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Thief
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BEWERTUNG |
27.02.2014 von GloansBunnyDie Next-Gen-Konsolen XBox One und PlayStation 4 sind seit ein Paar Monaten auf dem Markt, doch die Auswahl an Spielen ist überschaubar. Wer genug von Shootern, Rennfahrerei und dem alten Rom hat, darf nun auf Meisterdieb Garrett und seine Abenteuer im neuen Thief gespannt sein. Ist das Spiel feinste Stealth-Action wie damals Thief: Deadly Shadows oder eher überschaubar wie die Saitenanzahl der Geige von Namensvetter David Garrett? GloansBunny versteckt sich für Euch im mittelalterlichen Steampunk-Schatten ...
Jeder muss sich seine Brötchen verdienen. Während die einen bettelnd am Straßenrand sitzen, Kaufleute und Wachen um eine Münze beten, um diese dann wenig später in einen Tropfen
Steuerung und Sound: ein wahres Fest für Langfinger mit gespitzten Ohren ... Thief lebt durch und durch von seinen zahllosen Stealth-Passagen. Um Meisterdieb Garrett möglichst ungesehen ans Ziel zu bringen, sind viele Steuerungsbefehle von Nöten. Das komplexe, etwas ungewohnte, aber eingängige Tastenlayout glänzt hierbei mit Präzision und Umfang. So klettert, schleicht, meuchelt und klaut es sich herrlich flüssig und direkt durch die Schatten und Nischen der großen Thief-Welt. Auch Spezialmanöver wie etwa der Einsatz des Greifhakens, Schlösser knacken oder Garretts Fokus-Kraft gehen mit etwas Übung einfach von der Hand. Das Inventar als Ringmenü, bevorzugte Waffen und die Minimap befinden sich praktisch und leicht zugänglich auf dem Digikreuz, was für Ordnung auf dem Gamepad sorgt. Das Steuerungskonzept ist eine perfekte Mischung aus Assassin's Creed: Black Flag, Splinter Cell: Blacklist und Dishonored: Die Maske des Zorns, das nur an kleinen Stellen (wie etwa der Diebstahl bei am Boden liegenden Gegnern) etwas Nachhilfe braucht. Chapeau, Eidos Montreal, so fühlt sich ein Meisterdieb an!
Auch beim Thema Geräuschkulisse lässt sich Thief nicht zwei Mal bitten. Der Soundtrack bietet eine große Bandbreite an orchestralen Stücken, rockigen Beats und fast schon lautlosen Tönen. Die Umgebungsgeräusche sind optimal ins Spielgeschehen integriert und stimmig platziert. Motivierte und authentische Synchronsprecher runden auf jeder Tonspur das akustische Gesamtbild harmonisch ab. Thief kann sich in jeder Hinsicht hören lassen, auch wenn im Dolby-Surround-Check manches Geräusch etwas arg leise wahrzunehmen und die Lippensynchronität nicht immer vorhanden ist. Der klangtechnische Schleich-Flair profitiert hiervon allerdings deutlich, da dies die Konzentration und Aufmerksamkeit des Spielers automatisch erhöht. Besonders authentisch wirken zudem die zahlreichen Mono- und Dialoge sowie andere Geräusche der Stadtbewohner. Wenn man hinter verschlossenen Türen gedämpft einen Ehestreit, einen Hustenanfall oder ein imposantes Schnarchkonzert vernimmt, ist das an Atmosphäre kaum zu überbieten. Das Warten auf Thief hat sich im akustischen Sinne wirklich gelohnt.
Grafik, Gameplay und Umfang: im Dunkeln lässt's sich's gut munkeln. Und stehlen, plündern, jagen, plagen ...
