Wenn eine ganze Stadt von Krähen heimgesucht wird, dann wird das in einer abergläubischen Gegend wie Andergast schon mal gerne als böses Omen gedeutet. Ganz falsch liegen die Bewohner des kleinen Königreichs da aber in ihrer Annahme auch nicht. Die dunklen Vögel deuten ein großes Unglück voran und nur ein strebsamer Vogelfänger kann dieses noch verhindern. In Daedalics erstem Ableger in der wunderbaren Welt von „Das Schwarze Auge“ zieht es den Spieler in eine Geschichte voller Magie und Fantasie. Kann die Liebe zu einer Person stärker sein als die Ketten des Schicksals? Die Experten für Point & Click Adventures geben in ihrem Spiel eine Antwort und die darf durchaus mal wieder als meisterlich beschrieben werden ...
Etwas mehr als einen Monat ist es her, als wir die Preview zu Daedalics neuestem Adventure antesten konnten und schon damals stand fest, dass die Entwickler aus Hamburg mit diesem Spiel wieder ein ausgezeichnetes Werk abliefern würden. Dabei war die Aufgabe, die es zu bewältigen gab, nicht einfach.
Das DSA-Universum besitzt bekanntermaßen sehr kritische Fans und befindet sich nicht zuletzt dank der vielen veröffentlichten Bücher im stetigen Wandel. Hier eine Geschichte zu platzieren, ohne zahllose Fans zu enttäuschen, ist also wahrlich nicht einfach.
Bereits die ersten Minuten des Spiels zeigen, dass dieses Problem wirklich wundervoll angegangen wurde. Der Spieler wird mit einem starken Monolog begrüßt, der eines gleich vorwegnimmt: Satinavs Ketten hat einen passenden ernsten Grundton und weiß, wie man mit den fantasievollen Elementen des DSA-Universums umgeht.
Der Spieler schlüpft in die Rolle des jungen Vogelfängers Geron. Dieser trägt scheinbar einen Fluch mit sich herum. Er kann Dinge verwünschen und damit ganz praktisch Gefäße zum Platzen bringen. Eine Fähigkeit, die im Spiel an einigen Stellen
hilfreich sein kann, ihn aber nicht unbedingt beliebter macht. Tatsächlich ist Geron schon seit Kindestagen ein Außenseiter. Schuld daran ist ein alter Seher, der prophezeite, dass Geron alle Bewohner des beschaulichen Königreichs Andergast ins Verderben stürzen wird. Bis jetzt ist von dieser Prophezeiung noch nicht viel zu sehen, doch dies könnte sich nun ändern. Ein königlicher Besuch steht in Andergast an und zu allem Unglück wird die Stadt nun von Krähen heimgesucht. Gerons Ziehvater Gwinnling ahnt Schlimmes und schickt unseren Hauptcharakter auf eine wichtige Mission. Er muss in den Wald gehen und dort eine Fee finden. Nur mit ihrer Hilfe kann das Schicksal von Andergast abgewendet werden.
Hinter der Fee verbirgt sich zu Gerons Verwunderung ein hübsches Mädchen namens Nuri. Sie ist die personifizierte Unschuld, ein wenig schüchtern und immer für ein bisschen Schabernack gut. Unser Hauptcharakter muss sie vor einem mysteriösen Gegner beschützen und so beginnt in spielerischer Weise ein „Roadmovie“ quer durch Aventurien.
Bildergalerie von Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten (15 Bilder)
Die Mischung aus fantasievoller Romanze und mysteriösem Abenteuer kann sich sehen lassen. Auch wenn das Spiel in einer Fantasiewelt angesiedelt ist, hat man es vermieden, den Helden auf eine stereotypische Quest gegen Drachen und Monster zu schicken. Stattdessen schlüpft der Spieler in die Rolle eines Außenseiters, der zum Beschützer aufsteigen muss. Typisch für ein gutes Adventure wird der Spielfluss von der Geschichte getragen. Gefahren werden abgewendet während die Beziehung zwischen Geron und Nuri stärker wird und irgendwann möchte man als Spieler die Maus gar nicht mehr aus der Hand legen, weil man von der Magie Satinavs Ketten erfasst wurde. Hier hat Daedalic mal wieder ein wunderbares Händchen bewiesen, auch wenn die Magie leider in einem relativ abrupten Ende verschluckt wird.
Für ein gutes Adventure aber mindestens ebenso wichtig, ist die spielerische Umsetzung. Die Rätsel sind, trotz des komplexen Rollenspieluniversums, überraschend logisch aufgebaut. Auf Magie kann der Spieler zum einen, über den bereits erwähnten Fluch von Geron, sowie über die Fähigkeiten von Nuri zurückgreifen. Dabei beschränkt sich das Zaubern im Grunde nur auf das Zerstören und Reparieren von Objekten. Verwenden kann der Spieler diese Zauber über die Inventarleiste, wodurch sie sich letztlich von anderen Gegenständen dort kaum unterscheiden. Wer mal nicht vorankommt, der kann sich
drei kleinere Hilfen einzeln zuschalten, die unter anderem Hotspots anzeigen oder signalisieren, ob es Sinn macht, bestimmte Gegenstände zu kombinieren. Gerade Letzteres ist für ein Point & Click Adventure extrem hilfreich.
Für Fans des Genres dürften auch die liebevoll gezeichneten Hintergründe nicht unwichtig sein. Die einzelnen Szenen sind kleine Kunstwerke und bieten teilweise einen unglaublichen Detailreichtum. Der Zeichenstil passt recht gut in das DSA-Universum und betont den sonst recht ersten Grundton des Spiels. Die Animationen sind, wie bereits in der Preview Version zu erahnen war, sehr hölzern. Ein erwähnenswerter Negativpunkt. Untermalt wird das Setting der einzelnen Szenen über einen grandiosen Soundtrack. Ruhige Streich- und Zupfinstrumente dominieren die Akustik und werden maximal von einer leisen Frauenstimme begleitet.
Ein Spieldurchlauf kann zwischen fünf und zehn Stunden dauern. Für Fans des Adventure-Genres dürfte Daedalic damit genau das liefern, was viele ersehnt haben. Satinavs Ketten ist ein Abenteuer, das mit einer spannenden Geschichte und einer wunderschön inszenierten Welt genug bietet, um den Spieler lange zu fesseln. Fans des P&P-Rollenspiels „Das Schwarze Auge“ dürften sich zumindest an der liebevollen Umsetzung Aventuriens erfreuen. Ob sie allerdings auch für den linearen Spielaufbau eines P&C-Adventures begeistert werden können, steht auf einem anderen Blatt. Das Genre ist eben relativ speziell. Ein Blick lohnt sich jedenfalls allemal.
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