Freaks Out
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BEWERTUNG |
06.06.2023 von MarSMit seinem Antihelden-Film Sie nannten ihn Jeeg Robot hatte der italienische Filmemacher Gabriele Mainetti im Jahr 2015 einen echten Independent-Hit gelandet. Nun meldet er sich mit dem deutlich höher budgetierten Fantasy-, Action-, Kriegsfilm- und Drama-Mischling Freaks Out zurück, und konnte damit bereits das Publikum des 78. Filmfestivals in Venedig für sich gewinnen. Jetzt startet dank Leonine Studios / Square One Entertainment der Vormarsch in die Heimkinos...
Inhalt
Italien im Jahr 1943. Als wäre das Leben für Matilde (Aurora Giovinazzo), deren Körper elektrische Energie absondert, den am ganzen Körper behaarten und mit übermenschlicher Kraft ausgestatteten Wolfsmenschen Fulvio (Claudio Santamaria), den Albino Cencio (Pietro Castellitto), der in der Lage ist mit Insekten zu kommunizieren, und den magnetischen Mario (Giancarlo Martini) nicht schon schwer genug, ist die deutsche Armee unaufhaltsam weiter auf dem Vormarsch, und macht gnadenlos Jagd auf Minderheiten und Außenseiter. Im Zirkus ihres Ziehvaters Israel (Giorgio Tirabassi) haben die vier zwar Zuflucht und eine Familie gefunden, doch auch er steht als Jude kurz davor, das Land zu verlassen. Als Israel eines Tages spurlos verschwindet, macht sich Matilde gemeinsam mit den anderen Freaks auf die verzweifelte Suche nach ihm, und stößt dabei auf den vom fanatischen SS-Offizier Franz (Franz Rogowski) geführten "Zirkus Berlin" inmitten Roms. Doch Franz hat eine ganz besondere Gabe, und wartet deshalb schon sehnsüchtig auf die Ankunft seiner neuen Attraktionen...
Freaks Out lässt sich so wenig in eine Schublade stecken, wie dies mit den Protagonisten und dem Antagonisten des Films selbst möglich ist - und genau das ist auch verdammt gut so! Alles beginnt wie ein märchenhafter Fantasyfilm, verzaubert den Zuschauer mit der Einführung der zentralen Figuren - und schlägt einem dann direkt das erste, nicht aber das letzte Mal mit geballter Faust mitten ins Gesicht. Mal sind Mainettis Bilder zauberhaft schön, dann wieder grauenhaft düster, und im nächsten Moment schockierend brutal. Freaks Out ist ein Film der Kontraste, sei es auf emotionaler, visueller oder auch akustischer Ebene, ein Film über Menschlichkeit, Hoffnung und Freiheit, ebenso wie über Hass, Ausgrenzung und Gewalt. Dabei gelingt Gabriele Mainetti nicht nur eine optische Wucht, die selbst große Blockbuster oftmals nicht erreichen, sondern auch eine emotionale Tiefe, die in perfekter Balance mit den dramatischen Ereignissen steht. Ebenso gelungen ist hier der Drahtseilakt zwischen (teils sehr schwarzem) Humor, gefühlvollen Momenten und drastischer Kriegsfilm-Action, die auch vor Folterung und Verstümmelungen nicht zurückschreckt. Perfekt nutzt Freaks Out das Zeitgeschehen, um die Atmosphäre sowie die zentralen Kernaussagen der Handlung zu verstärken, während Mainetti stilistisch einige sehr gelungene Experimente einsetzt, die das Geschehen unweigerlich auf die ein oder andere Art und Weise mit der heutigen Zeit in Verbindung bringen - künstlerisch ebenso wertvoll, wie erzählerisch absolut unterhaltsam und bemerkenswert einfallsreich.
Unterdessen offenbaren sich zwei Figuren, die das Geschehen ohne jeden Zweifel dominieren. Da wäre zum einen Matilde, ein junges Mädchen, das ihre Fähigkeiten kaum kontrollieren kann, und das bisher niemals so etwas wie Nähe oder Zuneigung spüren durfte, um niemanden zu verletzen. Sie steht klar im Mittelpunkt der Handlung, führt als zentrale Identifikationsfigur durch die Ereignisse, und ist im Verlauf dazu gezwungen, an ihren Herausforderungen zu wachsen sowie sich stetig auf gleich mehreren Ebenen weiterzuentwickeln. Hier leistet Aurora Giovinazzo wirklich hervorragende Arbeit, und stemmt diese Aufgabe mit Bravour. Ihr gegenüber steht allerdings das Highlight des Films: Der absolut wahnsinnige SS-Offizier Franz, genial dargestellt von Franz Rogowski. Einerseits eine comichaft überzeichnete Witzfigur, andererseits ein erschreckender Psychopath, in jedem Fall aber absolut faszinierend ist dieser Charakter zweifellos ein verstörendes Individiuum, dem man sich nicht entziehen kann. Und spätestens wenn klar wird, welche Gabe diese Figur besitzt, und wie Gabriele Mainetti diese für seine Inszenierung einzusetzen weiß, wird auch dem letzten im Publikum klar, dass man es hier mit einem ganz besonderen Werk zu tun hat, das sich jeglicher Genre-Grenzen entzieht...
Details der Blu-ray
Genau wie der Film selbst leistet sich auch die Blu-ray kaum Schwächen. Abgesehen von einer gelegentlich etwas ausgeprägteren Körnung in dunklen Bildbereichen ist das Bild absolut scharf, detailreich und sauber, die Farbgestaltung ist leicht reduziert aber natürlich, und der Kontrastumfang ist durchwegs kräftig und ausgewogen eingestellt. Auch der Schwarzwert bewegt sich ausnahmslos auf sehr gutem Niveau. Gleichermaßen überzeugend ist die in DTS-HD 5.1 abgemischte Tonspur ausgefallen, die sich als sehr dynamisch und raumfüllend erweist. Gerade die vielen rasanteren Sequenzen sowie die Actionszenen wissen hier durch ein teilweise brachiales Sounddesign zu gefallen, während sowohl Effekte wie auch Umgebungsgeräusche und Stimmen zu jeder Zeit sauber im Raum verortbar wiedergegeben werden. Cover & Bilder © SquareOne Entertainment Das Fazit von: MarS
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