The Reckoning

The Reckoning

Originaltitel: The Reckoning
Genre: Horror • Historiendrama
Regie: Neil Marshall
Hauptdarsteller: Charlotte Kirk • Joe Anderson
Laufzeit: DVD (107 Min) • BD (111 Min)
Label: Capelight Pictures
FSK 16

The Reckoning   27.05.2021 von MarS

Wenn man stark vorlegt, hat man es danach schwerer. So einigen Filmemachern war es nach anfänglichem Erfolg nicht mehr vergönnt, mit späteren Werken an eben diesen anzuknüpfen. Auch an dem Briten Neil Marshall schien dieser Kelch nicht vorüberzugehen, bis er schließlich mit Hellboy - Call of Darkness - zumindest für viele Filmfans - seinen bisherigen Tiefpunkt erreichte. Mit The Reckoning versucht Marshall nun noch einmal an alte Erfolge anzuknüpfen...

 

Inhalt

 

Im England des Jahres 1665 wütet die Pest, während überall im Land Inquisitoren vermeintliche Hexen verfolgen, foltern und töten. Auch Grace (Charlotte Kirk) hat ihren Mann Joseph (Joe Anderson) an den schwarzen Tod verloren, und steht nun kurz davor, die im Besitz des Gutsherren Squire Pendleton (Steven Waddington) stehende Farm verlassen zu müssen. Als dieser die erforderliche Pacht durch körperliche Bezahlung einfordert, weist ihn Grace mit Gewalt zurück, und besiegelt dadurch ihr eigenes Schicksal sowie das ihres Kindes. Squire verbreitet im Ort das Gerücht, Grace sei eine Hexe, und wendet sich an den brutalen Hexenjäger John Moorcraft (Sean Pertwee), um ihr ein Geständnis zu entlocken. Doch auch als die Folter immer unerträglicher wird, ist Grace fest entschlossen, wenigstens ihre Tochter in Sicherheit zu wissen...

 

Starke Frauenfiguren und satte Gewaltspitzen, verpackt in einen Mix, der sich zwischen diversen Genres bewegt. Dieses Rezept sorgte in Neil Marshalls The Descent - Abgrund des Grauens für den weltweiten Durchbruch und allerlei internationales Lob. Warum es also nicht noch einmal versuchen? Auch The Reckoning lässt sich nur schwerlich einordnen, denn lange Zeit weiß man eigentlich nie genau, wohin die Reise wohl gehen wird. Allerdings ist das weniger einer gelungenen Spannungskurve oder dem Aufbau der Erzählung zu verdanken, sondern vielmehr der Tatsache, dass die gesamte Inszenierung in sich nicht wirklich harmonisch wirkt und mit zunehmender Laufzeit sogar immer weniger neue Ideen parat hält, welche die Handlung am Laufen halten könnten. Dabei ist der Einstieg durchaus atmosphärisch und packend, denn The Reckoning gelingt es sowohl visuell als auch darstellerisch, eine hervorragende und äußerst düstere Grundlage für die folgenden Ereignisse zu erschaffen. Auch der Übergang zur Tortur eines Hexenprozesses weiß nicht nur zu überzeugen, sondern durch seine Grausamkeit ein unwohles, schockiertes Gefühl zu hinterlassen - und das, obwohl Neil Marshall dankenswerterweise geschickt darauf verzichtet, im Bereich der Folterungen explizite Aufnahmen zu liefern. Allerdings wird der folgende Verlauf recht schnell ermüdend, denn der gesamte Mittelteil besteht hier aus einer losen Abfolge von mittelalterlichen Folterinstrumenten, Kerkeraufenthalten, finsteren Visionen und der kraftvollen Weigerung, ein Geständnis abzulegen. Und das in einer optischen Darstellung, die sowohl bei den Settings, als auch den Darstellern (allen voran dem Folteropfer selbst) viel zu glattgebügelt und sauber wirkt, was so gar nicht zum schmutzigen, stinkenden Mittelalter passen will. Das mag vielleicht dem Fakt geschuldet sein, dass Marshalls Lebensgefährtin Charlotte Kirk sowohl am Drehbuch beteiligt war, als auch die Hauptrolle übernommen hat, und wohl nicht bereit war, sonderlich viel "Mut zur Hässlichkeit" zu offenbaren - stimmig ist das Ganze aber dennoch nicht. Woran es dem Ganzen letztendlich aber am meisten fehlt, das ist eine klare Richtung. War der Genremix in The Descent - Abgrund des Grauens oder dem Debütfilm Dog Soldiers noch stimmig und gewollt, so ist in The Reckoning nie wirklich klar, was Marshall mit seiner Erzählung eigentlich bezwecken will. Teuflische Visionen suggerieren einen Horrorfilm, die Folterszenen erscheinen wie Torture-Porn, das Finale ist ein rasantes Rache- und Splatterfest, und drum herum ist alles eigentlich "nur" ein bedrückendes Historiendrama. Am Ende ist The Reckoning schön anzuschauen, hochwertig produziert und durchaus atmosphärisch, Fans seiner Anfangswerke kann Marshall aber auch dieses Mal nicht zufriedenstellen.

 

Bildergalerie von The Reckoning (6 Bilder)

Details der Blu-ray

 

Das Bild der Blu-ray ist im Gesamtbild ordentlich, kann seine Schwächen aber nur spärlich verbergen. Auf der einen Seite ist das Ganze - ähnlich wie die Inszenierung selbst - fast schon zu sauber für das mittelalterliche Setting, auf der anderen Seite trüben aber auch ein recht schwacher Kontrast sowie ein unstabiler Schwarzwert den allgemeinen Eindruck. Besser fällt die Tonspur aus, die zwar im Dialogbereich hier und da etwas zu leise ausfällt, im Großen und Ganzen aber dynamisch und kraftvoll abgemischt wurde. Zudem erschafft der Ton dank schöner Kanaltrennung und gezielter Verteilung von Effekten und Umgebungsgeräuschen bei Bedarf eine ansprechende Atmosphäre.



Cover & Bilder © capelight pictures OHG


Das Fazit von: MarS

MarS

The Reckoning ist leider ein Film, der sich nicht so recht entscheiden kann, was er eigentlich will. Das durchaus interessante Setting wurde einfach nicht konsequent genug genutzt, und so wirkt das ohnehin viel zu saubere und glatte Geschehen eher ermüdend als wirklich schockierend. Für einen Horrorfilm gibt es zu viel Historiendrama, für ein Historiendrama zu viel Splatter, und für einen Splatterfilm zu wenig explizite Szenen. The Reckoning ist insgesamt gut anschaubar, jedoch bleibt Neil Marshall ein weiteres Mal weit entfernt von seinen früheren Erfolgen.


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