Hui Buh und das Hexenschloss
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BEWERTUNG |
03.04.2023 von Dan DeMento
Stolze 16 Jahre hat es gedauert, bis sich ein gewisses Schlossgespenst mit Hui Buh und das Hexenschloss zum zweiten Mal auf die Leinwand verirrt hat. Wieder mit an Bord ist das Erfolgstrio Bully Herbig, Christoph Maria Herbst und Rick Kavanian. Lange gereifte, würdige Fortsetzung oder lascher Aufguss? Wir haben uns - zusammen mit unserer Kinderjury - in den Hexenwald gewagt und berichten, ob sich der Ausflug gelohnt hat.
Inhalt:
14 Jahre sind es jetzt schon, seit König Julius (Christoph Maria Herbst) auf Schloss Burgeck eingezogen ist, wo er sich seine vier Wände mit seinem Adjutant Charles (Rick Kavanian) und Schlossgespenst Hui Buh (Michael Herbig) teilt. Doch besser ist seine Lage nicht gerade geworden: Er ist geschieden, pleite und versucht sich mit inszenierten Spuk-Dinnern über Wasser zu halten. Doch gerade dabei gibt es das altbekannte Problem, denn gruslig ist Hui Buh noch immer nicht. Neuer Schwung kommt in die Bude, als plötzlich Ophelia (Nelly Hoffmann) vor der Schlosstür steht. Die ist nicht nur eine Hexe, sondern auch die Nichte des Schlossgespenstes. Und sie ist auf seine Hilfe angewiesen: Die böse Hexe Erla (Charlotte Schwab) hat nämlich Ophelias Mutter (Mina Tander) entführt, um an das mächtige Zauberbuch Necronomicon heranzukommen. Selbstverständlich machen sich Julius, Ophelia und Hui Buh sofort auf die Suche, das verbotene Buch im Gepäck. Und darin liegt das nächste große Problem: Denn das Necronomicon verführt die Schwachen - und Hui Buh wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich richtig gruslig zu sein...
Als im Jahre 2006 Hui Buh – Das Schlossgespenst in die Kinos kam, standen sämtliche Zeichen auf Erfolg. Mit Herbig, Herbst und Kavanian standen drei der erfolgreichsten Comedians Deutschlands auf der Besetzungsliste, Regisseur Sebastian Niemann hatte kurz zuvor mit Das Jesus Video DEN TV-Blockbuster der frühen 2000er hingelegt und - das Wichtigste - die Hauptfigur Hui Buh konnte eine Hörspiel-Karriere vorweisen, die schon seit den 1970ern bestand. Sogar Original-Hui Buh-Sprecher Hans Clarin absolvierte im Film einen kleinen Auftritt - seinen letzten, wie sich zeigen sollte. So brachte es der Film schließlich auch auf über zwei Millionen Zuschauer und recht gute Kritiken.
Warum es dann doch 14 Jahre dauerte, bis die Fortsetzung Hui Buh und das Hexenschloss in Angriff genommen wurde, das wissen wohl nur die Verantwortlichen. Immerhin machte sich nahezu dasselbe Team an die Arbeit, und zwar vor und hinter der Kamera. So etwas ist meist ein gutes Zeichen, dass die Qualität einer Fortsetzung stimmt.
Und tatsächlich gibt es in dieser Hinsicht an Hui Buh und das Hexenschloss überhaupt nichts auszusetzen. Kurz nachdem die Scheibe im Player liegt und die Eröffnungssequenz beginnt, ist man als kritischer Zuschauer deutschen "Family Entertainments" überrascht, wie gut der Film aussieht und auch klingt. Die Effekte sind durchgehend großartig, das zeigt sich von Hexen, die sich in Raben verwandeln, über Unsichtbarkeitszaubern bis hin zu ganz einfachen Nebel-, Licht- und sonstigen Effekten. Hier wurde sichtlich Geld in die Hand genommen und auf Leute vertraut, die wissen, was sie tun. Tatsächlich sind die Effekte so gut, dass der bekannt comichaft-plastisch animierte Hui Buh gelegentlich fast negativ auffällt. Hier hätte ein bisschen mehr Realismus, ohne den Charme des Originals zu verbiegen, vielleicht ganz gut getan.
Extrem offensichtlich - und streckenweise bestimmt auch gewollt - sind die Anleihen bei den diversen - vor allem den späteren - Harry Potter Verfilmungen. Das beginnt direkt beim Eröffnungsflug durch das silverblau gehaltene Filmlogo, zieht sich über sehr vertraut wirkende Außeneinstellungen auf Schlösser und geht bis hin zu exakt gleich lautenden Zaubersprüchen. (Ja, wir wissen, Latein und so, in diesem Fall kann es aber wirklich kein Zufall gewesen sein, ihr werdet sehen.)
