Nach knapp drei Jahren gibt es endlich wieder einen neuen Ableger der Tennis-Serie. Bei jedem Spiel dieser Sportart ist es interessant zu sehen, in welche Richtung sich das Game entwickelt. Gelingt es, das Spiel endlich realistischer zu gestalten? Oder kann man die Punkte wieder mit einfachem, linearem Tennis erspielen? Racket in die Hand und ab auf den Platz…
Zunächst sollte man mal festhalten, dass sich das Spiel mittlerweile in seiner vierten Auflage befindet. Zum einen könnte man natürlich meinen, dass es sich wieder mal um eine von zahllosen Fortsetzungen der Serie handelt. Zum anderen könnte man aber auch die Hoffnung haben, dass den Machern ein ähnlich großer Wurf wie beim ersten Release der Reihe im Jahre 2003. Was auf jeden Fall schon einmal abseits des eigentlichen Spielgeschehens auffällt, ist der recht große Umfang des Spiels. Man kann in der diesjährigen Version die Kontrolle von 25 verschiedenen Originalspielern übernehmen – und das in über 40 verschiedenen Tennisarenen, die teilweise ein reales Vorbild haben, teilweise aber auch fiktiv sind. Aber neben diesen beeindruckenden Zahlen gibt es weitere Neuigkeiten. So wurde beispielsweise die Steuerung komplett neu entwickelt und der Spielereditor ebenso komplett überarbeitet. Außerdem ist wieder ein spannender Onlinemodus enthalten. Aber zu all diesen Neuigkeiten erfahrt Ihr im Laufe des Artikels noch mehr Details.
So, dann also nichts wie rein mit der Scheibe in die Konsole. Voller Spannung schaue ich mir die ersten Introsequenzen von Top Spin 4 an. Dann erscheint das Hauptmenü, aus dem ich sogleich die Karriere auswähle. Bisher war es bei Spielen der Serie immer so, dass man im Rahmen der Karriere den eigenen Spieler erstellen und entwickeln konnte, bevor man dann mit maximaler Power die Eroberung der Onlineturniere in Angriff nahm. Richtig getippt, auch dieses Mal gilt es, zunächst einen eigenen Spieler zu erstellen. Neben den persönlichen Daten wie dem Namen, Geburtsdatum oder Herkunft, könnt Ihr euch wieder einmal an der Optik tottüfteln. Die Möglichkeiten dabei sind nahezu unbegrenzt. Positiv ist zum einen die Möglichkeit, einen relativ standardisierten Spieler zum schnellen Einstieg herzunehmen, oder zum anderen diesen nur als Basis für diverse Einstellungen zu verwenden. Diese reichen wieder einmal von diversen Körpermerkmalen über die Klamotten bis hin zu den individuellen (Auf-)Schlagbewegungen, da bleibt so gut wie kein Wunsch offen. Habt Ihr nun Euren Spieler erstellt, kommt Ihr im nächsten Schritt in die Top Spin Academy, in der Ihr im Grunde das Prinzip eines jeden einzelnen Schlags erklärt bekommt und dazu auch kleine Herausforderungen meistern müsst. Hier kommt Ihr zum ersten Mal in Kontakt mit Slice, Top Spin, normalem Schlag, Stopp, Volley, Lob und und und. Aus meiner Sicht ist das Tutorial richtig gut gelungen. Auch wenn es einem in den Fingern kribbelt und man am liebsten gleich loszocken möchte, was man natürlich durch den Abbruch des Tutorials auch machen kann, sollte man sich die halbe Stunde für dafür Zeit nehmen. Sonst verwendet man später immer wieder die gleichen Schläge und kann gar nicht aus den Vollen schöpfen.
