Wolfenstein II: The New Colossus

Wolfenstein II: The New Colossus

Publisher: Bethesda
Entwicklerstudio: MachineGames
Genre: Egoshooter
Sub-Genre: Action
Art: Fullprice
Erscheinungsdatum: 27.10.2017
USK 18

Wolfenstein II: The New Colossus   29.10.2017 von GloansBunny

Blaz is back! Nach über drei Jahren Wartezeit bringt Wolfenstein II: The New Colossus nicht nur die PlayStation 4 unserer Redakteurin GloansBunny ordentlich auf Hochtouren, sondern auch sie selbst. Warum? Das lest Ihr in folgendem Review...


Amerika, 1961. Nur wenige Monate sind vergangen, seitdem der Widerstand das Regime unter der Führung des grausamen General Totenkopf in seinen Vormärschen einschränken konnte. Für B.J. Blazkowicz, seines Zeichens Kriegsheld und treibende Kraft im Kampf gegen die Feinde Amerikas, bedeutete dies aber, Opfer bringen zu müssen. Die Exekution eines ihm nahestehenden Menschen, schwere Verletzungen und seine schlimme Kindheit nagen an seiner Psyche und fesseln ihn zudem als Krüppel ans Krankenbett. An Regeneration ist nicht zu denken, schließlich sitzt ihm noch immer die rachsüchtige Obergruppenführerin Irene Engel samt hoch technologischer Soldaten im Nacken. Noch während Blazkowicz an Bord des gekaperten Kanonen-U-Bootes Hammerfaust mit Hilfe seiner Freunde versucht, wieder auf die lädierten Beine zu kommen, entfacht in Nordamerika erneut ein Krieg. Mit spezialisierten Waffen, einer gigantischen Armee und einer wahnsinnigen Führung droht das Regime, die ganze Welt zu überrennen. Blazkowicz muss die verstreuten Zellen des Widerstandes vereinen, um auf amerikanischem Boden dem Regime ein für alle Mal den Marsch zu blasen, koste es, was es wolle. Doch als seine Freunde und Ehefrau Anya, hoch schwanger und kraftlos, in Gefahr geraten, muss sich B.J. entscheiden...

 

Steuerung und Sound: kein Ei gleicht dem anderen, trotz Uniform-Pflicht...

 

"Kennst du einen, kennst du alle" - so lässt sich kurz und knapp das genretypische Controllerlayout von Wolfenstein II: The New Colossus beschreiben. Das Alter Ego setzt nach einem ins Spiel integrierten Tutorial Eure Befehle sehr direkt und präzise um, auch wenn man sich erst ein wenig mit dem zunächst eher gemäßigten Bewegungs- und Zieltempo des lädierten B.J. anfreunden muss. Wie es sich für einen ordentlichen Shooter gehört, müsst Ihr aber auf Feintuning nicht verzichten. Neben verschiedenen Tastenbelegungen für Rechts- und Linkshänder dürft Ihr beispielsweise auch die Sensibilität der einzelnen Achsen individuell auf Euren Spielstil ausrichten, sodass man sich schnell ein für sich selbst optimiertes Steuerungskonzept zurechtschneidern kann. Lediglich das etwas sperrige Kreismenü für die Waffenwahl kann Euch dann noch ausbremsen.

 

Besonders viele Fleißpunkte im imaginären Bonusheftchen sammelt Wolfenstein II: The New Colossus wie eigentlich zu erwarten war einmal wieder im akustischen Bereich. Neben den stimmigen, filmreifen Musikstücken aus der Feder von Mick Gordon (Wolfenstein: The New Order, Prey), die thematisch immer an die Handlung am Bildschirm angepasst sind, können vor allem auch wieder die extrem authentischen Synchronsprecher komplett überzeugen. Auch wenn die Sprache gelegentlich einen Bruchteil zu spät einsetzt, nimmt man den Figuren jede verbale Gefühlsregung sofort ab. Die mal derben, mal emotionalen Dialoge strotzen vor Authentizität, wurden hervorragend ins Deutsche portiert und klingen im Vergleich zum Vorgänger Wolfenstein: The New Order sogar noch einen Hauch besser. Abgerundet wird das bombastische Sound-Spektakel von äußerst eindrucksvollen und auf den Punkt genau platzieren Umgebungsgeräuschen. Neben gewaltigen Detonationen, bedrohlich ratternden Maschinengewehren und surrenden Querschlägern tragen vor allem die kulissenspezifischen Effekte enorm zur dichten Atmosphäre von Wolfenstein II: The New Colossus bei. Wie klingt ein voll besetztes U-Boot unter Minenangriff wohl von Innen? Wer eine vernünftige Surroundanlage sein Eigen nennt, sollte tunlichst auf diese Audioquelle zurückgreifen!

