X-Plane 10
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BEWERTUNG |
04.04.2012 von BenjiFans von Flugsimulatoren haben sich den Tag im Kalender rot angestrichen, zumal an diesem Tag nicht weniger als der „Heilige Gral“ der Simulatoren erschienen ist. X-Plane 10 wurde in einer „Global Version“ veröffentlicht und bringt den angehenden Hobby-Piloten das perfekte Werkzeug zum realitätsnahen Training. Schier unbegrenzte Möglichkeiten zur Einstellung machen dieses Stück Software zum Koloss. Was für den Fan das Paradies der Optionen ist, kann für einen kleinen Redakteur jedoch schnell zum Irrgarten werden ...
„Ein Flugsimulator. Willst du das nicht machen?“ – als mir mein Chefredakteur diese Frage gestellt hat, dachte ich zunächst an nichts Schlimmes. So ein wenig rumfliegen kann sicherlich nicht schaden. Früher habe ich bei Battlefield mit meiner StuKa kleine Panzer weggebombt. Das hat Spaß gemacht und irgendwie interessiert mich so ein vollwertiger Flugsimulator ja schon. Also war der Deal klar. Ich teste X-Plane 10 und mein Chefredakteur ist zufrieden.
Nachdem ich auf die Systemvoraussetzungen geschaut hatte, holte mich die Realität plötzlich mit einem Arschtritt ein. „80 GB freier Festplattenspeicher“. Na klar! Das war ein Schreibfehler, oder? Leider nein. Die Entwickler von Laminar Research meinen das vollkommen ernst. Nicht umsonst bekommt die aktuelle Version den Zusatz „Global“. Dieser Flugsimulator enthält die komplette Erde dank der Geodaten von OpenStreetMap. Zum Glück gibt es die Möglichkeit, einzelne Gebiete des Globus frei zu verwalten. Wem also mal nach den Malediven ist, der kann diesen Teil des Planeten installieren und gegebenenfalls andere Teile deinstallieren. Wer wirklich die gesamte Erde auf seiner Festplatte unterbringen will, der muss dann eben dort 80 Gigabyte Speicher frei halten. Außerdem darf er sich auf eine entsprechende Installationsdauer vorbereiten, denn fünf bis sechs Stunden kann eine Vollinstallation schon mal dauern – DVD-Wechsel inklusive, zumal auch Fehler nicht auszuschließen sind.
So fing der mitgelieferte Installer auf DVD 7 an, Probleme zu machen. Das südlichste Viertel der Weltkugel wollte zunächst nicht unbedingt installiert werden. Erst einige Fehlversuche später konnte ich einen digitalen Globus mein Eigen nennen.
X-Plane 10 versteht sich selbst nicht unbedingt als Spiel. Es gibt kein Startmenü, keine Kampagne und keine ausführlichen Tutorien. Stattdessen landet man direkt in einer großen Boeing und hört sich den realitätsnahen Funkverkehr mit der Flugsicherung an. Jetzt gilt es, die Übersicht zu bewahren. Wird die Maus in die obere Ecke des Bildes bewegt, öffnet sich das Menü. Hier kann der Simulator in allen möglichen Belangen justiert und geändert werden. Als Erstes wechselte ich den Flieger. Allein die Armaturen der gigantischen Boeing flößten mir Respekt ein und für einen ersten Flug hätte ich lieber etwas Simpleres wählen sollen. Eine kleine Cessna passt da schon besser. Dann passte ich den Flughafen an. Auch wenn hier die Auswahl über alle vorhandenen Flughäfen zur Verfügung steht, gibt es nur eine begrenzte Anzahl an realitätstreuen Varianten. Der Rest ist dank der auto-generierten Landschaften allerdings nur leicht schlechter.
Ich entschied mich für einen halbwegs bekannten deutschen Ableger. Mein Flieger ging ab Paderborn-Lippstadt und durfte von dort einen kleinen Rundflug über Deutschland starten. Zumindest war das mein Plan. Doch wieder musste ich erkennen, dass nichts „eben mal so“ bei X-Plane funktioniert. Jeder Pilot sollte zunächst seine eigene Steuerung einstellen. Die verfügbaren Funktionen sind so vielfältig, dass sie in den Optionen einen ganzen Bildschirm füllen können. Abgesehen davon sollte es trotz der gegebenen Möglichkeiten vermieden werden, den Flieger mit Maus und Tastatur zu steuern. Wer es darauf anlegt, jeder Funktion eine Taste zuzuweisen, dürfte wohl ein Hobby-Cockpit benötigen. Für die wichtigsten Steuerelemente sollte allerdings ein einfaches „HOTAS“ ausreichen.
Für wahre Experten nimmt das Einstellungsprozedere kein Ende. Das Wetter, die Uhrzeit, Systemschäden oder vielleicht ein ungeplanter Motorausfall? X-Plane nennt sich im Gegensatz zu vielen anderen Produkten nicht nur „Simulator“, sondern lebt diese Einstufung gnadenlos aus. Anfänger geraten da sicherlich schnell an ihre Grenzen. Da hilft eben nur der Gang in entsprechende Fan-Foren. Ich entschied mich gegen frühe Experimente und wollte mit meiner Cessna endlich starten. Überraschenderweise klappte das unglaublich gut. Der Flieger hob ab, mein Herz setzte einen Schlag aus. In der Luft ist das Leben tatsächlich gleich ein wenig fröhlicher. Laut Expertenmeinung soll X-Plane ein extrem realistisches Flugverhalten besitzen. Es scheiden sich aber die Geister, ob der Simulator damit sogar besser ist als das Konkurrenzprodukt von Microsoft. Fakt ist, so realistisch wie in dieser Software dürfte wohl nur selten ein Flugzeug zu bedienen sein.
Das kostet natürlich Ressourcen. Trotz der abermals zahllosen Einstellungsmöglichkeiten ist es schwierig, sowohl ein stabiles Bild als auch eine gewohnt gute Grafik zu bekommen. Wenn alle Optionen auf „Maximum“ bzw. „Insane“ eingestellt werden, sieht X-Plane 10 zwar für einen Simulator ungewohnt gut aus, zwingt aber auch selbst modernste Rechner in die Knie. Man darf eben keine Wunder von diesem Flugsimulator erwarten. Durch die auto-generierten Landschaften werden z. B. die meisten Landschaften beliebig. Zwar sind die Daten dank OpenStreetMap auf einer gewissen Meta-Ebene korrekt, doch gleich beim Start vom John F. Kennedy International Airport wird klar, dass New York die großen Wolkenkratzer fehlen. Ähnlich verhält es sich mit nahezu allen städtischen Erkennungsmerkmalen, was den Spaß am Fliegen doch um einiges trüben kann.
Wahre Hobby-Piloten lassen sich von einem solchen Manko allerdings nicht den Spaß verderben. Zusätzliche Flugzeuge, angepasste Szenerien und fertige Szenarios dürften sich im Internet schnell finden lassen. Die große Community macht aus X-Plane 10 einen riesigen Baukasten, der nach Belieben angepasst werden kann. Wer sich darauf einlassen möchte, muss sich die Zeit nehmen. Bis man alle Optionen verstanden hat und die komplexeren Szenarios beherrscht, dürften einige Flugstunden ins Land gehen. Bis dahin ist Geduld vonnöten. Dieser Simulator sieht sich selbst eben nicht als Spiel, sondern als Lernsoftware! Das Fazit von: Benji
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