Das Gameplay von Thief lebt in erster Linie von Stealth und taktischem Vorgehen. Da Garrett als Meisterdieb gilt, ist unauffälliges, lautloses Agieren höchstes Gebot. Um die zahlreichen Haupt- und Nebenmissionen erfolgreich zu meistern, sollte Garrett tunlichst im Schatten verborgen bleiben und so den patrouillierenden Wachen aus dem Weg gehen. Während der Meisterdieb Jagd auf wertvolle Schätze, Gemälde und seltene Gegenstände macht, trifft er eine Vielzahl an Charaktere, von denen einige mitunter sehr skurrile Aufträge im Repertoire haben. So stattet Garrett beispielsweise einem Bordell einen Besuch ab, deckt die unheimlichen Machenschaften in einer ehemaligen Fabrik auf oder stiehlt mechanische Körperteile für einen verrückten Sammler. Die Missionen laufen meist nach dem selben Prinzip ab: einmal möglichst unentdeckt quer durch die Stadt von Punkt A nach Punkt B schleichen, in ein mit aufmerksamen Wachen bestücktes Gebäude eindringen, ungesehen das geforderte Objekt stehlen und schlussendlich wieder möglichst heimlich verschwinden. Die Abläufe wiederholen sich ein ums andere Mal, wobei die unter Umständen doch sehr weiten Fußmärsche quer durch die City an den Nerven zerren. Durch die abwechslungsreiche Gestaltung der einzelnen Quest kommt jedoch kaum Langeweile auf, zumal die Gegner meist recht intelligent agieren und auf Geräusche, Leichen und zu forsches Handeln mit aktiver Suche plus Angriff samt dem Anfordern von Verstärkung reagieren. Je nach Schwierigkeitsgrad, der von "sehr leicht" bis "bockschwer" reicht, erhält der Spieler Hilfe in Form von Garretts Spezialfähigkeiten. Wo bis zur mittleren Stufe noch Fokussicht als blau schimmernder Hinweisgeber oder Wegmarkierung dient und das Fadenkreuz die Trefferzone vorgibt, entfallen diese Gimmicks auf den höheren Schwierigkeitsgraden zum Teil oder sind stark reduziert. Die Königsklasse aber ist der frei definierbare Modus, in dem sämtliche Parameter vom Spieler selbst festgelegt werden dürfen. Je nach Vorgehensweise erstreckt sich die Kampagnen-Spielzeit von Thief auf 10- 15 Stunden. Nimmt man alle Nebenmissionen und Sammelgegenstände in Angriff, erhöht sich die Spieldauer um weitere fünf bis acht Stunden. Dem inneren Zwang, alle glitzernden und funkelnden Schmuckstücke einzusammeln, die oftmals an kniffligen Stellen verborgen liegen, kann man zudem auch kaum entkommen. Ehe man es sich versieht, huscht man von Geheimgang zu Geheimgang, von Versteck zu Versteck – stets das informative Journal mit der Anzahl der gefundenen Gegenstände vorm inneren Auge. Manche Objekte können jedoch erst nach Fortschreiten im Hauptstorystrang erreicht werden, was den Sammelwahn noch erhöht. Schade nur, dass die Dinge kaum variieren. Bis auf die Gemälde und die Spezialgegenstände gleichen sich goldener Federhalter, Silberbesteck und Bürste wie ein Ei dem anderen.
Thief, welches in den früheren Teilen noch Dark Project hieß, setzt auf das Stealth-Talent der Spieler. Die Stadt und die Subareale sind wie eine halb offene Welt konzipiert. Der direkte Weg von A nach B ist dabei zwar meist schnell ersichtlich, aber nicht immer die beste Wahl. Thief stellt es dem Spieler frei, ob er die Schatten als Tarnung nutzt oder über Dächer, Mauern, Balken und Seile ans Ziel gelangt. Die Ausflüge in luftiger Höhe erweisen sich dabei trotz überschaubarer, fest gesetzten Kletter- und Sprungpunkten meist als die sicherere Alternative. Die relativ kleinflächigen Level erzeugen dank zahlreicher, redseliger Passanten und vielen liebevollen Details eine unheimlich dichte Atmosphäre. So fällt der Blick aus der Egoperspektive nicht selten auf Plakate, unaufgeräumte Appartements, Bildersammlungen und vollgestopfte Schränke, während die Dialoge der Stadtbewohner das ein oder andere Geheimnis Preis geben. Zuhören lohnt sich also, denn oftmals plaudern die Menschen die Verstecke von privaten Habseligkeiten, Neuigkeiten aus der Unterwelt und andere Dinge aus. Doch auch Belangloses wie Krankheiten, Privatangelegenheiten und nicht gestillte Grundbedürfnisse sind Gesprächsstoff von Händlern, Bettlern, Wachen und Co. Die Areale sind nicht überbevölkert, bieten aber trotzdem genug Anlässe, einmal stehen zu bleiben und hinzuhören. Eidos Montreal hat viel Zeit und Liebe investiert, um dem Steampunk-Ambiente Leben einzuhauchen.
