Kilimandscharo – diesmal mit Krücken
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BEWERTUNG |
21.06.2023 von Dan DeMento
Steigen sechs Schwaben auf den Kilimandscharo... Was sich wieder Anfang eines drittklassigen Witzes anhört, ist in Wirklichkeit der Ausgangspunkt für eine emotionale Reise - Vor allem wenn einem der Schwaben noch vor zwei Jahren gesagt wurde dass er nie wieder laufen würde. Dank Kilimandscharo - Diesmal mit Krücken durften wir an dieser Reise teilnehmen - und sagen euch ob ihr das auch tun solltet.
Inhalt:
Bergsteiger Thomas Lämmle hat schon so ziemlich alles erreicht, was der alpine Sport hergibt. Er bezwang gleich zwei Achttausender hintereinander, war als einziger außer Reinhold Messner ohne zusätzlichen Sauerstoff und zusätzliche Träger auf dem Mount Everest und schon 62 Mal auf dem Kilimandscharo, dem höchsten Berg Afrikas. Doch ausgerechnet ein Gleitschirmflug vom heimischen Trainingsberg ging schief und kostete ihn fast das Leben. Zurück blieb ein gelähmtes linkes Bein und die Aussage, er werde sein restliches Leben im Rollstuhl verbringen. Doch das konnte und wollte Thomas nicht akzeptieren. Mit eisernem Willen und hartem Training schaffte er es zurück auf die Beine und fasste den Entschluss, den Kilimandscharo auch noch ein 63. Mal zu erklimmen - dann eben diesmal mit Krücken.
Es gibt nur wenig, was auf die Menschheit eine so große Faszination ausübt wie die Berge, und so ist es nicht verwunderlich, dass es Bergsteiger-Dokus gibt wie Sand am Meer. Einige Kletterer wurden zu Stars, allen voran natürlich der legendäre Reinhold Messner, aber auch Extremkletterer wie die als Huberbuam bekannten Brüder Alexander und Thomas Huber.
Der Name Thomas Lämmle dagegen dürfte den wenigsten ein Begriff sein, dabei hat er - wie bereits erwähnt - nicht nur ähnlich viel erreicht, sondern hat auch eine mehr als erzählenswerte Lebensgeschichte vorzuweisen. Daher ist es schön, dass Regisseur, Kameramann und Erzähler Michael Scheyer jetzt mit Kilimandscharo - Diesmal mit Krücken genau das tut. Mit viel Humor, viel Gefühl und in atemberaubenden Bildern. Vor allem aber extrem sympathisch.
Denn das ist das Attribut, das dem Zuschauer von der ersten Sekunde des Films in den Sinn kommt. Denn wo der geneigte Bergfilmfreund kernige Stimmen gewohnt ist, die vom harten Kampf Mensch gegen Gebirge sinnieren, spricht hier der Filmemacher selbst - und man hört direkt, dass er nicht gerade ein ausgebildeter Sprecher ist. Doch das fällt in keinster Weise negativ auf, sondern macht Kilimandscharo - Diesmal mit Krücken sofort nahbar, einladend und - um das Wort schon wieder bemühen zu müssen - sympathisch. Denn die Reise von Thomas und seiner bunt zusammengewürfelten Bergtruppe ist kein Kampf gegen das Massiv, sondern ein Miteinander.
Hier stehen keine Spitzensportler vor der Kamera, die an der Steilwand geboren wurden, sondern normale Menschen erfüllen sich zusammen einen Traum. Da gibt es den, dessen Kopfweh über 3000 Meter plötzlich verschwindet, den, der den Gipfel fast nicht erreicht, weil er sich kurz vorher doch noch eine Zigarette anzünden musste - und eben den, der sich und der Welt beweisen muss, dass man den Gipfel sogar mit Krücken erreichen kann, immer nach der Devise "30 Prozent mit den Füßen - 70 Prozent mit dem Kopf".
Natürlich liegt der Fokus auf Thomas und seiner Reise, nicht nur zum Gipfel, sondern auch heraus aus dem Rollstuhl. Immer wieder wird - teils in Gesprächen, teils mit Archivmaterial - seine Geschichte erzählt, ohne dabei den roten Faden zu verlieren. Doch auch die anderen Teilnehmer kommen zu Wort, und erzählen von ihren Träumen, Sorgen - und der Farbe ihres Urins. Am Ende der Reise und am Ende von Kilimandscharo - Diesmal mit Krücken hat man das Gefühl, dabei gewesen zu sein, man hat das Gefühl, die Teilnehmer zu kennen und würde sie auf der Straße vermutlich freundlich grüßen. Und das ist doch das Größte, was man mit so einem Film erreichen kann.
Doch auch erfahrene Bergfreunde kommen auf ihre Kosten, denn Thomas ist eigentlich Sportwissenschaftler, der dementsprechend nicht nur viele interessante medizinische Fakten, zum Beispiel zum Thema Schlafen in großen Höhen, einstreut, sondern auch eine Atemtechnik entwickelt hat, die ihm seinen Aufstieg auf den Everest ermöglichte und die sich - zumindest auf dem heimischen Sofa - sehr nachvollziehbar umsetzen lässt.
Alles in allem ist Kilimandscharo - Diesmal mit Krücken ein ruhiger, dabei trotzdem spannender und vor allem sehr inniger Dokumentarfilm. Man bekommt hier - trotz fantastischer Aufnahmen - nicht den Bombast geboten, den Extremdokus wie "Messner" oder "Am Limit" servieren, doch wer sich darauf einlässt, weniger den Berg im Fokus zu haben und mehr die Menschen, die ihn besteigen, für den ist der Film auf jeden Fall mehr als nur einen Blick wert.
Details der DVD:
Bild und Ton bleiben aufgrund des vorliegenden Screeners ohne Bewertung.
Cover & Bilder © Schmidbauer-Film Das Fazit von: Dan DeMento
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