 

Grafik, Gameplay und Umfang: wie kann man jemandem das Wasser reichen, wenn einem selbiges bis zum Hals steht...?

 

Die Ankündigungstrailer waren bereits optisch eine Wucht und sorgten damals für offenstehende Münder und gespannte Vorfreude. "Kann Wolfenstein II: The New Colossus tatsächlich so grandios aussehen?", raunte es in diversen Medien. Um es kurz zu sagen: ja, das kann es! Obwohl das uns vorliegende Review-Muster auf einer normalen PlayStation 4 ohne den "Pro"-Zusatz gespielt wurde, bläst es die Autorin aus visuellen Gründen regelrecht aus dem Sessel. Die alte PS4 arbeitet auf Hochtouren, während sie gestochen scharfe, brillant animierte Zwischensequenzen in höchster Qualität auf den Bildschirm zaubert und die bis ins kleinste Detail stimmigen Figuren und Kulissen zum Leben erweckt. Doch auch abseits der gerenderten Einspieler, die in spektakulären Rückblenden auch die Geschichte des Vorgängers verständlich zusammenfassen, halten Bethesda und MachineGames ihr optisch vollmundiges Versprechen. Ohne jeglichen technischen Mangel brennt die id Tech 6-Engine ein visuelles Feuerwerk höchster Güte ab. Framerate-Einbrüche? Fehlanzeige! Verwaschene, monotone Texturen? Ein Fremdwort! Hölzerne Animationen und statische Kulissen? Wie schreibt man das? Wie viel Liebe und Arbeit in dem Spiel steckt, spürt man vor allem, wenn man das herrlich frische Setting genauer betrachtet. Bereits in den ersten Abschnitten im gewaltigen Kanonen-U-Boot Hammerfaust, welches als Basis des Widerstandes dient, gibt es so viele Dinge zu entdecken, wie in in mehreren anderen Shooter zusammen. Von riesigen Turbinen über fein gezeichnete, individuelle Figuren bis hin zu kleinsten Miniatur-Details stimmt optisch bei Blazkowiczs neuem Abenteuer einfach alles. Da zieren persönliche Fotos die Kabinen der Crew, lagern verschiedene Lebensmittel inklusive Preistafel in der Kantine oder fordern gestochen scharfe Plakate zu Widerstand gegen das Regime auf. Größere Areale wie etwa die Städte New Orleans oder das zerstörte New York fahren zudem noch andere Geschütze in Form von satten Licht- und Schatteneffekten, realistischen Animationen (die übrigens auch wieder auf die Kills zutreffen) und gelungener Weitsicht auf. Und das alles in "schön". Wolfenstein II: The New Colossus lässt Euch permanent staunen, betrachten und genießen, lädt zum Verweilen ein und lässt optisch stets das wohlige Gefühl zurück, dass kaum eine Oberflächentextur der anderen gleicht. Wow!

