Infamous

Infamous

Originaltitel: Infamous
Genre: Thriller
Regie: Joshua Caldwell
Hauptdarsteller: Bella Thorne
Laufzeit: DVD (96 Min) • BD (100 Min)
Label: Capelight Pictures
FSK 16

Infamous   29.04.2021 von Dan DeMento

1994 zeigte uns Oliver Stone mit Natural Born Killers, wie das Fernsehen aus Verbrechern Stars machen kann. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt jetzt Infamous, in dem Bella Thorne und Jake Manley als mordendes Verbrecherpärchen Follower auf Instagram sammeln. Funktioniert das Prinzip für eine neue Generation oder haben wir hier nur einen schwachen Abklatsch vor uns? Wir haben mal reingeschaut.

Inhalt:
 
Die 19-jährige Arielle (Bella Thorne) will nur eins: Raus aus ihrem alten Leben im Trailerpark in Florida, ab nach Hollywood und berühmt werden. Dafür kellnert sie neben der Schule, spart jeden Cent, und sammelt nebenbei Follower auf Instagram. Als schließlich der aktuelle Lover ihrer Mutter ihr Erspartes klaut, flieht Arielle zu ihrem Freund, dem gerade aus dem Gefängnis entlassenen Dean (Jake Manley). Da dieser just in diesem Moment versehentlich seinen Vater getötet hat, schließt er sich ihrer Flucht gerne an. Einen Tankstellenüberfall später sind die beiden auf dem Weg in eine goldene Zukunft. Und auch die Sache mit der Berühmtheit läuft gut, denn Arielle postet all ihre kriminellen Aktivitäten live im Netz, was den beiden in kürzester Zeit Millionen Fans einbringt. Doch auch die Polizei tut sich so sehr leicht, auf ihrer Spur zu bleiben. Und dann begeht Arielle einen schwerwiegenden Fehler...
 
Bella Thorne geriet in letzter Zeit mehr durch Skandale ins Licht der Öffentlichkeit als durch ihren Beruf. Zuerst verkaufte die durch The Babysitter und Midnight Sun bekannt gewordene Schauspielerin erotische Fotos von sich im Internet, dann führte sie bei einem "Erwachsenenfilm" für Pornhub Regie. Daher scheint sie zunächst als die perfekte Besetzung für ein aufmerksamkeitssüchtiges Teeniemädchen, das für ihren Ruhm sogar über Leichen geht.
 
Filme miteinander zu vergleichen ist immer so eine Sache und führt meistens zu unerfüllbaren Erwartungshaltungen, aber beim Plot von Infamous schreit eben jedes einzelne Wort Natural Born Killers, so dass man um die Assoziation einfach nicht herum kommt. Die Grundidee, das Ganze in die aktuelle Welt mit Instagram, Livestreaming und unmittelbarer Follower-Interaktion zu werfen, verspricht aber eine großartige Variation des Themas, das ja auch bei Natural Born Killers schon nicht neu war. Immerhin waren Bonnie & Clyde schon vor gut 90 Jahren unterwegs.
 
Leider ist Infamous hier ein Feuerwerk ungenutzter Chancen. Die Geschichte an sich ist unspektakulär und bietet keinerlei Höhepunkte. Die beiden fahren von Florida aus durchs Land, überfallen ein paar Läden, erschießen versehentlich ein paar Leute und zicken sich ein bisschen an. Natürlich gibt es Konfrontationen mit der Polizei, die Gesetzeshüter sind aber glücklicherweise stets so dämlich, dass sie ohne größere Anstrengung überrumpelt werden können. Und die Aussage, man habe eine App auf dem Handy, die die IP verstecke, schützt die beiden vor der ortsgenauen Verfolgung durch die Behörden. Und auch der - ja eigentlich interessante - Social-Media-Aspekt beschränkt sich auf ein paar Einblendungen von Kommentaren und die Tatsache, dass Bella Thorne permanent ihr iPhone in der Hand hat. Das ist extrem schade, denn man hätte mit ein bisschen mehr Aufwand so viel mehr daraus machen können. Ein paar Reaction-Videos von Followern, ein paar Gesprächsrunden im Fernsehen, und schon wäre man dem offensichtlichen Vorbild Natural Born Killers einen guten Schritt näherekommen.
 