Am sonstigen Spielprinzip hat sich dann nicht wirklich viel verändert. Die Schläge lassen sich auf ähnliche Weise, wie auch schon beim Vorgänger, ausführen: Jeder Knopf, ein Schlag, gleichzeitig mit dem linken Stick die Platzierung im gegnerischen Feld anvisieren. Und doch, es gibt nun außer normalen und den Powerschlägen auch gezielte. Powerschläge führt man wie gewohnt durch das lange Drücken der Knöpfe in der jeweiligen Art aus, bei normalen Schlägen braucht man gar nicht aufs Timing zu achten und die gezielten trifft man am besten nur durch kurzes Antippen der entsprechenden Buttons. Das Geheimnis des Erfolgs liegt im Zeitpunkt des Loslassens des Knopfes. Es unterscheidet sich jeder einzelne ausgeführte Schlag dann noch einmal in der Qualität der Ausführung, was von schlecht bis perfekt reicht. Volleys lassen sich übrigens analog durchführen. Bei Stopps muss man den rechten Schulterknopf zu Hilfe nehmen. Timt man diesen Schlag gut, so hat der Gegner kaum eine Chance, den Ball noch zu erreichen. Das Gameplay schaut also auf den ersten Blick nicht sonderlich aufregend aus. Trotz allem hat man das Gefühl, nicht mehr so in statische Bahnen gelenkt zu sein wie beim Vorgänger, dazu gibt es zu viele Variationen in den Schlägen. Dies liegt zum einen an der Unterscheidung in die gezielten und die Powerschläge, die nicht allzu einfach zu timen sind. So schlägt man oft Schläge, die mehr über das Netz eiern, im Netz hängen bleiben oder auch einmal ins Aus gehen, so dass man durchaus auch unter Druck gerät. Zum anderen sind die Unterschiede in den Schlägen und deren Variationen sehr unterschiedlich. Das Spiel mit nur einem Standardschlag zu gewinnen, scheint schwer. Man muss variabel spielen, richtig zum Ball stehen und einer gewissen Taktik folgen. Um wirklich gefordert zu werden, muss man allerdings einen höheren Schwierigkeitsgrad einstellen. Für Geübte wird das Game sonst viel zu schnell viel zu einfach. Ein weiterer positiv zu erwähnender Punkt ist die Ausdauer. Wie schon bei vorherigen Versionen sind alle Spieler mit einem Ausdauerbalken versehen, der mit der Zeit des Spiels und des Ballwechsels abnimmt. Doch in der diesjährigen Version hat man erstmals wirklich das Gefühl, das sich diese auch auswirkt. Spezielle Schläge werden schwieriger, Fehler viel wahrscheinlicher und der Spieler auch träger. Die Ballwechsel wurden wie bisher bei noch keiner anderen Tennissimulation wirklich realitätsnah umgesetzt, tolle Arbeit.
So, nun aber zurück zur eigenen Karriere. Hier beginnt Ihr wieder einmal als Nobody im weltweiten Tenniszirkus. Nun habt Ihr die Möglichkeit, in jedem Monat ein Trainingsmatch oder ein Event als Vorbereitung für ein Turnier zu bestehen. Wählt Ihr ein Trainingsmatch, könnt Ihr anschließend noch den Typ des Gegners und damit Euer vorrangiges Training auswählen. Wenn Ihr das ausführt bekommt Ihr, wie auch für die normalen Matches Erfahrungspunkte. Dazu aber gleich mehr. Bei der alternativen Auswahl eines Events, die Euch im Übrigen immer per virtuelle Email angeboten werden, müsst Ihr Euch beispielsweise zwischen Privatmatches, Wohltätigkeitsveranstaltungen oder Trainingslagern entscheiden. Dabei besteht Eure Aufgabe dann nicht immer nur darin, ein Tennismatch zu spielen, sondern Ihr bekommt auch andere Belohnungen. Dies können beispielsweise Verbesserungen Eurer Fähigkeiten oder auch der Gewinn von Fans sein. Fans?! Ja, richtig, denn diese müsst Ihr bei Top Spin 4 auch für Euch gewinnen. Mit Hilfe der erlangten Erfahrungspunkte könnt Ihr typischerweise Euren Spieler verbessern. Wieder stehen Euch dafür Eigenschaften wie Vorhand, Rückhand, Power oder Ausdauer zur Verfügung, die sich allerdings nicht frei verbessern lassen. Mit Erfahrungspunkten könnt Ihr im Laufe der Karriere maximal 20 Upgradepakete dreier unterschiedlicher Typen kaufen: Grundlinie-Offensiv, Grundlinie-Defensiv und Serve-and-Volley. Je nach Wahl und einzelner Stufe bündeln diese Pakete dann die Upgrades mehrerer Eigenschaften – nachvollziehbar und trotzdem einschränkend und ein wenig schade. Die einzelnen Matches bestehen am Anfang übrigens in der Regel aus einem Super-Tie-Break (10 Punkte) und später aus einem Satz mit drei Gewinnspielen oder mehr.
Zudem könnt Ihr Euch noch einen Trainer nehmen, der Euch zusätzliche Eigenschaften bringt. Die Trainer gibt es auf drei Leveln: Bronze, Silber und Gold. Je nach Erfolg und Erfahrung habt Ihr Zugriff auf diese. Diese stellen Euch Aufgaben, wie „Schlage 30 Vorhand-Winner“ oder “Spiele 50 Lobs“. Die Durchführung einer Aufgabe erfolgt über mehrere Matches und sorgen schließen für Boni auf Eigenschaften oder besonders tolle Schläge – Die Boni wie auch die Aufgaben sind natürlich auf Gold besser, beziehungsweise schwerer als auf Bronze. Eine gute Idee, die auch noch gut umgesetzt wurde. So könnt Ihr Euch dann Stück für Stück Richtung Tennisolymp kämpfen, Klamotten und ähnliche, motivierende Bonusobjekte inklusive. Die Karriere macht so eine Menge Spaß, weitere Elemente, wie das Abschließen von Ausrüster- oder Werbeverträgen oder die Integration von Presseterminen, fehlen leider noch. Da besteht also noch weiteres Potential.