Weniger offensichtlich, aber trotzdem schön eingebaut sind auch andere Verweise auf ähnlich angelegte Werke. Vor allem das für die Handlung ja nicht ganz unerhebliche Necronomicon, also das Buch der Toten, ist eine eins zu eins Kopie der Version aus der Evil Dead - Reihe, vom Ohr auf der Rückseite bis hin zum sprechenden Gesicht auf der Vorderseite. Zweiteres sieht zwar deutlich netter aus und klingt dank Manou Lubowski, unter anderem die deutsche Stimme von Tom Ellis in Lucifer, auch viel netter, das Prinzip ist aber dasselbe geblieben: Das Buch führt nichts Gutes im Schilde.
Und damit kommen wir direkt zu dem Punkt, der den bisher perfekten Eindruck von Hui Buh und das Hexenschloss erheblich schmälert. Getreu dem Motto einer jeden Fortsetzung Größer, Schneller, Lauter wurde hier wirklich mächtig aufgefahren. Es gibt - wie schon erwähnt - massiv Effekte, vor allem gibt es aber im Gegensatz zum ersten Teil übernatürliche Gegner - in Form von Oberhexe Erla und ihren Untergebenen. Und diese Hexen sind für einen Film ab 6 Jahren einfach viel zu gruslig. Die an sich recht sympathische Charlotte Schwab, TV-Junkies vermutlich aus Alarm für Cobra 11 bekannt, bekam als Erla ein Makeup verpasst, das sich auf nahtlos in Filme wie Insidious oder The Nun einfügen würde. Ihre Gefolgschaft ist zwar etwas zahmer, doch dank einiger Verfolgungsjagden samt Mini-Jumpscares verschwand unsere Kinderjury teilweise doch recht tief in den Kinosesseln.
So leider auch Hui Buh und das Hexenschloss unter dem bekannten Kinderfilm-Problem, dass aus Vermarkungsgründen eine möglichst niedrige FSK angestrebt wird, dabei aber der eigentliche Sinn dieser Beschränkung aus den Augen verloren wird. In Absprache mit unserer Kinderjury (6,7 und 9 Jahre alt) wurde übereinstimmend eine FSK ab mindestens 8, eigentlich 10 beschlossen. Alleine sollte sich der Nachwuchs den Film also auf keinen Fall anschauen. Das Happy End versöhnt zwar mit vielem, Alpträume wird also nach dem Film niemand haben, zwischenzeitlich war der Fluchtreflex zumindest bei den zarter Besaiteten aber durchaus vorhanden.
Handlungstechnisch gibt es auch ein, zwei Abstriche, so prügelt der Film in seinen nicht gerade üppigen 88 Minuten Laufzeit zuerst durch die Handlung, dass es eine helle Freude ist, nur um dann gefühlt ein Drittel der Spielzeit beim "Großen Finale" zu verharren. Hier müssen dann in langen Dialogen nochmal sämtliche Handlungsfäden zusammengeführt, die Guten belohnt sowie die Bösen bestraft und die Zukunft geebnet werden. Das zieht sich leider ziemlich und nimmt Hui Buh und das Hexenschloss das gesamte aufgebaute Tempo auf einen Schlag wieder.
Zum anderen wurde auch hier wieder von einem Trend Gebrauch gemacht, der schon den Genuss der beiden Jim Knopf Filme extrem schmälerte - dem Einsatz nicht deutsch sprechender Darsteller, die dann synchronisiert werden. Das betrifft in Hui Buh und das Hexenschloss zwar nur zwei kleine Nebenrollen, ist dadurch aber umso unverständlicher, gibt es doch durchaus auch hierzulande geeignete Gesichter. Es bleibt zu vermuten, dass der undurchsichtige Dschungel von Filmförderungen, Länderbeteiligungen und Auswertungsfenstern seinen Teil dazu beigetragen hat.
Doch wenn man sich darauf einlässt, weiß, wie viel Spannung und Grusel man den eigenen Kindern zumuten kann, oder einfach ganz ohne Kinder Bock auf eine Runde Hui Buh hat, dann macht man mit Hui Buh und das Hexenschloss definitiv nichts verkehrt. Der Streifen ist eine absolut würdige Fortsetzung, ergänzt den Charme des ersten Teils mit frischen Ideen und tollen Darstellern und macht von vorne bis hinten Spaß.
Details der Blu-ray:
Ich hasse diesen Vorschub "für eine deutsche Produktion" - und in diesem Fall ist sie auch einfach nicht nötig, denn Hui Buh und das Hexenschloss sieht verdammt gut aus, und klingt verdammt gut. Das Bild ist klar, natürlich und kraftvoll, vom hellstem Sonnenschein bis in dunkelste Verließe, hat keinerlei Störungen und die Körnung ist exakt so, wie sie ein hell. Der Sound ist eine helle Freude, der 5.1 Ton bläst uns die Musik einmal rund um die Ohren, Hexenbesen zischen durch den Raum und dabei ist trotzdem jeder Dialog klar verständlich. Da habe ich aber schon Hollywood-Produktionen gehört, die deutlich schlechter gemischt waren! Auch das Bonusmaterial ist umfangreich und bietet ein Making Of, Gag Reel, Interviews und Trailer.
Cover & Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc. All rights reserved Das Fazit von: Dan DeMento
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