Vivarium
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BEWERTUNG |
11.06.2020 von Dan DeMento
Ein junges Paar besichtigt eines von hunderten gleich aussehenden Häusern in einer neu entstandenen und noch unbewohnten Wohnanlage. Als der Makler verschwindet, wollen sie die Siedlung verlassen. Aber das ist nicht möglich. Das ist euch auch schon mal passiert? Nein? Dann solltet ihr schnellstens herausfinden, was der absurde Sci-Fi-Thriller Vivarium noch so zu bieten hat:
Inhalt:
Gemma (Imogen Poots) und Tom (Jesse Eisenberg) sind auf der Suche nach dem perfekten Haus für die Gründung ihrer eigenen Familie. Als der reichlich seltsame Makler Martin (Jonathan Aris) ihnen eine neu gegründete Siedlung namens Yonder vorschlägt, ist ihren gleich klar, dass das nicht das Richtige für sie ist. Sie lassen sich trotzdem überreden, einen Blick in eines der Häuser zu werfen. In einem unbeobachteten Moment verschwindet der Makler plötzlich und lässt das junge Paar alleine in dem Haus mit der Nummer 9 zurück. Sie versuchen, den Weg aus der Siedlung mit den hunderten gleich aussehenden Häusern zu finden, schaffen es aber nicht. Als ihnen das Benzin ausgeht, verbringen sie die Nacht in dem Haus und versuchen es am nächsten Tag zu Fuß. Doch egal was sie tun oder wohin sie gehen, ihr Weg endet immer wieder vor dem Haus Nummer 9...
Selten war es so schwer, eine Rezension über einen Film zu schreiben. Jedes Wort, was man als Zuschauer vorab über den Film weiß, ist eigentlich zu viel. Vivarium zieht einen von der ersten Sekunde an in seinen Bann, und bis zur letzten Sekunde ist das vorherrschende Gefühl "Was zur Hölle?" Wer den Film also in seiner vollen Wirkung genießen will, sollte hier aufhören zu lesen.
Okay, ihr wurdet gewarnt.
Die Optik des Films ist komplett durchgestylt, wirkt künstlich und kalt, ein bisschen wie eine bösartige Version der Truman Show. Ein perfekter Himmel mit perfekter Sonne und perfekten wolkenförmigen Wolken über perfekten Häusern mit perfekten Gärten. All das ist eigentlich nichts Bedrohliches, trotzdem schwingt die ganze Zeit eine Gefahr mit, die man sich als Zuschauer nicht erklären kann. Man erwartet jede Sekunde, dass etwas Schreckliches passiert.
Seltsame Dinge passieren dagegen allerhand. So tauchen Nahrungsmittel und Babys in Schachteln auf, die plötzlich auf der Straße stehen, brennende Häuser sind tags darauf wieder da und Löcher lassen sich scheinbar bis ins Unendliche graben. All das passiert größtenteils unreflektiert und unkommentiert. Man ist als Zuschauer gezwungen, tatenlos zuzusehen, ohne wirklich etwas erklärt zu bekommen. Man befindet sich letztlich in der gleichen Situation wie Gemma und Tom, und genau das macht die Atmosphäre von Vivarium aus. Nicht umsonst ist Vivarium das antike Wort für einen Zoo.
Am Schluss darf man einen kleinen Blick hinter den Vorhang werfen, ein richtiges Ende oder gar eine Erklärung bleibt Vivarium aber schuldig. Und das ist in diesem Fall auch gut so, jede andere Herangehensweise hätte den Film verfälscht und ihm seine erschlagende Wirkung genommen. So erhebt man sich nach gut eineinhalb Stunden wie betäubt vom Sofa und lässt den Film in seinem Gehirn weiterarbeiten.
Imogen Poots spielt sich hier um ihr Leben, jede einzelne Emotion ist absolut glaubwürdig und echt, und man folgt ihr als Zuschauer willenlos. Jesse Eisenberg verblasst dahinter leider ein wenig, was aber auch seiner Rolle geschuldet ist. Der erzählerische Fokus liegt ganz klar auf der "Mutter". Ein Highlight ist auch der namenlose Junge, gespielt von Senan Jennings. Ein so süßes Kind, das so bedrohlich wirkt, habe ich seit Friedhof der Kuscheltiere nicht mehr gesehen.
Egal ob man den Film jetzt als Metapher über das Leben in der modernen Gesellschaft interpretiert oder "nur" einen kompromisslos wahnsinnigen Sci-Fi-Streifen darin sieht, Vivarium ist definitiv äußerst sehenswert und auf meiner persönlichen Hitliste 2020 sehr weit oben.
Details der Blu-ray:
Vivarium ist einer der Filme, in denen die blaue Scheibe zeigt, was in ihr stecken kann. Es gibt einige Szenen, in denen die Wirkung gerade von tiefen Tönen und schnellen Wechseln zwischen Hell und Dunkel maßgeblich beeinflusst wird, und da ist absolut alles im grünen Bereich. Nichts stört, flimmert oder matscht und der Ton ist klar und hart wie der Film selbst. Auch die deutsche Synchro ist gut gemacht, auch wenn - wie fast immer - einige Nuancen gerade beim Spiel des Filmsohns verloren gehen. An Bonusmaterial gibt es ein leider sehr kurzes Making of sowie einige Trailer.
Cover & Bilder © Concorde Home Entertainment GmbH / Martin Maguire 2018 Das Fazit von: Dan DeMento |
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