Generation Iron: Die Rich Piana Story
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BEWERTUNG |
10.07.2020 von Dan DeMento
Regisseur und Produzent Vlad Yudin ist in der Bodybuilder-Szene einer der großen Namen. Mit seiner Doku-Reihe Generation Iron prägte er eine Generation von Extremsportlern und machte einige der Muskelberge zu gefeierten Stars der Szene. Einer von ihnen war Rich Piana, der 2017 im Alter von 46 Jahren verstarb. Die Rich Piana Story bietet jetzt einen Einblick in sein letztes Lebensjahr.
Inhalt:
Die Rich Piana Story bietet einen Einblick in das Leben und den typischen Tagesablauf des Bodybuilders, Influencers und Selbstvermarkters Rich Piana. Wir begleiten ihn zum Training, zu Geschäftsterminen und Freizeitaktivitäten und erfahren manch interessantes Detail aus seinem Leben. So zeigt diese Dokumentation einen Teil des letzten Lebensjahres des bekannten Boybuilders, der 2017 im Alter von 46 Jahren verstarb.
Die Rich Piana Story ist ein irreführender Titel. Passender gewesen wäre wohl Ein beliebiger Tag im Leben von Rich Piana. Er erzählt zwar schon ein bisschen von seinem Leben, aber auch das nur, um zu erzählen, wie unfassbar reich er ist und wie okay Steroide eigentlich doch sind, auch wenn man das ja eigentlich nicht sagen darf. Rich Piana ernährt sich natürlich ausschließlich von seinen eigenen Fitnessprodukten, trägt ausschließlich seine eigene Kleidungsmarke und referiert freimütig über die steigenden Preise für Adderall und Steroide.
Gepaart mit seiner Überheblichkeit und seiner offen zur Schau getragenen Frauenfeindlichkeit und Homophobie vermittelt Rich Piana leider den Eindruck, dass Bodybuilder leider irgendwie doch genau so sind, wie man immer denkt.
Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass er ungefähr 10 Sätze (zu zwei Themen) auf Lager hat, die er - mit minimalen Unterschieden in der Formulierung - immer wieder sagt, gefolgt von Szenen, in denen er zu verschiedenen Gelegenheiten seine "Fans" begrüßt, die offensichtlich größtenteils keine Ahnung haben, wer er ist.
Die Dokumentation besteht nur aus O-Ton Aufnahmen, kommentiert wird nichts. Mit tragischer Musik wird vereinzelt versucht, Sätzen Tiefe zu verleihen, wo keine ist. Dafür lässt Rich Piana uns an einigen seiner Lebensweisheiten teilhaben. So erfahren wir, dass man einen Ehering auch nach einer Scheidung noch prima tragen kann, indem man ihn einfach an einen anderen Finger steckt, dass man Eis länger löffeln kann, wenn man einen kleineren Löffel benutzt oder dass man sich morgens nicht die Haare kämmen muss, wenn man mit Mütze schläft.
Danach sehen wir ihn beim Trainieren zu, was zwar durchaus beeindruckend aussieht, sich vom erzählerischen Mehrwert aber in Grenzen hält. Und wie er andere Bodybuilder belästigt, dass sie Verträge mit ihm abschließen sollen, was manchen sichtlich unangenehm ist.
So wirkt der gute Mann weniger wie der von den Massen gefeierte Ausnahmesportler, als der er sich verkauft, sondern eher wie dieser unangenehme Typ, der dich im Bus anquatscht und deine fehlende Fluchtmöglichkeit ausnutzt, um dir seine Lebensgeschichte aufzudrängen.
Und natürlich wird auch geschossen, und natürlich mit vollautomatischen Sturmgewehren, weil immerhin ist das America, Motherfuckers! Gleichzeitig ist das eine der amüsantesten Szenen des Films, wenn sieben aufgepumpte Bodybuilder (und eine auf andere Weise aufgepumpte Blondine) zusammen in einem Golfkart voller Waffen über den Schießstand fahren, weil sie (Originalzitat) wegen der Steroide nicht mehr laufen können.
Kann man sich in der ersten halben Stunde noch ganz gut über den Trash-Faktor und die gnadenlose Selbstüberschätzung der Hauptfigur amüsieren, so weicht der Spaß spätestens nach der siebten Wiederholung des schon Gesehenen herber Ernüchterung:
Wir haben hier die Geschichte eines Bodybuilders vor uns, der aufgrund jahrelangen Steroidmissbrauchs mit 46 Jahren an einem Herzstillstand gestorben ist. Aber Reflexion? Warnung? Fehlanzeige. Stattdessen gibt es einen 97-minütigen Werbespot für Nahrungsergänzungsmittel und Tanktops.
Zur Legendenbildung dürfte Die Rich Piana Story wohl kaum beitragen, vielmehr zeigt sie recht deutlich, dass Rich Piana wohl nicht die hellste Kerze auf dem Leuchter war und mit der Realität nicht immer ganz auf einer Wellenlänge war. Dass sein Verhalten für interessierte Bodybuilder wohl nicht das allerbeste Vorbild ist, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt, und würde allein für eine weitere Kritik zum Thema ausreichen.
Details der Blu-ray:
Am Bild gibt es nichts auszusetzten. Die dokumentarischen Aufnahmen sind natürlich und klar, bei den Interview-Szenen wurde sogar ein bisschen nachgearbeitet und ein durchaus hübsches Kontrastverhältnis erreicht. Der Ton der deutschen Sprachfassung ist so, wie man es von DMAX- oder vergleichbaren Dokus gewohnt ist, soll heißen englischer O-Ton und (lauter und leicht versetzt) die deutsche Version darüber. Das bietet den Vorteil, dass man die echten Formulierungen noch versteht und so die Unzulänglichkeiten bei Sprecherqualität und Übersetzung ganz gut kompensieren kann. Für Puristen liegt aber auch die englische Sprachfassung vor. Als Bonusmaterial gibt es einige Trailer für Produktionen aus derselben Schmiede und eine Bildergalerie vom Dreh.
Cover & Bilder © Koch Films GmbH Das Fazit von: Dan DeMento
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