Neben der Karriere stehen Euch natürlich als weitere Spielmodi auch das schnelle Spiel, in dem Ihr einzelne Matches beliebiger Art und Länge an den Orten Eurer Wahl gegen beliebige Gegner durchführen könnt, oder diversen Multiplayerspielen on- und offfline. So bekommt Ihr auf der einen Seite den bekannten World-Tour-Modus geboten, in dem Ihr in diversen Turnieren online mit Eurem Spieler antreten könnt, alternativ dürft Ihr aber auch um einzelne Turniersiege mit Tennis-Legenden wie Boris Becker, Andre Agassi oder Björn Borg kämpfen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einen neuen Partymodus, der sich Tenniskönig nennt. Dabei muss der Gewinner eines Matches immer wieder gegen neue Gegner antreten. Das ist auf Dauer nicht wirklich ein Highlight, macht aber kurzzeitig mit ein paar Freunden durchaus Spaß. Ansonsten bietet die genannte World-Tour-Karriere aber eine Menge Spaß, der auch langanhaltend ist. Schade ist lediglich, dass kaum ein Online-Match vergeht, bei dem es nicht wenigstens kurzzeitig zu Rucklern und Haken im Spiel kommt. Trotz allem werdet Ihr durch die Matches ganz schön gefordert, denn die menschlichen Gegner stellen sich als wesentlich hartnäckiger als ihre KI-Pendants heraus. Außerdem könnt Ihr online noch einzelne Einzel- und Doppelmatches spielen und Euch natürlich auch Ranglisten anschauen. Ein großes Manko gibt es dann aber doch. Ich weiß nicht, warum die Top Spin-Reihe immer wieder an dieser Herausforderung scheitert. Man kann nämlich Doppelmatches immer noch nicht vor vier Konsolen online zocken. Es müssen dazu immer zwei Leute vor einer Konsole spielen. Sorry, leider wird dieses Kriterium wieder einige Zocker vom Kauf des Titels abhalten – und das zurecht. Dieser Punkt wurde schon massiv bei der letzten Version bemängelt – Tut endlich was dagegen!
Graphisch kann man an Top Spin 4 vom Grunde her schon einmal nicht wirklich viel meckern. Die Spieler sehen wirklich sehr realistisch aus, die Tennisarenen sind schön gestaltet und sogar einige Zwischensequenzen gibt es. Auch die Bewegungen sehen sehr authentisch aus und bieten so wirkliches Tennisfeeling. Sogar die Helfer am Rande des Platzes in Form der Schiedsrichter und Balljungen wurden schön integriert. Einige Mankos gibt es dann aber doch. Die Zuschauer sehen nicht wirklich überzeugend aus. Gut, es könnte schlimmer sein – aber eben auch deutlich besser. Ein wenig wirken sie optisch wie Puppen und von den Bewegungen her eher wie Roboter, da ist noch Potential vorhanden. Was ein wenig schade ist, ist zudem die Spurenanordnung auf dem Platz. Diese ist doch recht karg, schnell verschwinden vorhandene Spuren im Sand wieder oder werden erst gar nicht richtig umgesetzt, schade. Die Zwischensequenzen sind auf den ersten Blick schön gemacht, auf den zweiten aber eher ein wenig lieblos. Die Grafik stimmt auch hier wieder, allerdings wiederholen sich die Sequenzen schon nach wenigen Einspielungen. Außerdem hätte man bei einem Turniergewinn schon ein wenig mehr erwartet, als ein Standardjubeln vorm Publikum ohne Pokal in der Hand. Diesen gibt es überhaupt nicht zu sehen. Man hat irgendwie das Gefühl, dass das Spiel trotz Verbesserungen immer noch auf Basis der Grafikengine des Vorgängers läuft, denn auch bei dieser Version gibt es die typischen Ruckler beim Kameraschwenk über eine Arena. Vom Ton her macht das Game Einiges besser. Abgesehen von der eintönigen Hintergrundmusik wird eine gute Stimmung verbreitet. Das liegt zum einen an den Zuschauern, die bei den Ballwechseln immer passend mitgehen und zum anderen an den Schiedsrichtern und Stadionsprechern, die die Spieler und den Punktestand in der Landessprache des Turnieres ankündigen. Insgesamt also eine gute, aber keine überzeugende technische Realisierung des Games.
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