Das Lehrerzimmer
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BEWERTUNG |
11.01.2024 von Dan DeMento
Erstmal klingt der Titel wie der jeder deutschen Komödie der letzten zehn Jahre. Dass İlker Çataks Film Das Lehrerzimmer in eine ganz andere Kerbe schlägt, wird aber schon nach wenigen Minuten klar. Wie gut uns das gefallen hat, verraten wir euch.
Inhalt:
Die junge Lhererin Carla (Leonie Benesch) ist neu an ihrer Schule und hat ihren alteingesessenen Kolleginnen und Kollegen entsprechend noch einiges an Motivation und Idealismus voraus. Schon seit längerem stören Diebstähle den Schulfrieden und ausgerechnet in der Klasse, in der Carla Sport und Mathematik unterrichtet, scheint der Täter gefunden. Erschüttert von den Maßnahmen ihres Kollegen Thomas (Michael Klammer) und der Schulleiterin Dr. Böhm (Anne-Kathrin Gummich), die das Filzen der Geldbeutel der Kinder und Verhöre mit Verschwiegenheitsverpflichtung beinhalten, beschließt sie spontan, durch versteckte Filmaufnahmen im Lehrerzimmer selbst zu ermitteln. Das Video enttarnt auch sehr schnell die beliebte Sekretärin Frau Kuhn (Eva Löbau) als Täterin. Doch als diese ihre Schuld vehement leugnet, gerät auch Carla unter Beschuss, und es entbrennt ein Chaos um Anschuldigungen, Persönlichkeitsrechte, Isolation und Mobbing - und letzteres trifft vor allem Carlas Schüler Oskar (Leonard Stettnisch), den Sohn von Frau Kuhn.
Die Prämisse klingt vermutlich erstmal gar nicht so spannend: Ein deutscher Film über eines der deutschesten Themen überhaupt: Die Schule. Man fühlt sich sofort an Filme wie Frau Müller muss weg!, dessen Quasi-Fortsetzung Eingeschlossene Gesellschaft oder auch die drei Fack ju Göhte Filme erinnert, die jetzt allesamt nicht gerade für große Filmkunst stehen. Doch wenn man dann sieht, dass für Drehbuch und Regie İlker Çatak verantwortlich ist, der schon 2020 für Es gilt das gesprochene Wort in ebendiesen Kategorien für den Deutschen Filmpreis nominiert war, dürfte der geneigte Filmfreund doch ein wenig hellhöriger werden.
Und so ist es auch keine große Überraschung, dass Das Lehrerzimmer sich von den obengenannten Machwerken massiv unterscheidet. Gelacht wird hier wenig, vielmehr wird der Zuschauer schon nach wenigen Minuten in eine extrem unangenehme Stimmung katapultiert, die nicht nur den gesamten Film über bestehen bleibt, sondern sich immer weiter steigert. Das ist einerseits der wirklich dichten und großartigen Inszenierung zu verdanken. Wir verlassen beinahe niemals das Schulgelände und nur sehr selten die Hauptprotagonistin. Sie ist die klare Identifikationsfigur und durch ihre Augen sehen wir, was passiert, und damit teilen wir auch ihre Gefühle, als langsam aber sicher ihre Welt über ihr zusammenbricht. Getragen wird dieser Mikrokosmos - und das ist der zweite große Grund, warum Das Lehrerzimmer so gut funktioniert - von einer bis auf wenige kleine Ausreißer nach unten durchgehend großartigen Besetzung.
Hauptdarstellerin Leonie Benesch dürften zwar die wenigsten daraus wiedererkennen, doch ihre erste große Rolle hatte sie in Michael Hanekes Das weiße Band, unangenehme Geschichte sind ihr also nicht fremd. Doch auch der Rest der Darsteller agiert glaubwürdig, was für Lehrer wie Schüler gilt. Als großer Glückgriff darf man dabei vor allem Leonard Stettnisch als Oskar sehen, der einen nicht unerheblichen Teil der Geschichte auf seinen Schultern trägt.
Die beiden i-Tüpfelchen bieten dann noch die minimalistische, aber großartige Filmmusik von Marvin Miller und die Kameraarbeit von Judith Kaufmann, die den Zuschauer den Film trotz einiger Zeitsprünge fast wie in Echtzeit erleben lässt, was eine Flucht aus dem Strudel der Ereignisse noch unmöglicher macht.
So bleibt abschließend zu sagen, dass Das Lehrerzimmer vermutlich einer der besten deutschen Filme des letzten Jahrzehnts ist, was zahlreiche Auszeichnungen wie fünf Deutsche Filmpreise, der CICAE Art Cinema Award der Berlinale und unzählige Nominierungen bestätigen. Jeder, der Interesse am deutschen Film hat, sollte sich diesen hier definitiv ansehen!
Details der Blu-ray:
Nachdem man sich an das heutzutage recht seltene 4:3-Format gewöhnt hat, bietet die Blu-ray glasklares Bild mit schönen Kontrasten und satten, natürlichen Farben. Auch der Ton kommt gut gemischt aus den Boxen, was sich vor allem beim Score teilweise gut bemerkbar macht. Auch das Bonusmaterial ist sehr ordentlich ausgefallen und bietet einige Interviews sowie geschnittene Szenen.
Cover & Bilder © AlamodeFilm / ©Judith Kaufmann Das Fazit von: Dan DeMento
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