Beau Is Afraid
|
BEWERTUNG |
06.11.2023 von Dan DeMento
Ari Aster, der uns mit Hereditary und Midsommar gleich zwei Meilensteine des modernen Horrorkinos beschert hat, ist zurück - mit einer Horror-Komödie? Wir haben einen genauen Blick auf Beau is Afraid geworfen, in dem Joaquin Phoenix auf eine extrem verwirrende Odyssee geschickt wird.
Inhalt:
Beau (Joaquin Phoenix) ist knapp 50, lebt in einem heruntergekommenen Viertel New Yorks und leidet unter schwerer Paranoia. Diese ist es auch, die ihn den Flug verpassen lässt, der ihn zu seiner Mutter Mona (Patti LuPone) bringen sollte. Die nimmt die Absage seines Besuchs zwar hin, doch einige Tage später erfährt Beau, dass sie von einem herabstürzenden Kronleuchter getötet hat. Da seine Mutter testamentarisch verfügt hat, dass sie nur in seinem Beisein beerdigt werden möchte, bleibt Beau nun nichts anderes übrig, als die Reise, vor der er solche Angst hat, nun doch anzutreten. Dabei stellen sich ihm nicht nur allerhand Hindernisse in den Weg, er erfährt auch vieles aus seiner Vergangenheit, was besser verborgen geblieben wäre.
Sehr, sehr, sehr verwirrend. Das ist wohl das Attribut, das die meisten Zuschauer Beau is Afraid direkt nach dem Filmgenuss geben dürften. Denn von der ersten Sekunde an schickt Ari Asters dreistündiges Werk sein Publikum auf einen irren Trip. Denn Beau ist schwer paranoid, leidet unter Wahnvorstellungen und Zwangsstörungen und wir dürfen den Film komplett aus seiner Perspektive genießen. So sind die Straßen New Yorks voll drogenabhängiger Irrer und nackter Serienkiller, wer seine Tabletten ohne Wasser einnimmt, stirbt Sekunden später und was das Thema Sex betrifft, kann hier nichts ohne einen massiven Spoiler verraten werden. All das ist einerseits sehr witzig, andererseits aber auch massiv unangenehm und verstörend, vor allem wenn man im Hinterkopf hat, dass es sich um einen Film des Mannes hat, der mit seinen letzten beiden Filmen den Worten "Bär" und "Laternenmast" einen ganz neuen Beigeschmack verpasst hat.
Warum also sollte man sich Beau is Afraid ansehen, wenn er doch eigentlich nur eine sehr lange Reise durch einen kranken Geist ist, durchzogen von Zeitsprüngen, falschen Realitäten, animierten Sequenzen und - hier wieder ganz Ari Aster - einer nicht unerheblichen grafischen Gewalt? Das liegt zum einen an Hauptdarsteller Joaquin Phoenix, der sich hier austobt wie zuletzt vielleicht in Paul Thomas Andersons Inherent Vice. Die pure Verzweiflung und Verwirrung, mit der Beau durch den Film und sein Leben stolpert, machen ihn zum idealen Begleiter, um die permanent einprasselnden Sinneseindrücke zu verarbeiten.
Der zweite wichtige Punkt ist, dass Aster auch in Beau is Afraid wieder schafft, was ihm schon in Hereditary und Midsommar gelungen ist: Er erzählt viel mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Denn blickt man hinter die Fassade, so ist Beau is Afraid eine Allegorie auf die Traumata der Kindheit und deren Folgen im Erwachsenenleben.
Doch so ehrbar dieser Ansatz auch ist, man muss sich darauf einlassen. Wer klare, linear erzählte Geschichten mag, dem wird Beau is Afraid vermutlich keine große Freude bereiten. Denn er ist mit seinen Drei Stunden Laufzeit nicht nur doppelt so lang wie der Mainstream, auch in so ziemlich jedem anderen Aspekt weicht dieser Film von der Norm ab, und zwar noch wesentlich mehr als Asters bisheriges Werk. Teilweise driftet die Erzählweise arg ins Episodische ab und es ist nicht ganz einfach, alle Elemente in der "Realität" zu verankern, gerade gegen Ende. Auch dass nicht nur nicht alle Fragen beantwortet, sondern noch viel mehr aufgeworfen werden, ist Geschmackssache.
Abschließend aber bleibt zu sagen, dass jeder cineastisch Interessierte einen Blick auf Beau is Afraid werfen sollte, und sei es nur, um sich eine eigene Meinung dazu bilden zu können. Wer Angst vor Ari Asters bisherigem Werk hat, der kann beruhigt sein, auf Schockeffekte und Grausamkeiten wurde hier fast vollständig verzichtet, stattdessen liegt der Fokus klar auf Absurdität und allgegenwärtigem Unbehagen. Ein paar deftige Momente gibt es aber trotzdem, die FSK 16 ist also mehr als gerechtfertigt.
Details der Blu-ray:
An Bild und Ton ist nichts auszusetzen, die Farben sind klar, natürlich und kräftig und der Sound kommt schön gemischt und druckvoll aus der Anlage. Die deutsche Synchronfassung ist ebenfalls hochwertig ausgefallen. Der einzige Schwachpunkt dieser Veröffentlichung ist, dass es außer dem Trailer kein Bonusmaterial gibt. Das mag der Lauflänge geschuldet sein, ist aber gerade bei einem solchen Werk wirklich schade.
Cover & Bilder © LEONINE Distribution GmbH - Alle Rechte vorbehalten. Das Fazit von: Dan DeMento
|
|
Kommentare[X]