 

Auch inhaltlich ist Wolfenstein II: The New Colossus stimmig. Die tollen Kulissen sorgen mit ihren zahllosen Details und dem typischen Wolfenstein-Erscheinungsbild für ein wohliges Nachkriegs-Flair. Das lineare Leveldesign lässt Euch zwar nur wenig Freiheiten, garantiert mit zahllosen Fundstücken wie etwa Zeitungen, Tagebucheinträgen oder Schallplatten aber dennoch einen hohen Wiederspielwert. Aus "Ich hab alles abgesucht, fein säuberlich!" wird nach einem Blick ins informative Inventar schnell ein "Verdammt, ich hab doch irgendwie was übersehen!". Da Ihr die meiste Zeit über mit solider Shooter-Kost versorgt und damit beschäftigt seid, zahllose Regime-Soldaten, bissige Hunde oder gewaltige Maschinen zu bekämpfen, bleibt kaum Zeit für eine Verschnaufpause. Und so ballert Ihr Euch mit dem Sturmgewehr durch Gegnermassen, sprengt Euch mit Granaten den Weg frei oder setzt Ihr mit schweren Waffen wie etwa dem Lasergewehr ein deutlich sichtbares Zeichen, gerne auch mit einer Wumme in jeder Hand. Bis auf die ganz schweren Geräte dürft Ihr zudem kleinere Umbaumaßnahmen durchführen, indem Ihr spezielle, rar gesäte Verbesserungs-Kits verwendet. Binnen eines Tastendrucks wird so aus der schwammigen Maschinenpistole ein schallgedämpfter Todbringer und aus dem Sturm- ein Scharfschützengewehr mit Zielfernrohr und panzerbrechender Munition. Gerade ab dem dritten von insgesamt sieben wählbaren Schwierigkeitsgraden wirkt sich jede Modifikation spürbar aufs Spielgeschehen aus, ohne dabei auf die hohen spielerischen Anforderungen zu verzichten. Denn eines ist sicher: ab Schwierigkeitsgrad Drei werdet Ihr oft sterben, in den ganz hohen sogar sehr oft. Gut, dass neben den fair platzierten Rücksetzpunkten auch eine manuelle Speicherfunktion im Menü zu finden ist, die man auch lieber einmal zu oft nutzen sollte. Gesundheits-, Rüstungs- und Munitionreserven findet Ihr zwar an jeder Ecke, da Blazkowiczs Limit aber stark begrenzt ist und jede Überschreitung des selbigen zeitnah wieder zurück fällt, verliert man seinen Zustand schnell aus den Augen. Ganz der Old-School-Shooter eben!

 

Bildergalerie von Wolfenstein II: The New Colossus (5 Bilder)

Wer es lieber eine Spur leiser mag, der darf auf rudimentäre, aber stets verfügbare Stealth-Mechaniken zurückgreifen. Einen Marker, ob Ihr getarnt oder sichtbar seid gibt es zwar ebenso wenig, wie gute Versteckmöglichkeiten, aber mit ein wenig Übung und genauer Beobachtung lernt Ihr schnell, wie die gegnerische KI tickt. Ihr schleicht Euch so mit Blazkowicz hinterrücks an Gegner an (vorzugsweise per optionalem Umweg über Schächte, Tunnel oder sonstige "Geheimwege") und setzt diese beispielsweise mit einem gezielten Nahkampfangriff lautlos außer Gefecht. Oder Ihr werft ihnen einfach aus der Distanz eine Axt in und an die behelmte Birne, bis selbige sich in eine rote Wolke aus Blut und Hirnmasse verwandelt. Diese Finisher sind nicht nur effektiv bei einzelnen Feinden, sondern (wie übrigens das gesamte Spiel) mit detaillierten Splatter-Effekten recht hübsch anzusehen. Der hohe Gewaltgrad mit Verzicht auf verfassungswidrige Symbole und Namen passt dabei perfekt zur wieder einmal überragenden Charakterzeichnung, die mit ihrer Individualität und den tiefsinnigen Hintergrundgeschichten die Hauptakteure im Atmosphären-Akt sind. Wolfenstein II: The New Colossus gelingt mit Figuren wie dem wirren Forscher Seth, der schlagfertigen Grace oder dem debilen Max der perfekte Spagat zwischen mitreißender, wendungsreicher Story, Ernsthaftigkeit und Humor- und das auch abseits der überragenden Zwischensequenzen. Gerade wenn man ruhigere Minuten an Bord der Hammerfaust verbringt, lohnt es sich, mit gespitzten Ohren und wachem Blick eine Runde oder gerne auch zwei zu drehen. Die vielen Dialoge, die die Crew miteinander führen, solltet Ihr durchaus einmal bewusst wahrnehmen, denn hier ist die eh schon brachiale Atmosphäre mit am dichtesten. Da wird um den Verwendungszweck des bootseigenen Mastschweins gestritten, finden Schwangerschafts-Allüren mit Erdnussbutter ihren Meister oder wird über bestimmte Crewmitglieder gelästert, was die Ideenkiste so hergibt. Grandios! Und ehe Ihr es Euch verseht, flimmert nach rund 10 bis 15 Stunden purer Wolfenstein-Gaudi der Abspann über den Bildschirm. Doch keine Sorge: Ihr werdet nochmal von neuem beginnen, ganz sicher. Schließlich habt Ihr noch irgendwo einen Sammelgegenstand übersehen, noch eine Rechnung mit einem der dicken Bosse offen und garantiert noch nicht alle Talente im Vorteilssystem aktiviert. Diese lassen sich nämlich nur freispielen, wenn Ihr bestimmte kämpferische Vorgehensweisen verwendet. So wird aus einem rasenden Blazkowicz, der liebend gern Ölfässer explodieren lässt und mit Granaten um sich wirft im zweiten Durchgang schnell ein bulliger Assassine, der Stealthkills bevorzugt. Außerdem sind da ja auch noch die optionalen Nebenaufgaben wie Attentats- oder Dechiffrierungsmissionen, die zweite Zeitlinie, Minispiele und die authentischen Rückblenden in Blazkowiczs Vergangenheit, die man unbedingt noch erledigen muss...