Denn so ist Infamous leider ein recht fades Roadmovie mit zwei unsympathischen Hauptfiguren. Jake Manley hat nicht nur im gesamten Film gefühlt vier Zeilen Text, er wirkt auch permanent desinteressiert und trottet ebenso neben seiner besessenen Freundin her. Hat man sich aber mal an diesen Umstand - und an seine Frisur - gewöhnt, ist das weitaus größere Problem des Films die weibliche Hauptrolle. Arielle wirkt nämlich leider nicht verwegen oder crazy, sondern einfach nur unreflektiert dumm. Und das nicht auf die - um den Vergleich ein weiteres Mal zu bemühen - naiv-hilflose Art von Juliette Lewis in Natural Born Killers, sondern einfach nur nervtötend und unsympathisch. Natürlich ist sie der vom plötzlichen Instagram-Ruhm besessene Möchtegern-Star, aber der komplette Verlust des gesunden Menschenverstandes ist einfach ein bisschen zu viel des Guten. So hat man als Zuschauer keine Chance, sich irgendwie für das Schicksal des Pärchens zu interessieren, was die ohnehin recht dünne Handlung endgültig zum Erliegen bringt. 
 
Dazu kommt, das Infamous für die Geschichte, die er erzählen möchte, viel zu brav ist. Sieht man sich - neben dem bereits genannten - gelungenere Vertreter dieses Genres wie Kalifornia oder Twisted Desire (Den kennt ihr nicht, hm? Eine verkannte Perle mit Melissa Joan Hart!) an, so leben sie von einer Mischung aus Sozialkritik und dem kompletten Wahnsinn mindestens einer der Hauptfiguren. Ersteres wird zwar zumindest ansatzweise geboten, wie dass man in Coffeeshops (die mit den Drogen, nicht Starbucks) aufgrund verquerer Bankenpolitik nur Cash bezahlen kann oder dass private Waffenverkäufe in Florida nicht überwacht werden. Zweiteres dagegen fehlt komplett, stattdessen haben wir einen Kiffer und ein bockiges Mädchen. Wer das sehen will, kann auch einfach Bus fahren.
 
So muss man abschließend leider sagen, dass Infamous ein hervorragender Film hätte werden können, es aber leider nicht geschafft hat. Für zwischendurch macht man damit nix verkehrt, ein Meisterwerk ist er aber nicht gerade.
 

Bildergalerie von Infamous (6 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Das Bild ist knackig und scharf, ein wenig stilistisch überzeichnet, aber frei von Rauschen und Störungen. Der Ton ist in der Originalfassung sehr schön und kommt mächtig aus den Boxen. Bei der deutschen Fassung dagegen muss irgendwas schiefgegangen sein. Nicht nur ist sie handwerklich auf sehr niedrigem Niveau, nicht gerade Lippensynchron und auch nicht besonders überzeugend gespielt, zusätzlich klingt sie teilweise recht blechern und ist sehr frontlastig. An Bonusmaterial gibt es ein paar entfallene Szenen sowie den deutschen Trailer des Films.


Cover & Bilder © capelight pictures OHG


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

Ich hatte ein bisschen auf den Natural Born Killers der 2020er gehofft, oder zumindest auf einen Film, der geschickt mit der Insta-Abhängigkeit der aktuellen Generation spielt. Leider wurde diese Hoffnung nicht erfüllt. Infamous ist zwar leidlich unterhaltsam, bietet aber nichts, was man nicht woanders schon viel besser gesehen hätte. Dazu kommt das äußerst schwache Drehbuch, unrealistische und nicht nachvollziehbare Handlungen der Figuren und das quasi komplett ungenutzte Potenzial des Social-Media-Aspekts. Schade, ich glaube man hätte aus dieser Idee wirklich wesentlich mehr machen können. So ist Infamous ein solider Streifen für Zwischendurch, ins Filmregal muss er aber nicht unbedingt.


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