Lovecraft Country - Staffel 1

Lovecraft Country - Staffel 1

Originaltitel: Lovecraft Country
Genre: Horror
Regie: Yann Demange • Daniel Sackheim • u.a.
Hauptdarsteller: Jonathan Majors
Laufzeit: DVD (570 Min) • BD (590 Min)
Label: Warner Home Video
FSK 18

Lovecraft Country - Staffel 1   04.03.2021 von Dan DeMento

Am 15. März jährt sich der Todestag von H.P. Lovecraft bereits zum 84. Mal, seine Werke sind aber unsterblich und aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken. Unzählige Autoren und Musiker wurden von ihm beeinflusst, es gibt Computerspiele und seit Die Folterkammer des Hexenjägers von 1963 gibt es knapp 30 mehr oder weniger werkgetreue Verfilmungen seiner Erzählungen. Der neueste Streich ist die HBO-Serie Lovecraft Country, die jetzt auf DVD und Blu-ray erscheint...
 
Inhalt:
 
Der Afroamerikaner Atticus Freeman (Jonathan Majors) hat die Enge seiner Heimatstadt für kurze Zeit hinter sich gelassen, indem er sich freiwillig für den Einsatz im Koreakrieg meldete. Pünktlich zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst erreicht ihn nicht nur ein mysteriöser Brief seines Vaters Montrose (Michael K. Williams), sondern er erfährt auch von dessen Verschwinden. So kehrt er widerwillig in seine Heimat zurück, um sich zusammen mit seinem Onkel George (Courtney B. Vance) und seiner Jugendliebe Letitia (Jurnee Smollett) auf den Weg, seinen Vater zu finden. Auf der Reise bringt die drei aber nicht nur der alltägliche Rassismus der USA der 1950er Jahre in Gefahr, die Geheimnisse von Atticus' Abstammung ziehen sie außerdem in den Bann der geheimnisvollen Christina Braithwhite (Abbey Lee) und der rassistischen "Söhne Adams". Und als ob das nicht schon genug Ärger wäre, tauchen plötzlich noch Monster auf, die geradewegs aus einem Roman von H.P. Lovecraft entsprungen sein könnten...
 
Wer diese Inhaltsangabe schon reichlich seltsam findet, dem sei gesagt, dass sie gerade einmal die erste Folge der 10-teiligen Serie wiedergibt. Im Laufe der Serie passieren der Familie Freeman und deren näherem Umfeld noch einige Dinge, die dem geneigten Lovecraft-Leser bekannt vorkommen dürften. Dabei handelt es sich bei Lovecraft Country aber nicht um eine Verfilmung seiner Erzählungen im klassischen Sinne, sondern um die Umsetzung des gleichnamigen Romans von Matt Ruff. Dieser allerdings holt sich seine Inspiration aber durchaus beim Großmeister, vor allem aus dessen erster Kurzgeschichtensammlung The Outsider and Others. Namentlich lesen sich die einzelnen Episoden wie folgt:
 
  • Episode 1 - Sonnenuntergang
  • Episode 2 - Das Vermächtnis
  • Episode 3 - Das Winthrop-Haus
  • Episode 4 - Eine Geschichte der Gewalt
  • Episode 5 - Die Verwandlung
  • Episode 6 - Kumiho
  • Episode 7 - Ich bin
  • Episode 8 - Schutzzauber
  • Episode 9 - Tulsa, 1921
  • Episode 10 - Blutopfer
 