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Das Fazit von: GloansBunny

GloansBunny

Die Vorfreude auf Wolfenstein II: The New Colossus war definitiv nicht unberechtigt, denn hier stimmt fast alles. Klar, die Spielmechanik beschränkt sich auf einen klassischen Old-School-Shooter mit einem spärlichen Stealth-System, das nicht immer tadellos funktioniert. Aber schließlich wollte in diesem Genre niemand das Rad neu erfinden, weshalb Wolfenstein II: The New Colossus eben einfach ganz andere, extrem effektive Geschütze auffährt. Die Kombination aus einer mitreißenden, spannenden Story, extrem vielschichtigen Charakteren, zahllosen liebevollen Details und einer guten Portion Ernst, aber auch Humor erzeugen eine so dermaßen dichte Atmosphäre, dass man nicht genug bekommen kann. Der hohe Gewaltgrad samt toller Optik passt zudem perfekt zu gelungenen, hervorragend synchronisierten Dialogen. Ballern, sammeln, entdecken und dabei nicht unterfordert werden- dass macht einen guten Shooter aus. Es bleibt garantiert nicht bei einem einzigen Durchgang mit dem Terror Billy, wenn ich könnte, würde ich eine 9,5er Wertung geben, doch ich kann nicht. Deshalb entschuldigt mich bitte, ich geh nochmal schnell auf Zeitreise mit Wolfenstein II: The New Colossus. Oder wie Grace zu sagen pflegte: "Sonst stopf' ich Ihnen eine Granate in den A... und sehe mit Freude dabei zu, wie Ihre Eingeweide von der Decke tropfen!"


Die letzten Artikel der Redakteurin:


positiv negativ
  • Extrem dichte Atmosphäre und spannende Story
  • Mitreißende, authentische Charaktere
  • Gesunde Mischung aus Ernst und Humor
  • Bombastische Grafik, enormer Detailgrad
  • Cineastischer Soundtrack, grandiose Synchronsprecher
  • Abwechslungsreiche Missionen und Kulissen
  • Viele Sammelgegenstände und Hintergrundinformationen
  • Solide Shooter-Kost mit kleinen Stealth-Allüren
  • Alternative Wege und Vorgehensweisen
  • Cooles Waffenarsenal mit Upgrade-Funktion
  • Stealth-System nur rudimentär und austauschbar
  • Steuerung etwas träge





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