Für Auflockerung im sich wiederholenden Missions-Alltag sorgen auch zahlreiche kleine Minigames. Vom Schlösser knacken über Zahlenrätsel bis hin zu diversen Symbol- und Kombinationspuzzeln ist alles geboten. Die Schwierigkeitsgrade variieren hier stark und haben die ein oder andere Kopfnuss zu bieten. Während das Hantieren mit Dietrichen und versteckten Tresoren dank visuellem Hinweis und vibrierendem Controller-Feedback mit etwas Übung und Feingefühl gut zu meistern ist, kann mit der erfolgreichen Lösung bestimmter einzigartiger Rätsel viel Zeit und die ein oder andere graue Zelle in Anspruch genommen werden. Einige besonders wertvolle Gegenstände sind sogar durch mehrteilige Puzzle geschützt und zum Teil nur ersichtlich, wenn ein entsprechendes Buch, ein Brief oder ein anderes gefundenes Schriftstück etwas genauer inspiziert wird. Toll, wie viel Abwechslung und Überraschungen Eidos Montreal ganz nebenbei in Thief integriert hat.
Überraschungen findet man auch in der durch Zwischensequenzen und im Verlauf gefundenden Zeitungsartikeln erzählten Story von Thief, im positiven wie leider auch im negativen Sinne. Die Hintergründe zu Garretts Auftraggebern und den merkwürdigen Ereignissen in der Stadt sind durchaus interessant und nicht unbedingt vorhersehbar, ebenso wie der Verlauf des Völkeraufstandes. Die Ansätze sind wirklich gelungen, doch bedauerlicherweise fehlt es den Charakteren (auch Garrett!) enorm an Tiefgang und Wiedererkennungswert. Außerdem erweist sich die Inszenierung der Geschichte als äußerst verwirrend und wenig nachvollziehbar. Mehrfach sitzt man nach einer Zwischensequenz vorm Monitor, mit einem riesigen Fragezeichen über dem Kopf, an sich selbst zweifelnd. Das Gefühl, irgendwie ein Paar storyrelevante Sequenzen verpasst zu haben, will nicht weichen. Warum Garrett gerade eben das getan hat, was die Zwischensequenz gezeigt hat, welchen Sinn das macht und was das mit der Mission zu tun hat? – Fragen, die man sich ab Mitte des Spielverlaufes öfters stellt. Eidos Montreal hat das Potenzial, das die Story rund um Garrett bietet, leider durch die verwirrende, unfertig wirkende Inszenierung zu großen Teilen verschenkt.
Thief macht trotzdem Spass und bietet einen hohen Suchtfaktor. Auch wenn eingefleischte Dark Projekt-Anhänger die neue Aufmachung und eingeschränkte Handlungsfreiheit vielleicht verfluchen werden: Online-Bestenlisten, variable Schwierigkeitsgrade, zahlreiche Erfolge und der Herausforderungs-Modus, bei dem die Highscorejagd gegen sich selbst eröffnet wird, dürften selbst Garrett-Profis ansprechen. Reinspielen lohnt sich! Das Fazit von: GloansBunny
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