An dieser Stelle jeder Episode sein literarisches Vorbild zuzuordnen, wurde dem Zuschauer einen guten Teil der Unterhaltung nehmen, da es teilweise sehr spannend ist, zu sehen, wie die Originalgeschichten in die Rahmenhandlung der Serie eingewoben wurden. Dabei sind einige Geschichten recht nah am Original gehalten, während man bei anderen das Werk Lovecrafts schon wirklich gut kennen muss, um den Einfluss noch erkennen zu können. Denn auch wenn die Monster, Flüche und Mythen Lovecrafts stets präsent sind, so ist der wahre Horror von Lovecraft Country doch ein anderer - Der in der Jim-Crow-Ära, in der die Serie spielt, vorherrschende Rassismus, der nicht nur die persönliche Entfaltung oder Bewegungsfreiheit der schwarzen Bevölkerung einschränkt, sondern eine permanent vorhandene Lebensbedrohung darstellt. Das zeigt sich besonders eindrucksvoll gleich in der ersten Folge, als die Hauptfiguren aufgrund der "Sundown Rule", nach der nach Sonnenuntergang keine Schwarzen mehr auf den Straßen sein dürfen, regelrecht um ihr Leben fahren müssen. Doch auch später verliert die Bedrohung durch rassistische Polizisten oder den direkten Bezug auf historische Momente wie den Mord an Emmett Till oder das Massaker von Tulsa 1921 nie an Intensität.
 
Mit dieser an sich schon ausreichenden Geschichte einer schwarzen Familie in den USA der Fünfziger könnte man den Eindruck bekommen, dass der Einfluss von Lovecrafts Werken hier eher störend als bereichernd sein könnte. Und tatsächlich gibt es einige Momente, wo man ein wenig den Eindruck hatte, die Autoren hätten jetzt auf Zwang noch ein paar Monster einbauen müssen. Diese Momente sind aber die absolute Ausnahme, denn insgesamt bleibt die Geschichte durch den roten Faden der "Söhne Adams" und des Erbes der Familie so nachvollziehbar und logisch, wie der komplette Wahnsinn der Vorlagen es möglich machen.
 
Trotz dieser dichten und spannenden Rahmenhandlung sind die einzelnen Folgen von Lovecraft Country sehr episodisch gehalten, erzählen meist in sich geschlossene Geschichten und erinnern oft an Serien wie Akte X oder Supernatural. In der Regel konzentriert sich jede Episode auf eine andere Person aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis der Hauptfigur Atticus Freeman. Zuweilen bricht die Erzählung aber auch ein wenig aus der Struktur aus, so bekommen wir auch Zeitreisen und parallele Universen serviert, sowie eine koreanische Schauergeschichte, deren Bezug zur Hauptstory sich erst sehr spät ergibt.
 
Wie in fast jeder Serie variiert auch hier die Qualität der einzelnen Folgen teilweise stark und flacht nach einer extrem starken Pilot(doppel)folge erstmal ein wenig ab. Trotzdem bleibt Lovecraft Country durchgehend spannend und unterhaltsam und schafft es, pünktlich zum epischen Finale auch qualitativ wieder die Kurve zu kriegen. Wer Lovecraft kennt, weiß auch, dass dessen Vorstellung von Horror nicht immer ganz subtil ist, und so geht es auch in der Serie teilweise durchaus blutig zur Sache. So sind ausgerissene Arme, abgebissene Köpfe, Schusswunden aller Art und viel nackte Haut keine Seltenheit. Gerade die Folgen 5 und 6 legen den Maßstab in puncto "Kreativer Umgang mit Blut" ein gutes Stück höher. Die Freigabe ab 18 Jahren kam in diesem Fall also nicht ganz zu Unrecht zustande.
 
Die Gesichter der Besetzung sind relativ frisch, so kennt man Hauptdarsteller Jonathan Majors höchstens aus einer kleinen Rolle in Feinde - Hostiles, während Jurnee Smollett zuletzt als Black Canary in Birds of Prey auftrat. Ausnahmen davon sind Courtney B. Vance, der als Staatsanwalt Ron Carver aus Criminal Intent bekannt ist, und die Australierin Abbey Lee, die schon in Mad Max: Fury Road, The Neon Demon oder Elizabeth Harvest zu sehen war. Aber unabhängig vom Bekanntheitsgrad ihrer Besetzung haben die Macher von Lovecraft Country hier ein extrem gutes Händchen bewiesen, denn jede einzelne Haupt- und Nebenfigur ist glaubwürdig, überzeugend und lässt den Zuschauer an ihrem Schicksal teilnehmen - ob man sie nun retten oder tot sehen möchte. Man liebt wen man lieben soll, hasst wen man hassen soll und der ein oder andere Plottwist zündet genau deswegen so gut, weil man sich den Figuren so verbunden fühlt. 
 
