Mann beisst Hund

Mann beisst Hund

Originaltitel: C\'est arrivé près de chez vous
Genre: Mockumentary
Regie: Rémy Belvaux
Hauptdarsteller: Benoît Poelvoorde • Rémy Belvaux
Laufzeit: ca. 96 Min.
Label: Studiocanal
FSK 18

Mann beisst Hund   24.04.2013 von Benji

Falsche Dokumentationen sind im Bereich der Spielfilme keine Neuheit. Vor allem in den letzten Jahren, haben viele Filmemacher verstärkt auf diese Techniken zurückgegriffen, um ihren Produktionen einen falschen Hauch von Realismus zu verleihen. Mann beißt Hund stammt allerdings bereits aus den frühen 90ern, als derlei Tricks noch in den Kinderschuhen steckten. Wie erschreckend realistisch der Film dennoch wirkt, kann einen mitunter überraschen …

 

Benoît (Benoît Poelvoorde) ist kein gewöhnlicher Mensch. Obwohl er sich in der Gegenwart seiner Freunde und seiner Familie relativ normal verhält, steckt hinter seiner kleinbürgerlichen Fassade ein grausamer Psychopath. Einer kleinen Filmgruppe gibt er einen Einblick in sein Leben. In diesem ist er ganz offensichtlich vernarrt in seinen selbstgewählten Beruf – Benoît ist Serienmörder und tötet wahllos Kinder, Frauen und alte Menschen, um an ihr Geld heranzukommen.

 

Die Dokumentarfilmer um den jungen Regisseur Rémy Belvaux, biedern sich dem puren Wahnsinn an. Zwischen kaltblütigem Mord und freundlichem Familienidyll liegt meist nur ein kleiner Schnitt. Das wird dem Zuschauer schon direkt zum Anfang der falschen Dokumentation (in Fachkreisen Mockumentary) gezeigt, wenn in einem schonungslosen zusammenschnitt eine Reihe der erschreckend realistischen Tötungsszenen des Filmes offenbart werden. Schnell wird klar, dass Mann beißt Hund kein Film für seichte Gemüter ist.

 

Eine der ersten Szenen des Filmes spiegelt den Wahnsinn hinter der Rolle Benoîts wieder. Während er eine eingewickelte Leiche mit Gewichten beschwert, erläutert er den Trick hinter dem sicheren Versenken eines toten Körpers. Das dreifache Gewicht für einen normalen Menschen, das Zweifache für Zwerge und das Vierfache oder Fünffache für Kinder und alte Menschen. Letztere haben immerhin poröse Knochen, in denen sich Luft ansammeln kann. All das erzählt der Protagonist in einem freundlichen Ton. Fast schon charismatisch wirkt er da, während die Filmcrew noch versucht den seichten Schleier der unabhängigen Berichterstattung zu wahren. Ob er damit noch nie Probleme gehabt habe, fragen sie ihn und Benoît weiß nicht mal, worauf sie anspielen. In gekonnter Gleichgültigkeit führt er seinen Monolog über die wichtige Wahl des Ballasts weiter. Eine Frage von Physik und Mathematik. Mehr ist der Tötungsakt in diesem Moment nicht.

 

Es dauert nicht lange, da verlieren die Beobachter ihren neutralen Status. Eingelullt in die freundlichen Worte ihres psychopathischen Hauptdarstellers werden sie schon bald zu Mittätern, helfen beim Verstecken der Leichen und lernen das Töten aus erster Hand kennen.

 

Mann beißt Hund ist erschreckend realistisch. Während dem Zuschauer in den ruhigen Szenen die heile Welt von Benoîts Familie gezeigt wird, folgt meist nach nur einem kleinen Schnitt die nächste grausame Tötungsszene. Die sind wiederum so realistisch inszeniert, dass es einem als Zuschauer nur gruseln kann. Eine alte Frau sackt bei einem Herzinfarkt leise zusammen, eine Hausbesitzerin liegt am Boden und schüttelt sich vor Krämpfen, nachdem der Psychopath sie frontal ins Gesicht geschlagen hat. Fast ist man gewollt, die Produzenten für diese Form des Realismus zu verdammen. Zu einfach könnte man bei jeder dieser Szenen emotionslos vorm Fernseher sitzen. Wären sie nur so stumpf umgesetzt, wie bei den meisten Actionfilmen dieser Tage.

 

Bildergalerie von Mann beisst Hund (6 Bilder)

Und noch etwas anderes sorgt für einen unangenehmen Realismus. Sowohl Hauptdarsteller wie Filmcrew haben darauf verzichtet, sich für den Film Charakternamen zu geben. Der Regisseur spielt sich selbst und macht seine Rolle dabei erschreckend gut. Man stelle sich vor, all das wäre eine echte Dokumentation über einen eiskalten Psychopathen und die ganze Welt schaut nur zu. Allzu fern ist der Gedanke nicht, nachdem man den Film gesehen hat. Das einzige und gleichzeitig beste Argument dagegen ist aber wohl der Protagonist Benoît Poelvoorde. Der hätte wohl kaum eine so glänzende Schauspielkarriere gehabt, wäre dieser Film eine echte Dokumentation.

 

Wer sich nicht abschrecken lassen hat, der kann sich Mann beißt Hund nun auf Blu-Ray besorgen. Die bewusst genutzte schwarz-weiß Optik mit den kleinen Rauscheffekten muss man allerdings trotzdem verschmerzen. Dafür bleibt das Bild selbst in den dunkelsten Szenen auf diesem Release gut zu erkennen. Da allerdings selbst der Ton nur auf einer Spur kommt, bleibt der Kauf der Blu-Ray wohl nur hartgesottenen Filmliebhabern vorbehalten. Alle anderen können auch ohne Probleme zur DVD greifen.



Cover & Bilder © Studiocanal GmbH


Das Fazit von: Benji

Benji

Nachdem man mir diesen Film ans Herz gelegt hat, war ich neugierig. Mann beißt Hund gehört zu den wenigen Kultfilmen, die Europa hervorgebracht hat und das ist durchaus eine Leistung. Doch diese falsche Dokumentation ist nichts für sanfte Gemüter. Der Grad des Realismus ist erschreckend hoch. Nicht mit einem Übermaß an falschen Gedärmen und Blut schaffen es die Produzenten hier zu schockieren, sondern mit der Erschaffung eines charismatischen Monsters. Während sich Benoît in der Familie als liebenswürdiger Sohn gibt, ist er bei seinen Opfern gnadenlos. Man mag diese Mischung als Zuschauer ungläubig beäugen, doch die Realität gab den Machern zuletzt leider immer wieder recht.


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