der Zeit gehörig auf den Kranz. Nichtsdestotrotz ist die Vertonung insgesamt sehr gelungen


Das Fazit von: Beef Supreme

Beef Supreme

Ich gebe zu, ich habe ein wenig mehr erwartet. Gerade die faden Nebenquests und die ewigen Dialoge zerbröseln Einiges an Atmosphäre. Die Kämpfe hätten zwar spannender und abwechslungsreicher gestaltet werden können, aber an Dynamik und Gekröse mangelt es nicht. Nur schade, dass sich Waldläufer, Zwerg und Elb sehr ähnlich spielen. Dennoch hatte ich meinen Spaß. Der Sammeltrieb hat hier wieder erfolgreich zugeschlagen und das „Nur noch ein bisschen weiter, vielleicht finde ich dann die Über-Axt“-Prinzip wirkt sofort. Auch wenn meine Begleiter im Single-Player doof wie Gollum sind, ist es sehr interessant, mal einen Nebenstrang zur Hauptgeschichte zu erleben. Zumal der Multiplayerpart ja gut funktioniert. Dass dabei die Charaktere flach wie Lembas bleiben, hat mich dabei kaum gestört, denn wer schon gut und edel und loyal und hehre gesinnt ist, muss sich nicht mehr weiterentwickeln.


Die letzten Artikel des Redakteurs:


positiv negativ
  • Atmosphärischer Sound...
  • Schicke Architektur...
  • Dynamischer Kampf...
  • Drei spielbare Rassen...
  • Umfangreich
  • Online- und Splitscreen-Coop
  • Ein Fest für Looter
  • Gute (englische) Sprecher
  • Viel über Herr der Ringe erfahrbar
  • ... der von Aussetzern geplagt ist
  • ... aber zu linear
  • ... aber auf Dauer zu eintönig und ohne Höhepunkte
  • ... die sich kaum unterscheiden
  • Grafik nicht mehr aktuell
  • Langatmige Dialoge
  • Öde Nebenquests
  • Grausiges Inventar
  • KI zum Davonlaufen





Kommentare[X]

[X] schließen