Chasing Bullitt - Man. Myth. McQueen.

Chasing Bullitt - Man. Myth. McQueen.

Originaltitel: Chasing Bullitt
Genre: Biopic
Regie: Joe Eddy
Hauptdarsteller: Andre Brooks
Laufzeit: DVD (86 Min) • BD (90 Min)
Label: Lighthouse Home Entertainment
FSK 12

Chasing Bullitt - Man. Myth. McQueen.   11.03.2021 von Dan DeMento

Biopics sind derzeit hoch im Kurs und mit Chasing Bullitt hat es jetzt auch den legendären Steve McQueen erwischt. Doch anders als seine Konkurrenten beleuchtet dieser Film nur eine einzige Fahrt durch die Wüste. Reicht das für einen abendfüllenden Spielfilm oder geht dem Streifen schnell die Luft aus? Wir haben es uns angesehen.
 
Inhalt:
 
Im Jahre 1971 scheint Steve McQueen (Andre Brooks) den Tiefpunkt seiner Karriere erreicht zu haben. Durch Rekorderfolge wie Die glorreichen Sieben, Gesprengte Ketten oder Bullitt zur Legende aufgestiegen, droht sein erster selbstproduzierter Film Le Mans zu einem gewaltigen Flop zu werden. Er habe eine zu dünne Story, sei zu dokumentarisch und für das US-Publikum nicht von Interesse, und wird daher von den Studios nicht promoted. Der erfolgsverwöhnte McQueen ist persönlich beleidigt und droht damit, seine Schauspielkarriere an den Nagel zu hängen. Sein Agent Freddie (Dennis W. Hall) versucht ihn vom Gegenteil zu überzeugen und überredet ihn schließlich zu einem ungewöhnlichen Deal: McQueen ist bereit, noch einen weiteren Film zu machen, wenn Freddie für ihn den Ford Mustang GT 390 zu findet, den er im Film Bullitt fuhr.
 
Biographien von Stars zu verfilmen war schon immer eine relativ sichere Nummer, und spätestens seit dem immensen Erfolg von Rocketman und Bohemian Rhapsody wird dieses Genre wieder abgegrast, bis keine Stars mehr übrig sind. Es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht mindestens ein neues Biopic auf den Heimkinomarkt drängt. Im Fall von Chasing Bullitt und damit Schauspiel- und Rennfahrerlegende Steve McQueen verwundern dabei vor allem zwei Dinge: Zum einen fragt man sich, wieso so ein Film nicht wesentlich früher kam. McQueen ist mittlerweile seit über 40 Jahren tot, seine Filme ebenso wie er selbst sind noch immer ein fester Bestandteil der Popkultur, und Musiker von den Rolling Stones über Sheryl Crow bis zu Brian Fallon halten sein Andenken hoch. Zum anderen fragt man sich, warum der Film mit so geringem Aufwand umgesetzt wurde. Regisseur Joe Eddy ist ebenso unbekannt wie Hauptdarsteller Andre Brooks und eigentlich der gesamte Rest von Cast und Crew und das Budget hielt sich offenbar auch in Grenzen.
 
Trotzdem merkt man Chasing Bullitt sein geringes Budget im Original nicht allzu sehr an. Andre Brooks spielt McQueen überzeugend, wenn auch etwas eindimensional - dazu später mehr - und der rotbraune Siebziger-Jahre-Look erinnert angenehm an Ford v Ferrari, Once Upon A Time in Hollywood - oder eben die legendären Filme mit Steve McQueen. Authentische Autos, Klamotten, Frisuren und Häuser, in diesem Bereich hat das Team alles richtiggemacht. Ganz anders sieht es da leider mit der Umsetzung für den deutschen Markt aus. Die Synchronfassung ist schlicht und einfach unerträglich. Die deutsche Stimme von McQueen klingt, als wäre er mindestens 80 Jahre alt, zudem nimmt sie dem sowieso schon nicht hochemotionalen Spiel von Andre Brooks auch noch den letzten Funken Gefühl. Und auch sämtliche andere Stimmen sind entweder zu alt, zu jung (wie bei McQueens Ehefrau) oder schlicht unfähig. Dass sie zu großen Teilen nicht annähernd lippensynchron sind - sehr schön zu sehen vor allem bei den Wutausbrüchen des Agenten - ist da schon nur noch das Sahnehäubchen. Natürlich kann man da Abhilfe schaffen, indem man zur englischen Originalfassung wechselt. Das ist aber nur für sprachfeste Zuschauer zu empfehlen, da die Blu-ray weder deutsche, noch englische Untertitel bietet.
 
