Pearl
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BEWERTUNG |
28.06.2024 von MarSMit X hatte Filmemacher Ti West im Jahr 2022 nicht nur das Horror-Genre auf den Kopf gestellt, sondern gleichzeitig auch seine Hauptdarstellerin Mia Goth zu einer regelrechten Ikone gemacht. Mit Pearl, dem zweiten Teil der geplanten Trilogie, erzählt West nun die Vorgeschichte zum Slasher-Hit, und bietet Mia Goth damit erneut eine Bühne, um sich auszutoben...
Inhalt
Texas, 1918. Während ihr Mann sich im Krieg befindet und die Spanische Grippe das Land heimsucht, fristet die junge Pearl (Mia Goth) ihr Dasein auf einer abgeschiedenen Farm. Ständig dem Druck ihrer verbitterten Mutter Ruth (Tandi Wright) ausgesetzt, und zur Pflege ihres gelähmten Vaters (Matthew Sunderland) verdammt, wünscht sich Pearl nichts sehnlicher, als Tänzerin zu werden, und den tristen Ort ihrer Kindheit verlassen zu können. Als ausgerechnet in ihrer Heimatstadt ein Vortanzen angesagt wird, scheint für Pearl endlich ihre große Stunde geschlagen zu haben, doch der aus ihren Plänen resultierende Streit mit ihrer Mutter führt letztendlich nur dazu, dass sich die in Pearl schlummernde Wut endgültig einen Weg an die Oberfläche bahnt...
Pearl ist erneut ein typisches Ti West Werk. Und das bedeutet nicht einfach nur, dass das Ganze extrem kunstvoll arrangiert und von einem großartigen Stil geprägt ist, sondern auch, dass West ein weiteres Mal nicht nur Genre-Fans, sondern ausgerechnet die Fans des Vorgängers (beziehungsweise inhaltlichen Nachfolgers) bewusst vor den Kopf stößt, um etwas völlig Eigenes zu erschaffen. Wo die ausführliche Charaktervertiefung in X den gesamten Film noch vom banalen Genre-Einerlei unterschieden hatte, widmet sich Pearl beinahe ausnahmslos seiner namensgebenden Hauptfigur, und zelebriert deren Entwicklung beziehungsweise das Erwachen dessen, was bereits in ihr steckte, mehr als ausgiebig und mit völliger Hingabe, wogegen das, was man sich in Anbetracht des Vorgängers eigentlich erwartet hatte, bewusst ignoriert wird. Mia Goth spielt sich hier zweifellos die Seele aus dem Leib, schildert auf beeindruckende Art und Weise die Mannigfaltigkeit ihrer Figur, die von zerbrechlich über kindlich-naiv bis hin zu emotional labil und psychopatisch reicht, und festigt damit mühelos ihre Position als neue Horror-Ikone. Spätestens ihr finaler Monolog, bevor die Dinge ihrem unausweichlichen Ende entgegensteuern, gehört mit zum Besten, was man im Genre - und von einer einzelnen Darstellerin - lange Zeit gesehen hat. Eingebettet ist das Ganze in absolut stilsichere Bilder, die sich auch hier deutlich vom Vorgänger unterscheiden, und nicht nur optisch, sondern auch durch zahlreiche andere Elemente und geschickt verwobene Querverweise an Der Zauberer von Oz erinnern. Statt körnigen, dreckigen Bildern dominieren nun blitzsaubere, satte und absichtlich beinahe überstrahlende Farben die Szenerie, was auf bemerkenswerte Weise eben das kontrastiert, was hier unter der Oberfläche lauert. Dieses Lauern in Verbindung mit dem vollständigen Fokus auf eine einzelne Figur dürfte allerdings genau das sein, was vielen den Spaß an Pearl verderben wird, denn abgesehen von Goths erneuter Glanzleistung (und der nicht minder starken Performance ihrer Filmmutter Tandi Wright, die mit ihrer intensiven Darbietung vom ersten Moment an einen der wohl hassenswertesten Charaktere überhaupt erschaffen hat) bleiben Sex und Gewalt - ganz im Gegensatz zu X - dieses Mal sehr selten eingesetzte Elemente. Beinahe unverständlich ist hier sogar die Freigabe ab 18 Jahren, denn wo die Gewaltspitzen in X noch geradezu schockierend und brachial in Szene gesetzt wurden, zeigt sich Pearl wesentlich zurückhaltender und zumindest im sichtbaren Bereich deutlich zahmer. Was hier jedoch im psychologischen Bereich wie auch im Kopf des Zuschauers geschieht, das rechtfertigt die erhöhte Freigabe mehr als eindrucksvoll...
Details der 4K UHD
Die 4K UHD von Pearl kratzt zweifellos an Höchstwerten, und das obwohl - oder auch gerade weil - Ti West sich für einen künstlich erzeugten Technicolor-Look entschieden hat. Einerseits harmoniert dieser hervorragend mit den Referenzen an Der Zauberer von Oz, andererseits aber auch mit der Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist. Bereits die Blu-ray kann hier auf ganzer Linie überzeugen, doch die 4K UHD erzeugt dabei endgültig eine bemerkenswerte Farbtiefe, die vom tollen Kontrastumfang noch weiter verstärkt wird. Die Schärfe ist unterdessen durchwegs großartig, ebenso die Darstellung selbst feinster Details. Nicht minder gelungen ist der ausgeprägte Schwarzwert der 4K UHD, der dunkle Bildbereiche auch wirklich dunkel wiedergibt, ohne dabei wichtige Feinheiten zu verschlucken. Auch im akustischen Bereich leistet die 4K UHD tolle Arbeit, denn die in Dolby Atmos abgemischte Tonspur zeichnet sich durch eine starke Dynamik sowie eine kraftvolle Wiedergabe im gesamten Boxenspektrum aus. Vor allem Score und Umgebungsgeräusche sorgen für eine starke Atmosphäre, während Dialoge zu jeder Zeit klar und sauber wiedergegeben werden. Die Blu-ray bietet übrigens die gleiche hochwertige Tonspur, und steht der 4K UHD damit in Nichts nach. Cover & Bilder © Turbine Medien GmbH Das Fazit von: MarS
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