Wirft man einen Blick auf die Produzenten der Serie, wird einem vieles klar. Denn verantwortlich für Lovecraft Country sind J.J. Abrams und Jordan Peele. Und nimmt man einfach einmal deren jeweils bekannteste Werke, nämlich LOST und Get Out, zusammen, dann bekommt man ein ziemlich genaues Gefühl davon, was einen hier erwartet. Der Bombast und die Effektschlachten von Abrams, gepaart mit der klaustrophobischen Bedrohlichkeit von Peele, das funktioniert so extrem gut, dass man sich fragt, warum es diese Kombination nicht schon viel früher gab. Hätte man noch einen Christopher Nolan mit eingespannt, H.P. Lovecraft würde sich wohl persönlich aus seinem Grab erheben, um dem Ergebnis Tribut zu zollen.
 
Zusammengefasst kann man sagen, dass Lovecraft Country für alle Serienfans der etwas härteren Gangart eine solide Wahl ist. Die Serie ist nicht ganz so ein Ritt durch den Wahnsinn, wie die Grundidee es vermuten lässt, bringt aber trotzdem gerade die richtige Portion Lovecraft in ein auch ansonsten sehr dichtes und gut geschriebenes Setting. Eine uneingeschränkte Empfehlung unsererseits. Nur mit Kunstblut sollte man wirklich klarkommen können.
 

Bildergalerie von Lovecraft Country - Staffel 1 (4 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Die 10 Folgen sind auf 3 Disks aufgeteilt, wobei die dritte noch Platz für ein wenig Bonusmaterial übriggelassen hat. Das Bild ist durchgehend scharf, natürlich und sieht genauso gut aus, wie der Ton klingt. An Schüssen, Explosionen, Schreien und Kreischen herrscht kein Mangel, und das alles kommt sauber und klar getrennt aus den Boxen. Die deutsche Synchronfassung ist sehr hochwertig, neben der englischen Originalfassung wird außerdem noch die französische Synchro mitgeliefert. Das Bonusmaterial ist umfangreich und interessant, ein einziges winziges Manko ist die Verpackung der Blu-ray, die recht weich und windig ist, und wirkt, als würde sie bei häufigerer Belastung schnell brechen.


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Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

Ich wollte Lovecraft Country sehen, seit ich von der Existenz der Serie wusste, und als die Scheibe im Briefkasten waren, habe ich die 10 Folgen in zwei Tagen durchgezogen. Und zwar nicht nur, um euch schnell diese Rezension servieren zu können, sondern auch, weil ich von der ersten Minute an in den Bann gezogen war. Es gibt ein paar schwächere Momente, aber selbst das ist noch Jammern auf extrem hohem Niveau. Lovecraft Country ist dicht, spannend, hervorragend erzählt und gefilmt, bietet eine gute Portion Lovecraft, ohne - wie Die Farbe aus dem All oder Die Mächte des Wahnsinns - komplett in den Wahnsinn abzudriften, und eine fantastische Rahmenhandlung. Das Ende ist befriedigend und trotzdem offen genug für mögliche weitere Staffeln, wobei diesbezüglich zumindest im Moment nichts geplant ist. Klassischen Horror gibt es nur in sehr wenigen Momenten, aber wer Blut, Wahnsinn, Monster und Geister mag, der macht mit Lovecraft Country auf jeden Fall nichts falsch.


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