Der Film selbst erzählt vermeintlich keine große Geschichte. Er steigt mit dem Deal zwischen Schauspieler und Agent ein und endet, noch bevor das begehrte Fahrzeug gefunden wird. Allerdings lässt Chasing Bullitt uns durch zahlreiche Rückblenden, Traumsequenzen, Geistererscheinungen und andere mehr oder weniger surreale Einschübe tief in die Psyche von Steve McQueen eintauchen. Oder er versucht es zumindest, denn so wirklich viel erzählt der Film auch auf dieser Ebene nicht. Steve McQueen ist in der gesamten ersten Stunde genau das, was man von ihm erwartet: Ein extrem harter Hund, und zwar in allen Lebenslagen. Ob im Gespräch mit Schauspielkollegen - hierbei handelt es sich übrigens um eine der amüsantesten Szenen des Films, als ein nicht namentlich genannter junger Dustin Hofmann versucht, McQueen von "diesem französischen Gefängnis-Ding" zu überzeugen, das als Papillon einer der größten Erfolge von beiden wurde - Psychiatern, der eigenen Ehefrau oder auch der toten Mutter. Facetten? Fehlanzeige. Natürlich ist das genau das Bild, das der reale Steve McQueen zeit seines kurzen Lebens verkaufen wollte. Daher ist es schwer zu sagen, ob das der Drehbuchvorlage geschuldet ist oder dem Talent des Hauptdarstellers, schade ist es so oder so.
 
Erst im letzten Drittel bricht diese Fassade auf und wir bekommen einen verletzlichen McQueen zu sehen, der ernsthaft darüber nachdenkt, ob man sein Selbstbild wirklich nur an Autos, schönen Frauen und der Anerkennung fremder Menschen festmachen sollte. Das sind wirklich starke Momente, die mich zu dieser - bis hierher ungerechtfertigt scheinenden - hohen Bewertung hingerissen haben. Denn Chasing Bullitt ist wirklich kein schlechter Film. Nur leider verschwinden die wenigen wirklich starken Momente in vielen nichtssagenden Autofahrten, starren Blicken und nichtssagenden Dialogen. Das nimmt dem Film oft das wenige Tempo, das er bis dahin aufbauen konnte, und lässt die ohnehin schon knapp bemessenen 90 Minuten Laufzeit teilweise recht zäh vergehen.
 
Von daher ist Chasing Bullitt eher kein Film für den Gelegenheitszuschauer und ironischerweise dürften die wenigsten McQueen-Fans, nämlich die die seine Filme wegen der Action, der Coolness und der schnellen Autos lieben, damit etwas anfangen können. Schnelle Autos gibt es zwar auch hier, ansonsten haben wir aber ein sehr tiefes, sehr langsames und sehr ruhiges Drama vor uns. So könnte man fast geneigt sein, den Einstieg in den Film als nicht zufällig gewählt zu betrachten. Denn so wie der quasi-dokumentarische Le Mans seinerzeit eine herbe Enttäuschung für die meisten Fans war, so dürfte Chasing Bullitt heute dasselbe Schicksal ereilen. Wenn man sich aber auf den Streifen einlässt, ihm die Zeit gibt, die er braucht und es schafft, auch in den absurdesten Einschüben hinter die Fassade zu blicken, dann ist Chasing Bullitt ein ehrlicher, gut gemachter Streifen, der nur unter dem geringen Budget und vielleicht der mangelnden Erfahrung seines Autors und Regisseurs leidet.
 

Bildergalerie von Chasing Bullitt - Man. Myth. McQueen. (5 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Das Bild ist 70er-Jahre-typisch braunrot und grobkörnig, in diesem Rahmen aber natürlich, scharf und störungsfrei. Der Originalton ist satt und schön abgemischt, die deutsche Fassung ist eine Katastrophe. Billig produziert, blechern frontal aus den Boxen und durchwegs unpassend besetzt. Untertitel gibt es leider genauso wenig wie Bonusmaterial.


Cover & Bilder © Lighthouse Home Entertainment - All rights reserved. / ©Giovanna Carcione Lawson


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

Der geneigte Leser mag sich fragen: Ein 7 Sterne Verriss? Wie passt das zusammen? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn während es ziemlich einfach ist, die offensichtlichen Schwächen von Chasing Bullitt herauszuarbeiten, ist es deutlich schwieriger, festzumachen, warum er trotzdem überzeugt. Ein überzeugendes Setting, ein trotz oder gerade wegen seiner Eindimensionalität glaubhafter Hauptdarsteller und einige - wenn auch recht spärlich verteilte - wirklich sehr tief gehende Szenen machen aus Chasing Bullitt ein wirklich gutes Drama - aber eben nur, wenn man auch bereit ist sich darauf einzulassen. Actionfans, halbherzige Zuschauer und Handydaddler sollten die Finger weglassen. Aufmerksame Filmfreunde mit einem gewissen Verständnis für Low Budget Produktionen dürften mit dem Film aber durchaus ihre Freude haben.


Die letzten Artikel des Redakteurs:




Kommentare[X]

[X] schließen